Tag Unfallfolgen

Landgericht Frankenthal entscheidet: Betrunkener Fahrer muss Unfallopfer 400.000 Euro Schmerzensgeld zahlen

Mit Urteil vom 10.01.2020 – 4 O 494/15 – hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Frankenthal in einem Fall, in dem ein Autofahrer

  • nach vorausgegangenem Alkoholgenuss mit 1,1‰ Promille im Blut unterwegs, aufgrund dessen

mit seinem Fahrzeug von der Straße abgekommen war und die bei dem Unfall erlittenen Verletzungen seines Beifahrers so schwer waren, dass sie zu einer Querschnittslähmung führten,

  • dem Beifahrer ein Schmerzensgeld von 400.000 Euro zugesprochen.

Die Kammer erachte diesen Schmerzensgeldbetrag angesichts

  • der außergewöhnlich schweren Unfallfolgen,
  • des Umstandes, dass der verletzte Beifahrer inzwischen auch psychisch erheblich unter den Unfallfolgen leidet,
  • er in einem Pflegeheim leben muss,
  • ihm nicht nachgewiesen werden konnte, dass er die Alkoholisierung des Fahrers bei Antritt der Fahrt erkannt hatte und
  • er zum Zeitpunkt des Unfalls angeschnallt war

für angemessen (Quelle: Pressemitteilung des LG Frankenthal).

Fußgänger sollten wissen, dass sie beim Überschreiten eines Geh- und Radweges dieselben Sorgfaltspflichten treffen

…. wie beim Überschreiten einer Fahrbahn.

Darauf und dass es dazu gehört,

  • sich zu vergewissern, ob der Weg gefahrlos für sich und andere betreten werden kann,

hat der u. a. für Verkehrsunfallsachen zuständige 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Celle mit Urteil vom 20.11.2018 – 14 U 102/18 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall, in dem ein Fußgänger

  • beim Verlassen seines von einer Hecke eingefassten Grundstücks

auf den davor verlaufenden, kombinierten Geh- und Radweg getreten war,

  • – ohne zuvor vorsichtig geschaut zu haben, ob sich darauf Radfahrer seiner durch die Hecke sehr schlecht einsehbaren Grundstückseinfahrt nähern –

und dort mit einem Rennradfahrer zusammengestoßen war,

  • dem ein für den Zusammenstoß (mit)ursächliches sorgfaltswidriges Verhalten nicht nachgewiesen werden konnte,

hat der Senat entschieden, dass für die Unfallfolgen

Wer hat Vorrang, wenn bei einer über die Straßenbahnschienen führenden Fahrspur die Ampel sowohl

…. für Kraftfahrzeuge als auch für die Straßenbahn Grünlicht zeigt?

Mit Urteil vom 13.04.2018 – 7 U 36/17 – hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm darauf hingewiesen, dass bei einer Ampelphasenschaltung

  • mit Grünlicht für linksabbiegende Kraftfahrzeuge, die die Straßenbahnschienen kreuzen, und
  • ebenfalls Grünlicht für die Straßenbahn

die Straßenbahn Vorrang hat und dass bei einer Kollision zwischen einem PKW und einer Straßenbahn in einem solchen Fall,

  • sollte dem Straßenbahnfahrer weder eine für den Unfall (mit)ursächliche Geschwindigkeitsüberschreitung, noch eine verspätete Reaktion nachgewiesen werden können,

der PKW-Fahrer für die Unfallfolgen zu 100 % verantwortlich sein kann.

Autofahrer, die bei Grünlicht einer Ampel für sie, Straßenbahnschienen kreuzen möchten, sollten deshalb,

  • bevor sie auf die Schienen fahren, Straßenbahnen passieren lassen und
  • sich nicht darauf verlassen, dass die Ampel so geschaltet ist, dass ein gleichzeitiges Befahren der Straßenbahnschienen durch den Individualverkehr und durch eine Straßenbahn ausgeschlossen ist (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 13.06.2018).

Warum Radfahrer auf vorhandenen Fahrrad-Schutzstreifen nicht entgegen der Fahrtrichtung fahren sollten

Fährt ein in Radfahrer in Gegenrichtung auf einem Fahrrad-Schutzstreifen (vgl. Nr. 22 der Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)),

  • also auf dem Teil der Fahrbahn, der durch eine dünne, unterbrochene Linie gekennzeichnet, mit einem Fahrrad-Piktogramm versehen ist und
  • auf dem Autos nicht parken, sondern nur kurzzeitig halten sowie lediglich ausnahmsweise auf ihm dann fahren dürfen, wenn die Straße andernfalls zu eng ist,

begeht er nämlich einen Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot nach §§ 2 Abs. 1, 49 Abs. 1 Nr. 2 StVO.

Darüber hinaus trifft ihn aufgrund dieses Fehlverhaltens auch eine gesteigerte Sorgfaltspflicht.

  • Er muss dann nicht nur insbesondere darauf achten, ob Fußgänger von – aus seiner Sicht – links die Straße überqueren wollen, weil diese nicht mit einem von rechts verbotswidrig herannahenden Radfahrer rechnen, was in besonderer Weise im Bereich einer Einbahnstraße gilt, da dort kein Autoverkehr von rechts droht,
  • sondern seine Fahrweise in der Innenstadt grundsätzlich auch auf ein erhöhtes Fußgängeraufkommen einrichten sowie
  • eine Gefährdung insbesondere älterer Menschen ausschließen, was schon bei einer Geschwindigkeit von 10-12 km/h nicht mehr möglich ist.

Missachtet der Radfahrer diese erhöhten Sorgfaltsanforderungen und kommt es aufgrund dessen zu einer Kollision mit einem Fußgänger, bei dessen Versuch den Schutzstreifen zu überqueren, haftet der Radfahrer unter Umständen ganz, zumindest aber überwiegend, für die Unfallfolgen.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main mit Beschluss vom 09.05.2017 – 4 U 233/16 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des Gerichts vom 19.06.2017).