Tag Fahrerlaubnis

Was unter Einfluss von Drogen stehende Fahrerlaubnisinhaber, die sich auf eine unbewusste Drogeneinnahme berufen, wissen sollten 

Mit Beschluss vom 09.08.2022 – 4 L 680/22.KO – hat das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz in einem Fall, in dem die Fahrerlaubnisbehörde einem Autofahrer,

  • der bei einer Verkehrskontrolle mit drogentypischen Ausfallerscheinungen angetroffen und
  • bei dem bei der anschließenden Blutuntersuchung eine erhebliche Amphetaminkonzentration in seinem Blut festgestellt

worden war,

  • wegen Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen,

die Fahrerlaubnis entzogen hatte, die Behauptung des Autofahrers,

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BVerwG entscheidet, wann Kraftfahrzeugführer nach einer erstmaligen Trunkenheitsfahrt zur MPU künftig schon ab 1,1 Promille müssen

…. und nicht erst ab 1,6 Promille wie bisher.

Mit Urteil vom 17.03.2021 – 3 C 3.20 – hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden, dass, wenn bei einem Kraftfahrzeugführer, nach einer 

  • einmaligen

Trunkenheitsfahrt

  • eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,1 Promille oder mehr,
  • aber keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen

festgestellt werden, die Fahrerlaubnisbehörde vor einer (Neu)Erteilung der Fahrerlaubnis,

  • gestützt auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV),

zur Klärung von Zweifeln an der Fahreignung ein 

  • medizinisch-psychologisches Gutachten 

verlangen und bei Nichtvorlage eines solchen Gutachtens, 

  • gestützt auf § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV,

einen Antrag auf (Neu)Erteilung einer Fahrerlaubnis ablehnen darf. 

Das bedeutet, steht fest, dass ein Kraftfahrzeugführer im Verkehr ein Fahrzeug geführt hat, mit einer 

  • BAK von 1,1 Promille oder mehr

und ist bei seiner polizeilichen Kontrolle 

  • festgestellt und
  • dokumentiert

worden, dass er 

  • keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen 

zeigte, liegt darin,

  • weil dies für eine außergewöhnliche Alkoholgewöhnung spricht und 
  • aufgrund dessen eine erhöhte Rückfallgefahr besteht, 

eine aussagekräftige Zusatztatsache im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c Alt. 2 FeV, die,

  • auch bei Nichterreichen der 1,6 Promillegrenze gemäß Regelung in Buchstaben c, 

die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtfertigt (Quelle: Pressemitteilung des BVerwG). 

Berufskraftfahrer sollten wissen, wann, nach Verlust des Arbeitsplatzes wegen Fahrerlaubnisentzugs, auch Sperrzeit

…. für Arbeitslosengeld droht.  

Mit Urteil vom 30.09.2019 – S 3 AL 6956/18 – hat das Sozialgericht (SG) Stuttgart darauf hingewiesen, dass, wenn einem als Berufskraftfahrer Beschäftigten, 

  • wegen einer vorsätzlichen Verkehrsstraftat, 
    • wie beispielsweise dem unerlaubten Entfernen vom Unfallort, 

die Fahrerlaubnis entzogen sowie sein Führerschein eingezogen und vom Arbeitgeber daraufhin das Arbeitsverhältnis gekündigt wird, 

  • weil er den Mitarbeiter aufgrund des Führerscheinverlustes nicht mehr (weiter) beschäftigen kann,

Ursache der Arbeitslosigkeit ein arbeitsvertragswidriges Verhalten ist, weswegen grundsätzlich

  • eine Sperrzeit für das Arbeitslosengeld 

eintreten kann. 

Danach kann

  • die Begehung einer vorsätzlichen Verkehrsstraftat, die zum Verlust der für ein Beschäftigungsverhältnis erkennbar notwendigen Fahrerlaubnis führt, 

die Feststellung eines versicherungswidrigen Verhaltens nach § 159 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) 

  • in Form der jedenfalls grob fahrlässigen Herbeiführung der Arbeitslosigkeit durch vorsätzliches arbeitsvertragswidriges Verhalten 

rechtfertigen (Quelle: Pressemitteilung des SG Stuttgart).

PKW- und LKW-Fahrer sollten wissen, was ein, durch einen sog. Sekundenschlaf verursachter Verkehrsunfall für sie

…. insbesondere aus strafrechtlicher Sicht für Rechtsfolgen haben kann.

Kommt es bei einem Fahrzeugführer während der Fahrt zu einem 

  • „Sekundenschlaf“

und dadurch zu einem Verkehrsunfall, bei dem 

  • Leib oder Leben eines anderen Menschen oder 
  • fremde Sachen von bedeutendem Wert 

gefährdet werden, liegt nicht nur eine fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs 

  • nach § 315c Abs. 1 Nr.1 Buchst b, Abs. 3 Nr. 2 Strafgesetzbuch (StGB)  

vor, sondern droht dem Fahrzeugführer, 

  • neben der Strafe hierfür, 

auch 

  • der Entzug der Fahrerlaubnis (§ 69 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB).

Ein Sekundenschlaf ist für einen, 

  • nicht an Narkolepsie (einer Krankheit des Nervensystems) leidenden,

Fahrzeugführer nämlich 

  • kein unvorhersehbares Ereignis, sondern

stets jedenfalls zumindest „einfach fahrlässig“ vorhersehbar.

Denn nach dem gegenwärtigen Stand der ärztlichen Wissenschaft besteht der Erfahrungssatz, dass ein 

  • nicht an Narkolepsie leidender

Kraftfahrer,

  • bevor er am Steuer seines Fahrzeugs während der Fahrt einschläft oder vorübergehend einnickt,

stets deutliche Anzeichen der Ermüdung (Übermüdung) bzw. einer erheblichen Müdigkeit an sich

  • wahrnimmt oder 
  • wenigstens wahrnehmen kann

und zwar auch dann, wenn der Kraftfahrer 

  • die Fahrt nach ausreichendem Schlaf in der vorausgegangenen Nacht in ausgeruhtem Zustand angetreten hat.

Solche an sich wahrnehmbare Frühsymptome, die zuerst den Eintritt der Müdigkeit und damit die Gefahr begründen, 

  • dass es zu einem Einnicken bzw. Sekundenschlaf und 
  • dadurch zu einem Unfall 

kommen kann, können 

  • etwa Lidschwere, Konvergenzschwäche, Fremdkörperreiz in den Augen, das Sehen von Doppelbildern, Gähnen u. dergl.

sein und wenn Kraftfahrer gleichwohl, 

  • ohne Fahrtunterbrechung bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit (zum Zwecke des Schlafens oder mindestens des Sichausruhens, Sichbewegens und Sichauffrischens),

weiterfahren,

  • setzen sie sich entweder über diese Warnzeichen bewusst hinweg bzw. ignorieren diese,
    • was grob fahrlässig wäre, 
  • oder sind sie der ihnen obliegenden Selbstbeobachtung nicht hinreichend nachgekommen,
    • was als einfach fahrlässig anzusehen ist (so Bayerisches Oberstes Landesgericht (BayObLG), Urteil vom 18.08.2003 – 1St RR 67/03 – und Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 18.11.1969 – 4 StR 66/69 – sowie Oberlandesgericht (OLG) Celle, Urteil vom 01.07.2020 – 14 U 8/20 – dazu, wann im Zivilprozess Sekundenschlaf als Unfallursache angenommen werden kann). 

Hinweis:
Das oben Ausgeführte zeigt, dass Kraftfahrer, die 

  • aus Unachtsamkeit einen Verkehrsunfall verursacht haben, aber 

meinen nicht belangt werden zu können, wenn sie sich darauf berufen, 

  • am Steuer eingenickt zu sein, 

einem fatalen Irrtum unterliegen.   

  • Tatsächlich kann sich eine solche Angabe bzw. Einlassung bei der informatischen Befragung an der Unfallstelle oder einer nachfolgenden Vernehmung nachteilig auswirken.

VG Trier entscheidet: Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach 26 Jahren ohne Fahrpraxis setzt Fahrerlaubnisprüfung voraus

Mit Urteil vom 10.03.2020 – 1 K 2868/19.TR – hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Trier in einem Fall, in dem ein früherer Inhaber der alten Fahrerlaubnisklasse 2,

  • dem im Jahr 1993 wegen einer Trunkenheitsfahrt die Fahrerlaubnis entzogen worden war,

nach 26 Jahren einen

  • Antrag auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis

gestellt hatte, entschieden, dass

  • Voraussetzung für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis zunächst das Ablegen einer Fahrerlaubnisprüfung ist.

Begründet hat das VG das damit, dass

  • der Antragsteller über einen Zeitraum von mehr als 26 Jahren, nämlich seit der Entziehung der Fahrerlaubnis im Jahr 1993, ohne Fahrpraxis mit einem erlaubnispflichtigen Kraftfahrzeug sei,
  • sich seine Fahrpraxis vor der Entziehung der Fahrerlaubnis nur auf einen Zeitraum von knapp drei Jahren erstreckt habe und

dies die Annahme rechtfertige, dass der Betreffende

  • nicht mehr über die erforderlichen praktischen Kenntnisse

für das sichere Führen von Kraftfahrzeugen der (die frühere Klasse 2  beinhaltenden) Klassen B, AM und L im Straßenverkehr verfügt.

Dass der Antragsteller seit 2012 mit einem fahrerlaubnisfreien Mofa am Straßenverkehr teilnahm, war nach Ansicht der Kammer deswegen nicht geeignet, die fehlende Fahrpraxis zu kompensieren, da

  • – im Vergleich zu einem erlaubnispflichtigen Kraftfahrzeug –

ein erlaubnisfreies Mofa deutlich langsamer und daher erheblich weniger gefährlich ist (Quelle: Pressemitteilung des VG Trier).

Was darf die Fahrerlaubnisbehörde, wenn Jemand außerhalb des Straßenverkehrs (von der Polizei) mit Drogen angetroffen worden ist

…. und was darf die Fahrerlaubnisbehörde in einem solchen Fall nicht?

Wird Jemand mit Drogen

  • außerhalb eines Kraftfahrzeugs oder des Straßenverkehrs

angetroffen,

  • beispielsweise frühmorgens vor einer Diskothek mit einem Kokaingemisch,

darf die Fahrerlaubnisbehörde nach § 3 Abs. 1 Satz 3 Straßenverkehrsgesetz (StVG) i.V.m. § 2 Abs. 8 StVG und §§ 46 Abs. 3, 14 Abs. 1 Satz 2 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV),

  • wegen bestehender Bedenken hinsichtlich der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen,

zur Feststellung der Fahreignung die Vorlage ein ärztliches Gutachten

  • einer anerkannten Begutachtungsstelle

verlangen.

Eine Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Fahrerlaubnisbehörde nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV

  • wegen Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen

kommt dann in Betracht, wenn der Betroffene

  • sich weigert ein solches Gutachten beizubringen oder
  • das angeforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt.

Nicht entzogen werden darf einem Betroffenen die Fahrerlaubnis dagegen, wenn

  • das verlangte Gutachten fristgerecht beigebracht worden und
  • dieses für den Betroffenen positiv ausgefallen ist,
    • beispielsweise weil es zu dem Ergebnis gekommen ist, dass der Betroffene weder Kokain, noch andere Betäubungsmittel eingenommen hatte oder einnimmt.

In einem solchen Fall darf die Fahrerlaubnisbehörde,

  • da sie hierfür nicht die ärztliche Fachkenntnis besitzt,

auch das Gutachten nicht einfach für nicht nachvollziehbar erachten und unter Anstellung eigener Überlegungen dem Betroffenen die Fahrerlaubnis entziehen.

Bei Zweifeln an der Richtigkeit eines für den Betroffenen positiven Gutachtens,

  • etwa wegen nicht ordnungsgemäßer bzw. nicht wahrheitsgemäßer Mitwirkung des Betroffenen bei der Gutachtenserstellung,

muss die Fahrerlaubnisbehörde vielmehr beim Gutachter nachfragen oder eine Nachbesserung verlangen.

Denn hier gilt der Grundsatz, dass, wenn

  • aus welchen Gründen auch immer

nicht feststeht, ob der Betreffende

  • geeignet oder
  • ungeeignet

ist, die Fahrerlaubnis nicht entzogen werden kann.

Darauf hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) mit Beschluss vom 26.07.2019 – 11 CS 19.1093 – hingewiesen.

LG Nürnberg-Fürth entscheidet: Erst ab einem Betrag von 2.500,00 € netto liegt bei einer Unfallflucht ein einen Fahrerlaubnisentzug

…. rechtfertigender bedeutender Fremdsachschaden i.S.v. § 69 Abs. 2 Nr. 3 Strafgesetzbuch (StGB) vor.

Entfernt sich ein Unfallbeteiligter nach einem Unfall im Straßenverkehr unerlaubt vom Unfallort (§ 142 StGB), obwohl

  • er weiß oder
  • wissen kann,

dass bei dem Unfall

  • ein Mensch getötet oder
  • nicht unerheblich verletzt worden oder
  • an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist,

wird ihm, bei einer Verurteilung, im Urteil,

  • wegen Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen,

in der Regel (neben der Strafe auch)

  • die Fahrerlaubnis entzogen (§ 69 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 StGB) sowie zugleich eine Sperre für die (Wieder)Erteilung bestimmt

oder, wenn er keine Fahrerlaubnis hat,

  • (nur) eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet (§ 69a Abs. 1 StGB).

Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass ein (endgültiger) Fahrerlaubnisentzug (im späteren Urteil) erfolgen wird,

  • kann schon vorher

ein vorläufiger Führerscheinentzug nach § 111a Abs. 1 Satz 1 Strafprozessordnung (StPO) erfolgen.

Mit Beschluss vom 15.01.2020 – 5 Qs 4/20 – hat das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth entschieden, dass

  • ein bedeutender Fremdschaden im Sinne von § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB

(erst) ab einem Betrag von 2.500,00 € netto vorliegt.

Danach kann, sofern bei einem Unfall

  • weder ein Mensch getötet,
  • noch mehr als nur unerheblich verletzt

worden ist, einem Unfallbeteiligten,

  • der sich des unerlaubten Entfernens vom Unfallort schuldig gemacht hat,

die Fahrerlaubnis grundsätzlich nur dann (vorläufig) entzogen werden, wenn

  • bei dem Unfall ein Fremdsachschaden von mindestens 2.500,00 € netto entstanden ist und
  • der Unfallbeteiligte weiß oder wissen konnte, dass ein Fremdsachschaden in dieser Höhe entstanden ist.

Liegt der entstandene Fremdsachschaden

  • unterhalb von 500,00 € netto

kommt nach der Entscheidung des LG Nürnberg-Fürth nur die Verhängung eines Fahrverbots von ein bis zu sechs Monaten nach § 44 Abs. 1 StGB in Betracht.