Tag Flugreise

Was für gemeinsam sorgeberechtige, getrennt lebende Eltern in der Zeit der Corona-Pandemie zu wissen wichtig ist

Mit Urteil vom 30.07.2020 – 2 UF 88/20 – hat der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts (OLG) Braunschweig in einem Fall in dem 

  • Eltern die elterliche Sorge gemeinsam zustand und 

der eine Elternteil 

  • der von dem anderen Elternteil getrennt lebte,

in den Ferien eine Flugreise 

  • nach Mallorca 

mit dem gemeinsamen Kind gebucht hatte,

  • hiermit der andere Elternteil aber nicht einverstanden war, 

entschieden, dass 

  • in der Zeit der Corona-Pandemie

für Flugreisen mit dem Kind ins Ausland 

  • gemäß § 1687 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). 

das gegenseitige Einvernehmen der gemeinsam sorgeberechtigten Eltern erforderlich ist.

Dass in der Zeit der Corona-Pandemie es sich bei einer Flugreise mit dem gemeinsamen Kind ins Ausland um eine Angelegenheit 

  • von erheblicher Bedeutung 

für das Kind handelt und nicht mehr, 

um eine Angelegenheit des täglichen Lebens gemäß § 1687 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB, 

  • die der Alleinentscheidungskompetenz des Elternteils unterfällt, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung aufhält,   

hat der Senat damit begründet, dass die Ausbreitung von Covid-19, 

  • auch wenn keine Reisewarnung für das Urlaubsziel besteht, weiterhin 

zu Einschränkungen im internationalen Luft- und Reiseverkehr und Beeinträchtigungen des öffentlichen Lebens führen kann, Lockerungen der Beschränkungen nur auf Probe erfolgt seien und bezüglich eines gebuchten Rückfluges keine Planungsverlässlichkeit gewährleistet sei, so dass, 

  • sollte es erneut zu staatlich notwendigen Reaktionen auf Ausbrüche des Virus kommen, 

die Gefahr längerer Quarantänen oder eines Festsitzens im Ausland bestehe, 

  • was zu einer erheblichen Belastung für das seelische Wohlbefinden eines Kindes führen könne 

und es überdies weiterhin Unsicherheiten über die Infektionswege des Coronavirus gebe, 

Das bedeutet: 

  • Eine Flugreise ins Ausland muss in der Zeit der Corona-Pandemie durch beide sorgeberechtigten Elternteile gemeinsam entschieden werden.
  • Können gemeinsam sorgeberechtigte Eltern sich nicht einigen, kann gemäß § 1628 Satz 1 BGB, §§ 49 ff. FamFG jeder der beiden Elternteile beim Familiengericht beantragen, ihm die diesbezügliche alleinige Entscheidungsbefugnis zu übertragen.  
  • Das Familiengericht darf in einem solchen Fall nicht die Entscheidung anstelle der Eltern treffen, sondern nur einem Elternteil die Entscheidungskompetenz übertragen, wobei sich die vom Gericht zu treffende Entscheidung gemäß §1697 a BGB nach dem Kindeswohl richten muss, also dem Elternteil die Entscheidungskompetenz zu übertragen ist, dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kindes besser gerecht wird (Bundesgerichtshofs (BGH), Beschluss vom 09.11.2016 – XII ZB 298/15 –).

Übrigens:
Hingewiesen wird auch auf unseren Blog

OLG Celle entscheidet wann die Reiserücktrittsversicherung bei Stornierung einer Reise wegen einer Durchfallerkrankung

…. leistungspflichtig ist.

Mit Urteil vom 03.12.2018 – 8 U 165/18 – hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Celle entschieden, dass eine Reiserücktrittsversicherung,

  • nach deren Versicherungsbedingungen ein Versicherungsfall u.a. vorliegt, wenn die versicherte Person oder eine mitversicherte Risikoperson von einer unerwarteten schweren Erkrankung betroffen wird,

bei Stornierung einer gebuchten Flugreise wegen einer Durchfallerkrankung dann eintrittspflichtig ist, wenn dem Versicherten die trotz Einnahme von Medikamenten fortbestehende Durchfallerkrankung

  • überfallartig und ohne Vorwarnung zwingt, in unregelmäßigen Abständen die Toilette aufzusuchen und
  • für ihn deshalb, weil die jederzeit mögliche Inanspruchnahme einer Toilette nicht gewährleistet ist,

ein Reiseantritt insgesamt unzumutbar ist.

Danach ist entscheidend dafür, ob die versicherte Person oder eine mitversicherte Risikoperson von einer unerwarteten schweren Erkrankung betroffen ist,

  • weder die konkrete ärztliche Diagnose der Erkrankung,
  • noch die technische Durchführbarkeit der Reise, sondern

das Vorliegen einer krankheitsbedingten Symptomatik, die den Antritt einer Reise unzumutbar erscheinen lässt und bei einer

  • trotz Einnahme von Medikamenten fortbestehenden

Durchfallerkrankung erheblicher Ausprägung,

  • die den Erkrankten überfallartig und ohne Vorwarnung zwingt, vier- bis fünfmal am Tag in unregelmäßigen Abständen die Toilette aufzusuchen,

ist dem Erkrankten jedenfalls der Antritt einer Flugreise deswegen nicht zuzumuten, weil

  • eine Toilette schon bei der Anfahrt zum Flughafen, während des Eincheckens und bis zum Erreichen der Flughöhe, nicht jederzeit zugänglich ist sowie
  • die Möglichkeit, eine der Toiletten an Bord des Flugzeugs in Anspruch nehmen zu können, auch von den Bedürfnissen der anderen Flugpassagiere abhängig ist (Quelle: Pressemitteilung des OLG Celle vom 14.02.2019).