Tag Erbschein

Nacherben sollten wissen, dass und wann im Rahmen der Erbschaftsteuerfestsetzung die Erbfallkostenpauschale

…. nicht nur dem Vorerben, sondern auch ihnen gewährt werden muss.

Mit Urteil vom 24.10.2019 – 3 K 3549/17 – hat der 3. Senat des Finanzgerichts (FG) Münster entschieden, dass,

  • wenn ein Erblasser in seinem Testament als Erben einen Vor- und einen Nacherben eingesetzt hat,

der Pauschbetrag gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) i.H.v. 10.300 Euro (sog. Erbfallkostenpauschale) auch dem Nacherben dann zu gewähren ist, wenn dieser

  • zwar nicht die Kosten der Beerdigung des Erblassers, aber andere

(geringfügige) mit der Abwicklung des Erbfalls entstandene Aufwendungen getragen hat.

Dass einem Nacherben in einem solchen Fall im Rahmen der Erbschaftsteuerfestsetzung auf Antrag der Pauschbetrag nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG i.H.v. 10.300 Euro (sog. Erbfallkostenpauschale) gewährt werden muss, hat das FG damit begründet, dass es sich erbschaftssteuerrechtlich bei der Vor- und Nacherbschaft um zwei Erwerbsvorgänge handelt,

  • um den Erwerb des Vorerben beim Tod des Erblassers und um den Erwerb des Nacherben beim Tod des Vorerben,
  • die beiden Erwerbsvorgänge jeweils einen Erbanfall nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG darstellen, mit der Folge, dass beide Erwerbsvorgänge in ihrer zeitlichen Abfolge getrennt der Besteuerung unterliegen,

wegen dieser zwei voneinander getrennt zu beurteilenden Erbfälle somit die Erbfallkostenpauschale für den Vorerbfall sowie den Nacherbfall je einmal in Anspruch genommen werden kann, § 10 Abs. 5 Nr. 3 Sätze 1 und 2 ErbStG

  • neben den Kosten der Bestattung des Erblassers, den Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal und den Kosten für die übliche Grabpflege

auch die unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung und Regelung des Erwerbs entstandenen Kosten,

  • zu denen u. a. die Kosten für die Eröffnung der Verfügung von Todes wegen und die Kosten für die Erteilung des Erbscheins zählen,

umfasst und Voraussetzung, dass für diese Kosten insgesamt ein Betrag von 10.300 Euro ohne Nachweis abgezogen wird, lediglich ist, dass

  • dem Erwerber derartige Kosten entstanden sind und
  • nur die Höhe nicht nachgewiesen hat.

Danach liegen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Pauschbetrags vor, wenn

  • ein Nacherbe beispielsweise durch Vorlage einer entsprechenden Rechnung nachweisen kann, dass ihm für die Eröffnung der Verfügung von Todes wegen, für die Beantragung und Erteilung des Erbscheins, Kosten entstanden sind,
  • selbst wenn es sich dabei im Verhältnis zum Pauschbetrag lediglich um geringe Kosten handelt

und scheidet ein Abzug des Pauschbetrags nur dann aus, wenn

  • Kosten im Sinne von § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG nicht entstanden sind.

Nicht immer ist im Erbschein eine angeordnete Testamentsvollstreckung zu vermerken

Mit Beschluss vom 03.04.2017 – 2 Wx 72/17 – hat der für Nachlasssachen zuständige 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Köln darauf hingewiesen, dass

  • eine vom Erblasser angeordnete Testamentsvollstreckung dann nicht im Erbschein zu vermerken ist,

wenn

  • die Erben durch die Testamentsvollstreckung nicht in ihrer Verwaltungs- und Verfügungsmacht über den Nachlass beschränkt werden sollen bzw. sind,

der Erblasser also beispielsweise in seinem Testament Testamentsvollstreckung angeordnet und bestimmt hatte, dass

  • die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers in der „Überwachung“ seiner letztwilligen Anordnung,
  • nicht aber in der laufenden Verwaltung des Nachlasses bestehen soll.

Danach ist im Falle einer solchen nur „beaufsichtigenden Testamentsvollstreckung“ gemäß § 2208 Abs. 2 BGB,

  • bei der es Aufgabe des Testamentsvollstreckers lediglich ist, die Einhaltung der Anordnungen des Erblassers zu kontrollieren,

der Zusatz im Erbschein „Es ist Testamentsvollstreckung angeordnet“ nicht aufzunehmen (Quelle: Presseservice des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 15.09.2017).

Kann Bank bei der der Erblasser ein Konto hatte, vom Erben stets einen Erbschein verlangen?

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) sagt „nein“ und hat mit Urteil vom 05.04.2016 – XI ZR 440/15 – in einem Fall,

  • in dem nach dem Tod des Erblassers sowie der Eröffnung seines handschriftlichen Testaments der darin eindeutig als Erbe Eingesetzte unter Vorlage einer beglaubigten Ablichtung des eigenhändigen Testaments nebst einer beglaubigten Abschrift des Eröffnungsprotokolls die Sparkasse zur Freigabe des dort vom Erblasser unterhaltenen Sparkontos aufgefordert hatte,
  • dies von der Sparkasse abgelehnt und die Vorlage eines Erbscheins verlangt worden war,

die Sparkasse verurteilt,

  • dem gemäß § 1922 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in die Kontoverträge mit ihr eingetreten Erben wegen schuldhaften Verstoßes gegen die ihr obliegende vertragliche Leistungstreuepflicht aus § 280 Abs. 1 BGB die Gerichtskosten in Höhe von 1.770 € zu erstatten,
  • die dieser für die Erwirkung des Erbscheins bei dem zuständigen Amtsgericht hatte aufwenden müssen und die von der von der Bank wegen der Eindeutigkeit der Erbfolge unnötigerweise verursacht worden waren.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat der Senat ausgeführt, dass, abgesehen von den gesetzlich gesondert geregelten Fällen, in denen der Erbe die Rechtsnachfolge grundsätzlich durch einen Erbschein nachzuweisen hat (§ 35 Abs. 1 Satz 1 Grundbuchordnung (GBO), § 41 Abs. 1 Satz 1 Schiffsregisterordnung (SchRegO), § 86 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen (LuftFzgG)), der Erbe nicht verpflichtet ist, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen.
Vielmehr hat ein Erbe auch die Möglichkeit, diesen Nachweis in anderer Form zu erbringen (BGH, Urteile vom 10.12.2004 – V ZR 120/04 – und vom 07.06.2005 – XI ZR 311/04 –).

  • Dazu gehören neben dem öffentlichen Testament auch das eigenhändige Testament oder im Falle gesetzlicher Erbfolge Urkunden, aus denen sich diese ergibt.
  • Eine Bank oder Sparkasse bei der der Erblasser ein Konto hatte, kann deshalb bei einem eigenhändigen Testament auch nicht regelmäßig auf der Vorlage eines Erbscheins bestehen.

Zwar hat die Bank bzw. Sparkasse ein berechtigtes Interesse daran, in den Genuss der Rechtswirkungen der §§ 2366, 2367 BGB zu kommen und so der aus der Risikosphäre des Gläubigers stammenden Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme zu entgehen.
Daraus folgt aber nicht, dass sie einschränkungslos oder auch nur im Regelfall die Vorlegung eines Erbscheins verlangen kann (vgl. BGH, Urteile vom 07.06.2005 – XI ZR 311/04 – vom 08.10.2013 – XI ZR 401/12 –), weil

  • eine solche Sichtweise die Interessen des (wahren) Erben, der im Wege der Universalsukzession (§ 922 BGB) in die Stellung des Erblassers als Vertragspartner der Bank eingerückt ist, über Gebühr vernachlässigen würde.

Bei den Anforderungen an den Nachweis der Rechtsnachfolge ist nämlich auch den berechtigten Interessen des oder der Erben an einer möglichst raschen und kostengünstigen Abwicklung des Nachlasses Rechnung zu tragen.
Ihnen ist regelmäßig nicht daran gelegen, in Fällen, in denen das Erbrecht unproblematisch anders als durch Vorlage eines Erbscheins nachgewiesen werden kann, das unnütze Kosten verursachende und zu einer Verzögerung der Nachlassregulierung führende Erbscheinsverfahren anstrengen zu müssen.
Daran, auch in klaren Erbfolgefällen allein zur Erlangung des Gutglaubensschutzes der §§ 2366, 2367 BGB regelmäßig auf einem Erbschein bestehen zu können, hat die Bank kein schutzwürdiges Interesse (vgl. BGH, Urteile vom 07.06.2005 – XI ZR 311/04 – und vom 08.10.2013 – XI ZR 401/12 –).

Aufgrund dessen ist die Bank

  • in Fällen, in denen ein eröffnetes eigenhändiges Testament mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit das Erbrecht des Erben nachweist, nicht,
  • sondern nur bei konkreten und begründeten Zweifeln an der Richtigkeit der durch das eigenhändige Testament belegten Erbfolge berechtigt, ergänzende Erklärungen des oder der Erbprätendenten einzuholen oder sich weitere Unterlagen, wie z.B. das Familienstammbuch oder einen Erbschein vorlegen zu lassen.