Tag gefälscht

LG Osnabrück entscheidet: Einen gefälschten Impfausweis in einer Apotheke vorzuzeigen, um ein digitales Impfzertifikat zu erhalten, ist

…. derzeit nicht strafbar.

Mit Beschluss vom 26.10.2021 – 3 Qs 38/21 – hat das Landgericht Osnabrück in einem Fall, in dem ein 

  • gefälschter Impfausweis 

in einer 

  • Apotheke

vorgelegt worden war, um ein digitales Impfzertifikat zu erhalten, entschieden, dass das 

  • Gebrauchen eines gefälschten Impfausweises im privaten Bereich,
  • also auch das Vorzeigen eines gefälschten Impfausweises in einer Apotheke zur Erlangung eines digitalen Impfzertifikats, 

nach der zurzeit bestehenden Rechtslage 

  • nicht strafbar 

ist.

Begründet hat das LG dies damit, dass ein Impfpass zwar ein Gesundheitszeugnis 

  • im Sinne der Regelung zu §§ 277, 279 Strafgesetzbuch (StGB),  

eine Apotheke,

  • aber auch unter Berücksichtigung der Regelung zu § 22 Abs. 5 Nr. 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) 

keine Behörde im Sinne des Strafgesetzbuches, vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) StGB,

  • sondern ein nicht in das Gefüge der staatlichen Verwaltung eingeordnetes privates Unternehmen

ist, die allgemeinen Regelungen zur Herstellung einer unechten Urkunde, zum Fälschen einer echten Urkunde sowie zur Verwendung einer unechten oder verfälschten Urkunde gemäß § 267 StGB,

  • wegen der eine Sperrwirkung entfaltenden spezielleren Regelungen zu §§ 277, 279 StGB,

keine Anwendung finden und auch eine Strafbarkeit nach § 75a Abs. 2 Nr. 1 IfSG, 

  • nachdem dieser Straftatbestand nur von einer zur Durchführung der Schutzimpfung berechtigten Person begangen werden kann, 
  • insbesondere durch den die Impfung durchführenden Arzt.

nicht in Betracht kommt.

Beachte:
Da das Gebrauchen eines unechten oder gefälschten Impfausweises 

  • – unabhängig von der Frage, ob ein solches Verhalten strafbar ist – 

aber aufgrund der bestehenden Ansteckungsgefahr eine gegenwärtige Gefahr für die Allgemeinheit darstellt, dürfte die 

  • Sicherstellung von gefälschten Impfausweisen

jedoch auf Grundlage des polizeilichen Gefahrenabwehrrechts möglich sein (Quelle: Pressemitteilung des LG Osnabrück).

Was man wissen sollte, wenn die Echtheit einer Privaturkunde im Zivilprozess streitig ist

…. also beispielsweise strittig ist, ob die Unterschrift unter einer Vereinbarung gefälscht ist oder nicht.

Wird die Echtheit einer Unterschrift auf einer Urkunde von dem Beklagten bestritten auf die der Kläger seinen Anspruch stützt,

  • ist entscheidungserheblich ob die Echtheit der Urkunde festgestellt werden kann.

Da für die Echtheit einer Unterschrift keine gesetzliche Vermutung existiert und der Kläger für die tatsächlichen Voraussetzungen des Klageanspruches beweisbelastet ist, muss er den Vollbeweis für die Echtheit der Unterschrift erbringen.

Der Beweis für die Echtheit einer Unterschrift kann

  • durch ein Schriftvergleichsgutachten erbracht,
  • aber auch nach § 441 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) durch Schriftvergleichung geführt werden.

Das Gericht kann

  • den Schriftvergleich selbst durchführen,
  • dann handelt es sich um einen Beweis durch Augenschein im Sinne von § 371 ZPO,

aber auch, was in seinem pflichtgemäßen Ermessen liegt und wozu ein Parteiantrag nicht erforderlich ist,

  • bei der Schriftvergleichung einen Schriftsachverständigen hinzuziehen (§ 442 ZPO),
  • dann handelt es sich um eine Beweiserhebung nach den §§ 402 ff. ZPO.

Nach § 441 Abs. 2 ZPO hat der Beweisführer bei einer Beweiserhebung über die Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde nach § 441 Abs. 1 ZPO

  • zum Vergleich geeignete Schriften vorzulegen oder
  • ihre Mitteilung nach der Vorschrift des § 432 ZPO zu beantragen und erforderlichenfalls den Beweis ihrer Echtheit anzutreten.

Befinden sich zur Vergleichung geeignete Schriften

  • in den Händen des Gegners,
  • so ist dieser auf Antrag des Beweisführers

zur Vorlegung verpflichtet (§ 441 Abs. 3 Satz 1 ZPO), wenn

  • die Voraussetzungen der §§ 421 bis 426 ZPO auf die § 441 Abs. 3 Satz 2 ZPO verweist, gegeben sind, also
    • ein zivilrechtlicher Anspruch der beweisbelasteten Partei auf Urkundenvorlage besteht oder
    • sich der Gegner der beweisbelasteten Partei auf die entsprechenden Urkunden zur Beweisführung bezieht.

Kommt in einem solchen Fall der Gegner der gerichtlichen Anordnung, die Schriften vorzulegen,

  • nicht nach oder
  • gelangt das Gericht im Falle des nach § 441 Abs. 3 Satz 2 ZPO entsprechend anwendbaren § 426 ZPO zu der Überzeugung, dass der Gegner nach dem Verbleib der Schriften nicht sorgfältig geforscht hat,

so kann die Urkunde als echt angesehen werden (§ 441 Abs. 3 Satz 3 ZPO).

Dadurch,

  • dass die Voraussetzungen für einen Herausgabe- oder Vorlegungsanspruch des Beweisführers nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch selten vorliegen werden,
  • also eine Vorlageanordnung nach § 441 Abs. 3 Satz 2 ZPO regelmäßig am Fehlen der Voraussetzungen des § 422 ZPO scheitern wird,

wird der beweisbelasteten Partei der Beweis der Echtheit einer Urkunde durch Schriftvergleichung nicht unmöglich gemacht.

  • Denn der Gegner der beweisbelasteten Partei kann, wenn es um die Echtheit der eigenen Unterschrift oder derjenigen seiner organschaftlichen Vertreterin geht, diese nicht lediglich einfach bestreiten.
  • Ihm obliegt insoweit gemäß § 138 Abs. 2 ZPO eine prozessuale Erklärungspflicht.

Diese kann sich

  • auf die Unterschiede zwischen der eigenen Unterschrift und der zu vergleichenden Unterschrift beziehen und
  • die Vorlage von Vergleichsunterschriften erforderlich machen.

Nimmt der Gegner der beweisbelasteten Partei dabei auf Urkunden in seinem Besitz Bezug, liegen die Voraussetzungen des § 423 ZPO vor, so dass insoweit eine Vorlageanordnung ergehen kann.

  • Im Übrigen besteht die Möglichkeit, dass das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen gemäß § 142 Abs. 1 ZPO eine Vorlageanordnung erlässt, die weniger strengen Anforderungen als diejenige nach § 441 Abs. 3 ZPO unterliegt, weil sie
    • keinen materiell-rechtlichen Herausgabeanspruch der beweisbelasteten Partei voraussetzt,
    • sondern wofür die Bezugnahme der beweisbelasteten Partei auf eine im Besitz des Prozessgegners befindliche Urkunde ausreicht.

Darin liegt kein Wertungswiderspruch, weil die Nichtbefolgung einer Anordnung nach § 142 Abs. 1 ZPO nicht mit einer speziellen Sanktion wie § 441 Abs. 3 Satz 3 ZPO bewehrt, sondern lediglich gemäß §§ 286, 427 Satz 2 ZPO frei zu würdigen ist.

Übrigens:
Für die gerichtliche Anordnung einer Beweiserhebung von Amts wegen nach § 144 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist kein Raum, soweit es um die Vorlage von Vergleichsurkunden geht, die für den Beweis der Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde nach § 441 Abs. 1 ZPO benötigt werden,

  • weil insoweit die Regelungen in § 441 Abs. 3 und Abs. 4 ZPO der Vorschrift des § 144 ZPO vorgehen.

Erlässt das Gericht ohne gesetzliche Grundlage eine Anordnung, nach der der Gegner der beweisbelasteten Partei zur Vergleichung geeignete Schriften vorzulegen hat, darf der Umstand, dass dieser der Anordnung nicht Folge geleistet hat, im Rahmen der Beweiswürdigung nicht zu seinen Lasten berücksichtigt werden.

Darauf hat der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 16.03.2017 – I ZR 205/15 – hingewiesen.

OLG Frankfurt entscheidet: Bank muss einem Kunden den Kontobelastungsbetrag erstatten

…. wenn sie einen ihr per Telefax übermittelten Überweisungsauftrag ausführt, der nicht nachweislich von ihrem Kunden stammt.

Mit Urteil vom 11.05.2017 – 1 U 224/15 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main entschieden,

  • dass im Verhältnis zu ihrem Kunden die Bank beweisen muss,
  • dass ein per Telefax erteilter Überweisungsauftrag von dem Kunden stammt.

Das bedeutet, überweist die Bank aufgrund eines ihr per Telefaxschreiben übermittelten Überweisungsauftrags vom Konto ihres Kunden den im Auftragsschreiben genannten Betrag an den bezeichneten Empfänger trägt sie das Risiko,

  • dass der Überweisungsauftrag nicht von ihrem Kunden stammt,
  • sondern gefälscht ist.

Somit hat, wenn

  • die Unterschrift des Kunden auf dem Überweisungsauftrag gefälscht war oder
  • die Bank die Echtheit der Unterschrift auf dem Überweisungsauftrag nicht beweisen kann,

der Kunde, da dann ein nicht autorisierter Zahlungsvorgang vorgelegen hat bzw. hiervon auszugehen (vgl. § 675j Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) und die Belastung seines Kontos folglich zu Unrecht erfolgt ist, aus § 675 u Satz 2 BGB

  • grundsätzlich Anspruch auf Wertstellung in Höhe der nicht autorisierten Zahlung bzw.
  • dann einen Anspruch auf Auszahlung des zu Unrecht belasteten Betrages, wenn
    • die Kontobeziehung inzwischen unter Ausgleich des Saldos aufgelöst worden ist oder
    • das Konto auch ohne Rückbuchung einen Habensaldo aufweist oder
    • eine nicht ausgeschöpfte Kreditlinie besteht.