Tag Glatteis

BSG entscheidet: Kein Arbeitsunfall wenn Arbeitnehmer, bevor sie mit dem Auto zur Arbeit fahren, prüfen ob die Fahrbahn glatt ist und

…. sich auf dem Rückweg zu Fuß zum Auto bei einem Sturz verletzen.

Mit Urteil vom 23.01.2018 – B 2 U 3/16 R – hat der 2. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in einem Fall, in dem ein Arbeitnehmer,

  • da der Wetterbericht überfrierende Nässe oder leichten Schneefall vorhergesagt hatte,

vor seiner Fahrt morgens mit seinem Auto zur Arbeitsstelle die Fahrbahn auf Glatteis hin prüfen wollte,

  • zu diesem Zweck von seinem auf dem Grundstück geparkten Auto zunächst zu Fuß wenige Meter zu der öffentlichen Straße gegangen sowie danach

auf dem Rückweg zu seinem Auto an der Bordsteinkante gestürzt war und sich einen rechten Arm verletzt hatte, entschieden, dass

  • es sich dabei um keinen versicherten Arbeitsunfall gemäß § 8 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) gehandelt hat.

Begründet hat der Senat dies damit, dass, weil

  • weder eine rechtliche Pflicht die Fahrbahnverhältnisse vor Antritt der Fahrt zu prüfen nicht besteht bzw. bestanden hat,
  • noch diese Prüfung unverzichtbar für die Aufnahme bzw. Fortsetzung des Weges zur Arbeit gewesen ist,

es sich deshalb um eine unversicherte Vorbereitungshandlung gehandelt hat und somit der unmittelbare und damit versicherte Weg zur Arbeitsstätte bereits in dem Zeitpunkt unterbrochen war, in dem die Straße betreten wurde (Quelle: Pressemitteilung des BSG vom 23.01.2018).

Kammergericht entscheidet, in welchen Bereichen ein Gehweg bei winterlichen Verhältnissen geräumt bzw. bestreut werden muss

Mit Urteil vom 07.11.2017 – 4 U 113/15 – hat das Kammergericht (KG) in Berlin darauf hingewiesen, dass Gehwege

  • nur auf einem mittigen (ausreichend breiten) Streifen geräumt bzw. mit abstumpfenden Mitteln bestreut werden müssen,

sofern sich nicht aus den Umständen des Einzelfalles etwas Anderes ergibt, was dann der Fall sein kann, wenn

  • sich am Rand des Bürgersteiges Notrufsäulen, Parkscheinautomaten oder sonstige Einrichtungen befinden, die es erfordern, einen Streifen an der Bordsteinkante zu streuen oder
  • auch auf anderen Bereichen des Gehwegs ein hohes Fußgängeraufkommen herrscht.

Demzufolge muss, wer als Fußgänger

  • bei Glatteis auf einem Gehweg

stürzt, sich dabei verletzt und deswegen Ansprüche auf Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld geltend machen möchte,

Auf Kreisstraßen muss bei winterlichen Temperaturen nur an besonders gefährlichen Stellen gestreut werden

Auf öffentlichen Kreisstraßen, die keine besondere Verkehrsbedeutung haben, muss außerhalb geschlossener Ortschaften,

  • um der Gefahr einer Glatteisbildung vorzubeugen.
  • oder vorhandenem Glatteis entgegenzuwirken,

nur an besonders gefährlichen Stellen gestreut werden und besonders gefährlich sind nur solche Straßenabschnitte,

  • auf denen ein Verkehrsteilnehmer bei der für Fahrten auf winterlichen Straßen zu fordernden schärferen Beobachtung des Straßenzustandes und erhöhter Sorgfalt den glatten Zustand der Straße nicht oder nicht rechtzeitig erkennen und deswegen die Gefahr nicht meistern kann.

Demgegenüber liegt eine besonders gefährliche Stelle dann nicht vor, wenn

  • ein umsichtiger Kraftfahrer unter Berücksichtigung der bei winterlichen Temperaturen gebotenen Vorsicht mit dem Auftreten von Glätte an der konkreten Stelle rechnen musste und
  • die Gefahr der Stelle auch erkennbar war,
    • wobei davon auszugehen ist, dass die Verkehrsteilnehmer wissen, dass sich aufgrund wechselnder Witterungseinwirkungen – wie insbesondere unterschiedlicher Sonnenbestrahlung, Bodentemperatur oder Bodenfeuchtigkeit – an einzelnen Straßenabschnitten Glätte bilden oder halten kann, auch wenn andere Straßenabschnitte noch oder schon wieder frei von Glätte sind.

Das hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 12.08.2016 – 11 U 121/15 – entschieden.

Danach kann ein Autofahrer, der auf einem nicht besonders gefährlichen Straßenabschnitt einer Kreisstraße,

  • also an einer Stelle, an der die Fahrbahn kein besonderes Gefälle und keine seitliche Neigung o. ä. aufweist und die Straßenführung für einen herannahenden Verkehrsteilnehmer gut sichtbar ist,

infolge Eisglätte verunfallt, regelmäßig keinen Schadensersatz wegen Verletzung der Streupflicht von dem für Kreisstraßen verkehrssicherungspflichtigen Landkreis verlangen.