Tag Grundstück

Was Grundstücksnachbarn wissen sollten, wenn Streit über die Zulässigkeit einer Grenzbepflanzung besteht

Nach Art. 47 Abs. 1 des Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (BayAGBGB) kann der Eigentümer eines Grundstücks, sofern kein Ausnahmetatbestand vorliegt, verlangen, dass auf dem Nachbargrundstück Bäume, Sträucher, Hecken, Weinstöcke oder Hopfenstöcke

  • in einer geringeren Entfernung als 0,50 m von der Grenze seines Grundstücks nicht gehalten werden oder
  • dass die (gemessen gemäß § 49 AGBGB) in einer geringeren Entfernung als 2 m von der Grenze seines Grundstücks gehaltenen Pflanzen nicht höher als 2 m sind

und ansonsten den Rückschnitt fordern.

  • Ob die zulässige Höhe von 2 m überschritten ist oder nicht, wird grundsätzlich festgestellt durch eine Messung von der Stelle aus, an der der Baum bzw. die Pflanze aus dem Boden austritt.
  • Liegt das Nachbargrundstück, auf dem die Bäume bzw. Pflanzen stehen, allerdings tiefer (Hanglage), ist die zulässige Pflanzenwuchshöhe nicht von der Austrittstelle der Pflanzen, sondern von dem Bodenniveau des höher gelegenen Grundstücks aus zu bestimmen, weil in diesem Fall eine Beeinträchtigung des höher gelegenen Grundstücks erst möglich ist, wenn die Pflanzen dessen Höhenniveau erreichen

Der Anspruch des beeinträchtigten Grundstückeigentümers auf einen Rückschnitt verjährt nach § 52 Abs. 1 Satz 2 AGBGB in 5 Jahren, wobei die Verjährungsfrist zu laufen beginnt

  • mit dem Schluss des Jahres,
  • in dem der Baum bzw. die Pflanze die zulässige Höhe von 2 m, zuzüglich der Geländestufe bei tiefer liegenden Grundstücken, überschreitet.

Darauf hat der unter anderem für das Nachbarrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 02.06.2017 – V ZR 230/16 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 02.06.2017 – Nr. 90/2017 –).

Miteigentümer einer Immobilie sollten wissen wie die Bruchteilsgemeinschaft aufgehoben werden kann

Besteht an einer Immobilie, die nicht in Natur teilbar ist, eine Bruchteilsgemeinschaft und beantragt ein Miteigentümer nach § 749 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft an dem Grundstück, erfolgt diese nach § 753 Abs. 1 Satz 1 BGB in zwei Akten, nämlich

  • zum einen durch die Zwangsversteigerung und
  • zum anderen durch die anschließende Teilung eines nach Abzug der Versteigerungskosten und Berichtigung der gemeinschaftlichen Verbindlichkeiten verbleibenden Überschusses zwischen den Gemeinschaftern entsprechend ihrer Anteile (§ 752 Satz 1 BGB).

Der Zweck der Teilungsversteigerung (§ 180 Zwangsversteigerungsgesetz (ZVG)) erschöpft sich dabei darin,

  • an die Stelle des nicht teilbaren Gegenstands der Versteigerung
  • eine Geldsumme treten zu lassen,

die verteilt werden kann.

  • Da sich die an dem Grundstück bestehende Bruchteilsgemeinschaft mit dem Zuschlag im Teilungsversteigerungsverfahren im Wege der dinglichen Surrogation an dem Versteigerungserlös fortsetzt, steht den Miteigentümern des Grundstücks zur Zeit des Zuschlags die Forderung auf Zahlung des Versteigerungserlöses gemeinschaftlich in ihrem bisherigen Rechtsverhältnis zu.

Bestand zuvor eine Bruchteilsgemeinschaft an dem Grundstück, besteht an der Forderung nunmehr eine Mitberechtigung nach § 432 BGB, da jeder Teilhaber vom Ersteher nur Zahlung an alle Teilhaber gemeinsam verlangen kann.

  • Dies gilt auch dann, wenn ein Miteigentümer das Grundstück selbst ersteigert.

Können die Gemeinschafter während des Zwangsversteigerungsverfahrens keine Einigung über die Teilung des Erlöses erzielen, wird dieser gemäß § 117 Abs. 2 Satz 3 ZVG hinterlegt.

  • In diesem Fall setzt sich die Bruchteilsgemeinschaft an der gegen die Hinterlegungsstelle gerichteten Forderung auf Auszahlung eines möglichen Übererlöses fort.

Über den hinterlegten Betrag können die Teilhaber nur gemeinschaftlich verfügen (§ 747 Satz 2 BGB) und die Hinterlegungsstelle darf den Erlös nur an die Teilhaber gemeinschaftlich auskehren (§ 432 Abs. 1 Satz 1 BGB).

  • Beendet ist eine Bruchteilsgemeinschaft wenn eine alleinige Rechtszuständigkeit der Teilhaber an dem auf sie entfallenden Anteil an dem Gemeinschaftsgegenstand geschaffen worden ist.

Ist der Versteigerungserlös hinterlegt, wird dies grundsätzlich nur durch eine Vereinbarung der Teilhaber über die Aufteilung des Erlöses erreicht.
Durch sie wandelt sich der ideelle Bruchteil des einzelnen Teilhabers an der Forderung gegen die Hinterlegungsstelle in einen reellen Anteil an dem hinterlegten Erlös.

  • Weist der Teilhaber die Vereinbarung gegenüber der Hinterlegungsstelle nach, kann der auf ihn entfallende Erlösanteil ohne Mitwirkung des anderen Teilhabers an ihn ausgekehrt werden.
  • Kommt eine Einigung der Gemeinschafter über die Verteilung des Erlöses nicht zu Stande, muss die Teilung in der Weise weiter betrieben werden, dass ein Teilhaber den anderen auf Einwilligung in die Auszahlung gerichtlich in Anspruch nimmt.

Da dann die Hinterlegungsstelle den auf den Teilhaber entfallenden Anteil am Erlös nur nach Vorlage einer entsprechenden rechtskräftigen Entscheidung an diesen allein auskehren darf, ist die Bruchteilsgemeinschaft in diesem Fall erst mit Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung aufgehoben (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 22.02.2017 – XII ZB 137/16 –).

Was wer auf seinem Grundstück eine Luftwärmepumpe betreibt bzw. betreiben will, wissen sollte

Eine auf einem Grundstück betriebene Luftwärmepumpe muss mindestens drei Meter vom Nachbargrundstück entfernt sein.
Wird diese Abstandsfläche von drei Meter nicht eingehalten, muss die Wärmepumpe auf Verlangen des Nachbarn entfernt werden.

Das hat der 14. Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg mit Urteil vom 30.01.2017 – 14 U 2612/15 – entschieden.

Begründet hat der Senat dies damit, dass eine Wärmepumpe,

  • da von ihr, wegen der Geräusche die sie generell verursache, eine Wirkung wie von einem Gebäude ausgehe,

eine „andere Anlage“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 2 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) sei, so dass

  • die bauordnungsrechtlich vorgesehene Abstandsfläche von mindestens drei Meter gegenüber Außenwänden von Gebäuden und Grundstücksgrenzen freizuhalten ist und
  • eine Missachtung, ohne dass dies ein Verschulden voraussetzt, zu einem zivilrechtlichen Anspruch des betreffenden Nachbarn auf Beseitigung führt, sofern kein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorliegt (Quelle: Pressemitteilung des OLG Nürnberg vom 14.02.2017 – 5/17 –).

OLG Frankfurt am Main entscheidet wann Linksüberholer bei Kollision mit Linksabbieger in ein Grundstück allein haftet

…. und der Linksabbieger in ein Grundstück von der Verpflichtung zur sog. zweiten Rückschau enthoben ist.

Dass einen Linksabbiegenden in ein Grundstück nach § 9 Abs. 5 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)

  • eine erhöhte Sorgfaltspflicht trifft und
  • gerade die zweite Rückschau vor Einleiten der Richtungsänderung beim Abbiegen einen gewichtigen Sorgfaltsmangel darstellen kann,

da hierdurch gerade vermieden werden soll, dass der nachfolgende oder ein etwa überholender Verkehr im letzten Moment übersehen wird,

  • gilt nicht uneingeschränkt.

Vielmehr kann ein Linksabbieger von der Verpflichtung zur sogenannten zweiten Rückschau dann enthoben sein,

  • wenn ein Überholen aus technischen Gründen nicht möglich ist oder
  • wenn ein Linksüberholen im besonderen Maß verkehrswidrig wäre und

aus diesem Grund so fernliegt, dass sich der nach links Abbiegende auch unter Berücksichtigung der ihn treffenden gesteigerten Sorgfaltspflicht auf eine solche Möglichkeit nicht einzustellen braucht.

Beispielsweise muss ein Autofahrer, der nach links in einen Firmenparkplatz abbiegen will, dessen Einfahrt deutlich mit Fahnen markiert ist,

  • wenn er seine Linksabbiegeabsicht rechtzeitig durch Blinken und Verlangsamung der Fahrt auf etwa 20 bis 25 km/h angezeigt hat,
  • hinter ihm noch ein anderer Pkws fährt und
  • im Einmündungsbereich der Parkplatzeinfahrt ein durch Verkehrszeichen 276 der StVO angeordnetes Überholverbot besteht,

nicht damit rechnen, dass ein anderer Fahrzeugführer ihn sowie das hinter ihm fahrende Fahrzeug links überholen will,

  • so dass er auch zu einer zweiten Rückschau vor dem Einleiten der Richtungsänderung nicht (mehr) verpflichtet ist.

Dies und dass, wenn es in einem solchen Fall zu einer Kollision des Fahrzeugs des Linksüberholers mit dem Fahrzeug des Linksabbiegers kommt,

  • die Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Linksabbiegers hinter das grobe Verschulden des Linksüberholers vollständig zurücktritt und
  • den Linksüberholer die Alleinhaftung trifft,

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main mit Urteil vom 11.01.2017 – 16 U 116/16 – entschieden.

Existenz einer Vielzahl von Hundehaufen auf gekauftem Grundstück kann Sachmangel sein

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 13.04.2016 – 171 C 15877/15 – in einem Fall hingewiesen, in dem der Käufer einer Eigentumswohnung mit Gartenanteil zur Sondernutzung,

  • weil sich im Garten 19 Hundehaufen befanden, die vor dem Kauf und der Übergabe unter einer Schneedecke verborgen waren,

vom Verkäufer Zahlung von 3500 Euro Reinigungskosten verlangt hatte.

Begründet war die Klage vom Käufer damit worden, dass

  • wegen der Hundehaufen durch das Einsickern des Kots in das Erdreich eine Kontaminierung des Oberbodens eingetreten,
  • der Kot von „fleischlastigen Fresser“ wie Hunden wegen der Existenz von äußerst widerstandsfähigen Krankheitserregern und Parasiten besonders gefährlich sei,
  • der Oberboden habe abgetragen sowie alles neu habe bepflanzt werden müssen und
  • an den Stellen, an denen sich der Kot befunden habe, kein Gras mehr wachse, sondern nur noch das bezüglich der Humusqualität völlig anspruchslose Moos.

Das AG München wies die Klage ab und führte u.a. aus, dass

  • die Existenz einer Vielzahl von Hundehaufen zwar einen Sachmangel begründe,

der Käufer aber deshalb keinen Anspruch auf Schadensersatz habe, weil

Setzt eine Feuerwehr umweltschädlichen Löschschaum ein, kann die Stadt für dadurch entstandene Schäden haften

Darauf hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe mit Urteil vom 23.01.2017 – 1 U 146/14 – hingewiesen und in einem Fall

  • in dem im Februar 2010 von einer städtischen Feuerwehr bei der Bekämpfung eines Brandes Perfluoroctansulfat(PFOS)-haltiger Löschschaum eingesetzt worden war und
  • der Grundstückseigentümer, weil PFOS in den Boden und das Grundwasser gelangt war, umfangreiche Sanierungsmaßnahmen hatte durchführen müssen,

entschieden, dass

  • die Stadt dem Grundstückseigentümer den Schaden an seinem Grundstück ersetzen muss, der Folge der Verwendung des PFOS-haltigen Löschschaums ist.

Begründet hat der Senat das damit, dass der Einsatz von PFOS-haltigen Löschschaum,

  • der wegen des Inhaltsstoffes PFOS übrigens bereits seit Ende 2006 nicht mehr in den Verkehr gebracht und nur noch bis zum 27.06.2011 aufgebraucht werden durfte,

damals ermessensfehlerhaft und damit amtspflichtwidrig war, weil, wie ein angehörter Brandsachverständiger festgestellt hatte, in der konkreten Brandsituation die Löschwirkung auch mit nicht PFOS-haltigen Löschschaum genau so gut erreichbar gewesen wäre (Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 23.01.2017).

Was Grundstückseigentümer wissen sollten wenn Rank-Pflanzen sich an einer Grenzwand des Nachbargebäudes empor ranken

Auf einem Grundstück wachsende Rank-Pflanzen (wie „wilder Wein“, Efeu, Knöterich etc. p.p.) die sich an der Grenzwand eines Nachbargebäudes empor ranken und sich dort mittels so genannter „Saug-Füße“ festsetzen,

  • stellen bereits grundsätzlich eine Beeinträchtigung des Gebäude-Eigentums des Nachbarn dar (§ 1004 BGB) und
  • können ggf. sogar das Eigentum des Nachbarn verletzen/beschädigen (§ 823 BGB),

wenn dadurch der Außenputz an den grenzständigen Baulichkeiten des Nachbarn erheblich in der Substanz beschädigt wird.

Dem Nachbar steht in solchen Fällen

  • ein Anspruch auf Entfernung/Beseitigung der Rank-Pflanzen und
  • wenn ein Schaden am Außenputz bzw. am Außenanstrich seiner Baulichkeiten entstanden und dieser Schaden kausal durch die Rank-Pflanzen verursacht worden ist, auch ein Anspruch auf Erstattung der Beseitigungskosten für die Substanz-Schädigung zu (Landgericht (LG) Berlin, Urteil vom 27.02.2007 – 53 S 122/06 –).

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Brandenburg mit Urteil vom 16.12.2016 – 31 C 298/14 – hingewiesen.

Was Fahrzeugeigentümer, deren PKW durch herabfallenden Ast beschädigt worden ist, wissen sollten

Wird ein Auto durch einen von einem Baum herabfallenden Ast beschädigt, muss der geschädigte Fahrzeugeigentümer,

  • wenn er Ersatz seines Schadens von dem Eigentümer des Grundstücks auf dem sich der Baum befindet, möchte,

im Streitfall beweisen, dass

  • eine Sorgfaltspflichtverletzung des Grundstückseigentümers vorgelegen hat und
  • diese Verkehrssicherungspflichtverletzung ursächlich für den Schaden war.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 16.06.2016 – 233 C 16357/14 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem der geschädigte Fahrzeugeigentümer nicht beweisen konnte, dass der Grundstückseigentümer rechtzeitig Maßnahmen gegen das Herabfallen des Astes hätte ergreifen können,

die Schadensersatzklage des Geschädigten gegen den Grundstückseigentümer abgewiesen (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 09.12.2016 – 96/16 –).

Wer im eigenen Garten gegen ein dort von einer Firma aufgestelltes Gerüst läuft ist selber schuld

Wer auf seinem Grundstück aus Unachtsamkeit gegen die deutlich sichtbare Querstange eines aufgestellten Gerüsts läuft,

  • weil er in Eile war und diese deshalb übersehen hat,

kann wegen des dabei erlittenen Gesundheitsschadens von der Firma, die das Gerüst aufgestellt hat, keinen Schadensersatz verlangen und

  • zwar auch dann nicht, wenn die Gerüstquerstange nicht besonders markiert bzw. mit Bändern kenntlich gemacht worden war.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Nürnberg mit – noch nicht rechtskräftigem – Urteil vom 25.10.2016 – 239 C 5388/16 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem die beklagte Firma im Auftrag des Klägers auf dessen Grundstück zur Durchführung von Sanierungsarbeiten am Anwesen des Klägers ein Gerüst aufgestellt hatte und
  • der Kläger, als er, weil das Telefon läutete und er deswegen in das Haus eilen wollte, mit dem Kopf gegen eine Gerüstquerstange gestoßen war und dabei eine Gehirnerschütterung erlitten hatte,

die Klage gegen die beklagte Firma auf Schmerzensgeld abgewiesen.

Begründet hat das AG dies damit,

  • dass es, da letztlich andere Faktoren, wie das Läuten des Telefons, der eigene Willensentschluss der Klägern, sich in das Haus zu begeben und der ungünstige Stand der Sonne, maßgeblich zu dem Unglück beigetragen haben, an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen dem Aufstellen des Gerüsts und dem Schaden des Klägers fehle und
  • außerdem die Beklagte, nachdem die Querstange deutlich sichtbar gewesen sei, an diese auch keine besonderen Markierungen bzw. Bänder habe anbringen müssen (Quelle: Pressemitteilung des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg vom 14.11.2016 – 13/16 –).

Was Käufer und Verkäufer, die einen notariellen Grundstückskaufvertrag abschließen, wissen sollten

Eine notarielle Kaufvertragsurkunde ist eine öffentliche Urkunde im Sinne von § 415 Zivilprozessordnung (ZPO).

  • Solche Urkunden erbringen vollen Beweis darüber, dass die Erklärung mit dem niedergelegten Inhalt so, wie beurkundet, abgegeben wurde.
  • Darüber hinaus besteht für die über ein Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunden die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 05.07.2002 – V ZR 143/01 –);
    es wird also vermutet, dass das, was im beurkundeten Text steht, der Vereinbarung entspricht und nur das vereinbart ist.

Die Partei, die sich auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände,

  • sei es zum Nachweis eines vom Urkundstext abweichenden übereinstimmenden Willens der Beteiligten,
  • sei es zum Zwecke der Deutung des Inhalts des Beurkundeten aus der Sicht des Erklärungsempfängers (§§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)),

beruft,

  • trifft die Beweislast für deren Vorliegen.
  • Dass die Beweiswirkung erschüttert wird, reicht nicht aus.

Auch durch die Vorlage eines inhaltlich abweichenden Vertragsentwurfs wird die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit eines notariellen Vertrages nicht widerlegt.

Denn Zweck der in § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB vorgeschriebenen notariellen Beurkundung von Verträgen über Grundstücke ist es,

  • Veräußerer und Erwerber vor übereilten Verträgen zu bewahren,
  • sie auf die Wichtigkeit des Geschäftes hinzuweisen und
  • ihnen die Möglichkeit rechtskundiger Belehrung und Beratung zu eröffnen.

Mit der Durchführung eines strengen Regeln unterworfenen Beurkundungsverfahrens, insbesondere durch die dem Notar in §§ 17 ff. Beurkundungsgesetz (BeurkG) auferlegten Prüfungs- und Belehrungspflichten, soll sichergestellt werden, dass der Inhalt der Urkunde dem Willen der mit der rechtlichen Tragweite vertraut gemachten Beteiligten entspricht.
Die bei Verbraucherverträgen in § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG normierte Amtspflicht des Notars (vgl. BGH, Urteil vom 24.11.2014 – NotSt (Brfg) 3/14 –), den beabsichtigten Text des Rechtsgeschäfts den Vertragsparteien schon vor der Beurkundung zur Verfügung zu stellen, dient dazu, ihnen Gelegenheit zu geben, sich vorab mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinanderzusetzen, Unklarheiten und Änderungswünsche vorher zu klären und sich auf die Beurkundungsverhandlung vorzubereiten.
Der Entwurf dokumentiert hingegen nicht den abschließenden Parteiwillen. Die Aufgabe des Notars, diesen zu ermitteln und den Erklärungen eine Fassung zu geben, die den Absichten und Interessen der Beteiligten gerecht wird, bringt es gerade mit sich, dass es während der Beurkundungsverhandlung – etwa aufgrund einer Anregung durch den Notar oder aufgrund entsprechender Parteiwünsche – noch zu Änderungen in dem vorab zur Verfügung gestellten Entwurfstext kommen kann.
Erst mit der in der Beurkundungsverhandlung gefertigten Niederschrift (§§ 8, 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeurkG) erhalten die Erklärungen der Beteiligten ihre endgültige Form.
Die notarielle Urkunde dokumentiert, zu welchem Ergebnis die Beurkundungsverhandlung vor dem Notar geführt hat.
Die Erklärungen der Beteiligten gelten mit der Beweiskraft des § 415 ZPO als abgegeben.

Darauf hat der V. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 10.06.2016 – V ZR 295/14 – hingewiesen.