Tag IT-Recht

Wenn Inhaber eines Internetanschlusses Urheberrechtsverletzung begangen haben soll

Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Urheberrechtsverletzung verantwortlich ist (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 12.05.2010 – I ZR 121/08 –).

Eine solche Vermutung spricht jedoch nicht für die Täterschaft, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auch andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten, weil

 

Den Inhaber des Internetanschlusses trifft allerdings eine sekundäre Darlegungslast, da der Inhaber des ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechts keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat und dem Anschlussinhaber nähere Angaben dazu ohne Weiteres möglich und zumutbar sind.

  • Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO)) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen.
  • Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und ggf. welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen.
    In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (zum Ganzen: BGH, Urteil vom 08.01.2014 – I ZR 169/12 –).

 

Der Anschlussinhaber hat seiner sekundären Darlegungslast entsprochen, wenn er beispielsweise – der Wahrheit entsprechend – vorgetragen hat, in seinem Haushalt hätten auch sein volljähriger Bruder, sein volljähriger Cousin sowie weitere Freunde Zugriff auf seinen Internetanschluss.

  • Hat der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast genügt, ist es wieder Sache des Rechteinhabers als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Internetanschlussinhabers als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGH, Urteil vom 08.01.2014 – I ZR 169/12 –).

 

Kann der Rechteinhaber dem Inhaber des Internetanschlusses keine Täterschaft oder Teilnahme an der Urheberrechtsverletzung nachweisen und

  • hatten ausschließlich volljährige Familienangehörige Zugriff auf dessen Internetanschluss,

 

kann der Rechteinhaber den Anschlussinhaber,

  • weil dieser nicht verpflichtet ist, volljährige Familienangehörige über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen oder von sonstigen Rechtsverletzungen im Internet zu belehren und ihnen die Nutzung des Internetanschlusses zur rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen oder zu sonstigen Rechtsverletzungen im Internet zu verbieten,

 

als Störer nur dann in Anspruch nehmen, wenn konkreten Anhaltspunkte für eine solche Nutzung bestanden (BGH, Urteil vom 08.01.2014 – I ZR 169/12 –).

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Stuttgart-Bad Cannstatt mit Urteil vom 13.08.2015 – 8 C 1023/15 – hingewiesen (so auch AG Hamburg, Urteil vom 03.07.2015 – 36a C 134/14 –).

 

Rufbeeinträchtigende falsche Tatsachenbehauptungen im Internet

Zur Beseitigung eines Zustands fortdauernder Rufbeeinträchtigung kann der Betroffene den Störer grundsätzlich nicht nur auf Berichtigung, sondern auch auf Löschung bzw. Hinwirken auf Löschung rechtswidriger, im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen in Anspruch nehmen.

Darauf hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 28.07.2015 – VI ZR 340/14 – in einem Fall hingewiesen, in dem der Beklagte einen Beitrag verfasst sowie ins Internet gestellt hatte, in dem falsche, rufschädigende Tatsachen über den Kläger behauptet worden waren und der über Suchmaschinen in verschiedenen Internetportalen abgerufen werden konnte.

Wie der Senat ausgeführt hat, kann ein Betroffener gegen unwahre Tatsachenbehauptungen, die sein Ansehen in der Öffentlichkeit in unzulässiger Weise herabsetzen, in entsprechender Anwendung von §§ 1004, 823 Abs. 1, Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. §§ 185 ff Strafgesetzbuch (StGB), 824 BGB zivilrechtlichen Ehrenschutz beanspruchen (vgl. BGH, Urteile vom 17.12.2013 – VI ZR 211/12 –; vom 13.01.2015 – VI ZR 386/13 –; vom 16.12.2014 – VI ZR 39/14 –).
Er kann den Störer

  • nicht nur gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog auf Unterlassung weiterer Störungen,
  • sondern in entsprechender Anwendung von Satz 1 dieser Bestimmung auch auf Beseitigung eines durch die unwahren Tatsachenbehauptungen geschaffenen Zustands fortdauernder Rufbeeinträchtigung in Anspruch nehmen, der sich für ihn als eine stetig sich erneuernde und fortwirkende Quelle der Ehrverletzung darstellt (vgl. auch BGH, Urteil vom 14.05.2013 – VI ZR 269/12 – sowie zum Beseitigungsanspruch in Gestalt der Veröffentlichung einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtung bei unzulässiger Meinungsäußerung: BGH, Urteil vom 25.11.1986 – VI ZR 57/86 –).
     

Eine besondere Ausprägung des Anspruchs auf Beseitigung einer durch unwahre Tatsachenbehauptungen herbeigeführten fortdauernden Rufbeeinträchtigung ist der von der Rechtsprechung entwickelte Berichtigungsanspruch (vgl. dazu BGH. Urteil vom 18.11.2014 – VI ZR 76/14 –). Hierauf beschränkt sich der Beseitigungsanspruch aber nicht.
Vielmehr kann der Betroffene den Störer zur Beseitigung eines Zustands fortdauernder Rufbeeinträchtigung grundsätzlich auch

 

Die Löschung bzw. das Hinwirken auf Löschung im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen kann allerdings nur verlangt werden,

  • wenn und soweit die beanstandeten Behauptungen nachweislich falsch sind und
  • die begehrte Abhilfemaßnahme unter Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen, insbesondere der Schwere der Beeinträchtigung, zur Beseitigung des Störungszustands geeignet, erforderlich und dem Störer zumutbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 18.09.2014 – I ZR 76/13 –).

 

Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft, jeder anzusehen,

  • der die Störung herbeigeführt hat oder
  • dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt.

 

Von der Norm erfasst wird sowohl der unmittelbare Störer, der durch sein Verhalten selbst die Beeinträchtigung adäquat verursacht hat, als auch der mittelbare Störer, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat.
Dabei genügt als Mitwirkung in diesem Sinne auch die Unterstützung oder die Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. BGH, Urteile vom 14.05.2013 – VI ZR 269/12 –; vom 30.06.2009 – VI ZR 210/08 –; vom 18.11.2014 – VI ZR 76/14 – und vom 17.12.2010 – V ZR 44/10 –).
Abweichend von dem im Urheber- und Markenrecht entwickelten Begriffsverständnis des I. Zivilsenats des BGH (vgl. Urteil vom 19.04.2007 – I ZR 35/04 – Internet-Versteigerung II sowie zuletzt Urteil vom 05.02.2015 – I ZR 240/12 – Kinderhochstühle im Internet III) wird im Rahmen des § 1004 BGB auch derjenige als – unmittelbarer – Störer bezeichnet, der nach der Art seines Tatbeitrags sonst als Täter oder Teilnehmer anzusehen wäre (vgl. BGH, Urteile vom 30.06.2009 – VI ZR 210/08 –; vom 14.05.2013 – VI ZR 269/12 –; vom 24.06.2003 – KZR 32/02 – Buchpreisbindung).

Störer ist demnach (auch) der, der einen im Internet abrufbaren Beitrag, der unwahre Tatsachenbehauptungen enthält, verfasst und ins Internet gestellt und dadurch den Störungszustand herbeigeführt hat. Denn erst durch dieses Verhalten werden die Tatsachenbehauptungen einem größeren Personenkreis bekannt und können von diesen weiterverbreitet werden (vgl. BGH, Urteil vom 03.02.1976 – VI ZR 23/72 –).
Auch ist dem Verfasser eines im Internet abrufbaren Beitrags eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts insoweit zuzurechnen, als sie durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags durch Dritte im Internet entstanden ist.
Da Meldungen im Internet typischerweise von Dritten verlinkt und kopiert werden, ist die durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags verursachte Rechtsverletzung sowohl äquivalent als auch adäquat kausal auf die Erstveröffentlichung zurückzuführen.
Der Zurechnungszusammenhang ist in solchen Fällen auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Persönlichkeitsrechtsverletzung insoweit erst durch das selbstständige Dazwischentreten Dritter verursacht worden ist. Denn durch die „Vervielfältigung“ der Abrufbarkeit des Beitrags durch Dritte verwirklicht sich eine durch die Veröffentlichung des Ursprungsbeitrags geschaffene internettypische Gefahr (vgl. BGH, Urteile vom 17.12.2013 – VI ZR 211/12 – und vom 11.11.2014 – VI ZR 18/14 –).

Sind die Tatsachenbehauptungen in dem Beitrag des Verfassers auch auf fremden Internetseiten abrufbar, auf die der Beitragsverfasser keinen Zugriff hat, kann von diesem allerdings auch dann, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des Beseitigungsanspruchs erfüllt sind,

  • nicht die Löschung verlangt werden,
  • sondern nur, dass der Beitragsverfasser im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren auf die Betreiber der Internetplattformen einwirkt, um diese zu einem Entfernen der rechtswidrigen Inhalte zu veranlassen.

 

Denn zu einer Löschung ist der Beitragsverfassung in diesen Fällen nicht in der Lage und ein Schuldner ist nur zu solchen Beseitigungsmaßnahmen verpflichtet, die in seiner Macht stehen (vgl. BGH, Urteil vom 18.09.2014 – I ZR 76/13 –).
Die Auswahl unter mehreren tatsächlich möglichen Abhilfe- bzw. Einwirkungsmaßnahmen bleibt dabei dem Störer überlassen. Dies hat seinen Grund darin, dass die Rechte des Störers nicht weitergehend eingeschränkt werden sollen, als der Schutz des Berechtigten vor Beeinträchtigungen seiner Rechte es erfordert.
Abgesehen davon trägt der Störer ggf. das Risiko der Zwangsvollstreckung, wenn die gewählte Maßnahme die Störung nicht beseitigt (vgl. BGH, Urteil vom 12.12.2003 – V ZR 98/03 –).

 

Bei Urheberrechtsverletzung über Internetanschluss

Ist über einen bestimmten Internetanschluss in einer Dateitauschbörse widerrechtlich, unter Verletzung des Urheberrechts, ein Werk öffentlich zugänglich gemacht worden, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers dann nicht gegeben, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten bzw. wenn dies vom Anschlussinhaber vorgetragen ist.
Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde.
Der Anschlussinhaber trägt dazu eine sekundäre Darlegungslast (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 08.01.2014 – I ZR 169/12 –).
Dieser genügt der Anschlussinhaber dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen.
In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet.
Eine wie auch immer geartete Beweislastumkehr zu Lasten des Anschlussinhabers ist damit allerdings nicht verbunden.
Die sekundäre Darlegungslast dient der Bewältigung von Informationsdefiziten bei der Sachverhaltsaufklärung; sie ändert jedoch nichts an dem Grundsatz, dass keine Partei verpflichtet ist, dem Gegner die für den Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen.

  • Der Anschlussinhaber erfüllt daher die ihm obliegende sekundäre Darlegungslast, wenn er die Personen, die selbständig und eigenverantwortlich Zugriff auf den Internetanschluss haben, ermittelt und namentlich unter Angabe einer bekannten Anschrift benennt.
  • Seiner Nachforschungspflicht im Rahmen der sekundären Darlegungslast genügt er, wenn er die möglichen Personen, die eine Zugriffsmöglichkeit hatten, hierzu befragt und das Ergebnis der Befragung mitteilt.
  • Zu weiteren Nachforschungen ist er im Regelfall nicht verpflichtet (a.A. wohl Landgericht (LG) München, Urteil vom 05.09.2014 – 21 S 24208/13 –).

 

Genügt der Anschlussinhaber der sekundären Darlegungslast, besteht also nach seinem Vortrag die Möglichkeit, dass andere die Urheberrechtsverletzung begangen haben könnten, auch wenn diese es gegenüber dem Anschlussinhaber abgestritten haben, ist es wiederum Sache des Rechteinhabers entweder zu beweisen,

  • dass keine anderen Anschlussnutzer als Täter in Betracht kommen, oder
  • dass der Anschlussinhaber aus dem Kreis der in Betracht kommenden Personen tatsächlich der Täter ist.

 

Als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann ein Anschlussinhaber, wenn er – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beigetragen hat.
Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der Inanspruchgenommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte.
Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die weder als Täter noch als Teilnehmer für die begangene Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden können, setzt die Haftung als Störer nach der Rechtsprechung des BGH die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten, voraus.
Ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen eine Verhinderung der Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (vgl. BGH, Urteile vom 12.05.2010 – I ZR 121/08 –; vom 15.11.2012 – I ZR 74/12 – und vom 16.05.2013 – I ZR 216/11 –).

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Hamburg mit Urteil vom 03.07.2015 – 36a C 134/14 – hingewiesen.

 

Fremde Inhalte auf eigene Website einbetten?

Der Betreiber einer Internetseite begeht keine Urheberrechtsverletzung, wenn er urheberrechtlich geschützte Inhalte, die auf einer anderen Internetseite mit Zustimmung des Rechtsinhabers für alle Internetnutzer zugänglich sind, im Wege des „Framing“ in seine eigene Internetseite einbindet.

Darauf hat der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 09.07.2015 – I ZR 46/12 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrundeliegendem Fall hatte die Klägerin, die Wasserfiltersysteme herstellt und vertreibt, von dem Beklagten, der als selbständiger Handelsvertreter für ein mit der Klägerin im Wettbewerb stehendes Unternehmen tätig war, Schadensersatz verlangt, weil

  • der Beklagte es den Besuchern seiner Internetseite, auf der er für die von ihm vertriebenen Produkte warb, ermöglichte,
  • durch den Klick auf einen Link, einen von der Klägerin zu Werbezwecken hergestellten Film, von dem diese Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte war und der auf der Videoplattform „YouTube“ abrufbar war, vom Server der Videoplattform „YouTube“ abzurufen und in einem auf der Webseite des Beklagten erscheinenden Rahmen („Frame“) abzuspielen.

 

In einem solchen Fall liegt nach der Entscheidung des I. Zivilsenat des BGH dann keine Urheberrechtsverletzung vor, wenn der Film mit Zustimmung des Rechteinhabers bei „YouTube“ eingestellt war.

Zu der Frage, ob in einem solchen Fall das Urheberrecht am Film dann verletzt ist, wenn der Film ohne Zustimmung des Rechtsinhabers bei „YouTube“ eingestellt war, liegt dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) derzeit in der Rechtssache C-160/15 GS Media BV/Sanoma Media Netherlands BV u.a. ein am 07.04.2015 vom Hoge Raad der Niederlande eingereichtes Vorabentscheidungsersuchen vor.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 09.07.2015 – Nr. 114/2015 – mitgeteilt.

 

Urheberrechtsverletzung über Internetanschluss

Ist eine Urheberrechtsverletzung von einem bestimmten Internetanschluss erfolgt, folgt hieraus noch nicht, dass der Inhaber dieses Anschlusses für die Begehung der Rechtsverletzung verantwortlich ist.
Vielmehr ist der Inhaber des Nutzungs- bzw. Verwertungsrechts nach allgemeinen Beweisgrundsätzen zunächst beweispflichtig für die behauptete Rechtsverletzung durch den Inhaber des Internetanschlusses. Denn es ist grundsätzlich Sache des Rechteinhabers darzulegen und nachzuweisen, dass der jeweilige in Anspruch genommene bzw. Abgemahnte Täter oder Teilnehmer der behaupteten Urheberrechtsverletzung ist (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 15.11.2012 – I ZR 74/12 – Morpheus und vom 08.01.2014 – I ZR 169/12 – Bearshare).

Zwar spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass eine Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist, wenn ein urheberrechtlich geschütztes Werk oder eine urheberrechtliche geschützte Leistung der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht wird, die zum fraglichen Zeitpunkt dieser Person zugeteilt war (BGH, Urteil vom 12.05.2010 – I ZR 121/08 –).
Diese tatsächliche Vermutung greift aber nur dann ein, wenn es sich bei dem Anschlussinhaber um den alleinigen Nutzer des Anschlusses handelt, also nicht in Fällen, in denen Familienangehörige oder Bekannte des Anschlussinhabers bzw. unberechtigte Dritte als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen.
Da der Rechteinhaber jedoch nicht weiß und nicht wissen kann, ob der Internetzugang von mehreren Personen oder allein vom Anschlussinhaber genutzt wird, trifft den Anschlussinhaber bereits bei der Frage, ob die Voraussetzungen für die tatsächliche Vermutung vorliegen oder nicht, eine sekundäre Darlegungslast, wobei es

  • nicht um die Widerlegung oder Erschütterung der tatsächlichen Vermutung geht,
  • sondern um die Frage, ob die Voraussetzungen, unter denen die tatsächliche Vermutung eingreift, vorliegen oder dies nicht der Fall ist.

 

Im Rahmen dieser sekundären Darlegungslast hat der Anschlussinhaber zumindest vorzutragen, ob er den fraglichen Anschluss alleine nutzt bzw. welche Familienangehörigen, Bekannte oder Dritte ebenfalls zur Nutzung des Anspruchs in der Lage waren bzw. gewesen sein könnten.
Da die sekundäre Darlegungslast nicht zu einer Umkehr der Beweislast führt, genügt insoweit auf dieser Ebene der sekundären Darlegungslast zunächst der substantiierte Vortrag des Anschlussinhabers zu den Mitbenutzungsmöglichkeiten Dritter, wobei er die Umstände, die einem Eingreifen der tatsächlichen Vermutung entgegenstehen, nicht beweisen muss.

Dieser seiner sekundären Darlegungslast ist ein Anschlussinhaber nachgekommen, wenn er beispielsweise seine Ehefrau zur Zeit der behaupteten Rechtsverletzung als Mitnutzerin des Internetanschlusses benannt und ferner konkret zum eingesetzten Router und der im Zusammenhang mit dem Router bestehenden Sicherheitslücke vorgetragen hat.
Eines weitergehenden Vortrags bedarf es nicht (teilweise a.A. wohl Amtsgericht (AG) München, Urteil vom 09.10.2014 – 142 C 3977/15 –).

Da ein Anschlussinhaber im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast im Rahmen des ihm Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet ist, genügt es nicht, wenn er schlicht behaupten würde, nicht im Einzelnen benannte Dritte oder Familienmitglieder hätten den Anschluss mitbenutzen dürfen; gleiches gilt für die nicht auf besondere Tatsachen gestützte Behauptung bzw. Vermutung, Dritte hätten den Anschluss unberechtigt genutzt, also „gehackt“.
Vielmehr ist im Rahmen der Nachforschungspflicht und Darlegungslast zumindest zu fordern, dass der jeweilige Anschlussinhaber die Familienmitglieder, die den Anschluss im Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung regelmäßig mitbenutzt haben, ermittelt und namentlich benennt.
Auch etwaige Zugriffsmöglichkeiten durch unbefugte Dritte muss der Anschlussinhaber zumindest konkret darlegen, insbesondere unter Angabe der genutzten Hardware und der Art und Weise der zur Tatbegehung genutzten Verschlüsselung des WLANs bzw. des Routers.

Nicht verlangt werden kann dagegen vom Anschlussinhaber, dass er den Täter der Rechtsverletzung ermittelt und diesen namentlich benennt.
Auch sind weder die Computer auf Filesharing-Software zu untersuchen noch ist ein konkreter Vortrag zu den An- bzw. Abwesenheitszeiten des Anschlussinhabers und der benannten Mitbenutzer im genauen Zeitpunkt der Rechtsverletzung erforderlich. Letzteres folgt bereits aus dem Umstand, dass die Nutzung einer Filesharing-Software keine Anwesenheit am Computer voraussetzt.

Hat der Anschlussinhaber den so verstandenen Anforderungen an die Nachforschungspflicht und die sekundäre Darlegungslast genügt, nämlich, dass beispielsweise zur Zeit der behaupteten Rechtsverletzung auch seine Ehefrau den auf ihn registrierten Internetanschluss selbstständig benutzt hat, liegt gerade die Konstellation vor, in der keine tatsächliche Vermutung des Anschlussinhabers als Rechteverletzer eingreift.
Dann obliegt in einem solchen Fall dem Rechteinhaber (wieder) die volle Beweislast für die Täterschaft des Anschlussinhabers (vgl. hierzu auch AG Düsseldorf, Urteil vom 25.11.2014 – 57 C 1312/14 –; AG Hamburg, Urteil vom 09.01.2015 – 36a C 40/14 –).

Darauf hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Braunschweig mit Urteil vom 01.07.2015 – 9 S 433/14 – hingewiesen.

 

Urheberrechtsverletzung durch Filesharing

Der Inhaber eines Internetanschlusses, von dem aus unerlaubt Dateien geladen wurden, muss selbst Nachforschungen darüber anstellen, wer konkret der Täter gewesen ist und dies dem Gericht mitteilen. Sonst haftet er selbst.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 09.10.2014 – 142 C 3977/15 – in einem Fall entschieden, in dem die Klägerin, die über die Rechte an einem Film verfügte, die Beklagte wegen Urheberrechtsverletzung abgemahnt sowie von ihr Schadensersatz und Ersatz der Anwaltskosten verlangt hatte, weil der Film über den Internetanschluss der Beklagten mit Hilfe einer Tauschbörsensoftware illegal zum Download angeboten worden war.

In dieser Entscheidung wies das AG München darauf hin, dass,

  • wenn über einen bestimmten Internetzugang ein sogenanntes Filesharing betrieben wird, d.h. Daten, wie zum Beispiel ein Film, über eine Internettauschbörse auf den Rechner geladen und diese Dateien anderen Teilnehmern der Tauschbörse zum Herunterladen angeboten werden, das Recht des Urhebers auf öffentliche Zugänglichmachung seines Werkes verletzt wird und

 

bei einer derartigen Rechtsverletzung den Anschlussinhaber, der bestreitet für die Rechtsverletzung verantwortlich zu sein, eine sogenannte sekundäre Darlegungslast trifft, d. h., der Anschlussinhaber muss in einem solchen Fall

  • Tatsachen darlegen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit ergibt, dass eine andere Person den Internetanschluss zum fraglichen Zeitpunkt genutzt hat sowie
  • weiterhin vortragen, welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Urheberrechtsverletzung in Betracht kommen und dafür umfangreiche Nachforschungen zu den potentiellen Anschlussnutzern und ihrem Nutzungsverhalten anstellen, die möglichen Täter befragen und diese dem Gericht – namentlich – mitteilen.

 

In dem vom AG München entschiedenen Fall hatte die Beklagte nach Auffassung des Gerichts nicht ausreichend Konkretes zum Internetverhalten der Mitbenutzer ihres Anschlusses vorgetragen und war damit ihrer Nachforschungspflicht nicht genügend nachgekommen.
Deshalb hatte die Klage der Klägerin Erfolg und die Beklagte wurde verurteilt zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 600 Euro sowie zum Ersatz der der Klägerin entstandenen Rechtsanwaltskosten.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 03.07.2015 – 34/15 – mitgeteilt.

 

Internetauktion auf der Plattform von eBay

Bei einer Internetauktion auf der Plattform von eBay kommt der Vertrag in Anwendung der §§ 145 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) durch ein Angebot und dessen Annahme zustande (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 07.11.2001 – VIII ZR 13/01 – und vom 03.11.2004 – VIII ZR 375/03 –).
Das Einstellen einer Ware auf der Plattform von eBay ist dabei als ein verbindliches Verkaufsangebot an denjenigen auszulegen, der bis zum Abschluss der Auktion das höchste Gebot abgibt (BGH, Urteile vom 03.11.2004 – VIII ZR 375/03 – und vom 08.06.2011 – VIII ZR 305/10 –). Dabei erklärt der Anbieter mit der Freischaltung des Angebotes die vorweggenommene Annahme des höchsten wirksamen Gebotes zum Ende der Angebotsdauer.

Wird bei einer eBay-Auktion von einem Bieter ein sog. Maximalgebot abgegeben, ist dies die Weisung an das elektronische Bietsystem, als Erklärungsbote bis zu der vorgegebenen Maximalgrenze denjenigen Betrag zu bieten, der erforderlich ist, um Höchstbietender zu werden oder zu bleiben.
Das automatische Bietsystem der Handelsplattform erhöht dann jeweils aktuelle Konkurrenzangebote schrittweise um denjenigen Betrag, der erforderlich ist, um wieder Höchstbietender zu sein und zwar solange bis das Maximalangebot von einem anderen Bieter überboten wird.
Dabei stellt jedes neue Höchstgebot eine eigenständige Willenserklärung dar, die das automatische Bietsystem des Plattformbetreibers als „virtueller Erklärungsbote“ nach Maßgabe der Berechnungsschritte übermittelt, d.h. öffentlich anzeigt, womit sie dem Anbieter im Sinne von § 130 Absatz 1 Satz 1 BGB zugegangen ist.

Jedes neue Höchstangebot führt zum Erlöschen des jeweils vorangegangenen Höchstangebotes.

Gibt ein Anbieter unter Verwendung eines weiteren Mitgliedskontos auf seine eigenen Waren selbst Gebote ab, sind diese Gebote keine wirksamen Angebote im Sinne der §§ 145 ff. BGB, weil der Anbieter mit sich selbst nicht kontrahieren kann. Ein Antrag zur Schließung eines Vertrages im Sinne von § 145 BGB liegt nämlich nach dem Wortlaut der Vorschrift nur vor, wenn es an einen anderen gerichtet ist. Mithin liegt bei Geboten eines Anbieters schon tatbestandsmäßig keine Willenserklärung vor.
Allerdings führt der Umstand, dass ein Anbieter mit seinen eigenen Geboten keine wirksame Willenserklärung abgegeben hat, nicht dazu, dass solche Gebote völlig unbeachtlich wären.
Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von eBay sehen nämlich nicht vor, dass Gebote auf eigene Artikel als nichtig anzusehen sind. Zwar dürfen Mitglieder den Verlauf einer Auktion nicht durch die Abgabe von Geboten unter Verwendung eines weiteren Mitgliedskontos manipulieren, insbesondere ist es ihnen untersagt, selbst Gebote auf ihre eingestellten Angebote abzugeben (§ 3 Nr. 3 eBay-AGB).
Als Sanktion für den Verstoß gegen diese Bedingungen ist jedoch nicht vorgesehen, dass die Gebote unwirksam sind. Vielmehr behält sich der Plattformbetreiber in solchen Fällen vor, aus einem Katalog eine angemessene Sanktion zu verhängen (z.B. eine Verwarnung, eine Benutzungsbeschränkung oder eine Sperrung des Kontos, vgl. § 4 eBay-AGB).

Deshalb genügt grundsätzlich auch die bloße Tatsache der Abgabe eines eigenen Angebots durch den Anbieter, um die Gebundenheit an das vorhergehende Gebot aufzuheben, d.h., das vorangegangene Höchstangebot zum Erlöschen zu bringen und dieses vorangegangene Höchstangebot lebt auch nach Feststellung der Unwirksamkeit des Angebots nicht wieder auf.
Eine Ausnahme kommt nur in Betracht, wenn das Übergebot des Anbieters offensichtlich unwirksam ist oder es sofort zurückgewiesen wird.

Ist von einem Anbieter am Ende der Angebotsdauer selbst das Höchstangebot abgegeben und damit vereitelt worden, dass die Bedingung – ein Höchstgebot des Bieters zum Ablauf der Auktion – eintritt, ist der zuletzt überbotene Bieter gemäß § 162 Absatz 1 BGB so zu stellen, als sei mit dem Inhalt seines letzten Höchstgebotes ein Kaufvertrag zustande gekommen.
Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, nämlich wider Treu und Glauben verhindert, so gilt nach dieser Bestimmung die Bedingung als eingetreten.

Hat der Anbieter durch sein Mitsteigern den Preis in die Höhe getrieben und so verhindert, dass der Bieter die Ware zu einem niedrigeren Preis kaufen konnte, ist er gemäß § 241 Absatz 2, § 311 Absatz i.V.m. § 280 Absatz 1 BGB zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der in der Differenz des Verkehrswertes zum (fiktiven) Kaufpreis des Artikels besteht. Voraussetzung ist aber, dass sich feststellen lässt, dass es dem Bieter ohne die Manipulation des Anbieters gelungen wäre, die Sache unterhalb des Verkehrswertes zu ersteigern; ansonsten fehlt es an einem Schaden.

Darauf hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart mit Urteil vom 14.4.2015 – 12 U 153/14 – hingewiesen.

 

Filesharing

Eltern, die Inhaber eines Internetanschlusses sind und deren Internetanschluss auch von ihren minderjährigen Kindern genutzt wird, haften, wenn ihre minderjährigen Kinder Musikdateien zum Herunterladen verfügbar machen, wegen einer solchen Urheberechtsverletzung nicht automatisch auf Schadensersatz und Ersatz von Abmahnkosten.

Darauf hat der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 7/14 – hingewiesen und damit seine bisherige Rechtsprechung bestätigt (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.2012 – I ZR 74/12 –).

Danach sind Eltern für durch solche Verletzungshandlungen eines minderjährigen Kindes verursachte Schäden gemäß § 832 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nur dann verantwortlich, wenn sie ihre Aufsichtsplicht verletzt haben und

  • Eltern genügen ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch,
  • dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten.

 

Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internets durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsätzlich nicht.
Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern vielmehr erst dann verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandelt (BGH, Urteil vom 15.11.2012 – I ZR 74/12 –).

In dem der Entscheidung des BGH zugrunde liegendem Fall, in dem von der 16-jährigen Tochter eingeräumt worden war, die Musikdateien heruntergeladen zu haben, wurden die Eltern nur deshalb zum Schadensersatz in Höhe von 200 € für jeden von der Tochter heruntergeladenen Musiktitel sowie zur Zahlung der auf der Basis des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes berechneten Abmahnkosten verurteilt, weil nicht erwiesen war, dass die Eltern ihre Tochter über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehrt und ihr eine Teilnahme daran verboten hatten.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 11.06.2015 – Nr. 92/2015 – mitgeteilt.

 

Kein generelles Beweisverwertungsverbot für Dashcam-Aufzeichnungen im Strafverfahren?

Mit Urteil vom 20.01.2015 – 4 Ds 155/14 – hat das Amtsgericht (AG) Nienburg einen Angeklagten u.a. wegen Nötigung in Tateinheit mit fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs verurteilt und

  • dabei als Beweismittel eine Dashcam-Aufzeichnung von dem Vorfall zugelassen,

die von dem genötigten Verkehrsteilnehmer, zum Zwecke der Beweissicherung für den etwaigen Fall eines Zusammenstoßes gefertigt worden war,

  • indem er die in seinem Fahrzeug neben dem Innenspiegel angebrachte Kamera aktiviert und
  • diese darauf hin den Straßenbereich vor der Kühlerhaube seines Fahrzeugs gefilmt sowie
  • die Aufnahmen digital mit Datum und Uhrzeit auf einer SD-Speicherkarte gespeichert hatte.

Nach der Entscheidung des AG Nienburg stand in diesem Fall der Verwertung der gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) dem Anwendungsbereich des BDSG unterfallenden Digitalaufzeichnung  (vgl. sehr ausführlich hierzu: Verwaltungsgericht (VG) Ansbach, Urteil vom 12.08.2014 – AN 4 K 13.01634 –) weder ein Beweiserhebungs-, noch ein Beweisverwertungsverbot entgegen.

Das AG vertritt die Ansicht, dass eine solche Aufzeichnung,

  • wenn sie, wie hier, aus aktuellem und konkretem Anlass vorausschauend als Beweismittel zum Nachweis der Begründung, Reichweite und Ausschluss einer gesetzlichen Haftung aus einem Unfallereignis und
  • damit im Hinblick auf ein konkret bestimmbares gesetzliches Schuldverhältnis angefertigt wird,

gemäß § 4 Abs. 1 BDSG in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung des § 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG zulässig ist,

  • weil dies dann in jeder Hinsicht mit den in § 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG genannten Fällen der Erfüllung konkret bestimmter rechtsgeschäftlicher oder rechtsgeschäftsähnlicher Zwecke vergleichbar sei.

Bei der gebotenen Interessenabwägung

  • zwischen dem Interesse des Genötigten an der Anfertigung der Aufzeichnung zum Zwecke der Beweissicherung und
  • dem Interesse des Angeklagten an der Unverletzlichkeit des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung

erachtete das AG das Interesse des Genötigten als überwiegend (a.A. AG München, Beschluss vom 13.08.2014 – 345 C 5551/14 –; VG Ansbach, Urteil vom 12.08.2014 – AN 4 K 13.01634 –) und damit die Voraussetzungen der Ermächtigungsnorm entsprechend § 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG als erfüllt an.
Das AG begründete dies damit,

  • dass auf der kurzen, anlassbezogenen Aufzeichnung nur die Fahrzeuge, aber nicht die Insassen der Fahrzeuge abgebildet sowie nur Vorgänge erfasst waren, die sich im öffentlichen Straßenverkehr ereigneten

und

  • der Eingriff in das Recht des Angeklagten daher denkbar gering, während das Interesse des Genötigten an einem effektiven Rechtsschutz besonders hoch gewesen ist.

Da gerade die gerichtliche Aufklärung von Verkehrsunfallereignissen fast ausnahmslos unter dem Mangel an verlässlichen, objektiven Beweismitteln leide, Zeugenaussagen vielfach ungenau und subjektiv geprägt sowie Sachverständigengutachten kostspielig und häufig unergiebig seien, sei der anlassbezogene Einsatz der Dashcam deshalb in dieser konkreten Fallgestaltung für den vom Genötigten verfolgten Zweck der Beweissicherung geeignet, erforderlich und verhältnismäßig gewesen.

Dass solche Aufzeichnungen möglicher Weise später unzulässig im Internet veröffentlicht oder zu anderweiten Zwecken missbraucht werden könnten, rechtfertige keine andere Beurteilung. Die Gefahr des späteren Missbrauchs von ursprünglich zulässig gefertigten Beweismitteln bestehe nämlich immer und die abstrakte Furcht vor allgegenwärtiger Datenerhebung dürfe nicht dazu führen, dass den Bürgern sachgerechte technische Hilfsmittel zur effektiven Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung kategorisch vorenthalten werden.

Angesichts der Schwere der angeklagten Tat, des Sicherheitsbedürfnisses der Allgemeinheit sowie der Verfügbarkeit sonstiger Beweismittel sah das AG

  • das allgemeine Interesse an der Effektivität der Strafverfolgung
  • auch gegenüber dem das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht erwachsenden Geheimschutzinteresse des Angeklagten

als überwiegend an und damit keinerlei Gründe die zulässig angefertigte Kameraaufzeichnung nicht zu verwerten.

Anders wäre es nach Ansicht des AG nur dann,

  • wenn beispielsweise Personen aus eigener Machtvollkommenheit zielgerichtet mittels Dashcam-Aufzeichnungen Daten für staatliche Strafverfahren erheben und sich so zu selbsternannten „Hilfssheriffs“ aufschwingen.

In solchen Fällen, in denen sich Angeklagte gegen eine dem Grunde nach unzulässige Überwachung durch Dritte zur Wehr setzen, würde ihr Geheimschutzinteresse überwiegen und ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht hinter dem Interesse der Allgemeinheit an einer effektiven Strafverfolgung zurücktreten.

 

Wenn der Anbieter bei einer eBay-Auktion das Angebot ändert.

Der Vertragsschluss bei sog. Online-Auktionen erfolgt nicht durch Zuschlag des Auktionators im Sinne des § 156 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), sondern durch Einigung mittels Angebot und Annahme im Sinne der §§ 145 ff BGB.
Der Erklärungsinhalt der jeweiligen Willenserklärung (§§ 133, 157 BGB) richtet sich hierbei auch nach den Bestimmungen über den Vertragsschluss in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Internetportals, denen die Beteiligten vor der Teilnahme an der Internet-Auktion zugestimmt haben (vgl. BGH, Urteile vom 08.06.2011 – VIII ZR 305/10 – und vom 10.12.2014 – VIII ZR 90/14 –).

  • In die Auslegung der Willenserklärung des Anbieters sind deshalb die jeweils gültigen Bestimmungen der eBay-AGB über das Zustandekommen eines Vertrages einzubeziehen.
  • Demzufolge darf, sobald bei einer eBay-Auktion auf ein Angebot geboten wurde, der Anbieter das Angebot nur noch ändern, wenn er nach den eBay-AGB dazu berechtigt ist.
  • Wird ein Angebot unberechtigt geändert, kommt bei Bietende ein Vertrag mit dem Höchstbietendem und dem Inhalt des ursprünglichen Angebots zu Stande.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Dieburg mit Urteil vom 15.04.2015 – 20 C 945/14 – in einem Fall hingewiesen,

  • in dem die Klägerin im Wege einer eBay-Auktion, die am 09.03.2014 enden sollte, als private Verkäuferin einen Opel-Kadett lediglich mit Artikelbeschreibung zum Verkauf angeboten und
  • zwei Tage vor Auktionsende, ihr Angebot um die Angabe ergänzt hatte, dass, wenn das Auto nach dem Ende der Auktion nicht innerhalb von sieben Tagen gegen Barzahlung am Artikelstandort abgeholt werde, für den Bieter Lagerkosten von 11 € pro Tag bis zum Tag der Abholung anfallen.