Tag Pflegeeltern

OLG Düsseldorf entscheidet, wann nach Entziehung der elterlichen Sorge bei der Auswahl, wer Vormund des Kindes

…. werden soll, Pflegeeltern Vorrang vor Verwandten haben.

Mit Beschluss vom 20.11.2018 – I-8 UF 187/17 – hat der 8. Familiensenat für Familiensachen des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf darauf hingewiesen, dass, wenn Eltern oder einem zuvor allein sorgeberechtigten Elternteil,

  • zur Abwehr einer Kindeswohlgefährdung nach §§ 1666, 1666a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),

die elterliche Sorge entzogen wird, bei der Auswahl des Vormunds

  • nach § 1779 BGB durch das Familiengericht,

ein Verwandter,

  • der die Vormundschaft und Betreuung des Kindes übernehmen möchte,

nur dann vorrangig berücksichtigt werden muss, sofern nicht

  • im Einzelfall

konkrete Erkenntnisse darüber bestehen, dass dem Wohl des Kindes

  • mit der Auswahl eines anderen Vormundes bzw.
  • einer außerfamiliären Fremdunterbringung

besser gedient ist.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall, in dem einer zuvor alleinsorgeberechtigten Mutter,

  • wegen starker Vernachlässigung ihrer zwei und zehn Jahre alten Kinder,

die elterliche Sorge entzogen und von der Familie gewünscht worden war, dass die Kinder,

  • deren Vater unbekannt ist,

bei den beiden Schwestern der Mutter,

  • die bereit waren die Vormundschaft zu übernehmen,

aufwachsen sollen, hat der Familiensenat diesem Wunsch der Familie nicht entsprochen, sondern entschieden,

  • das Jugendamt zum Vormund der Kinder zu bestellen,

um deren Unterbringung bei Pflegeeltern zu ermöglichen.

Die Unterbringung der Kinder in einer qualifizierten Erziehungsstelle,

  • also bei „Profi-Pflegeeltern“, die erhebliche Erfahrungen in der Versorgung und Betreuung erhöht förderbedürftiger Kinder mitbringen,

erachtete der Familiensenat u.a. deswegen für kindeswohldienlicher als deren Unterbringung bei den Tanten, weil

  • wegen der starken Vernachlässigung der Kinder durch die Kindesmutter bereits im Säuglingsalter,

das hohe Risiko bestand, dass

  • sich bei den Kinder Verhaltensstörungen ausbilden und
  • sie sich nicht altersbedingt entwickeln

und die Tanten der Kinder

  • sich bisher nicht um die Kinder gekümmert,
  • keine Beziehung zu ihnen aufgebaut hatten sowie
  • dazu, den erhöhten Förderbedarf der Kinder, den diese benötigten sowie deren Bedürfnis nach emotionaler Sicherheit, einem sicheren Lebensort und stabilen Lebensverhältnissen in gleicher Weise wie eine qualifizierte Erziehungsstelle zu erfassen und abzudecken, nicht in der Lage waren.

Was Pflegeeltern wissen sollten, wenn das Kind aus der Pflegefamilie herausgenommen werden soll

Lebt ein Kind seit längerer Zeit in Familienpflege und wollen die Eltern (oder ein Vormund oder ein Pfleger des Kindes) das Kind von der Pflegeperson wegnehmen, so kann das Familiengericht nach § 1632 Abs. 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) von Amts wegen oder auf Antrag der Pflegeperson anordnen,

  • dass das Kind bei der Pflegeperson verbleibt,
  • wenn und solange das Kindeswohl durch die Wegnahme gefährdet würde.

Eine Rückführung des Pflegekindes nach dieser Vorschrift,

  • die keinen Herausgabeanspruch enthält, sondern eine Einwendung gegen den das in § 1632 Abs. 1 BGB geregelte Herausgabeverlangen darstellt und
  • die als verfahrensrechtliche Sonderregelung und zugleich milderes Mittel zu § 1666 BGB eine Entziehung oder Einschränkung des Sorgerechts entbehrlich machen soll, falls die sorgeberechtigten Eltern das Kind gemäß § 1632 Abs. 1 BGB unter Gefährdung des Kindeswohls von den Pflegeeltern herausverlangen,

können die Pflegeeltern allerdings nur dann beanspruchen, wenn

  • die Beendigung des Aufenthalts des Kindes bei ihnen
  • in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Einleitung des Verfahrens nach § 1632 Abs. 4 BGB auf Anordnung des Verbleibs steht.

Mit dieser Norm will das Gesetz nämlich das Kind vor einer Herausnahme aus einer Pflegefamilie zur Unzeit schützen.

  • Ein zwischen Kind und Pflegeeltern seit längerer Zeit bestehendes Familienpflegeverhältnis soll nicht zum Schaden des Kindes zerstört werden.
  • Ist hingegen die Herausnahme des Kindes aus dem Haushalt der Pflegefamilie in dem Sinne abgeschlossen, dass der Lebensmittelpunkt des Kindes nunmehr an anderer Stelle eingerichtet ist, lässt sich die Herausnahme zur Unzeit nicht mehr durch Maßnahmen nach § 1632 Abs. 4 BGB abwenden.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 16.11.2016 – XII ZB 328/15 – hingewiesen.