Tag Tierhalter

Hundebesitzer sollten wissen, wann die Tierhalterhaftpflichtversicherung bei einem Schadensfall durch einen Hundebiss

…. sich auf einen Haftungsausschluss berufen kann und wann nicht.

Ist in den einer Tierhalterhaftpflichtversicherung zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen bestimmt, dass

  • „Ausgeschlossen bleiben Ansprüche gegenüber jedem Versicherungsnehmer oder Versicherten, der den Schaden durch bewusstes Abweichen von der Haltung und Züchtung von Hunden dienenden Gesetzen, Verordnungen und behördlichen Verfügungen oder Anordnungen am Wohnort des Versicherungsnehmers verursacht hat,“ 

muss die Tierhaftpflichtversicherung,

  • wenn sie sich bezüglich der Folgen eines Hundebisses auf diesen Risikoausschluss berufen will,

dem Versicherungsnehmer oder Versicherten einen von ihm     

  • zumindest bedingt vorsätzlich begangenen

Verstoß 

  • gegen die Haltung und Züchtung von Hunden dienenden Gesetzen, Verordnungen und behördlichen Verfügungen

nachweisen.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main mit Urteil vom 20.07.2020 – 7 U 47/19 – hingewiesen und in einem Fall, in dem von dem angeleinten Mischlingshund einer Hundehalterin und Versicherungsnehmerin (im Folgenden: VN),

  • während sie sich mit dem Hund in einer öffentlichen Parkanlage mit Spielplatzgelände aufhielt,
  • dort auf einer Bank saß und 
  • sich mit einer Bekannten unterhielt, 

ein 2-jähriges Kind, 

  • das sich dem Hund genähert und 
  • ihn gestreichelt hatte, 

durch einen Biss des Hundes ins Gesicht schwer verletzt worden war und die Tierhaftpflichtversicherung der VN, weil 

  • der Hund schon einmal ein 10-jähriges Mädchen gebissen und 
  • das zuständigen Kreisverwaltungsreferat deswegen angeordnet hatte, „dass Begegnungskontakte des Hundes mit Kindern bis ca. 14 Jahren … zu vermeiden seien“,

sich auf den Risikoausschluss nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen berufen hatte, die Tierhaftpflichtversicherung dazu verurteilt, für den 

  • bei dem 2-jährigen Mädchen durch den Hundebiss entstandenen 

Schaden einzustehen.

Grund dafür,

  • dass die Tierhaftpflichtversicherung sich nicht erfolgreich auf den Risikoausschluss nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen berufen konnte, 

war, dass der VN ihre Einlassung, 

  • den Spielplatz zuvor nicht gekannt und 
  • das Annähern des 2-jährigen Kindes nicht bemerkt zu haben, 

nicht widerlegt und somit eine bewusste Pflichtverletzung der VN, 

  • in Form eines zumindest bedingt vorsätzlichen Verstoßes gegen die Anordnung des Kreisverwaltungsreferats, 

nicht festgestellt werden konnte (Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt).

Warum Radfahrer beim Überholen von Pferden einen Sicherheitsabstand von wenigstens eineinhalb bis zwei Metern

…. einhalten sollten.

Mit Urteil vom 05.06.2020 – 4 O 10/19 – hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Frankenthal entschieden, dass Fahrradfahrer beim Überholen von Pferden, 

  • da mit einer unvorhergesehenen Verhaltensweise immer gerechnet werden müsse, 

einen Sicherheitsabstand von 

  • wenigstens eineinhalb bis zwei Metern 

einhalten müssen und in einem Fall, in dem der Fahrer eines Liegefahrrads 

  • beim Überholen von zwei Reiterinnen auf einem Radweg lediglich einen Abstand von circa 40 Zentimetern eingehalten und 
  • als eines der Pferde mit den Hufen ausgeschlagen hatte, 

zum Sturz gebracht worden war, dem Radfahrer 

  • nach § 254 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eine hälftige Mitschuld an den Folgen seiner Sturzes angelastet und ihm 

wegen der erlittenen Prellungen, Schürfwunden und Handverletzung daher nur 

  • ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000 Euro 

zugesprochen.

Begründet hat die Kammer dies damit, dass einerseits Tierhalter 

  • nach § 833 Satz 1 BGB 

zwar grundsätzlich für sämtliche Schäden einzustehen haben, die ihr Tier verursacht und

  • die Pferdehalterin sich hier, weil sie wusste, dass sie einen nur für Radfahrer zugelassenen Radweg benutzt, auch nicht nach § 833 Satz 2 BGB hatte entlasten können,

andererseits der Radfahrer sich vorwerfbar falsch verhalten habe, da, nachdem

  • die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung (StVO) zum Überholen für Radfahrer auch dann gelten, wenn sich – wie hier – verbotswidrig Pferde auf einem Radweg befinden und 
  • bei einem Pferd immer mit einer unvorhergesehenen Verhaltensweise gerechnet werden muss,

er nach § 5 Abs. 4 Satz 2 StVO beim Überholen der Pferde einen Sicherheitsabstand von 

  • wenigstens eineinhalb bis zwei Metern 

hätte einhalten und sich auch über das Überholen,

  • was problemlos möglich gewesen wäre, 

mit den Reiterinnen hätte verständigen müssen (Quelle: Pressemitteilung des LG Frankenthal).

OLG Stuttgart entscheidet: Inhaber einer Kamelfarm muss einer vom Kamel gestürzten Reiterin Schmerzensgeld und Schadensersatz zahlen

Mit Urteil vom 07.06.2018 – 13 U 194/17 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart in einem Fall, in dem die Besucherin eines Kamelhofs bei einem Kamelausritt,

  • bei dem der Inhaber des Kamelhofs das Kamel an einer Kette geführt hatte,

aus einer Sitzhöhe von 1,87 m kopfüber zu Boden gestürzt war,

  • als das Kamel, erschreckt durch Hundegebell an der Führungsleine eine abrupte Linkswendung vollführt hatte,

entschieden, dass der Inhaber des Kamelhofs der Besucherin,

  • wegen der bei dem Sturz erlittenen Kopfverletzungen sowie der Einschränkungen ihrer Erwerbstätigkeit,

70.000 Euro Schmerzensgeld zahlen und ihr den Verdienstausfall ersetzen muss.

Begründet hat das OLG dies u.a. damit, dass es sich,

  • jedenfalls in Deutschland, wo die Kamelhaltung sehr selten sei,

bei Kamelen nicht um Haus- und Nutztiere i.S.v. § 833 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) handle und der Inhaber des Kamelhofs als Tierhalter somit gemäß § 833 Satz 1 BGB,

  • ohne sich nach § 833 Satz 2 BGB auf das Privileg eines Haustierhalters berufen und
  • sich ggf. durch den Nachweis pflichtgemäßen Verhaltens von der Haftung befreien zu können,

verschuldensunabhängig für den der Besucherin entstandenen Schaden hafte (Quelle: Pressemitteilung des OLG Stuttgart vom 11.06.2018).

OLG Karlsruhe entscheidet: Kein Schadensersatz für Reiter, dessen Pferd nach Pfiff eines Hundehalters mit Hundepfeife scheute

…. und ihn abgeworfen hat.

Mit Urteil vom 03.08.2017 – 7 U 200/16 – hat der 7. Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe die Klage eines Reiters abgewiesen,

  • der Schadensersatz sowie Schmerzensgeld von einem Hundehalter wollte,

weil

  • dessen freilaufender Hund seinem Pferd bei seinem Ausritt gefolgt war,
  • der Hundehalter, um den Hund zur Umkehr zu bewegen, zunächst einmal, dann noch mindestens ein weiteres Mal mit der Hundepfeife gepfiffen hatte und
  • sein Pferd darauf hin durchgegangen und er abgeworfen worden war.

Begründet hat der Senat die Abweisung der Klage damit,

  • dass das Durchgehen des Pferdes nicht von dem Hund verursacht worden, sondern Folge der Pfiffe mit der Hundepfeife war, somit also eine Tierhalterhaftung des Beklagten nach § 833 Satz 1 BGB ausscheide

und

  • der Beklagte aus § 823 Abs. 1 BGB deswegen nicht hafte, weil
    • die Pfiffe mit der Hundepfeife eine angemessene und naheliegende Reaktion auf das Verhalten des Hundes gewesen und
    • vom Beklagten eine Schreckreaktion des Pferdes auf die Pfiffe nicht wahrgenommen worden sei (Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 25.08.2017).