Tag Gefahr

LG Limburg spricht einjährigem Kind eine Million Euro Schmerzenzgeld wegen zu schwersten Hirnschäden führender

…. Fehlbehandlung zu.

Mit Urteil vom 28.06.2021 – 1 O 45/15 – hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Limburg ein Krankenhaus, eine Krankenschwester und eine Belegärztin als Gesamtschuldner verurteilt, 

  • einem einjährigen Jungen 

1.000.000 Euro Schmerzenzgeld zu zahlen und ihm sämtliche, 

  • infolge seiner fehlerhaften Behandlung  

künftig noch entstehende immateriellen sowie materiellen Schäden zu ersetzen. 

Der einjährige Junge,

  • der im Krankenhaus zur Behandlung eines Infekts war, 

hatte sich, 

  • als er von einer Krankenschwester über einen Portzugang ein Antibiotikum erhalten sollte, vor Aufregung darüber, 

an einem unmittelbar zuvor gegessenen Stück Apfel 

  • das noch in seinem Mund verblieben war, 

derart verschluckt, dass die 

  • Gefahr des Erstickens 

bestand und bei den daraufhin vom Klinikpersonal durchgeführten Rettungsmaßnahmen war es 

  • aufgrund von Fehlern  

bei dem Jungen 

  • zu einem Sauerstoffmangel und 
  • infolgedessen zu gravierenden Hirnschäden 

gekommen, mit der Folge, dass der Junge 

  • seither schwerbehindert ist, 

er sich auch 10 Jahre danach 

  • kaum bewegen oder mitteilen kann sowie 
  • rund um die Uhr betreut sowie versorgt werden muss 

und 

  • selbst Essen und Schlafen für ihn infolge von Schluckbeschwerden und Epilepsie mit Angstzuständen verbunden sind (Quelle: Juris Das Rechtsportal).

Was, wenn ein Schließanlagenschlüssel eines Mietshauses verloren gegangen ist, Mieter und Vermieter wissen sollten

Mit Urteil vom 11.09.2020 – 20 C207/19 – hat das Amtsgericht (AG) Bautzen entschieden, dass bei einem 

  • dem Mieter zuzurechnenden Schlüsselverlust 

für die Schließanlage eines Mietshauses der Vermieter die Kosten 

  • für einen tatsächlich vorgenommenen Austausch der kompletten Schlüsselanlage (jedoch nur gegen Vornahme eines Abzugs „Neu für Alt“ wegen der mechanischen Abnutzung der Schließanlagen unterliegen) sowie 
  • für provisorische Sicherungsmaßnahmen  

nur verlangen kann, wenn die konkrete Gefahr 

  • eines Missbrauchs des verlorenen Schlüssels durch Dritte 

nachweislich besteht (so auch Oberlandesgericht (OLG) Dresden, Urteil vom 20.08.2019 – 4 U 665/19 –).

Das bedeutet, kann im Fall 

  • eines dem Mieter zuzurechnenden Schlüsselverlustes für die Schließanlage eines Mietshauses, 

der Vermieter,

  • der wegen des Schlüsselverlustes die Schließanlage hat austauschen lassen, 

 nicht beweisen, dass 

  • er sich aus objektiver Sicht zur Beseitigung einer konkreten Missbrauchsgefahr veranlasst sehen durfte die Schließanlage zu ersetzen 

schuldet der Mieter 

  • nur den Ersatz des einen verloren gegangenen Schlüssels bzw. die Kosten hierfür 

und bleibt der Vermieter auf den 

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof lehnt Außervollzugsetzung der nächtlichen Ausgangsbeschränkung

…. in Corona-Hotspots ab

Mit Beschluss vom 14.12.2020 – 20 NE 20.2907 – hat der 20. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) 

  • den Eilantrag eines in München lebenden Mannes 

abgelehnt, § 25 der Zehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (10. BayIfSMV),

  • der bestimmt, dass die Wohnung in Städten oder Landkreisen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 200 zwischen 21:00 Uhr und 5:00 Uhr nur noch aus wenigen triftigen Gründen verlassen werden darf,  

vorläufig Außervollzug zu setzen.  

Danach handelt es sich

  • bei diesem Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit 

um eine vom Bundesinfektionsschutzgesetz (IfSG) ausdrücklich vorgesehene Maßnahme, die,

  • nachdem andere Strategien („Lockdown light“ und „Hotspotstrategie“) die Zahl der Neuinfektionen nicht reduzieren konnten,

zur Eindämmung der Corona-Pandemie und zur Abwendung von Gefahren für Leib und Leben erforderlich und

  • angesichts des aktuellen Infektionsgeschehens

auch nicht unverhältnismäßig, sondern gerechtfertigt sei (Quelle: Pressemitteilung des BayVGH).

Kraftfahrzeugführer sollten wissen, wer wann warum (mit)haften kann, wenn es auf dem Parkplatz eines Einkaufsmarktes

…. zu einem Verkehrsunfall kommt.

Mit Urteil vom 28.10.2020 – 3c C 101/19 – hat das Amtsgericht (AG) Frankenthal darauf hingewiesen, dass auf Parkplätzen von Einkaufsmärkten, 

  • aufgrund der ständig wechselnden Verkehrssituationen, 

das Rücksichtnahmegebot des § 1 Abs. 2 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO),

  • das bestimmt, dass sich ein Verkehrsteilnehmer so zu verhalten hat, dass kein anderer 
    • geschädigt,
    • gefährdet oder 
    • mehr als nach den Umständen vermeidbar behindert oder belästigt wird,

in besonderem Maße zu beachten und daher grundsätzlich 

  • bei stetiger Bremsbereitschaft mit Schrittgeschwindigkeit, 
  • d.h. mit der sehr langsamen Geschwindigkeit eines normal gehenden Fußgängers (4-7 km/h) 

zu fahren ist.

Das bedeutet, verhält sich ein Führer eines Kraftfahrzeugs 

  • nicht entsprechend 

und kommt es 

  • aufgrund der von seinem Fahrzeug ausgehenden Gefahr 

zu einem Unfall, haftet er für den entstandenen Fremdschaden (zumindest mit). 

Angehörige und Betreuer von in einem Pflegeheim untergebrachten dementen Patienten sollten wissen, dass

…. und warum Bettgitter und Fixierungen auch zu Verletzungsgefahren führen können.

Mit Urteil vom 27.10.2020 – 3 O 5/19 – hat das Landgericht (LG) Köln in einem Fall, in dem eine 94-jährige 

  • an fortgeschrittener Demenz leidende, in den Pflegegrad V eingestufte 

Frau in einer Kurzzeitpflegeinrichtung nachts zweimal 

  • aus ihrem Bett aufgestanden und jeweils 

gestürzt war,

  • bei ihrem ersten Sturz eine Platzwunde, 
  • bei dem zweiten Sturz neben einer Oberschenkelhalsfraktur eine Gehirnblutung erlitten hatte, 
  • operiert werden musste und 
  • danach in deutlich höherem Umfang als vorher pflegebedürftig sowie schließlich verstorben war,

entschieden, dass der Träger der Einrichtung der Tochter, von der Klage erhoben und behauptet worden war, dass 

  • der Tod ihrer Mutter auf ihren zweiten Sturz zurückzuführen gewesen,  
  • die bei ihrer Mutter bestehende Sturzgefahr verkannt oder aber nicht richtig darauf reagiert worden sei und 
  • Bettgitter hätten angebracht, das Bett tiefer eingestellt, ihre Mutter im Bett fixiert, aber auf jeden Fall engmaschiger hätte beobachtet werden müssen,

kein Schmerzensgeld zahlen muss.

Grund für die Klageabweisung war, dass das LG, das hierzu einen Pflegesachverständigen angehört hatte, 

  • einen Pflegefehler bzw. ein Pflegeversäumnis nicht hatte feststellen können, 

vielmehr 

  • die Pflegekräfte in der Einrichtung alle erforderlichen Maßnahmen getroffen hatten und 
  • das Anbringen von Bettgittern oder eine Fixierung bei der 94-Jährigen sogar kontraindiziert gewesen wäre.

Denn die Sturzgefahr, so das LG, hätte 

  • sowohl durch eine Fixierung, 
  • als auch durch Bettgitter 

noch erhöht werden können,

  • durch eine Fixierung, bei der es übrigens auch zu Strangulationen kommen kann, deshalb, weil die dadurch erzwungene Unbeweglichkeit zu einem Muskelabbau und dieser wiederum zu einer fortschreitenden motorischen Verunsicherung führt

und 

  • durch Bettgitter deswegen, weil demente Patienten, denen die Einsicht in die Sinnhaftigkeit der Maßnahme fehle, den Seitenschutz zu überklettern versuchen und dann die Gefahr von Stürzen sogar aus größerer Höhe besteht (Quelle: Pressemitteilung des LG Köln).

Hinweis:
Zum Umfang der von einem Pflegeheim zu treffenden Sicherungsmaßnahmen gegenüber demenzkranken Bewohnern vgl. aber auch Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe, Urteil vom 18.09.2019 – 7 U 21/18 –).

Was, wer in eine Notwehrlage gerät, wissen sollte

Wer eine 

  • durch Notwehr 

gemäß § 32 Abs. 2 Strafgesetzbuch (StGB) gebotene Tat begeht, handelt 

  • nicht rechtswidrig (§ 32 Abs. 1 StGB).

Das bedeutet, besteht eine Notwehrlage, weil 

  • nach objektiver Sachlage

ein gegenwärtiger rechtswidrigen Angriff auf eine Person vorliegt, d.h. ein rechtswidriger Angriff auf eine Person 

ist man,

  • zur Verteidigung bzw. Abwendung des Angriffs,

grundsätzlich berechtigt, das 

  • Abwehrmittel

zu wählen, das unter Berücksichtigung  

  • der Stärke und der Gefährlichkeit des Angreifers und 
  • der Verteidigungsmöglichkeiten des Angegriffenen, 

erforderlich und geboten ist, um eine

  • endgültige

Beseitigung der Gefahr zu gewährleisten (vgl. BGH, Beschluss vom 13.09.2018 – 5 StR 421/18 – sowie BGH, Beschluss vom 21.07.2015 – 3 StR 84/15 – zu den Grenzen des Notwehrrechts bei Einsatz einer Schusswaffe).

  • Der zur Notwehr bzw. Nothilfe Berechtigte muss sich dabei mit der Anwendung weniger gefährlicher, aber in der Abwehrwirkung zweifelhafter, Verteidigungsmittel nicht begnügen, 
  • auch auf Risiken braucht er sich nicht einzulassen und
  • nur dann, wenn mehrere wirksame Mittel zur Verteidigung zur Verfügung stehen und ihm genügend Zeit zur Wahl des Mittels sowie zur Abschätzung der Lage zur Verfügung steht, hat der Verteidigende dasjenige Mittel zu wählen, das für den Angreifer am wenigsten gefährlich ist (BGH, Beschluss vom 17.04.2019 – 2 StR 363/18 –). 

Eine Einschränkung erfährt das Notwehrrecht dann, wenn 

  • der Verteidiger gegenüber dem Angreifer 

ein pflichtwidriges Vorverhalten an den Tag gelegt hat, das 

  • bei vernünftiger Würdigung aller Umstände des Einzelfalls 

den folgenden Angriff als eine 

  • adäquate und 
  • voraussehbare

Folge der Pflichtverletzung des Angegriffenen erscheinen lässt.

  • In einem solchen Fall muss der Verteidiger 
    • dem Angriff unter Umständen auszuweichen versuchen und 
    • darf zur lebensgefährlichen Trutzwehr nur übergehen, wenn andere Abwehrmöglichkeiten erschöpft oder mit Sicherheit aussichtslos sind.

Darüber hinaus vermag ein 

  • sozial-ethisch zu missbilligendes 

Vorverhalten das Notwehrrecht nur einzuschränken, wenn 

  • zwischen diesem und dem rechtswidrigen Angriff ein enger zeitlicher und räumlicher Ursachenzusammenhang besteht und 
  • es nach Kenntnis des Täters auch geeignet ist, einen Angriff zu provozieren.

Das Notwehrrecht ist 

  • aber auch in diesen Fällen 

nur eingeschränkt, d.h. 

  • ein vollständiger Ausschluss oder 
  • eine zeitlich unbegrenzte Ausdehnung der Beschränkung des Notwehrrechts 

ist damit nicht verbunden (vgl. BGH, Beschluss vom 19.08.2020 – 1 StR 248/20 –).

Übrigens:
Bei einer Überschreitung der Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken bleibt man straflos (§ 33 StGB).

Irrt man sich über das Vorliegen eines Angriffs oder die Erforderlichkeit der Verteidigung liegt ein 

  • Erlaubnistatbestandsirrtum

vor, mit der Rechtsfolge, dass 

AG München entscheidet: Kein Schmerzensgeld bei Sturz über Gartenschlauch im Gartencenter

Mit Urteil vom 09.10.2019 – 122 C 9106/19 – hat das Amtsgericht (AG) München in einem Fall, in dem eine Kundin,

  • weil sie im Gartencenter eines Baumarktes über einen am Boden liegenden Gartenschlauch, mit dem gerade Blumen gegossen wurden, gestürzt war,

den Betreiber des Gartencenters, wegen der bei dem Sturz erlittenen Verletzungen, auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 2.000 Euro verklagt hatte,

  • die Klage der Kundin abgewiesen.

Begründet hat das AG die Klageabweisung damit, dass der Schlauch sowie dass mit diesem gerade gegossen wurde,

  • gut erkennbar gewesen sei,

die Kundin damit, dass auf Grund dessen

  • der Schlauch sich nicht nur hin und her bewegt, sondern sich auch leicht anhebt,

habe rechnen müssen und eine Sicherung des Schlauches vor dieser Gefahr

  • in einem Gartencenter jedenfalls während der Bewässerung der Blumen

nicht habe erwarten können, so dass folglich eine Pflichtverletzung

  • seitens der Mitarbeiter des Gartencenterbetreibers

nicht vorgelegen habe,

VG Göttingen entscheidet, dass in Zeiten der Corona-Krise eine Geburtstagsfeier durch infektionsschutzrechtliche Allgemeinverfügung

…. untersagt werden kann.

Mit Beschluss vom 20.03.2020 – 4 B 56/20 – hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Göttingen, nachdem die Stadt zur Bekämpfung der Corona-Krise eine für alle verbindliche Verfügung erlassen hatte,

  • mit der u.a. private Veranstaltungen mit mehr als 50 Teilnehmern und
  • die Beherbergung von Personen zu touristischen Zwecken verboten sowie
  • Taxiunternehmen die Aufnahme von Fahrgästen nur gestattet worden war, wenn sie die Gäste zuvor danach befragt haben,
    • ob sie aus einem vom Robert-Koch-Institut festgelegten Risikogebiet kommen,
    • ob sie Krankheitssymptome aufweisen und
    • wie ihre Kontaktdaten sind

und von einem Bürger,

  • der seinen runden Geburtstag in großer Runde feiern wollte,

gegen die Allgemeinverfügung,

  • durch die ihm die geplante große Geburtstagsfeier unmöglich gemacht wurde,

Klage und gleichzeitig ein Eilantrag erhoben worden war, entschieden, dass

  • die Allgemeinverfügung rechtmäßig und
  • es dem Antragsteller somit verboten ist, seinen Geburtstag in der geplanten großen Runde zu feiern.

Begründet hat die Kammer dies damit, dass,

  • da bei privaten Veranstaltungen, bei denen üblicherweise zahlreiche Menschen aus unterschiedlichen Regionen zusammenkommen, die Gefahr einer Verbreitung der Corona-Infektion besonders groß ist,

die Allgemeinverfügung geeignet und erforderlich ist, um die unkontrollierte Ausweitung der Coronaepidemie zu verhindern und angesichts dessen

  • private Feierinteressen

hinter

  • dem Schutz der menschlichen Gesundheit

zurückstehen müssen (Quelle: Pressemitteilung des VG Göttingen).

Warum Schafe regelmäßig, d.h. mindestens einmal jährlich, geschoren werden müssen und warum ansonsten

…. ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz (TierSchG) vorliegt.

Nach § 2 Nr. 1 Var. 2 TierSchG muss, wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, das Tier

  • nicht nur seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren sowie verhaltensgerecht unterbringen,
  • sondern auch entsprechend pflegen

und bei Schafen gehört zur erforderlichen Pflege die jährliche Schur, da

  • Schafe keinen natürlichen Wollwechsel aufweisen und
  • ohne eine jährliche Schur ein Verfilzen des Vlieses droht, wodurch das Wärmeregulationsempfinden der Tiere empfindlich gestört würde.

Eine Schur jeweils im Zeitraum Mitte Mai bis Ende Juni stellt übrigens sicher, dass Schafe den jeweiligen klimatischen Bedingungen am besten begegnen können.

Werden bei tierärztlichen Kontrollen festgestellt, dass Schafe nicht regelmäßig geschoren werden, kann

  • zur Vermeidung von künftigen derartigen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz,
  • d.h. zur Vermeidung der Gefahr, dass es zu einem Hitzestau bei den Tieren kommt,

gegen den Halter der Tiere nach § 16a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 TierSchG die tierschutzrechtliche Anordnung,

  • die Schafe regelmäßig, d.h. mindestens einmal jährlich, zu scheren oder scheren zu lassen,

erlassen werden.

Darauf hat die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Trier mit Urteil vom 20.22.2019 – 8 K 2665/19.TR – hingewiesen.