Tag Überschreitung

Wichtig zu wissen, wenn die KFZ-Versicherung wegen Überschreitens der vereinbarten maximalen jährlichen Fahrleistung

…. und Nichtanzeige der Überschreitung Zahlung einer Vertragsstrafe verlangt.

Mit Urteil vom 01.09.2021 – 16 S 2/21 – hat die 16. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Koblenz in einem Fall, in dem ein Versicherungsnehmer seinen PKW kaskoversichert und der Kaskoversicherer, als er Kenntnis davon erlangte, dass die

  • bei Versicherungsabschluss vereinbarte maximale Fahrleistung von 15.000 km pro Jahr,
  • ohne dies anzuzeigen, 

überschritten worden war,   

  • auf Grundlage der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die KFZ-Versicherung (AKB) 

von dem Versicherungsnehmer eine Vertragsstrafe von 500 Euro verlangt hatte, entschieden, dass eine

  • Vertragsstrafenregelung in den AKB 

die eine Vertragsstrafe von 500 Euro bei Nichtanzeige der Überschreitung der jährlichen Fahrleistung vorsieht,

  • wegen unangemessener Benachteiligung des Versicherungsnehmers nach § 307 Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)   

dann unwirksam ist, wenn die Zahlung einer Vertragsstrafe von 500 Euro allgemein

  • bei einer bloßen schuldhaften Nichtanzeige und 
  • damit auch bei (einfachen) fahrlässigem Verhalten 

vorgesehen und nicht beschränkt ist auf eine 

  • vorsätzliche

Nichtanzeige.

Begründet hat die Kammer dies damit, dass eine Vertragsstrafenregelung in den AKB, die für die Zahlung einer Vertragsstrafe von 500 Euro auf eine bloß 

  • schuldhafte Nichtanzeige 

der Überschreitung der vereinbarten maximalen Jahresfahrleistung abstellt, damit eine Vertragsstrafe in dieser Höhe auch 

  • bei (einfach) fahrlässigem Verhalten 

vorsieht und bei einem einfach fahrlässigen Verstoß eine Vertragsstrafe in Höhe von 500 Euro,

  • die dann schon bei einer fahrlässigen Nichtanzeige von einer Überschreitung der Jahresfahrleistung von nur einem Kilometer verwirkt sein könnte, 

im Hinblick auf das ggf. geringe Gewicht des Vertragsverstoßes außer Verhältnis zu dessen Folgen steht (Quelle: juris Das Rechtsportal).

Fazit:
Ob, wenn 

  • die im Versicherungsvertrag vereinbarte maximale Fahrleistung pro Jahr überschritten und 
  • dies nicht angezeigt 

worden ist, eine von der Versicherung verlangte Vertragsstrafe gezahlt werden muss, hängt danach ab, 

  • von der Formulierung der entsprechenden Vertragsstrafenregelung.

Wichtig für Auto- und Kraftradfahrer zu wissen: Die Fahrverbotsregelungen in der neuen StVO sind wahrscheinlich nichtig

Die verschärften Neuregelungen in der 54. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften 

  • über die Verhängung von Fahrverboten,

die u.a. bereits ein Fahrverbot vorsehen bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (mit einem Pkw und anderen Kraftfahrzeugen bis 3,5 zulässigem Gesamtgewicht)  

  • von 21 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften und 
  • von 26 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften 

sind,

  • wegen eines formellen Fehlers,
  • nämlich des „fehlenden Verweises auf die notwendige Rechtsgrundlage“ in der Präambel,

wahrscheinlich nichtig (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 18.06.2019 – 1 BvR 587/17 –).

Deshalb sollten Auto- und Kraftradfahrer, gegen die wegen einer 

  • nach dem 27.04.2020 begangenen 

Verkehrsordnungswidrigkeit

  • aufgrund der verschärften Neuregelungen in der geänderten Bußgeldkatalogverordnung (BKatV) 

mit Bußgeldbescheid ein Fahrverbot festgesetzt worden ist, gegen den Bußgeldbescheid 

  • Einspruch 

einlegen.

Denn sind die verschärften Neuregelungen nichtig, gilt weiter der alte Bußgeldkatalog, nach dem u.a. ein Fahrverbot wegen Geschwindigkeitsüberschreitung in der Regel erst droht 

  • ab einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit 
    • von 31 km/h innerorts sowie 
    • von 41 km/h außerorts 

oder 

  • wenn innerhalb von 12 Monaten zweimal Geschwindigkeitsverstöße von 26 km/h oder mehr begangen wurden.

Post muss Kundin wegen verspäteter Zustellung eines von ihr aufgegebenen Briefes 18.000 Euro Schadensersatz zahlen

Weil der Brief einer in Bayern lebenden Frau, den sie an einem Freitag, 

  • damit die Zustellung am Tag darauf (Samstag) erfolgt,  

unter Wahl der Versandmethode 

  • „Expresszustellung mit dem Zusatzservice Samstagszustellung“, für ein erhöhtes Porto von 23,80 Euro,

zur Zustellung an ihren ehemaligen Arbeitgeber in Baden-Württemberg gegeben hatte, 

  • nicht am nächsten Tag (Samstag), sondern 

erst in der Woche darauf, zugestellt worden und 

  • aufgrund dieser verspäteten Zustellung  

die Frau 

  • wegen Fristversäumung 

mit der Geltendmachung von mit dem Brief geforderten Urlaubsabgeltungsansprüchen in Höhe von 18.000 Euro,

  • die ihr gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber noch zustanden, 

ausgeschlossen war, muss die Deutsche Post AG der Frau diesen ihr entstandenen Schaden ersetzen.

Das hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Köln mit Beschluss vom 16.04.2020 – 3 U 225/19 – entschieden.

Danach haftet in solchen Fällen,

  • in denen sich aus der vereinbarten „Samstagszustellung“ und dem erhöhten Porto ergibt, 
  • dass es sich bei der Sendung um eine solche handelt, bei der die Einhaltung der Lieferfrist für den Absender von besonderer Bedeutung und Wichtigkeit ist,

 die Deutsche Post AG als Frachtführerin 

  • aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Frachtvertrag 

nach §§ 425, 428 Handelsgesetzbuch (HGB) für den Schaden, der 

  • durch Überschreitung der Lieferfrist 

entsteht (Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln).

Was Auto- und Kraftradfahrer wissen und beachten sollten, nachdem Verkehrsminister Scheuer die neue StVO-Novelle überarbeiten lassen will

Verkehrsminister Scheuer will 

  • die erst am 28.04.2020 in Kraft getretene 54. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften und 
  • die damit geänderten Tatbestände der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) 

teilweise überarbeiten lassen. 

Insbesondere, dass nach der mit der StVO-Novelle einhergehenden neuen BKatV bereits bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (mit einem Pkw und anderen Kraftfahrzeugen bis 3,5 zulässigem Gesamtgewicht)  

  • von 21 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften und 
  • von 26 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften

die Verhängung 

  • eines Fahrverbots 

droht, wird als unverhältnismäßig angesehen.

Deshalb sollten Auto- und Kraftradfahrer, denen eine 

  • nach dem 27.04.2020 begangene 

Geschwindigkeitsüberschreitung vorgeworfen wird und gegen die

  • lediglich aufgrund der obigen, verschärften Regelung in der geänderten BKatV 

mit Bußgeldbescheid ein Fahrverbot festgesetzt worden ist, gegen den Bußgeldbescheid 

  • Einspruch 

einlegen.

  • Eine (teilweise) Zurücknahme bzw. Wiederabmilderung der verschärften Neuregelung über die Verhängung eines Fahrverbots bereits bei einer Überschreitung der zulässigen Überschreitung von mehr als 20 km/h innerorts und mehr als 25 km/h außerorts – vor der letzten gerichtliche Entscheidung über den Einspruch – könnte sich nämlich ggf. zugunsten des Betroffenen auswirken.  

Zur Erinnerung:
Nach der bis zum 28.04.2020 geltenden BKatV drohte ein Fahrverbot in der Regel 

  • erst ab einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit 
    • von 31 km/h innerorts sowie 
    • von 41 km/h außerorts 

oder 

  • wenn innerhalb von 12 Monaten zweimal Geschwindigkeitsverstöße von 26 km/h oder mehr begangen wurden.

Was Fahrzeugführer, die wegen starken Drangs zur Verrichtung der Notdurft einen Geschwindigkeitsverstoß

…. begangen haben, wissen sollten.

Mit Beschluss vom 25.02.2019 – (1 B) 53 Ss-OWi 41/19 (45/19) – hat das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) darauf hingewiesen, dass, wenn ein Autofahrer deswegen,

  • weil er dringend auf die Toilette muss,

die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreitet, ohne weiteres

  • weder davon ausgegangen werden kann,
    • dass die Geschwindigkeitsüberschreitung durch einen Notstand (§ 16 OWiG), der im Ergebnis einen Freispruch zur Folge hätte, gerechtfertigt war,
  • noch davon,
    • dass eine notstandsähnliche Lage vorgelegen hat, die ein Absehen von einem verwirkten Regelfahrverbot rechtfertigt.

Ob in einem solchen Fall

  • ein Notstand oder
  • zumindest eine notstandsähnliche Lage

vorgelegen hat, hängt danach vielmehr ab,

  • zum einen, dass die Angabe des Fahrzeugführers, dass er infolge einer dringenden Notdurft selber zu einer Toilette gelangen wollte, glaubhaft sind

sowie zum anderen auch u.a. davon,

  • wann und wo der Fahrzeugführer die Fahrt angetreten hat, wie lange er bereits unterwegs gewesen war und
  • ob es ihm möglich gewesen wäre,
    • seine Notdurft bereits vor Fahrtantritt oder während der Fahrt zu einem früheren Zeitpunkt zu verrichten bzw.
    • einen Ort zur Verrichtung der Notdurft mit angemessener Geschwindigkeit zu erreichen (vgl. dazu, wannein Absehen von einem verwirkten Regelfahrverbot bei nur noch eingeschränkter Kontinenz oder einer schwache Blase in Betracht kommen kann, auch OLG Hamm, Beschluss vom 10.10.2017 – 4 RBs 326/17 –).

Was Arbeitgeber und Arbeitnehmer wissen sollten, wenn ein Arbeitsvertrag (sachgrundlos) befristet ist

Mit Urteil vom 19.04.2019 – 3 Sa 1126/18 – hat das Landesarbeitsgericht (LArbG) Düsseldorf entschieden, dass, wenn die Höchstdauer eines ohne sachlichen Grund befristeten Arbeitsverhältnisses

  • auch nur um einen Tag,
  • etwa aufgrund einer Dienstreise,

überschritten wird, ein

  • unbefristetes Arbeitsverhältnis

besteht.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall, in dem der Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber zunächst befristet für sechs Monate,

  • ausweislich des Arbeitsvertrages, beginnend ab Montag, den 05.09.2016,

eingestellt worden war, der Arbeitnehmer in der Zeit vom 05.09.2016 bis zum 23.09.2016 an einer Schulung teilgenommen hatte,

  • zu der er im Einvernehmen mit seinem Arbeitgeber, der ihm die Reisekosten und die Hotelkosten für die Übernachtung erstattete, bereits am Sonntag, den 04.09.2016 angereist war,

und Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Februar 2017 das Arbeitsverhältnis bis zum 04.09.2018 verlängert hatten, hat das LArbG,

  • auf die Klage des Arbeitnehmers hin,

festgestellt, dass

  • die sachgrundlose Befristung des Arbeitsvertrages mit dem Arbeitnehmer unwirksam,
  • das Arbeitsverhältnis somit nicht durch Befristung zum 04.09.2018 beendet worden und
  • der Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen ist.

Das Bestehen eines unbefristetes Arbeitsverhältnisses hat das LArbG damit begründet, dass bereits die einvernehmliche und von dem Arbeitgeber bezahlte Dienstreise am 04.09.2018 Teil der arbeitsvertraglich versprochenen Dienste i.S.v. § 611 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gewesen sei,

  • das Arbeitsverhältnis also nicht erst am 05.09.2016, sondern bereits am 04.09.2016 begonnen habe,

und die somit am 03.09.2018 endende Höchstdauer von zwei Jahren

  • für die gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über Teilzeitarbei und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) eine sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrages zulässig ist,

bei der Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum 04.09.2018 um einen Tag überschritten worden sei (Quelle: Pressemitteilung des LArbG Düsseldorf).

Autofahrer sollten wissen, dass zum Nachweis eines Geschwindigkeitsverstoßes eine bloße polizeiliche Schätzung

…. ohne weitere tatsächliche Feststellungen,

  • insbesondere zu einem besonderen Fahrverhalten oder
  • dessen Auswirkung auf andere Verkehrsteilnehmer,

in der Regel nicht reicht.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Dortmund mit Urteil vom 06.02.2018 – 729 OWi 379/17 – hingewiesen und im Fall eines Autofahrer,

  • dem vorgeworfen worden war, in einer 30-Zone zu schnell gefahren zu sein und
  • der sich vor Ort gegenüber der Polizei auf Vorhalt dahingehend geäußert hatte, dass es stimme, dass er zu schnell gewesen sei,

entschieden, dass es für

  • den Nachweis einer Geschwindigkeitsüberschreitung und damit

eine Verurteilung wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht ausreicht, wenn

  • die von einem Autofahrer gefahrene Geschwindigkeit
    • nicht durch eine Messung festgestellt worden ist,
    • sondern lediglich auf der Schätzung eines Polizeibeamten beruht,
  • der Polizeibeamte weder sagen kann, aus welchen Umständen er auf die gefahrene Geschwindigkeit geschlossen hat, noch Anhaltspunkte wiedergeben kann, die irgend einen Schluss auf die gefahrene Geschwindigkeit erlauben und
  • der Autofahrer sein Geständnis, zu schnell gefahren zu sein, widerruft.

Vielmehr sei, so das AG, falls eine konkrete Geschwindigkeitsfeststellung fehle,

  • auch bei einem Geständnis zunächst vor Ort,

notwendig,

  • entweder ein besonders Fahrverhalten oder
  • ein hierdurch bedingtes Fahrverhalten anderer Verkehrsteilnehmer,

aus dem sich schließen lasse, dass der betroffene Autofahrer zu schnell gewesen ist.