Tag Handelsgewerbe

OLG Hamm entscheidet: Kaufmann muss wegen wiederholter unerwünschter Zusendung einer Werbe-E-Mail 3.000 € Vertragsstrafe zahlen

Sendet ein Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes einem anderen Kaufmann,

  • trotz vorausgegangener Abmahnung und abgegebener strafbewerter Unterlassungserklärung, mit der er sich im Wiederholungsfall zur Zahlung einer Vertragsstrafe von 3.000 Euro verpflichtet hatte,

erneut gegen dessen Willen eine Werbe-E-Mail zu,

  • kann die Vertragsstrafe verwirkt sein.

Darauf hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 25.11.2016 – 9 U 66/15 – hingewiesen und in einem solchen Fall,

  • weil der Senat ein erhebliches Missverhältnis der Vertragsstrafe zum Gewicht der Zuwiderhandlung nicht feststellen konnte und die Vertragsstrafe deshalb auch nicht herabzusetzen war,

den beklagten Absender der unerwünschten Werbe-E-Mail zur Zahlung der 3.000 € verurteilt.

Dass der Beklagte im Verfahren bestritt, die streitgegenständliche E-Mail gesandt zu haben, half ihm nichts, weil

  • der vom Gericht bestellte Sachverständige den Verlauf der elektronischen Post über ein Rechenzentrum und den Kundenserver des beteiligten Internetproviders hatte nachvollziehen und
  • ausschließen können, dass der Verlauf der E-Mail manipuliert oder die E-Mail von einem Dritten ohne Wissen der Beklagten übermittelt worden war (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 17.01.2017).

Wer Dienste von einem ein Handelsgewerbe Betreibenden in Anspruch nimmt sollte wissen

…. dass die, die in Ausübung seines Handelsgewerbes einem anderen

  • Geschäfte besorgen oder
  • Dienste leisten,

nach § 354 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) dafür

  • auch ohne Verabredung Provision und, wenn es sich um Aufbewahrung handelt, Lagergeld nach den an dem Ort üblichen Sätzen fordern können.

Dieser gesetzliche Provisionsanspruch setzt eine Vereinbarung der Parteien über eine Vergütung der erbrachten Leistungen nicht voraus.

  • Die Vorschrift greift im Gegenteil gerade schon dann ein, wenn es an einer (wirksamen) vertraglichen Vereinbarung über die für eine zu erbringende oder erbrachte Leistung zu zahlende Vergütung fehlt.

Ihr liegt dabei der seit jeher als maßgeblich anerkannte und auch an anderer Stelle im Gesetz mehrfach zum Ausdruck gekommene Gedanke zu Grunde, wonach jedermann weiß, dass ein Kaufmann sein Gewerbe in der Absicht regelmäßiger Gewinnerzielung betreibt und daher Handlungen für andere im Rahmen seines Gewerbebetriebs grundsätzlich nicht ohne Gegenleistung erbringen will.

Voraussetzung des gesetzlichen Provisionsanspruchs aus § 354 Abs. 1 HGB ist

  • neben der Kaufmannseigenschaft und
  • einem zu vermutenden Tätigwerden in Ausübung seines Handelsgewerbes (§§ 343, 344 Abs. 1 HGB),

dass der Kaufmann mit der ausgeführten Tätigkeit

  • ein Geschäft besorgt hat, welches im Interesse des Anspruchsgegners lag und befugtermaßen für diesen geschah.

Deshalb kann es für die Auslösung eines Provisionsanspruchs schon genügen, dass

  • jemand die ihm erkennbar von einem Kaufmann geleisteten Dienste in Anspruch nimmt,
  • obwohl er weiß oder sich nach den Umständen sagen muss, dass solche Dienste auch ohne ausdrückliche, eine Vergütungspflicht und/oder deren Höhe klarstellende vertragliche Grundlage nur gegen entsprechende Vergütung erbracht werden.

Zu den von § 354 Abs. 1 HGB erfassten Geschäftsbesorgungen oder Dienstleistungen rechnen bei der insoweit gebotenen weiten Auslegung

  • jede selbstständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen sowie
  • alle sonstigen, für den anderen Teil objektiv nützlichen Tätigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art.

Dementsprechend ist unter der in § 354 Abs. 1 HGB angesprochenen Provision jede Vergütung zu fassen, die ein Kaufmann für eine in dieser Vorschrift angesprochene Geschäftsbesorgung oder Dienstleistung üblicherweise beanspruchen kann.

Darauf hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 23.11.2016 – VIII ZR 269/15 – hingewiesen.