Tag Presserecht

Günther Jauch erreicht Gegendarstellung vor Gericht

Eine von Günter Jauch verklagte Wochenzeitschrift, die auf dem Titelblatt neben einem Bild des Moderators und seiner Ehefrau die Schlagzeile „Günther Jauch Schock-Geständnis Steckt seine Ehe in der Krise?“, muss auf der Titelseite folgende Gegendarstellung von Günter Jauch abdrucken: „Ich habe im Zusammenhang mit meiner Ehe nichts gestanden.“

Dass Günther Jauch Anspruch auf diese Gegendarstellung hat, hat der unter anderem für Presserecht zuständige 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe mit Urteil vom 09.09.2015 – 6 U 110/15 – entschieden.

Begründet hat der Senat seine Entscheidung damit, dass

  • nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Pressegesetz Baden-Württemberg der verantwortliche Redakteur und der Verleger eines periodischen Druckwerks verpflichtet sind, eine Gegendarstellung der Person zum Abdruck zu bringen, die durch eine in dem Druckwerk aufgestellte Tatsachenbehauptung betroffen ist und
  • die Schlagzeile der Wochenzeitschrift die Tatsachenbehauptung enthalten hat, Günther Jauch habe im Hinblick auf seine Ehe etwas gestanden.

 

Der Inhalt der Gegendarstellung sei, wie der Senat weiter ausgeführt hat, auch deshalb nicht offenbar unrichtig, weil der Moderator im Rahmen einer Fernsehsendung gegenüber einem Kandidaten auf dessen Äußerung zu dessen Ehe hin gesagt hatte, dass er, wenn es in der Ehe „bröckele“, dann noch einmal heiraten würde. Denn der Moderator habe sich damit nicht über den Zustand seiner eigenen Ehe geäußert.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Karlsruhe mitgeteilt.

 

Bildberichterstattung über das Mieterfest einer Wohnungsbaugenossenschaft in deren an ihre Mieter gerichteten Informationsbroschüre – Ist sie (auch) ohne Einwilligung der Abgebildeten zulässig?

In dem vom VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 08.04.2014 – VI ZR 197/13 – entschiedenen Fall verlangten die Klägerinnen, Großmutter, Tochter und Enkelin, von der Beklagten, einer Wohnungsbaugenossenschaft, Zahlung einer Geldentschädigung und von Abmahnkosten wegen einer ohne ihre Einwilligung erfolgten Veröffentlichung und Verbreitung eines Fotos, das die Klägerinnen gemeinsam auf einem von der Beklagten veranstalteten Mieterfest zeigt.
Das beanstandete Foto war, neben anderen, bei dem jährlich stattfindenden Mieterfest der Beklagten gefertigt worden. Auf ihm waren im Vordergrund die Klägerinnen zu 1 und 2 zu sehen, wie sie die Klägerin zu 3, ein Kleinkind, füttern.
Dieses Foto hatte die Beklagte in ihrer Broschüre „Informationen der Genossenschaft“, Ausgabe 2010, neben weiteren neun Fotos, veröffentlicht, auf denen Teilnehmer des Mieterfestes, einzeln und in Gruppen, zu sehen sind. Die Broschüre war in einer Auflage von 2.800 Stück hergestellt und an Genossenschaftsmieter verteilt worden.

Nach der Entscheidung des VI. Zivilsenats des BGH haben die Klägerinnen gegen die Beklagte hier bereits deshalb keinen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1, Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i. V. m. §§ 22, 23 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bilden Künste und der Photographie (KUG), Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) auf Unterlassung der Veröffentlichung des beanstandeten Bildnisses, weil dieses Bild dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen ist (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) und berechtigte Interessen der Abgebildeten nicht verletzt wurden (§ 23 Abs. 2 KUG).

Die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen ist nach der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen (vgl. grundlegend BGH, Urteile vom 06.03.2007 – VI ZR 51/06 –; vom 18.10.2011 – VI ZR 5/10 –; vom 22.11.2011 – VI ZR 26/11 –; vom 18.09.2012 – VI ZR 291/10 – und vom 28.05.2013 – VI ZR 125/12 –), das sowohl mit verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 26.02.2008 – 1 BvR 1602/07, 1 BvR 1606/07, 1 BvR 1626/07 –) als auch mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Einklang steht (vgl. EGMR, Urteile vom 24.06.2004 – 59320/00 – sowie vom 07.02.2012 – 40660/08, 60641/08 – und – 39954/08 –).

  • Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG).
  • Hiervon besteht allerdings gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt.
  • Diese Ausnahme gilt aber nicht für die Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).

Nach diesen Grundsätzen war die von den Klägerinnen angegriffene Veröffentlichung der beanstandeten Bildberichterstattung auch ohne ihre Einwilligung zulässig.

Bei dem beanstandeten Foto der Klägerinnen handelte es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte.
Schon die Beurteilung, ob Abbildungen Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG sind, erfordert eine Abwägung zwischen den Rechten der Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) einerseits und den Rechten der Medien aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK andererseits (vgl. etwa BGH, Urteil vom 28.05.2013 – VI ZR 125/12 –).

Der für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, maßgebende Begriff des Zeitgeschehens umfasst alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse.
Dazu können auch Veranstaltungen von nur regionaler oder lokaler Bedeutung gehören (vgl. zu Sportveranstaltungen BGH, Urteil vom 28.05.2013 – VI ZR 125/12 –).

Ein Informationsinteresse besteht allerdings nicht schrankenlos,

  • vielmehr ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen und
  • es bedarf gerade bei unterhaltenden Inhalten im besonderen Maß einer abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen (vgl. BGH, Urteile vom 01. 07.2008 – VI ZR 67/08 –; vom 13.04.2010 – VI ZR 125/08 – und vom 28.05.2013 – VI ZR 125/12 –).
  • Der Informationsgehalt einer Bildberichterstattung ist im Gesamtkontext, in den das Personenbildnis gestellt ist, zu ermitteln.

Die Bildberichterstattung in der Informationsbroschüre der Beklagten befasste sich mit dem – jährlich stattfindenden – Mieterfest der beklagten Wohnungsbaugenossenschaft im August 2010 und zeigte repräsentativ auf insgesamt zehn Bildern Teilnehmer, sowohl in Gruppen, als auch einzeln.
Die Bilder fingen Szenen des Mieterfestes ein, die ein harmonisches Zusammensein von Jung und Alt in fröhlicher und entspannter Atmosphäre zeigten.
Die Bildberichterstattung vermittelte den Eindruck, dass Mitbewohner aller Altersgruppen das Fest genossen haben und zwischen ihnen gute nachbarschaftliche Beziehungen bestehen. In diesen Zusammenhang passte gerade das Bild der Klägerinnen, welches drei Generationen vereint.
Zwar gab es – außer dem Hinweis auf das Mieterfest und der Ankündigung der entsprechenden Veranstaltung im Folgejahr – keine begleitende Textberichterstattung, doch bereits durch die Auswahl der gezeigten Fotos wurde dem Leser ein Eindruck über dessen Verlauf vermittelt.
Das Mieterfest ist ein Ereignis von lokaler gesellschaftlicher Bedeutung.
Die Informationsbroschüre der Beklagten, in der über das Fest berichtet wurde, war an ihre Mieter gerichtet, also an den (beschränkten) Personenkreis, der üblicherweise an dem Fest teilnahm und entsprechend der Ankündigung eingeladen war, im Folgejahr teilzunehmen.
Das Recht, über solche zeitgeschichtlichen Ereignisse aus dem gesellschaftlichen Bereich zu berichten, steht grundsätzlich auch der Beklagten zu, wenn sie eine Informationsbroschüre herausgibt; denn auch eine solche Broschüre gehört zu den Medien.

Die Beklagte kann sich unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG auf ein schützenswertes Interesse berufen, ihre Genossenschaftsmieter im Bild über den Ablauf und die Atmosphäre der Veranstaltung zu informieren.
Die Bildberichterstattung der Beklagten über das Mieterfest in ihrer Informationsbroschüre an ihre Mieter erfüllt eine wichtige Funktion, denn ein solches Fest pflegt und schafft gute nachbarschaftliche Beziehungen. Die Berichterstattung vermittelt den Eindruck, dass die Mitbewohner sich in der Wohnungsbaugenossenschaft wohlfühlen und es sich lohnt, dort Mitglied bzw. Mieter zu sein.

Die Beeinträchtigung der Rechte der Klägerinnen durch das – ohne Namensnennung – veröffentlichte Foto ist dagegen gering.
Es handelte sich um ein für alle Mieter und Mitbewohner zugängliches Fest, über welches die Beklagte schon in den Vorjahren in ihrer Mieterbroschüre in Bildern berichtet hatte. Insofern war zu erwarten, dass in entsprechender Weise auch über das Mieterfest 2010 berichtet werden würde.
Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass das Foto heimlich angefertigt wurde, auch wenn die Klägerinnen die Anfertigung der konkreten Aufnahmen möglicherweise nicht bemerkt haben.
Die Informationsbroschüre der Beklagten wurde schließlich nur an ihre Mieter verteilt, mithin an einen begrenzten Adressatenkreis, aus dem die Teilnehmer des Mieterfestes stammten.
Auch war nichts dafür ersichtlich, dass die Veröffentlichung des Bildes die kindgerechte Entwicklung der Klägerin zu 3 beeinträchtigen könnte.

Der Verbreitung des beanstandeten Bildnisses standen auch keine besonderen schützenswerten Interessen der Klägerinnen entgegen (§ 23 Abs. 2 KUG). Das Bild war in keiner Weise unvorteilhaft oder ehrverletzend.

War mithin die von den Klägerinnen angegriffene Veröffentlichung der beanstandeten Bildberichterstattung auch ohne ihre Einwilligung zulässig, besteht weder ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten noch ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. 

 

Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung eines Kindes durch Bekanntgabe des zwischen ihm und einem bekannten Fernsehmoderator bestehenden Kindschaftsverhältnisses?

Durch die Bekanntgabe seines Vornamens, seines Alters und des zwischen ihm und einem bekannten Fernsehmoderator bestehenden Kindschaftsverhältnisses wird das Kind in seinem in Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG), Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gewährleisteten allgemeinen Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt.
Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist allerdings nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt.
Geht der Streit darum, ob in der Presse das Kindschaftsverhältnis zwischen einem Kind und einem bekannten Fernsehmoderator bekannt gegeben werden darf ist das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Kindes am Schutz seiner Persönlichkeit mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit abzuwägen.

Darauf hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 29.04.2014 – VI ZR 137/13 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall nahm die im Zeitpunkt der Berichterstattung 14 Jahre alte Tochter des Fernsehmoderators Günther J. die Beklagte auf Unterlassung der Bekanntgabe des zu Günther J. bestehenden Kindschaftsverhältnisses in Anspruch.
Im Jahr 2000 wurde die Klägerin von Günther J. und seiner Ehefrau Thea S.-J. als Kind angenommen. Die Klägerin trägt den Familiennamen S. Über das Kindschaftsverhältnis zwischen der Klägerin und Günther J. wurde bis in das Jahr 2009 in verschiedenen Presseveröffentlichungen unter Angabe des Vornamens der Klägerin, ihres Alters und des Namens ihrer Eltern berichtet.
In der Ausgabe der Zeitschrift „Frau im Spiegel“ vom 08.07.2011 veröffentlichte die Beklagte unter der Überschrift „Gefragt wie ein Popstar“ einen Bericht über einen Auftritt von Günther J. im Rahmen des sogenannten „Zeitcampus“ in der Frankfurter Goethe-Universität.
Darin hieß es unter voller Namensnennung u.a.:
„Zurückhaltender ist er, was sein Privatleben angeht. Er ist mit Diplompädagogin Thea S., 50, verheiratet. Das Paar hat vier Kinder, die leiblichen Töchter Svenja, 22, und Kristin, 18, dazu die Adoptivtöchter Katja, 14, und Mascha, 21.“

Der VI. Zivilsenat des BGH hat die Klage der Tochter von Günther J. abgewiesen.

Der Klägerin steht danach gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) iVm § 823 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG auf Unterlassung der Bekanntgabe des zwischen ihr und Günther J. bestehenden Kindschaftsverhältnisses zu.

Allerdings wird – wie der VI. Zivilsenat des BGH ausgeführt hat – die Klägerin durch die Bekanntgabe ihres Vornamens, ihres Alters und des zwischen ihr und Günther J. bestehenden Kindschaftsverhältnisses in ihrem in Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisteten allgemeinen Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt.
Betroffenes Schutzgut ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das über den Schutz der Privatsphäre des Einzelnen hinausgeht und ihm die Befugnis gibt, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. Es umfasst die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, ob, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (vgl. BGH, Urteile vom 05.11.2013 – VI ZR 304/12 – und vom 23.06.2009 – VI ZR 196/08 –). Allerdings gewährt es dem Einzelnen kein unbeschränktes dingliches Herrschaftsrecht über bestimmte Informationen, sondern findet seine Grenze in den Rechten Dritter – beispielsweise auf Meinungs- und Medienfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK.

Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin ist vorliegend aber nicht rechtswidrig. Das Interesse der Klägerin am Schutz ihrer Persönlichkeit überwiegt das von der Beklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit nicht.
Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind.
Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. BGH, Urteile vom 17.12.2013 – VI ZR 211/12 – und vom 05.11.2013 – VI ZR 304/12 –).

Im Streitfall ist das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse der Klägerin am Schutz ihrer Persönlichkeit mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit abzuwägen.

Dabei war zu Gunsten der Klägerin in die Abwägung einzustellen, dass sie im Zeitpunkt der Veröffentlichung erst 12 Jahre alt war. Kinder bedürfen eines besonderen Schutzes, weil sie sich erst zu eigenverantwortlichen Personen entwickeln müssen. Ihre Persönlichkeitsentfaltung kann durch die Berichterstattung empfindlicher gestört werden als die von Erwachsenen. Dabei kann eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts eines Kindes nicht nur dann vorliegen, wenn das Kind die persönlichkeitserheblichen Einwirkungen Dritter bemerkt. Eine Beeinträchtigung ist vielmehr schon dann gegeben, wenn Dritte persönlichkeitsbezogene Informationen verbreiten und dies dazu führen kann, dass dem Kind in Zukunft nicht unbefangen begegnet wird oder es sich speziellen Verhaltenserwartungen ausgesetzt sieht (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2013 – VI ZR 304/12 –).

Zu Gunsten der Beklagten fällt dagegen ausschlaggebend ins Gewicht, dass die in der angegriffenen Berichterstattung mitgeteilten Informationen über die Klägerin bereits vor der Veröffentlichung einer breiten Öffentlichkeit bekannt waren und die Sicht auf die Klägerin prägten. In den Jahren 2000, 2001 und 2006 bis 2009 waren nämlich jedenfalls elf Presseberichte in unterschiedlichen – jeweils auflagenstarken und breite Bevölkerungsschichten erreichenden – Medien erschienen, in denen im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über den prominenten Vater der Klägerin ihr Vorname, Alter und das zwischen ihr und Günther J. bestehende Kindschaftsverhältnis mitgeteilt wurden und damit bereits vor der streitgegenständlichen Veröffentlichung einer großen Zahl von Personen bekannt geworden waren, die sie ihrerseits weitergeben konnten.
Die Klägerin hatte dadurch ihre Anonymität vor der angegriffenen Berichterstattung verloren; angesichts der Kürze der zwischen den letzten Vorveröffentlichungen und der angegriffenen Berichterstattung liegenden Zeit hatte sie ihre Anonymität noch nicht wieder erlangt.
Die angegriffene Berichterstattung fügte dem nichts Neues hinzu und hatte damit keinen eigenständigen Verletzungsgehalt.

Auch ist die Veröffentlichung der bereits bekannten Informationen nicht deshalb rechtswidrig, weil ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht bestehe und Veröffentlichungen über die persönlichen Verhältnisse des Vaters der Klägerin erfolgen könnten, ohne dass der Vorname und das Alter der Klägerin mitgeteilt würden.
Zwar wertet die Veröffentlichung der persönlichen Daten der Klägerin den Artikel über den Auftritt von Günther J. beim Campus-Talk an der Goethe-Universität nur in seinem Unterhaltungswert auf und macht ihn anschaulicher.
Es gehört aber zum Kern der Meinungs- und Medienfreiheit, dass die Medien im Grundsatz nach ihren eigenen publizistischen Kriterien entscheiden können, was sie des öffentlichen Interesses wert halten und was nicht. Dabei können auch unterhaltende Beiträge, etwa über prominente Personen oder über ihren sozialen Kontext, am Schutz der Meinungsfreiheit teilnehmen (vgl. BGH, Urteile vom 22.11.2011 – VI ZR 26/11 –; vom 10.03.2009 – VI ZR 261/07 –; vom 28.10.2008 – VI ZR 307/07 – und vom 14.10.2008 – VI ZR 256/06 –).
Denn die Meinungsfreiheit ist nicht nur unter dem Vorbehalt des öffentlichen Interesses geschützt, sondern garantiert primär die Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen. Bereits hieraus bezieht das Grundrecht sein in eine Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht einzustellendes Gewicht, das durch ein mögliches öffentliches Informationsinteresse lediglich weiter erhöht werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 25.10.2011 – VI ZR 332/09 –). 

 

Presse- und Wettbewerbsrecht – Zur Kennzeichnung eines von einem Unternehmen bezahlten redaktionellen Beitrags.

Ein Presseunternehmen muss einen von einem Unternehmen bezahlten redaktionellen Beitrag in einer Zeitung deutlich mit dem Begriff „Anzeige“ kennzeichnen.

Das hat der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 08.02.2014 – I ZR 2/11 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall war die Klägerin Herausgeberin eines Wochenblattes, die Beklagte Verlegerin eines kostenlosen Anzeigenblatts in einer Stadt in Baden Württemberg.

Die Beklagte veröffentlichte in der Ausgabe Juni 2009 zwei Beiträge, für die sie von Sponsoren ein Entgelt erhalten hatte. Das hatte die Beklagte mit dem Hinweis „sponsored by“ und der graphisch hervorgehobenen Angabe des werbenden Unternehmens kenntlich gemacht.

Die Klägerin ist der Auffassung, dieses Verhalten verstoße gegen § 4 Nr. 11 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Verbindung mit § 10 Landespressegesetz Baden-Württemberg (LPresseG BW), weil die Veröffentlichungen nicht hinreichend als Anzeige gekennzeichnet seien. Sie hat die Beklagte deshalb auf Unterlassung in Anspruch genommen. Das Landgericht (LG) hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung ist ohne Erfolg geblieben.

Der BGH hat mit Beschluss vom 19.07.2012 – I ZR 2/11 – dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Frage vorgelegt, ob die Vorschrift des § 10 LPresseG BW, die neben dem Verbraucherschutz auch dem Schutz der Unabhängigkeit der Presse dient und zum Teil strengere Anforderungen an die Kenntlichmachung redaktioneller Werbung stellt als die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, im Einklang mit dieser Richtlinie steht.

Der EuGH hat mit Urteil vom 17.10.2013 – C­391/12 – hierzu entschieden, dass für die vorliegende Fallkonstellation der Anwendungsbereich der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken nicht eröffnet ist. Der BGH hat daraufhin die Revision der Beklagten zurückgewiesen und damit das von den Vorinstanzen ausgesprochene Verbot bestätigt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte die Beklagte für die Veröffentlichung der beiden redaktionell aufgemachten Beiträge ein Entgelt erhalten.

§ 10 LPresseG BW erfordert nicht, dass das Entgelt für einen bestimmten Inhalt der Veröffentlichung oder für einen im Vorhinein festgelegten Artikel bezahlt wurde.Es kommt nur darauf an, dass der Verleger eines periodischen Druckwerks für eine Veröffentlichung ein Entgelt erhalten hat. Das strikte Gebot der Kenntlichmachung von Anzeigen wird verletzt, wenn der präzise Begriff der „Anzeige“ vermieden und stattdessen ein unscharfer Begriff gewählt wird.

Die Kennzeichnung der Beiträge mit den Wörtern „sponsored by“ reichte daher zur Verdeutlichung des Anzeigencharakters der Veröffentlichungen nicht aus.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 06.02.2014 – Nr. 23/2014 – mitgeteilt.

§ 10 LPresseG BW lautet:

Hat der Verleger eines periodischen Druckwerks oder der Verantwortliche (§ 8 Abs. 2 Satz 4) für eine Veröffentlichung ein Entgelt erhalten, gefordert oder sich versprechen lassen, so hat er diese Veröffentlichung, soweit sie nicht schon durch Anordnung und Gestaltung allgemein als Anzeige zu erkennen ist, deutlich mit dem Wort „Anzeige“ zu bezeichnen.

Ihre Rechtsanwälte und Ansprechpartner für Presserecht und Wettbewerbsrecht sind Nino Herding und Ingo-Julian Rösch.

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Strafrecht – Einem einer Ordnungswidrigkeit oder Straftat Verdächtigen ist bei Beginn der ersten Maßnahme, die der Identitätsfeststellung dient, zu eröffnen, welcher Ordnungswidrigkeit oder Straftat er verdächtig ist.

Nach § 163a Abs. 4 Satz 1 StPO (Strafprozessordnung) ist einem Beschuldigten bei der ersten Vernehmung durch Beamte des Polizeidienstes zu eröffnen, welche Tat ihm zur Last gelegt wird.
Diese Vorschrift gilt entsprechend (§ 163 b Abs. 1 Satz 1 HS 2 StPO) im Fall des § 163b Abs. 1 Satz 1 HS 1 StPO. Danach können Beamte des Polizeidienstes die zur Feststellung der Identität einer Person, die der Begehung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit (§ 46 Abs. 1 OWiG ) verdächtig ist, erforderlichen Maßnahmen treffen. Nach § 163b Abs. 1 Satz 2 StPO darf der Verdächtige hierzu auch festgehalten werden, wenn die Identität sonst nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann.

Aus der von § 163b Abs. 1 Satz 1 HS 2 StPO angeordneten entsprechenden Geltung des § 163a Abs. 4 Satz 1 StPO folgt, wie das Oberlandesgericht (OLG) Hamm mit Beschluss vom 10.05.2012 – III-3 RVs 33/12 – entschieden hat, dass, wenn Polizeibeamte beabsichtigen, bei jemand die Personalien festzustellen, um gegen ihn ein Bußgeld- oder Strafverfahren durchführen zu können, sie ihm, bei Beginn der ersten Maßnahme, die der Identitätsfeststellung dient, eröffnen müssen, welcher Ordnungswidrigkeit oder Straftat er verdächtig ist.
Diese Belehrungspflicht stellt eine wesentliche Förmlichkeit dar, deren Nichtbeachtung die Diensthandlung zur Identitätsfeststellung, gegen die sich der von ihr Betroffene zur Wehr setzt, nach § 113 Abs. 3 Satz 1 StGB (Strafgesetzbuch) unrechtmäßig macht, so dass eine Bestrafung wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte nicht in Betracht kommt.
Ausnahmsweise abgesehen werden darf von der Belehrung nur dann, wenn der Grund für die Personalienfeststellung für den Betroffenen offensichtlich ist oder die Belehrung den Vollstreckungszweck gefährdet.

 

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