Tag Schmerzensgeld

Saarländisches OLG entscheidet: Gemeinde haftet, wenn Geländer auf Wanderweg morsch ist und Wanderer deswegen abstürzt

Weil ihr Ehemann auf einem Wanderweg an einer Steilkante,

  • wegen eines von der Gemeinde aus Baumstämmen und Ästen errichtetes Geländers, das morsch, konstruktiv fehlerhaft und deswegen nicht standsicher war,

8 bis 10 Meter kopfüber in die Tiefe gestürzt war und dabei tödliche Verletzungen erlitten hatte, ist die Gemeinde

  • vom 4. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts (OLG) im Verfahren 4 U 19/17

verurteilt worden, der Witwe

  • ein Schmerzensgeld von 3.000 EUR zu zahlen und
  • ihr die materiellen Schäden, vor allem die Beerdigungskosten sowie den bisher geltend gemachten Teil des Unterhaltsschadens, in Höhe von insgesamt rund 53.000 € zu ersetzen.

Der Senat sah darin, dass das fehlerhafte Geländer nicht instandgesetzt und die Gefahrenstelle auch nicht anderweitig gesichert war, eine für den Absturz ursächliche Verletzung der Verkehrssicherungspflicht (Quelle: Pressemitteilung des Saarländischen OLG vom 30.11.2017).

Wer beim Einsteigen in eine S-Bahn mit dem Fuß in den Spalt zwischen Bahnsteig und Zug gerät und sich dabei verletzt

…. hat jedenfalls dann keinen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wenn

  • er regelmäßig die S-Bahn nutzt,
  • mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut und
  • der Spalt zwischen Zug und S-Bahn lediglich ca. 14 cm breit ist.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 25.04.2017 – 173 C 27106/16 – entschieden.

Danach soll in einem solchen Fall das Mitverschulden des Fahrgastes derart überwiegen, dass die Betriebsgefahr auf Seiten der Deutschen Bahn demgegenüber gänzlich zurücktritt.

Begründet hat das AG dies damit, dass ein Spalt von lediglich 14 cm Breite von Fahrgästen,

  • zumal dann, wenn ihnen, als regelmäßige S-Bahn-Nutzer, dessen Existenz bekannt sein muss,

bereits bei Beachtung geringer Sorgfaltsanforderungen mühelos überwunden werden kann (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 17.11.2017).

Tätowiererin muss einer Kundin das gezahlte Entgelt zurück-, sowie 1.000 Euro Schmerzensgeld zahlen

…. und sämtliche Folgeschäden aus einer misslungenen Tätowierung ersetzen.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 13.04.2017 – 132 C 17280/16 – in einem Fall entschieden, in dem eine Frau sich bei einer Tätowiererin,

  • die damit warb mehrjährige Tätowierungserfahrung zu haben,

auf den linken Unterarm den Schriftzug „Je t´aime mon amour, Tu es ma vie, Nous Ensemble Pour Toujours, L. ♥ A.“ hatte tätowieren lassen und

  • das erstellte Tattoo unübersehbar unterschiedliche Strichbreiten und verwackelte Linien sowie uneinheitliche, teilweise zu enge Abstände zwischen den Buchstaben aufwies,
  • wodurch ein Wort unleserlich wurde und die Namen völlig unscharf waren.

Dass die Tätowiererin der Kundin das gezahlte Entgelt zurück-, ihr darüber hinaus 1.000 Euro Schmerzensgeld zahlen und sämtliche Folgeschäden aus der gestochenen Tätowierung ersetzen muss, hat das AG damit begründet, dass das Tattoo,

  • weil es nicht der Qualität entspreche, die man von einem professionellen Tätowierer erwarten dürfe,

nicht nur mangelhaft sei, sondern die Tätowiererin durch die mangelhafte handwerkliche Erstellung des Tattoos die Kundin auch in ihrer körperlichen Unversehrtheit verletzt habe,

BGH ändert seine Rechtsprechung zum Entschädigungsanspruch aus sog. Aufopferung dahingehend

…. dass bei der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit infolge rechtmäßiger Behördenmaßnahmen auch Schmerzensgeld beansprucht werden kann.

Mit Urteil vom 07.09.2017 – III ZR 71/17 – hat der für das Recht der öffentlich-rechtlichen Ersatzleistungen zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) – unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung – entschieden, dass, wenn Jemand wegen eines rechtmäßigen hoheitlichen Eingriffs in Leben, körperliche Unversehrtheit oder Freiheit einen Anspruch auf Entschädigung aus sog. Aufopferung hat,

  • beispielsweise weil er bei einer Fahndung nach einem Tatverdächtigen aufgrund der Täterbeschreibung von Polizeibeamten für den gesuchten mutmaßlichen Täter gehalten und
  • bei der von den Polizeibeamten deswegen gegen ihn rechtmäßigen unmittelbaren Zwangsanwendung zur Durchsetzung der Identitätsfeststellung gemäß § 163b Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO) verletzt worden ist,

dieser Anspruch auch einen Schmerzensgeldanspruch umfasst,

  • d.h., in dem obigen Beispielsfall der bei der rechtmäßigen Polizeimaßnahme Verletzte vom Staat
    • nicht nur einen Ausgleich für den aufgrund der Verletzung erlittenen Vermögensschadens verlangen kann,
    • sondern auch ein Schmerzensgeld (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 11.09.2017 – Nr. 139/2017 –).

OLG Karlsruhe entscheidet: Kein Schadensersatz für Reiter, dessen Pferd nach Pfiff eines Hundehalters mit Hundepfeife scheute

…. und ihn abgeworfen hat.

Mit Urteil vom 03.08.2017 – 7 U 200/16 – hat der 7. Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe die Klage eines Reiters abgewiesen,

  • der Schadensersatz sowie Schmerzensgeld von einem Hundehalter wollte,

weil

  • dessen freilaufender Hund seinem Pferd bei seinem Ausritt gefolgt war,
  • der Hundehalter, um den Hund zur Umkehr zu bewegen, zunächst einmal, dann noch mindestens ein weiteres Mal mit der Hundepfeife gepfiffen hatte und
  • sein Pferd darauf hin durchgegangen und er abgeworfen worden war.

Begründet hat der Senat die Abweisung der Klage damit,

  • dass das Durchgehen des Pferdes nicht von dem Hund verursacht worden, sondern Folge der Pfiffe mit der Hundepfeife war, somit also eine Tierhalterhaftung des Beklagten nach § 833 Satz 1 BGB ausscheide

und

  • der Beklagte aus § 823 Abs. 1 BGB deswegen nicht hafte, weil
    • die Pfiffe mit der Hundepfeife eine angemessene und naheliegende Reaktion auf das Verhalten des Hundes gewesen und
    • vom Beklagten eine Schreckreaktion des Pferdes auf die Pfiffe nicht wahrgenommen worden sei (Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 25.08.2017).

Wichtig für Ärzte und Patienten zu wissen: Nach einer Gipsschienenbehandlung kann das Übersehen eines Kompartmentsyndroms

…. im Rahmen der Nachsorge ein grober Behandlungsfehler sein, der Ansprüche auf Schadensersatz sowie Schmerzensgeld begründet.

Mit Urteil vom 13.06.2017 – 26 U 59/16 – hat der 26. Zivilsenats des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm entschieden, dass

  • nach einer (beispielsweise unfallbedingten) Gipsschienenbehandlung eines Patienten der mit der Nachsorge betraute Hausarzt die Möglichkeit eines Kompartmentsyndroms in Betracht ziehen muss, falls der Patient hierfür typische Beschwerden schildert,
    • wie für die zugrunde liegende Verletzung atypische vorhandene Schmerzen und/oder Schwellungen bzw. Störungen der Beweglichkeit

und

  • es als grober Behandlungsfehler gewertet werden kann, wenn der Hausarzt die zielführenden Symptome nicht abklärt bzw. den Patienten nicht in chirurgische Behandlung überweist,

so dass einem Patienten,

  • der wegen des Nichtausschlusses dieser Erkrankung aus den §§ 611, 280, 823, 253 Abs.2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Ansprüche gegen den Hausarzt auf Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld gelten macht,

auch eine Beweislastumkehr zugute kommen kann.

Diese Beweislastumkehr erfasst den Primärschaden und alle Folgeschäden, die die konkrete Ausprägung des Fehlers darstellen:

  • Rechtsgutsverletzung (Primärschaden) ist in einem solchen Fall die gesundheitliche Befindlichkeit, die dadurch entstanden ist, dass die Befundung auf ein Kompartmentsyndrom und in der Folge dieses Umstandes die Behandlung unterblieben ist.

Nur dann, wenn ein haftungsbegründender Ursachenzusammenhang äußerst unwahrscheinlich ist, wäre eine Verlagerung der Beweislast auf die Behandlungsseite ausnahmsweise ausgeschlossen.

In dem dem Urteil zugrunde liegendem Fall ist einem Patienten,

  • dessen rechter Unterarm, weil von seinem Hausarzt die Möglichkeit eines Kompartmentsyndroms behandlungsfehlerhaft zu spät in Betracht gezogen worden war, hatte amputiert werden müssen,

vom OLG unter anderem ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 Euro zugesprochen worden.

Bissiger Papagei in Zoohandlung kann dem Betreiber der Zoohandlung teuer zu stehen kommen

…. weil von dem Tier gebissene Besucher der Zoohandlung Schadensersatz und Schmerzensgeld verlangen können.

Darauf hat das Landgericht (LG) Düsseldorf hingewiesen und in einem Fall, in dem ein Versicherungskaufmann in einem Zoogeschäft, in dem er einen Hamster kaufen wollte,

  • von einem Grau-Papagei erst in die rechte Hand und dann in den Arm gebissen worden und
  • aufgrund dessen sieben Wochen lang krankgeschrieben war,

entschieden, dass der Betreiber der Zoohandlung dem Versicherungskaufmann

  • den erlittenen Verdienstausfallschaden, der 3600 Euro betrug, ersetzen sowie
  • 500 Euro Schmerzensgeld zahlen muss.

Der Betreiber der Zoohandlung hatte behauptet,

  • das Tier müsse von dem Versicherungskaufmann angefasst worden sein,

während der Versicherungskaufmann angegeben hatte,

  • dass sich der Papagei aus heiterem Himmel auf ihn gestürzt habe.

Ein klarer Fall für die Halterhaftpflicht, entschied der Richter (Quelle: LG Düsseldorf dpa aktuelle Meldung vom 01.08.2017).

Kann eine Ehefrau, wenn ihr Mann aufgrund eines ärztlichen Behandlungsfehlers impotent wird, Schmerzensgeld verlangen?

Wird ein Mann aufgrund einer fehlerhaften ärztlichen Behandlung impotent steht der Ehefrau

  • wegen des dadurch bedingten (teilweisen) Verlustes ihrer ehelichen Sexualität

jedenfalls dann kein eigener Schmerzensgeldanspruch nach § 253 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu,

  • wenn die Impotenz ihres Ehemanns bei ihr zu keinem körperlichen oder psychischen Schaden geführt hat.

Darauf hat der 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 07.06.2017 – 3 U 42/17 – hingewiesen.

Die Beeinträchtigung eines zuvor ausgefüllten Sexuallebens durch die Impotenz des Partners allein stelle nämlich, so der Senat, keine Verletzung des Körpers der Ehefrau, ihrer Gesundheit oder ihres Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung,

  • also keinen Eingriff in ihre Rechtsstellung

dar.

Vielmehr handle es sich lediglich um eine Auswirkung der Impotenz auf ihr Leben (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 21.07.2017).

Auch wer gegen die Glasdrehtür eines Hotels läuft und sich dabei verletzt kann Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld haben

…. wenn der Hotelbetreiber gegen die ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt hat.

Beispielsweise kann ein Gast, der bei dem Versuch ein Hotel durch eine am Hoteleingang befindliche gläserne Drehtür zu betreten, stürzt und sich verletzt,

  • weil die gläserne Drehtür seitlich durch ein Glaselement eingefasst wird, das in Augenhöhe nicht gekennzeichnet ist und
  • der Gast diese Einfassung übersehen hat und dagegen gestoßen ist,

vom Betreiber des Hotels Schadensersatz und Schmerzensgeld verlangen,

  • muss sich allerdings ein Mitverschulden anrechnen lassen.

Darauf hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) mit Urteil vom 22.06.2017 – 11 U 109/16 – hingewiesen.

Danach verletzt ein Hotelbetreiber seine Verkehrssicherungspflicht, wenn er eine bis zum Boden reichende Glasfläche einer Drehtür nicht so kennzeichnet, dass sowohl sie, als auch leicht erkennbar ist, wo sich die Öffnung der Tür befindet.
Denn, so das OLG, dass Fußgänger sich einer Tür nähern, während sie sich im Gespräch befinden, sei üblich und insbesondere bei Hotel- und Gastronomiebetrieben müsse auch damit gerechnet werden, dass Gäste in ihrer Wahrnehmungsfähigkeit durch Alkoholkonsum eingeschränkt seien.

War die Glasfläche – wenn auch nicht leicht – grundsätzlich aber erkennbar, treffe den Verletzten allerdings ein Mitverschulden, was insbesondere dann gelte, wenn dieser beispielsweise bereits länger Gast im Hotel und die Situation für ihn somit weder neu noch überraschend war (Pressemitteilung des OLG Schleswig vom 17.07.2017 – Nr. 5/2017 –).

Wer unerlaubt ein intimes Foto im Internet veröffentlicht muss Schmerzensgeld an den Abgebildeten zahlen

…. wenn dieser deswegen einen gesundheitlichen Schaden erleidet.

Das hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 20.02.2017 – 3 U 138/15 – entschieden und in einem Fall, in dem ein Mann von einer Frau,

  • nach Beendigung der Liebesbeziehung mit ihr, ohne ihre Zustimmung ein Foto, das die Frau erkennbar beim Oralverkehr mit ihm zeigte, auf einer von Freunden und Bekannten der beiden einsehbaren Internetplattform veröffentlicht und
  • die Frau durch die Veröffentlichung sowie die nachfolgende Verbreitung des Fotos über soziale Netzwerke des Internets einen gesundheitlichen Schaden in Form einer sich sukzessiv über mehrere Jahre erstreckenden, psychischen Erkrankungen erlitten hatte,

den Mann zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 7.000 Euro an die Frau verurteilt.

Denn, so der Senat, durch die unerlaubte Veröffentlichung des intimen Fotos von ihr, habe der Mann der Frau ein Gesundheitsschaden zugefügt.

Berücksichtigt bei der Bemessung des Schmerzensgeldes sind vom Senat u.a. worden,

  • die Auswirkungen die die erlittene Erkrankung auf die Lebensgestaltung der Frau hatte und
  • dass die Frau durch die unkontrollierbare Verbreitung des Fotos gegenüber einer unüberschaubaren Anzahl von Personen, u.a. aus ihrem nahen Umfeld massiv bloßgestellt worden war (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 01.06.2017).