Tag Familienrecht

Wenn Eltern mit Kinderkrippenbetreiber streiten

Schließen Eltern für ihr Kind mit einem Kinderkrippenbetreiber einen Betreuungsvertrag ab, in dessen formularmäßigen Vertragsbedingungen ein ordentliches Kündigungsrecht von zwei Monaten zum Monatsende vorgesehen ist,

  • so ist dies im Hinblick auf die AGB-Kontrolle nach § 307 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unbedenklich,
  • wenn es sich bei dem Betreuungsvertrag um ein dauerndes Dienstverhältnis mit festen Bezügen handelt.

 

Auch ist es bei einer solchen, vergleichsweise kurzen Frist nicht geboten, dass den Eltern für die Dauer der anfänglichen Eingewöhnungsphase – im Sinne einer „Probezeit“ – ein fristloses Lösungsrecht eingeräumt wird.

Dagegen sind Vertragsbedingungen von Krippenbetreibern wegen unangemessener Benachteiligung ihrer Vertragspartner gemäß § 307 BGB unwirksam,

  • die Eltern zur Leistung einer Kaution in erheblicher Höhe (hier: 1.000 €) in Form eines „Darlehens“ an den Betreiber der Kinderkrippe verpflichten,
  • die Eltern verpflichten, ihr Kind regelmäßig in die Kinderkrippe zu bringen und dort betreuen zu lassen sowie Zuwiderhandlungen durch Schadensersatzansprüche der Kinderkrippe sanktionieren und
  • die im Fall des Annahmeverzuges nicht lediglich vorsehen, dass vereinbarte Fest- und Pauschalbeträge stets für volle Monate zu entrichten sind, sondern die Möglichkeit der Eltern, von der Vergütungspflicht einen Abzug wegen der vom Krippenbetreiber ersparten Aufwendungen nach § 615 Satz 2 BGB vorzunehmen, vollständig abbedingen.

 

Das hat der unter anderem für das Dienstvertragsrecht zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 18.02.2016 – III ZR 126/15 – in einem Fall entschieden, in dem

  • von dem Vater eines Kleinkindes (Kläger) am 19.09.2013, nachdem sein 16 Monate alter Sohn die Krippe des beklagten Betreibers in der Zeit vom 09. bis zum 19.09.2013 besucht hatte, die Rückzahlung der von ihm entsprechend der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten geleisteten Kaution in Höhe von 1.000 € mit der Begründung verlangt worden war, dass er, weil sein Sohn sich in der Krippe nicht wohl gefühlt habe, die Betreuung in der Einrichtung des Beklagten nicht mehr in Anspruch nehmen wolle und
  • der Beklagte, unter Hinweis auf die nach den Vertragsbedingungen früheste Kündigungsmöglichkeit zum 30.11.2013,
    • Fortzahlung der Betreuungsvergütung zuzüglich Verpflegungs- und Pflegemittelpauschale für die Monate September bis November 2013 (insgesamt 1.590 €) sowie
    • darüber hinaus, mit der Begründung, dass ihm die Rückzahlung kindbezogener staatlicher und kommunaler Fördermittel drohe, weil diese zur Voraussetzung hätten, dass ein regelmäßiger Besuch der Krippe durch die von der Förderung erfassten Kinder erfolge und eine Nachbesetzung des freigewordenen Platzes vor dem 01.12.2013 nicht gelungen sei, die Feststellung begehrt hatte, dass der Kläger ihren Förderausfall für die Monate September bis November 2013 in Höhe von 2.495,07 € zu bezahlen habe.

 

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 18.02.2016 – Nr. 43/2016 – mitgeteilt.

 

Wenn der seinem minderjährigem Kind Unterhalt schuldende Vater arbeitslos ist

Verwandte in gerader Linie sind nach § 1601 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) grundsätzlich verpflichtet,

  • einander, im Fall der Bedürftigkeit i.S.v. § 1602 BGB, Unterhalt zu gewähren,
  • sofern sie dazu bei Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts, imstande sind (vgl. § 1603 Abs. 1 BGB).

 

Eltern, die bei Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen außerstande sind, ohne Gefährdung ihres angemessenen Unterhalts minderjährigen unverheirateten Kindern den Unterhalt zu gewähren, sind diesen gegenüber gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden (sog. gesteigerte Unterhaltspflicht).
Darin liegt eine Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Unterhaltsrecht. Aus diesen Vorschriften und aus Art. 6 Abs. 2 Grundgesetz (GG) folgt auch die Verpflichtung der Eltern zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft.
Wenn der Unterhaltsverpflichtete eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit unterlässt, obwohl er diese bei gutem Willen ausüben könnte, können deswegen nicht nur die tatsächlichen, sondern auch fiktiv erzielbare Einkünfte berücksichtigt werden. Die Zurechnung fiktiver Einkünfte, in die auch mögliche Nebenverdienste einzubeziehen sind, setzt neben den nicht ausreichenden Erwerbsbemühungen eine reale Beschäftigungschance des Unterhaltspflichtigen voraus.

  • Dem Unterhaltspflichtigen darf aber auch bei einem Verstoß gegen seine Erwerbsobliegenheit nur ein Einkommen zugerechnet werden, welches von ihm realistischerweise zu erzielen ist.
  • Für die Feststellung, dass für einen Unterhaltsschuldner keine reale Beschäftigungschance besteht, sind allerdings – insbesondere im Bereich der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB – strenge Maßstäbe anzulegen.

 

Für gesunde Arbeitnehmer im mittleren Erwerbsalter wird auch in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit regelmäßig kein Erfahrungssatz dahin gebildet werden können, dass sie nicht in eine vollschichtige Tätigkeit zu vermitteln sind.

  • Dies gilt auch für ungelernte Kräfte.
  • Auch eine bisherige Tätigkeit eines Unterhaltsschuldners etwa im Rahmen von Zeitarbeitsverhältnissen ist noch kein hinreichendes Indiz dafür, dass es ihm nicht gelingen kann, eine besser bezahlte Stelle zu finden.
    Das gilt auch dann, wenn der Unterhaltspflichtige überwiegend im Rahmen von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB IV gearbeitet hat.

 

Die Darlegungs- und Beweislast für seine mangelnde Leistungsfähigkeit

  • liegt beim Unterhaltspflichtigen,
  • was auch für das Fehlen einer realen Beschäftigungschance gilt.

 

Der Unterhaltspflichtige hat sich unter Einsatz aller zumutbaren und möglichen Mittel nachhaltig darum zu bemühen, eine angemessene Tätigkeit zu finden, wozu die bloße Meldung beim Arbeitsamt nicht genügt.

  • Er trägt im Verfahren die uneingeschränkte Darlegungs- und Beweislast für seine Bemühungen und muss in nachprüfbarer Weise vortragen, welche Schritte er im Einzelnen in welchem zeitlichen Abstand in dieser Richtung unternommen hat.
     

Die Bewerbungsbemühungen müssen die nötige Nachhaltigkeit erkennen lassen und dürfen keine ungeklärten zeitlichen Lücken aufweisen.
Der Beweis, dass für den Unterhaltspflichtigen keine reale Erwerbsmöglichkeit für eine Vollzeittätigkeit besteht, wird regelmäßig mangels gegenteiliger Erfahrungssätze nur durch den Nachweis zu führen sein, dass der Unterhaltspflichtige sich hinreichend um eine Erwerbstätigkeit bemüht hat.
Hierzu reicht es nicht aus, dass er sich auf die ihm vom zuständigen Jobcenter unterbreiteten Stellenangebote bewirbt.

Darauf hat der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 23.12.2015 – 2 UF 213/15 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem ein arbeitsloser, Leistungen nach dem SGB II beziehender Vater, der seinem minderjährigen, im Haushalt der Mutter lebendem Kind Unterhalt schuldete,

 

entschieden,

  • dass diesem ein fiktives monatliches Nettoeinkommen von 1.300 Euro zuzurechnen ist, weil er
    • vor seiner Arbeitslosigkeit dieses Einkommen im Rahmen einer früheren Beschäftigung in einer Autowäscherei tatsächlich erzielt und
    • Erwerbsbemühungen nicht dargelegt hatte. 

 

Neubestimmung des Kindesnamens nach § 1617 b Abs. 1 BGB nach vorangegangener Einbenennung nach § 1618 BGB?

Hat ein Kind nach § 1617a Abs. 1 BGB zunächst den Namen seiner zum Zeitpunkt der Geburt allein sorgeberechtigten Mutter erhalten und haben die allein sorgeberechtigte Mutter des Kindes und deren Ehemann, der nicht der leibliche Vater des Kindes ist, dem Kind dann gegenüber dem Standesamt gemäß § 1618 Abs. 1 Satz 1 BGB durch Einbenennung ihren Ehenamen erteilt, ist,

  • wenn die Mutter und der leibliche Vater des Kindes nachträglich das gemeinsame Sorgerecht begründen,   

 

eine Neubestimmung des Kindesnamens nach § 1617 b Abs. 1 BGB jedenfalls dann nicht zulässig,

  • wenn die Stiefelternehe, deren Ehenamen das Kind aufgrund der Einbenennung trägt, noch besteht.

 

Das hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 16.12.2015 – XII ZB 405/13 – entschieden.

Begründet hat der Senat seine Entscheidung u. a. damit, dass der Regelungszweck des § 1618 BGB darin besteht, durch die Einbenennung von Stiefkindern deren Integration in die Stieffamilie zu fördern und dieser Zweck der Einbenennung erst dann als erledigt anzusehen ist, wenn diese Familie nicht mehr besteht, mithin die ihr zu Grunde liegende Ehe geschieden ist.

 

Wenn die früheren Schwiegereltern vom ehemaligen Schwiegerkind Schenkungen zurückfordern

Der Rückforderungsanspruch, der Schwiegereltern im Fall einer Schwiegerelternschenkung nach Scheitern der Ehe gegenüber dem Schwiegerkind wegen Störung der Geschäftsgrundlage zustehen kann,

  • unterliegt der dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),
  • es sei denn, der Anspruch ist auf Vertragsanpassung nach einer Grundstücksschenkung gerichtet, für den die Verjährungsfrist nach § 196 BGB gilt.

 

Da das Scheitern der Ehe regelmäßig spätestens mit der Zustellung des Scheidungsantrags zum Ausdruck kommt, liegt die für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist erforderliche Kenntnis der Schwiegereltern vom Scheitern der Ehe ihres Kindes jedenfalls dann vor, wenn

  • sie von der Zustellung des Scheidungsantrags Kenntnis erlangt haben oder
  • ohne grobe Fahrlässigkeit hätten erlangen müssen.

 

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 16.12.2015 – XII ZB 516/14 – in einem Fall hingewiesen, in dem die Antragsteller,

  • die im Zeitraum von 1989 bis 2001 an ihre Tochter und ihrem damaligen Schwiegersohn, dem Antragsgegner, zunächst zur Errichtung eines Eigenheims und später zur Abzahlung von Krediten insgesamt mindestens 58.944,28 € bezahlt und
  • weil sich ihre Tochter und der Antragsgegner Anfang 2006 getrennt hatten und deren 1988 geschlossene Ehe auf den von dem Antragsgegner im Jahr 2006 eingereichten Antrag durch Beschluss vom 26.11.2012 geschieden worden war,

 

vom Antragsgegner mit am 23.04.2012 bei Gericht eingegangenen Antrag die anteilige Erstattung der geleisteten Zuwendungen in Höhe von 14.736 € verlangt hatten und von dem Antragsgegner die Einrede der Verjährung erhoben worden war.

Die Klage hatte keinen Erfolg, weil dem von den Antragstellern geltend gemachten Anspruch die vom Antragsgegner erhobene Einrede der Verjährung entgegenstand.

Wie der Senat ausgeführt hat, sind unentgeltliche schwiegerelterliche Zuwendungen rechtlich als Schenkungen zu qualifizieren.

  • Sie erfüllen auch dann sämtliche tatbestandlichen Voraussetzungen des § 516 Abs. 1 BGB, wenn sie um der Ehe des eigenen Kindes willen erfolgen.
     

Insbesondere fehlt es nicht an einer Einigung über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung (BGH, Urteil vom 03.02.2010 – XII ZR 189/06 –).

Auch wenn danach schwiegerelterliche Zuwendungen als Schenkung zu werten sind, sind auf sie die Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB anwendbar (BGH, Urteile vom 03.02.2010 – XII ZR 189/06 –; vom 21.07.2010 – XII ZR 180/09 – und vom 20.07.2011 – XII ZR 149/09 –).

 

Deshalb kann Schwiegereltern,

  • die in der Vorstellung, die eheliche Lebensgemeinschaft des von ihnen beschenkten Schwiegerkindes mit ihrem Kind werde Bestand haben (= das Motiv der Schenkung) und
  • ihre Schenkung demgemäß auch dem eigenen Kind dauerhaft zugutekommen,

 

dem Schwiegerkind eine Zuwendung gemacht haben,

 

Dieser Anspruch auf Vertragsanpassung unterliegt

  • der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB,
  • es sei denn, der Anspruch ist auf Vertragsanpassung nach einer Grundstücksschenkung von Schwiegereltern gerichtet.
    In diesem Fall bestimmt sich die Verjährungsfrist nach § 196 BGB (BGH, Beschluss vom 03.12.2014 – XII ZB 181/13 –).

 

Der Lauf der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB beginnt grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres,

  • in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und
  • der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners
    • Kenntnis erlangt oder
    • ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB).

 

Dabei setzt der Verjährungsbeginn aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände voraus.

 

Zumutbar ist die gerichtliche Geltendmachung eines Anspruchs nach allgemeinen Grundsätzen, sobald sie hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

 

Da die von den Schwiegereltern an das Schwiegerkind erbrachte Schenkung ihre Geschäftsgrundlage im Fortbestand der Ehe des eigenen Kindes mit dem Schwiegerkind findet, entsteht der auf Vertragsanpassung gerichtete Anspruch der Schwiegereltern wegen Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB in dem Zeitpunkt, in dem diese Ehe gescheitert ist.
Hierbei ist nicht der Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung maßgeblich.
Vielmehr kommt das Scheitern einer Ehe regelmäßig spätestens mit der Zustellung des Scheidungsantrags zum Ausdruck, so dass auch spätestens in diesem Zeitpunkt der Rückforderungsanspruch der Schwiegereltern im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entsteht.
Die für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist des §195 BGB erforderliche Kenntnis (§199 Abs.1 Nr.2 BGB) der Schwiegereltern vom Scheitern der Ehe ihres Kindes liegt damit jedenfalls dann vor, wenn sie von der Zustellung des Scheidungsantrags Kenntnis erlangt haben oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätten erlangen müssen.

Nachdem die Antragsteller hier bereits mit der Einreichung des Scheidungsantrags im Jahr 2006 Kenntnis vom Scheitern der Ehe ihrer Tochter mit dem Antragsgegner erlangt hatten, hatte

  • mit Schluss dieses Jahres die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB zu laufen begonnen und
  • folglich am 31.12.2009 geendet.

 

Der verfahrensgegenständliche Antrag war jedoch erst am 23.04.2012 und damit nach Ablauf der Verjährungsfrist bei Gericht eingegangen. 

 

Wenn Miteigentümer eines Hauses über die Reparaturbedürftigkeit streiten

Sind mehrere Personen je zu bestimmten Anteilen Miteigentümer eines Hauses besteht zwischen ihnen eine Bruchteilsgemeinschaft gem. den §§ 741 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Nach § 748 BGB ist in einem solchen Fall jeder Teilhaber den anderen Teilhabern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Gegenstands sowie die Kosten der Erhaltung, der Verwaltung und einer gemeinschaftlichen Benutzung nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen.
Zu den Kosten des gemeinschaftlichen Gegenstands zählen sämtliche vermögensmindernde Maßnahmen, d.h. Aufwendungen zur

 

Zu solchen Erhaltungsmaßnahmen zählen insbesondere Reparatur- oder Umbaumaßnahmen an einem Haus.

Gerechtfertigt sind die Kosten, wenn die Teilhaber

  • die Zustimmung erklärt haben oder
  • die Maßnahme notwendig war (§ 744 Abs. 2 BGB).

 

Gemäß § 744 Abs. 2 BGB ist jeder Teilhaber berechtigt, die zur Erhaltung des Gegenstands notwendigen Maßregeln ohne Zustimmung der anderen Teilhaber zu treffen.

  • Notwendig ist eine Maßnahme, die entweder die Substanz oder den Wert der Sache erhält.
  • Nicht notwendig sind grundsätzlich wirtschaftlich unvertretbare oder der Schaffung eines neuen wirtschaftlichen Wertes dienende Maßnahmen.
  • Notwendig ist eine Maßnahme nur dann, wenn sie vom Standpunkt eines vernünftigen Eigentümers oder sonst wie Berechtigten aus als zur Erhaltung des Gegenstands notwendig erscheint.

 

Regelmäßig werden notwendige Erhaltungsmaßnahmen keinen Aufschub dulden.
Begriffsnotwendig ist das aber nicht.
Ist das gemeinschaftliche Haus reparaturbedürftig und führt das Unterlassen der Reparatur dazu, dass das Haus auf lange Sicht an Wert verliert, so ist jeder Teilhaber berechtigt, die erforderlichen Reparaturen auch gegen den Widerstand der anderen Teilhaber durchzuführen.
Die entsprechende Befugnis des Teilhabers ist also nicht auf reine Eilmaßnahmen begrenzt.
Es genügt,

  • dass ohne die Maßnahme der Bestand der Sache auf längere Sicht bedroht ist und
  • dass es wirtschaftlich vernünftig ist, die Maßnahme, die auf Dauer doch nicht unterbleiben kann, hier und jetzt vorzunehmen.

 

Ein in wirtschaftlicher Hinsicht vernünftiger Berechtigter wird nur solche Aufwendungen zur Erhaltung der Sache machen, die durch Nutzung oder jedenfalls Veräußerung wieder realisiert werden können.
Bei der Beurteilung der Frage, ob eine notwendige Maßnahme vorliegt, ist deshalb zugleich ein objektiver Maßstab anzulegen, wobei besonders die finanziellen Möglichkeiten der Teilhaber zu berücksichtigen sind (OLG Brandenburg Beschluss vom 03.06.2013 – 3 WF 53/13 –; OLG Rostock, Urteil vom 19.12.2003 – 1 U 100/01 –).
Dabei können auch wertverbessernde Maßnahmen notwendig sein, sofern sie bei wirtschaftlich vernünftiger Betrachtungsweise angezeigt sind und die finanziellen Möglichkeiten der Teilhaber diese zulassen.
Erst wenn die Renovierung eines Hauses nicht mehr der Abwehr von Schäden, sondern überwiegend der Wertsteigerung dient, liegt keine Notwendigkeit iSd. § 744 Abs. 2 BGB vor.

Darauf hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG) mit Beschluss vom 15.12.2015 – 9 UF 29/15 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem miteinander verheiratete, aber voneinander getrennt lebende Eheleute je zur Hälfte Miteigentümer eines Einfamilienhauses waren, die Ehefrau aus dem Haus ausgezogen war und der in dem Haus lebende Ehemann an dem Haus gegen den Widerstand seiner Ehefrau Reparaturarbeiten am Dach hatte durchführen lassen,

 

der Klage des Ehemanns gegen seine Ehefrau auf Erstattung der Hälfte der für die Reparatur aufgewandten Kosten aus § 744 Abs. 2 BGB i.V.m. § 748 BGB stattgegeben, weil

  • der Ehemann hatte darlegen und beweisen können, dass das Unterlassen der Reparatur dazu geführt hätte, dass das Haus auf lange Sicht an Wert verliert und es sich demzufolge bei der Reparatur um eine notwendige Erhaltungsmaßnahme gehandelt hat.

 

Streit um die Herausgabe des Impfpasses des gemeinsamen Kindes zwischen getrennt lebenden Eheleuten

Verlangt von getrennt lebenden Eheleute der eine Elternteil, bei dem das gemeinsame minderjährige Kind lebt,

  • von dem anderen Elternteil den in dessen Besitz befindlichen Impfpass sowie das Untersuchungsheft ihres gemeinsamen Kindes,
  • beruht dieser Anspruch auf den §§ 1601, 1610 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) analog.

 

Dabei handelt es sich um keine eigentliche Unterhaltssache, sondern um eine sonstige Familiensache.

Geltend zu machen ist dieser Anspruch des Kindes aus dem Eltern-Kind-Verhältnis (§ 266 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)) in gesetzlicher Verfahrensstandschaft analog § 1629 Abs. 3 BGB durch den Obhutselternteil im eigenen Namen.

Bei Impfpass und Untersuchungsheft handelt es sich nicht um Haushaltsgegenstände der Eltern, sondern um zum persönlichen Gebrauch des Kindes bestimmte Gegenstände, für die ausdrückliche Regelungen fehlen.

Ein solcher in Verfahrensstandschaft geltend gemachter, an sich dem Kind zustehender Anspruch auf Herausgabe seiner persönlichen Unterlagen ist auch, unabhängig davon, ob der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind derzeit befindet, mit den Gegenständen des Kindes sorgsam oder nicht sorgsam umgeht und ob die persönlichen Unterlagen derzeit dringend benötigt werden, begründet.
Auch die Eigentumsverhältnisse sind im Elternstreit über die Unterlagen ohne Bedeutung.

Darauf hat der Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg mit Beschluss vom 24.11.2015 – 11 UF 1140/15 – hingewiesen.

 

Wenn einem Unterhaltspflichtigen ein Geschäftswagen zur Nutzung auch für private Zwecke überlassen ist

Bei der Ermittlung des Einkommens des gemäß §§ 1601, 1602 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Unterhaltspflichtigen ist

  • der Wert des Sachbezugs durch die Überlassung eines Firmenfahrzeugs auch für private Zwecke
  • gemäß § 287 ZPO zu schätzen.

 

Der Vorteil des Firmenfahrzeugs wird durch die steuerliche Bewertung erfasst

Allerdings kann dann eine Korrektur des steuerlichen Ansatzes geboten sein, wenn sich der Unterhaltspflichtige aufgrund seiner angespannten wirtschaftlichen Situation (hier: Verbraucherinsolvenz, 4 Unterhaltsberechtigte) privat ein weniger teures Fahrzeug anschaffen würde.
Dann ist es gerechtfertigt, dem Einkommen

  • nur den Nutzungsvorteil
  • eines seinem Einkommen, seinen Unterhaltspflichten und seinen Verbindlichkeiten entsprechenden Fahrzeugs zuzurechnen.

 

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe mit Beschluss vom 27.08.2015 – 2 UF 69/15 – hingewiesen.

 

Unterhalspflicht für ein aus einer Samenspende stammendes nichteheliches Kind

Den gemeinsam mit der Mutter in die heterologe Insemination mit Spendersamen einwilligenden Mann trifft für das daraus hervorgegangene Kind eine vertragliche Unterhaltspflicht,

  • auch wenn er nicht mit der Mutter verheiratet ist und
  • das Kind nicht anerkannt hat.

 

Das hat der u.a. für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 23.09.2015 – XII ZR 99/14 – in einem Fall entschieden,

  • in dem mit Zustimmung des zeugungsunfähigen Beklagten und auf Wunsch der Kindsmutter, mit der er in einem gemeinsamen Haushalt zusammengelebt und eine intime Beziehung unterhalten hatte,
  • eine heterologe Insemination durchgeführt und von dem Beklagten erklärt worden war, dass er für alle Folgen einer eventuell eintretenden Schwangerschaft aufkommen und die Verantwortung übernehmen werde.

 

Nach der Entscheidung des Senats enthält eine Vereinbarung,

  • mit welcher ein Mann die Einwilligung zu einer heterologen künstlichen Befruchtung einer Frau mit dem Ziel erteilt, die Vaterstellung für das zu zeugende Kind einzunehmen,
  • regelmäßig zugleich einen berechtigenden Vertrag zugunsten des aus der künstlichen Befruchtung hervorgehenden Kindes (§ 328 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)), woraus sich für den Mann gegenüber dem Kind die Pflicht ergibt, wie ein rechtlicher Vater für dessen Unterhalt zu sorgen.

 

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 23.09.2015 – Nr. 163/2015 – mitgeteilt.

 

Wenn nach Schwiegerelternschenkung die Ehe des Kindes geschieden wird

In einem Fall,

  • in dem der Antragsteller von seinem ehemaligen Schwiegersohn, dem Antragsgegner, nach rechtskräftiger Scheidung von seiner Tochter im Jahr 2014, die Rückzahlung eines Teils des Geldes verlangt hatte,
  • das von ihm, mit dem Hinweis, „Schenkung zur Rückzahlung von Darlehen“, auf das Girokonto seiner Tochter überwiesen worden war und
  • das seine Tochter und ihr späterer Ehemann zur Ablösung mehrerer Darlehen verwandt hatten, die von ihnen beiden bereits im Jahre 2002, noch vor ihrer im November 2004 erfolgten Eheschließung zur Finanzierung des Erwerbs eines Hausgrundstücks zu jeweils hälftigem Miteigentum aufgenommen worden waren,

 

hat der 4. Zivilsenat – Senat für Familiensachen – des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG) in Bremen mit Beschluss vom 17.08.2015 – 4 UF 52/15 – darauf hingewiesen,

  • dass der Antragsteller das auf das Konto der Tochter überwiesene Geld nicht nur dieser, sondern zugleich seinem ehemaligen Schwiegersohn, dem Antragsgegner, geschenkt hatte,
  • es sich hierbei um keine Kettenschenkung erst vom Antragsteller an seine Tochter und sodann von dieser an den Antragsgegner, sondern eine sog. ehebezogene Schenkungen handelte und
  • der Antragsteller diese Schenkung, soweit sie dem Antragsgegner zugeflossen und in seinem Vermögen noch vorhanden ist, vom Antragsgegner nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zurück gefordert werden kann, wenn mit dem Scheitern der Ehe zwischen dem Antragsgegner und der Tochter des Antragstellers die für den Antragsgegner erkennbare Geschäftsgrundlage der Schenkung „Fortbestand der Ehe“ weggefallen und die bestehende Vermögenssituation für den Antragsteller unzumutbar ist,
  • allerdings bei einer durch die Schwiegereltern mitfinanzierten Immobilie für die Zeit, die das eigene Kind die Immobilie bis zum endgültigen Scheitern der Ehe mitgenutzt hat, ein angemessener Abschlag von der schwiegerelterlichen Zuwendung vorzunehmen ist.

 

Allerdings muss bei einer durch die Schwiegereltern mitfinanzierten Immobilie bedacht werden, wie lange das eigene Kind die Immobilie bis zum endgültigen Scheitern der Ehe mitgenutzt hat und dieser Gesichtspunkt der so genannten teilweisen Zweckerreichung durch einen angemessenen Abschlag von der schwiegerelterlichen Zuwendung berücksichtigt werden.

Nach dem Hinweis des Senats haben sich die Beteiligten auf die Hälfte des von dem Antragsteller geforderten Betrages verglichen.

 

Kein Schadensersatz für Eltern wegen fehlendem Kita-Platz

Der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden hat mit Urteil vom 26.08.2015 – 1 U 319/15 – die Klage einer Mutter abgewiesen,

  • die vor der Geburt ihres Sohnes als Architektin tätig war und Ersatz des ihr entgangenen Verdienstes wegen Amtspflichtverletzung gemäß § 839 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. Art. 34 Grundgesetz (GG) verlangt hatte,
  • weil die Beklagte als örtlicher Träger der öffentliche Jugendhilfe, ihr für ihren einjährigen Sohn keinen Platz in einer Kindertageseinrichtung zur Verfügung stellte und sie deshalb nicht weiter arbeiten konnte.

 

Zwar seien, wie der Senat in seiner Entscheidung ausgeführt hat, von Amtsträgern der Beklagten ihre aus § 24 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) resultierende Amtspflicht, dem Sohn der Klägerin ab Vollendung seines ersten Lebensjahres einen Platz in einer Kindertagesstätte zu verschaffen, verletzt worden.
Denn dieser Anspruch bestehe nicht nur im Rahmen der vorhandenen Kapazität, sondern „Kita-Plätze hat man zu haben.“

Da die Klägerin jedoch nicht geschützte Dritte der der Beklagten obliegenden Amtspflicht auf Verschaffung eines Kindertagesstättenplatzes zugunsten ihres Sohnes sei und zudem der Vedienstausfallschaden auch nicht vom Schutzzweck der Norm umfasst wäre (wird jeweils im Urteil ausgeführt), habe die Klägerin keinen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG.