Tag Motor

Dieselgate: Was Besitzer von Dieselkraftfahrzeugen mit einem sog. Thermofenster zur Steuerung der Abgasreinigung

…. wissen und beachten sollten.

Am 27.10.2020 will der unter anderem für das Recht der unerlaubten Handlungen zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) über eine Klage 

  • gegen die Daimler AG auf Schadensersatz 

wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung verhandeln, die von dem Kläger,

  • der am 04.02.2017 von einem privaten Verkäufer zu einem Preis von 13.000,- € einen gebrauchten Mercedes-Benz C 220 CDI mit einer Laufleistung von 69.838 km erworben hat, 

mit der Begründung erhoben wurde, dass das 

  • von der Daimler AG hergestellte, mit einem Dieselmotor der Baureihe OM 651 ausgestattete und laut Typengenehmigung der Schadstoffklasse Euro 5 unterliegende 

Fahrzeug über eine unzulässige Abschalteinrichtung in Gestalt eines sog. Thermofensters verfüge, 

  • die bewirke, dass die gesetzlichen Emissionsgrenzwerte zwar auf dem Prüfstand, nicht aber im normalen Fahrbetrieb eingehalten werden.

Mit der Klage verlangt der Kläger von der Daimler AG im Wesentlichen

  • Erstattung des für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises, abzüglich einer Nutzungsentschädigung, 
  • Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs (Quelle: Pressemitteilung des BGH). 

Voraussichtlich noch vor der Entscheidung des BGH über diese Klage wird 

  • der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in der bei ihm anhängigen Rechtssache C-693/18 

entscheiden, ob Vorrichtungen, 

  • die bei Zulassungstests von Dieselkraftfahrzeugen einen verstärkenden Einfluss auf die Funktion des Emissionskontrollsystems dieser Fahrzeuge ausüben, 

eine unionsrechtlich verbotene „Abschalteinrichtung“ darstellen.

Die Generalanwältin beim EuGH Eleanor Sharpston hat diese Frage in ihren Schlussanträgen vom 30.04.2020 bereits bejaht und darauf hingewiesen, dass das Ziel von Kraftfahrzeugherstellern, 

  • den Verschleiß oder die Verschmutzung des Motors zu verzögern, 

den Einsatz einer solchen Vorrichtung nicht rechtfertigt.

Sollte der EuGH dieser Rechtsauffassung der Generalanwältin folgen, bedeutet das, dass das Argument der Autobauer, 

  • Abschalteinrichtungen (auch in Gestalt von sog. Thermofenstern) für den Motorschutz zu benötigen,

nicht (mehr) tragfähig wäre und bei allen Fahrzeugen, bei denen eine Abschalteinrichtung vorhanden ist, 

  • die den Motor in erster Linie vor Verschleiß bewahren und damit langlebiger machen soll, 

ein Sachmangel vorliegt, mit der Rechtsfolge, dass,

  • sofern diese Ansprüche noch nicht verjährt sind,

Ansprüche 

bestehen können (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 08.01.2019 – VIII ZR 225/17 – und Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19 –).

Hinweis:
Wer Ansprüche nach Sachmängelrecht gegen den Fahrzeugverkäufer oder/und Schadensersatzansprüche gegen den Fahrzeughersteller gerichtlich geltend machen möchte, sollte, 

  • um das Prozessrisiko zu minimieren

die Entscheidungen des EuGH und des BGH abwarten. 

  • Über das mögliche Vorgehen beraten wir Sie gern.

Dieselgate: Schlussanträge der EuGH-Generalanwältin zur Abschalteinrichtung bei Dieselmotoren

…. in der Rechtssache C-693/18.

Die Generalanwältin beim Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) Eleanor Sharpston hat in ihren Schlussanträgen vom 30.04.2020 in der Rechtssache C-693/18 darauf hingewiesen, dass eine Vorrichtung,

  • die bei Zulassungstests von Dieselkraftfahrzeugen einen verstärkenden Einfluss auf die Funktion des Emissionskontrollsystems dieser Fahrzeuge ausübt,

eine unionsrechtlich verbotene „Abschalteinrichtung“ darstellt und dass das Ziel,

  • den Verschleiß oder die Verschmutzung des Motors zu verzögern,

nicht den Einsatz einer solchen Vorrichtung rechtfertigt.

Danach ist die Ausnahme gemäß Art. 5 Abs. 2 a Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007, wonach

  • die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, dann nicht unzulässig sind,

wenn

  • die Einrichtung ist, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten,

eng auszulegen und umfasst nur den Schutz des Motors

  • vor dem Eintreten von unmittelbaren und plötzlichen Schäden und
  • nicht vor langfristigeren Auswirkungen wie Abnutzung (Verschleiß, Verschmutzung) oder Wertverlust (Quelle: Pressemitteilung des EuGH).

Hinweis:
Sollte der EuGH dieser Rechtsauffassung der Generalanwältin folgen, bedeutet das, dass das Argument der Autobauer,

  • Abschalteinrichtungen (auch in Gestalt von sog. Thermofenstern) für den Motorschutz zu benötigen,

nicht (mehr) ziehen würde und bei allen Fahrzeugen, bei denen eine Abschalteinrichtung vorhanden ist,

  • die den Motor in erster Linie vor Verschleiß bewahren und damit langlebiger machen soll,

ein Sachmangel vorliegen dürfte (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 08.01.2019 – VIII ZR 225/17 –).

OLG Düsseldorf entscheidet: Kfz-Werkstatt kann sich schadensersatzpflichtig machen, wenn sie ihre Kunden nicht auf

…. weiteren Reparaturbedarf hinweist.

Mit Urteil vom 17.10.2019 – I-21 U 43/18 – hat der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf in einem Fall, in dem eine Werkstatt

  • im Rahmen der Reparatur des SUVs eines Kunden

umfangreiche Arbeiten an dem Fahrzeugmotor durchgeführt,

  • dabei u.a. alle hydraulischen Ventilspielausgleichselemente und einen Kettenspanner erneuert,

aber den Zustand der

  • zu diesem Zeitpunkt bereits stark gelängten und austauschbedürftigen

Steuerketten nicht untersucht und deswegen der Motor

  • nach einigen hundert Kilometern

einen Totalschaden erlitten hatte, entschieden, dass,

  • weil es unterlassen worden war,
    • den Zustand der Steuerketten zu überprüfen und
    • dem Kunden einen Austausch zu empfehlen,

der Kunde von dem Betreiber bzw. Inhaber der Werkstatt,

  • wegen Verletzung der Prüfpflicht und unterlassener Aufklärung über den weiteren Reparaturbedarf bei seinem SUV,

ersetzt verlangen kann,

  • die entstandenen Kosten
    • für den Erwerb und Einbau eines Austauschmotors, abzüglich der Kosten, die ohnehin durch den Austausch der Steuerketten entstanden wären und
    • für das zur Aufklärung privat eingeholte Sachverständigengutachten

sowie

  • den Nutzungsausfall.

Danach muss eine Werkstatt auch auf Unzulänglichkeiten an den Teilen des Fahrzeugs achten,

  • mit denen sie sich im Zuge der durchgeführten Reparatur befasst und
  • deren Mängel danach nicht mehr ohne weiteres entdeckt und behoben werden können (Quelle: Pressemitteilung des OLG Düsseldorf).

Dieselgate: LG Nürnberg-Fürth entscheidet, dass die VW AG dem Käufer eines vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs

…. Schadensersatz leisten muss.

Mit Urteil vom 29.10.2019 – 9 O 2719/19 – hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Nürnberg-Fürth in einem Fall, in dem ein Käufer bei einem Händler zum Preis von 31.000 Euro einen VW Tiguan erworben hatte, der

  • von der VW AG mit einem von ihr hergestellten und mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen

Dieselmotor aus der Baureihe EA 189 ausgestattet war und der

  • nach der Übergabe des Fahrzeugs, weil ansonsten die Stilllegung angeordnet worden wäre,

zur Entfernung der installierten unzulässigen Abschalteinrichtung

  • auf Anordnung des Kraftfahrtbundesamt (KBA)

mittels eines Software-Updates technisch überarbeitet werden musste, entschieden, dass dem Fahrzeugkäufer gegen die VW AG, wegen des von dieser,

  • aufgrund des vorsätzlichen Verschweigens gegenüber Händler und Fahrzeugkäufer, dass in dem in den Verkehr gebrachten Fahrzeugmotor der Baureihe EA 189 eine unzulässigen Abschalteinrichtung installiert wurde,
  • als mittelbare Täterin (§ 25 Abs. 1 Fall 2 Strafgesetzbuch (StGB)) durch Unterlassen (§ 13 Abs. 1 StGB) und durch den Händler als vorsatzloses Werkzeug,

begangenen Betruges (§ 263 Abs. 1 StGB) ein Schadensersatzanspruch

  • aus § 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

zusteht.

Danach kann der Fahrzeugkäufer von der VW AG,

  • Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des VW Tiguan,

den Kaufpreis erstattet verlangen, allerdings unter Abzug der Gebrauchsvorteile,

  • die der Käufer erlangt hat, durch die (Weiter)Nutzung des Fahrzeugs
    • zwischen dem Zeitpunkt der Mitteilung der VW AG, dass das Fahrzeug von der Rückrufaktion betroffen ist sowie
    • dem Rückabwicklungsverlangen

und

  • die errechnet werden,
    • durch Multiplikation des Bruttokaufpreises mit den Kilometern, die zwischen dem Zeitpunkt der Mitteilung der VW AG, dass das Fahrzeug von der Rückrufaktion betroffen ist und dem Rückabwicklungsverlangen gefahren worden sind,
    • geteilt durch die beim Fahrzeugkauf zu erwartende restliche Kilometerlaufleistung des Fahrzeugs.

Dieselgate: OLG Karlsruhe entscheidet in weiteren Fällen, dass die VW AG die Käufer von vom Abgasskandal

…. betroffenen Fahrzeugen vorsätzlich sittenwidrig nach § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geschädigt hat und deswegen den Fahrzeugkäufern

  • den Kaufpreis, abzüglich einer Nutzungsentschädigung,
  • Zug um Zug gegen Übereignung des erworbenen Fahrzeuges

erstatten muss.

Mit weiteren fünf Urteilen vom 06.11.2019 – 13U 37/19, 13 U 12/19 – hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe entschieden, dass die VW AG durch das Inverkehrbringen von Fahrzeugen, die mit dem von ihr hergestellten

  • und mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen

Motor (EA 189) ausgestattet waren, die Fahrzeugkäufer in sittenwidriger Weise konkludent darüber getäuscht hat, dass die Verwendung der erworbenen Fahrzeuge im Straßenverkehr

  • uneingeschränkt

zulässig ist, obwohl die Fahrzeuge,

  • aufgrund der eingebauten unzulässige Abschalteinrichtung,

nicht über eine

  • dauerhaft ungefährdete

Betriebserlaubnis verfügten und dass infolge dieser vorsätzlichen Täuschung den Fahrzeugkäufern ein

  • im Abschluss des Kaufvertrages über das Fahrzeug liegender

Schaden entstanden ist (Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe).

Übrigens:
Der Auffassung, dass die Käufer der vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge von den Fahrzeugherstellern vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden und die Fahrzeughersteller deswegen nach § 826 BGB schadensersatzpflichtig sind, sind

ebenfalls,

Dieselgate: Erneut entscheiden zwei Oberlandesgerichte, dass die VW AG Käufern von vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugen

…. Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus §§ 826, 31 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) leisten muss.

Entschieden worden ist das nunmehr auch,

sowie

  • von dem 13. Zivilsenat des OLG Oldenburg mit Urteil vom 21.10.2019 – 13 U 73/19 – in einem Fall, in dem
    • der Kläger bei einem Händler zu einem Preis von 24.400 Euro einen gebrauchten VW Tiguan erworben hatte,
    • der von der VW AG mit einem von ihr hergestellten und mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Dieselmotor aus der Baureihe EA 189 ausgestattet worden war.

Die Kläger,

  • deren Fahrzeuge, wegen der installierten unzulässigen Abschalteinrichtung, auf Anordnung des Kraftfahrtbundesamt (KBA) mittels eines ein Software-Updates technisch überarbeitet werden mussten,
  • weil ansonsten die Stilllegung des Fahrzeugs angeordnet worden wäre,

können danach von der VW AG,

  • gegen Übereignung und Herausgabe des gekauften Fahrzeuges,

die Erstattung des Kaufpreises verlangen,

  • allerdings unter Abzug der von den Fahrzeugkäufern gezogenen Nutzungen, die ermittelt werden, indem
    • der Bruttokaufpreis durch die unter gewöhnlichen Umständen zu erwartende Gesamtkilometerlaufleistung des Fahrzeugs dividiert und
    • das Ergebnis dann mit der Anzahl der Kilometer, die der Käufer mit dem Fahrzeug zurückgelegt hat, multipliziert wird.

Übrigens:
Der Auffassung, dass die Käufer der vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge von den Fahrzeugherstellern vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden und die Fahrzeughersteller deswegen nach § 826 BGB schadensersatzpflichtig sind, sind ebenfalls,

Dieselgate: Dass die VW AG Käufern von vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugen Schadensersatz

…. wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus §§ 826, 31 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) leisten muss, ist jetzt auch entschieden worden, von

Sind Fahrzeuge mit einem

  • von der VW AG entwickelten und einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen

Dieselmotor ausgestattet, können danach Käufer solcher Fahrzeuge

  • – in den den beiden Entscheidungen zugrunde liegenden Fällen war es jeweils ein gebrauchter VW Tiguan mit einem Dieselmotor vom Typ EA 189 (EU 5) –

von der VW AG Schadensersatz in Form

  • der Erstattung des Kaufpreises
    • zuzüglich Zinsen,
    • aber unter Abzug einer Nutzungsentschädigung
  • gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeuges

verlangen.

Übrigens:
Der Auffassung, dass die Käufer der vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge von den Fahrzeugherstellern vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden und die Fahrzeughersteller deswegen nach § 826 BGB schadensersatzpflichtig sind, sind ebenfalls,

Dieselgate: Was Besitzer eines mit einem 3,0 Liter Motor EA897 oder EA896 (EU5-Norm) ausgerüsteten Audi

…. wissen sollten.

Der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe hat mit Beschlüssen vom 22.08.2019 – 17 U 257/18, 17 U 294/18 – in zwei Verfahren, in denen

  • ein Käufer eines gebrauchten Audi Q5 V6 3,0 I TDI, 176 kW sowie
  • ein Käufer eines gebrauchten Audi A 4 3,0 l TDI, 180 kW

von der

  • Volkswagen AG

Schadensersatz aus § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

  • wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung

in Höhe der bezahlten Kaufpreise verlangen, gegen Rückgabe ihrer

  • im Jahr 2011 bzw. 2013 erworbenen,
  • jeweils mit einem von der Audi AG hergestellten 3,0 Liter Motor mit der (streitigen) Bezeichnung EA897 oder EA896 (EU5-Norm) ausgerüsteten

Fahrzeuge, darauf hingewiesen, dass

  • wegen des Vorhandenseins von unzulässigen Abschalteinrichtungen in den Fahrzeugmotoren,
    • in Form einer Software, die den Rollenprüfstand erkennt und in einen optimierten Betriebsmodus schaltet, um so die Grenzwerte dort einzuhalten, der aber im Straßenverkehr nicht aktiv ist und
    • in Form eines sog. Thermofensters, das die Abgasrückführungsquote temperaturabhängig steuert,

eine Haftung der Volkswagen AG grundsätzlich in Betracht kommt, auch wenn

  • sie nicht Herstellerin des jeweiligen Fahrzeugs oder Motors ist sowie
  • ein verpflichtender Rückruf von mit diesen Motoren ausgestatteten Fahrzeugen durch das Kraftfahrbundesamt (KBA) nicht vorliegt

und deswegen die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Behauptung der Fahrzeugkäufer angeordnet, dass

  • der 3,0 l Motor (EU5-Norm) in den Fahrzeugen eine Software enthält, die den Rollenprüfstand erkennt und in einen optimierten Betriebsmodus schaltet, um so die Grenzwerte dort einzuhalten, der aber im Straßenverkehr nicht aktiv ist.

Denn,

  • die Tragweite der Entscheidung über den Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung in einem Motortyp, der in einer großen Zahl von Fahrzeugen verschiedener Marken des Konzerns verbaut wird,
  • die Ausnutzung des Vertrauens der Käufer in den Volkswagenkonzern und
  • den ordnungsgemäßen Ablauf des Genehmigungsverfahrens

sowie

  • die in Kauf genommenen erheblichen Folgen für die Käufer in Form der drohenden Stilllegung der erworbenen Fahrzeuge

könne zur Sittenwidrigkeit der Entscheidung der Volkswagen AG i.S.d. § 826 BGB führen.

Hingewiesen hat der Senat ferner darauf,

  • dass er davon ausgeht, dass die Motorsteuersoftware der Fahrzeuge eine Abschaltvorrichtung in Form eines sog. Thermofensters enthält, das die Abgasrückführungsquote temperaturabhängig steuert,

dass die Volkswagen AG darlegen und beweisen muss, dass

  • eine solche Einrichtung ausnahmsweise aus Gründen des Motorschutzes zulässig und dieser nicht anders sicherzustellen ist und
  • hierfür detailliert darzulegen ist, in welchen Temperaturbereichen die Abgasrückführung in welcher Weise angepasst wird (Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe).

Dieselgate: OLG Karlsruhe entscheidet, dass Käufer von vom Abgasskandal betroffener Fahrzeuge die Schadensersatzpflicht

…. des Motorherstellers feststellen lassen können und der Motorhersteller sich gegen den schlüssigen Klagevortrag zum subjektiven Tatbestand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung (§ 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)),

  • dass u.a. der damalige Vorstandsvorsitzende des Motorenherstellers frühzeitig Kenntnis von der in die Steuerung der Motoren integrierten unzulässigen Abschalteinrichtung sowie von dem Eintritt eines kausalen Schadens bei den Käufern hierdurch gehabt und sämtliche, die Sittenwidrigkeit des Verhaltens begründenden Umstände gekannt habe,

nicht lediglich damit verteidigen kann, dass nach dem aktuellen Ermittlungsstand keine Erkenntnisse dafür vorlägen, dass

  • Vorstandsmitglieder im aktien-rechtlichen Sinne an der Entwicklung der beanstandeten Software beteiligt waren oder
  • die Entwicklung oder Verwendung seinerzeit in Auftrag gegeben oder gebilligt hätten.

Mit Urteil vom 18.7.2019 – 17 U 160/18 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe in einem Fall, in dem ein Fahrzeugkäufer (im Folgenden: Kläger),

  • der von einem Fahrzeughändler einen Skoda Octavia Combi, 2,0 l TDI erworben hatte,
  • in dessen Dieselmotor des Typs EA 189 von der Motorherstellerin, der Volkswagen AG (im Folgenden: Beklagte), eine nach Ansicht des Kraftfahrtbundesamtes unzulässige Abschalteinrichtung zur Umgehung geltender Stickoxidnormen installiert worden war,

von der Beklagten die Schäden ersetzt haben möchte,

  • die er durch den Abschluss des Kaufvertrages über das somit nicht den gesetzlichen Vorschriften Fahrzeug erlitten hat,

entschieden, dass der von dem Kläger gestellte Klageantrag,

  • „festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Schadensersatz zu leisten für Schäden, die aus der Installation derjenigen Software in der Motorsteuerung des in dem Fahrzeug Skoda Octavia 2,0 TDI, FIN: … verbauten Motors EA 189 resultieren, bei der es sich nach Ansicht des Kraftfahrbundesamtes gemäß Bescheid vom … gegenüber der Beklagten um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt“,

zulässig und

  • wegen der sittenwidrigen und zu einem Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 826 BGB iVm § 31 BGB analog führenden unternehmerischen Strategieentscheidung der Beklagten,
    • einen mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten Motor in unterschiedliche Fahrzeugtypen eigener Konzernunternehmen einzubauen und
    • diese sodann mit einer erschlichenen Typgenehmigung in Verkehr zu bringen,

begründet ist.

Zur Zulässigkeit des Feststellungsantrags hat das OLG ausgeführt,

  • dass der Antrag durch die konkrete Bezeichnung des zum Ersatz verpflichtenden schädigenden Ereignisses den Anforderungen des § 253 Zivilprozessordnung (ZPO) genügt, da eine noch nähere Bezeichnung dem Kläger als technischem Laien weder möglich noch zumutbar ist,
  • dass der Kläger für diesen Feststellungsantrag auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse hat, weil ein Kläger seine Klage dann nicht in eine Leistungs- und in eine Feststellungsklage aufzuspalten muss, sondern in vollem Umfang Feststellung der Ersatzpflicht begehren kann, wenn – wie hier –
    • im Zeitpunkt der Klageerhebung ein Teil des Schadens schon entstanden,
    • allerdings die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist, sondern die Entstehung noch weiteren Schadens sehr wahrscheinlich ist, die der Kläger im Rahmen der nach § 249 Abs. 1 BGB geschuldeten Naturalrestitution ebenfalls von dem Beklagten grundsätzlich ersetzt verlangen kann,
      • wie künftig noch anfallende der Erhaltung oder Wiederherstellung dienende Aufwendungen (z.B. Kosten für nach Empfehlung des Herstellers durchzuführende Inspektionen; Kosten eines erforderlichen Ölwechsels; Kosten für erforderliche Reparaturen).

und

  • dass es auf die Frage, ob nach Erhebung der Klage sämtliche ersatzfähigen Vermögensschäden – auch im Hinblick auf eine zwischenzeitlich erfolgte Stilllegung des in Streit stehenden Fahrzeugs – entstanden und bezifferbar geworden sind, nicht ankommt, weil eine ursprünglich zulässige Feststellungsklage nicht dadurch unzulässig wird, dass im Verlaufe des Rechtsstreits die Voraussetzungen für den Übergang zu einer Leistungsklage eintreten.

Übrigens:
Hingewiesen hat das OLG in den Entscheidungsgründen ferner ausdrücklich darauf, dass, wenn sich eine beklagte Motorenherstellerin gegen schlüssigen Klägervortrag zum subjektiven Tatbestand des § 826 BGB, nämlich,

  • dass (u.a.) der damalige Vorstandsvorsitzende der Beklagten, … , frühzeitig Kenntnis von der in die Steuerung der Motoren integrierten unzulässigen Abschalteinrichtung sowie von dem Eintritt eines kausalen Schadens bei den Käufern hierdurch gehabt und sämtliche, die Sittenwidrigkeit des Verhaltens begründenden Umstände gekannt habe,

lediglich damit verteidigt, dass

  • „nach dem aktuellen Ermittlungsstand keine Erkenntnisse dafür vorlägen, dass Vorstandsmitglieder im aktien-rechtlichen Sinne an der Entwicklung der Software beteiligt waren oder die Entwicklung oder Verwendung der Software … seinerzeit in Auftrag gegeben oder gebilligt hätten“,

darin ein unzulässiges Bestreiten mit Nichtwissen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO liegt, was dazu führt, dass

  • der klägerische Sachvortrag gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt

und es dann demzufolge

  • weder auf die im Ergebnis allerdings zu bejahende Frage, ob die Beklagte einer sekundären Darlegungslast nachzukommen hat,
  • noch auf die zu verneinende Frage ankommt, ob dieser genügt worden ist.

Dieselgate: OLG Karlsruhe stellt fest, dass Käufer von vom Abgasskandal betroffener Fahrzeuge

…. von dem Motorhersteller Schadensersatz verlangen können.

Mit Urteil vom 18.07.2019 – 17 U 160/18 – hat der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe in einem Fall, in dem ein Käufer von einem Fahrzeughändler einen Skoda Octavia Combi, 2,0 l TDI erworben hatte,

  • in den ein von der Volkswagen AG (VW AG) hergestellter und
  • mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehener Dieselmotor eingebaut war,

festgestellt, dass die VW AG,

  • wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß §§ 826, 31 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),

verpflichtet ist, dem Fahrzeugkäufer den Schaden zu ersetzen,

  • der dem Fahrzeugkäufer durch den Abschluss des Kaufvertrages entstanden ist.

Das Verhalten der VW AG ist danach wegen

  • der Tragweite der Entscheidung in einem Motortyp, der in einer außergewöhnlich hohen Zahl von Fahrzeugen verschiedener Marken des Konzerns verbaut wird, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu installieren,
  • der Ausnutzung des Vertrauens der Käufer in den Volkswagenkonzern und den ordnungsgemäßen Ablauf des Genehmigungsverfahrens sowie
  • der in Kauf genommenen erheblichen Folgen für die Käufer in Form der drohenden Stilllegung der erworbenen Fahrzeuge

als sittenwidrig zu beurteilen.

Auch hat der Senat, wie er weiter ausführte, seiner Entscheidung die Behauptung des Fahrzeugkäufers,

  • die Leitungsebene der VW AG habe zum Zwecke der Kostensenkung und Gewinnmaximierung die Strategieentscheidung getroffen, die EG-Typengenehmigung für alle mit der Motorsteuerungssoftware ausgestatteten Kfz ihrer Konzerngesellschaften von den dafür zuständigen Erteilungsbehörden zu erschleichen,

trotz des einschränkenden Bestreitens seitens der VW AG,

  • dass nach dem aktuellen Ermittlungsstand der nicht näher erläuterten internen Ermittlungen keine Erkenntnisse über eine Beteiligung oder Kenntnis von Vorstandsmitgliedern vorlägen,

zugrunde gelegt, da

  • angesichts der mittlerweile vergangenen Zeit seit Bekanntwerden des Abgasskandals,

ein derart eingeschränktes Bestreiten prozessual nicht zulässig ist (Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 18.07.2019)