Tag fiktive

Eigentümer eines bei einem Unfall beschädigten Autos sollten wissen, dass, wenn sie den Weg der fiktiven Schadensabrechnung wählen

…. die im Rahmen einer vorgenommenen (gleichwertigen) Ersatzbeschaffung (für das Unfallfahrzeug) anfallende Umsatzsteuer

  • nicht ersatzfähig ist,
  • auch nicht in Höhe des im Sachverständigengutachten über den Wiederbeschaffungswert zugrunde gelegten Umsatzsteueranteils,

eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung,

  • die nicht nur dann vorliegt, wenn im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung zu dem im Gutachten ausgewiesenen Netto-Wiederbeschaffungswert die bei dem konkreten Ersatzkauf tatsächlich angefallene Umsatzsteuer addiert wird,
  • sondern auch dann, wenn bei der fiktiven Abrechnung unter Verweis auf einen tatsächlich getätigten Ersatzkauf der im Gutachten ausgewiesene Brutto-Wiederbeschaffungswert zugrunde gelegt wird,

unzulässig ist,

  • in eine fiktive Schadensberechnung damit also auch nicht die in einem Sachverständigengutachten über den Wiederbeschaffungswert enthaltene Umsatzsteuer mit einbezogen werden darf

und falls die konkreten Kosten des tatsächlich getätigten Ersatzgeschäfts einschließlich der Nebenkosten, wie tatsächlich angefallener Umsatzsteuer,

  • den aufgrund der fiktiven Schadensabrechnung zustehenden Betrag übersteigen,

ein Geschädigter,

  • im Rahmen der rechtlichen Voraussetzungen hierfür und der Verjährung,

zu einer konkreten Berechnung auf der Grundlage der tatsächlich vorgenommenen Ersatzbeschaffung übergehen muss.

Das hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 02.10.2018 – VI ZR 40/18 – entschieden, es für rechtsfehlerhaft erachtet, dass das Berufungsgericht in dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall,

  • in dem der Geschädigte das Unfallfahrzeug veräußert und
  • dafür ein Ersatzfahrzeug erworben,
  • aber den Weg der fiktiven Schadensabrechnung gewählt hatte,

bei der Abrechnung des Wiederbeschaffungsaufwands auf Gutachtenbasis

  • von dem vom Sachverständigen ermittelten Brutto-Wiederbeschaffungswert ausgegangen war sowie
  • von diesem den Restwert in Abzug gebracht hatte

und die Sache, unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 13.09.2016 – VI ZR 654/15 –, zur Ermittlung des vom Brutto-Wiederbeschaffungswert in Abzug zu bringenden Umsatzsteueranteils an das Berufungsgericht zurückverwiesen,

  • das (nunmehr noch) wird klären müssen, ob solche Fahrzeuge üblicherweise auf dem Gebrauchtwagenmarkt nach § 10 UStG regelbesteuert oder nach § 25 a UStG differenzbesteuert oder von Privat und damit umsatzsteuerfrei angeboten werden.

BGH entscheidet: Wann kann bei fiktiver Abrechnung eines Unfallschadens der Schädiger den Geschädigten auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit verweisen?

Ein Geschädigter, der nach einem Verkehrsunfall, bei dem sein Fahrzeug beschädigt wurde, von dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung

  • auf Gutachtenbasis Ersatz der fiktiven Reparaturkosten begehrt,

darf der fiktive Schadensberechnung,

  • sofern die Voraussetzungen hierfür vorliegen,

grundsätzlich

  • die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen,

die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat.

In der Regel besteht ein Anspruch des Geschädigten auf Ersatz der in einer markengebundenen Fachwerkstatt anfallenden Reparaturkosten unabhängig davon, ob der Geschädigte das Fahrzeug

  • tatsächlich voll,
  • minderwertig oder
  • überhaupt nicht

reparieren lässt.

Allerdings kann der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit

  • in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen „freien“ Fachwerkstatt

verweisen,

  • wenn er darlegt und ggf. beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht, und
  • wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen.

Unzumutbar ist eine Reparatur in einer „freien“ Fachwerkstatt für den Geschädigten im Allgemeinen dann, wenn

  • das beschädigte Fahrzeug im Unfallzeitpunkt nicht älter als drei Jahre war.

Aber auch bei Fahrzeugen,

  • die älter sind als drei Jahre,

kann es für den Geschädigten insbesondere dann unzumutbar sein,

  • sich auf eine günstigere gleichwertige und ohne Weiteres zugängliche Reparaturmöglichkeit in einer freien Fachwerkstatt verweisen zu lassen,

wenn er – zum Beispiel unter Vorlage des „Scheckheftes“, der Rechnungen oder durch Mitteilung der Reparatur- bzw. Wartungstermine – konkret darlegt,

  • dass er sein Fahrzeug bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen und
  • dies vom Schädiger nicht widerlegt wird.

Abgestellt werden muss bei der Frage der Unzumutbarkeit, ob es

  • für einen ordentlichen und verständigen Menschen an der Stelle des Geschädigten unzumutbar ist,

einen … Jahre alten Pkw der Marke … mit einer Laufleistung vom … km und einen Schaden … in die Fachwerkstatt … zur Vornahme einer Reparatur zu geben, die vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht, so dass beispielsweise bei einem

  • über neun Jahre alten und
  • bei dem Unfall verhältnismäßig leicht beschädigten Fahrzeug,

das zwar stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt repariert, dort aber in den letzten Jahren vor dem Unfall nicht mehr gewartet worden ist,

  • der Verweis auf eine „freie“ Fachwerkstatt nicht unzumutbar ist.

Darauf hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 07.02.2017 – VI ZR 182/16 – hingewiesen.