Tag unfallversichert

LSG Baden-Württemberg entscheidet, dass ehrenamtliche Pflegekräfte bei der Besorgung von Medikamenten und Nahrungsmitteln

…. unfallversichert sind. 

Mit Urteil vom 16.12.2020 – L 1 U 1664/20 – hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in einem Fall, in dem 

  • Eltern von ihrer bei der Pflegekasse angemeldeten Tochter 

gepflegt wurden und die Tochter, 

  • als sie mit dem Fahrrad bei einem befreundeten Arzt privat sowohl ein Schmerzmedikament für ihren Vater als auch eine kleine Menge Wildfleisch besorgt hatte, 

auf dem Rückweg mit dem Fahrrad gestürzt war und sich dabei schwer verletzt hatte, entschieden, dass 

  • der Fahrradunfall 

als versicherter Arbeitsunfall anzuerkennen ist.

Begründet hat das LSG dies damit, dass es sich

  • sowohl bei der Medikamenten-,
  • als auch der Nahrungsmittelbeschaffung 

um eine unfallversicherte Tätigkeit einer Pflegeperson handelt, so dass dahinstehen könne,

Was Arbeitssuchende wissen sollten, wenn sie bei einem Unternehmen, um dort eine dauerhafte Beschäftigung

…. zu erlangen, einen „Probearbeitstag“ ohne Bezahlung verrichten.

Mit Urteil vom 20.08.2019 – B 2 U 1/18 R – hat der 2. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) entschieden, dass ein Arbeitssuchender, der

  • in einem fremden Unternehmen einen „Probearbeitstag“ verrichtet und

sich bei der Verrichtung verletzt,

  • auch dann, wenn noch kein Beschäftigungsverhältnis vorgelegen hat,

gesetzlich unfallversichert ist.

Danach stehen Arbeitssuchende in solchen Fällen,

  • in denen von ihnen eine dem Unternehmer dienende, dessen Willen entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht wird,
  • die einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ähnlich ist,

gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) als „Wie-Beschäftigte“ unter Versicherungsschutz (Quelle: Pressemitteilung des BSG).

Arbeitnehmer sollten wissen, dass sie, wenn sie in der Mittagspause Spazierengehen, in der Regel nicht unfallversichert sind

Darauf hat der 9. Senat des Hessischen Landessozialgerichts (LSG) mit Urteil vom 14.06.2019 – L 9 U 208/17 – hingewiesen.

Danach liegt kein Arbeitsunfall im Sinne von § 8 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) vor, wenn

  • ein Arbeitnehmer in der Mittagspause das Firmengebäude verlässt um einen Spaziergang zu machen,
  • während dieses Spaziergangs beispielsweise über eine Steinplatte stolpert, stürzt und sich dabei an Handgelenken und Knie verletzt

und

  • der Arbeitnehmer zuvor keiner besonderen betrieblichen Belastung ausgesetzt war, die ausnahmsweise einen Versicherungsschutz für den unternommenen Spaziergang begründen kann.

Denn, so der Senat, Spazierengehen sei,

  • nachdem es sich dabei normalerweise weder um eine Haupt- oder Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis eines Versicherten handle,
  • noch prinzipiell eine arbeitsrechtliche Verpflichtung bestehe, durch gesundheitsfördernde Handlungen, wie etwa Spaziergänge, die Arbeitsfähigkeit aufrechtzuerhalten,

eine privatnützige Verrichtung,

Bei einem mobilen Pflegedienst beschäftigte Arbeitnehmer(innen) sollten wissen, dass sie, wenn sie einen Betriebsweg unterbrechen

…. beispielsweise um sich einen „Coffee-to-go“ zu besorgen, sie während dieser Besorgung nicht gesetzlich unfallversichert sind.

Mit Urteil vom 21.03.2019 – L 1 U 1312/18 – hat das Thüringer Landessozialgericht (LSG) in einem Fall, in dem eine bei einem mobilen Pflegedienst beschäftigte Arbeitnehmerin

  • als sie auf dem Weg zu einer Klientin eine Bäckerei in einer Nebenstraße aufsuchte, um dort einen „Coffee-to-go“ zu erwerben,
  • den sie nach Verrichtung der Pflegemaßnahme auf einem Parkplatz trinken wollte,

vor dem Betreten der Bäckerei gestolpert war und sich dabei am Knie verletzt hatte, entschieden, dass

  • es sich hierbei um keinen Arbeitsunfall gehandelt hat.

Begründet hat das LSG dies damit, dass

  • gesetzlich unfallversichert nicht alle Verrichtungen eines grundsätzlich versicherten Arbeitnehmers im Laufe eines Arbeitstages auf der Arbeitsstelle oder während eines Betriebsweges seien,
  • sondern nur Verrichtungen im Rahmen des dem Beschäftigungsverhältnis zu Grunde liegenden Arbeitsverhältnisses und

der als höchstpersönliche Verrichtung,

  • wie die Nahrungsaufnahme an sich oder sonstige eigenwirtschaftliche Handlungen,

beabsichtigte Erwerb des „Coffee-to-go“,

  • nicht im sachlichen Zusammenhang mit ihrer versicherten Tätigkeit als Pflegekraft gestanden sowie
  • zu einer mehr als nur geringfügigen Unterbrechung des versicherten Betriebsweges von einem Klienten zu einem anderen Klienten geführt habe

und der Unfall auch nicht durch eine spezifische Gefahr der versicherten Tätigkeit hervorgerufen worden sei (Quelle: juris Das Rechtsportal)

Arbeitnehmer auf Dienstreise sollten wissen, dass sie während des morgendlichen Duschens nicht gesetzlich unfallversichert sind

Mit Urteil vom 20.12.2018 – L 1 U 491/18 – hat das Thüringer Landessozialgericht (LSG) in Erfurt in einem Fall, in dem

  • ein als Projektentwickler Angestellter auf einer Dienstreise in einem Hotel übernachtet hatte,
  • dort beim morgendlichen Duschen beim Herausgehen aus der Dusche auf dem Fußboden ausgerutscht war und
  • sich dabei eine Fraktur des linken Knies zugezogen hatte,

entschieden,

  • dass es bei dem Unfall um keinen Arbeitsunfall i.S.v. § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) gehandelt hat.

Begründet hat das LSG dies damit,

  • dass nicht alle Verrichtungen eines grundsätzlich versicherten Arbeitnehmers im Laufe eines Arbeitstages auf der Arbeitsstätte oder während einer Geschäftsreise versichert sind,
  • sondern nur solche Tätigkeiten, die im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII stehen

und nach diesen Grundsätzen höchstpersönliche Verrichtungen wie z.B. die Nahrungsaufnahme oder sonstige eigenwirtschaftliche Handlungen wie das Duschen als Körperreinigung,

  • mangels sachlichem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit,

unversichert sind, sofern

  • der Unfall nicht ausnahmsweise durch eine spezifische Gefahr verursacht wurde, die der versicherten Tätigkeit aufgrund ihrer besonderen Beziehung zu dieser Gefahr zuzurechnen ist.