Tag Verbraucher

EuGH entscheidet: Widerrufsrechts bei Kauf von nach Kundenspezifikation angefertigten Waren ist ausgeschlossen auch bei

… noch nicht begonnener Produktion.

Mit Urteil vom 21.10.2020 hat die Sechste Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache C-529/19 entschieden, dass 

das Recht der Verbraucher 

  • im Fernabsatz oder 
  • außerhalb von Geschäftsräumen 

geschlossene Kaufverträge grundsätzlich ohne Angabe von Gründen innerhalb einer Frist von 14 Tagen zu widerrufen, bei Waren, die 

  • nach seinen Kundenspezifikation anzufertigen oder 
  • eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind,

unabhängig davon 

  • ausgeschlossen ist, 

ob der Unternehmer mit deren Herstellung 

  • begonnen hat oder 
  • noch nicht.

Dies ergebe sich, so die Sechste Kammer des EuGH, 

  • nicht nur aus dem Wortlaut, 

sondern entspreche auch 

  • dem Ziel der Richtlinie, 

wonach 

  • das Bestehen oder 
  • der Ausschluss 

des Widerrufsrechts nicht vom Fortschritt der Vertragserfüllung abhängen soll, 

  • über den der Verbraucher üblicherweise nicht informiert wird und 
  • auf den er daher erst recht keinen Einfluss hat.

Wichtig zu wissen für Verbraucher, die einen im Fernabsatz geschlossenen Darlehensvertrag wirksam widerrufen haben

Mit Urteil vom 04.06.2020 hat die Sechste Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache C-301/18 

  • – betreffend die Auslegung von Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.09.2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG –

entschieden, dass, wenn Verbraucher einen im Fernabsatz (i.S.v. § 312b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) mit einer Bank oder Sparkasse geschlossenen (Immobilien)Darlehensvertrag später wirksam widerrufen, 

  • beispielsweise wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung,

sie  

  • vorbehaltlich der Beträge, die sie selbst unter den in Art. 7 Abs. 1 und 3 der Richtlinie genannten Bedingungen an die darlehensgebende Bank bzw. Sparkasse zahlen müssen,

von der Bank bzw. Sparkasse nach Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie

  • die Erstattung der zur Erfüllung des Vertrags gezahlten Tilgungs- und Zinsbeträge verlangen können, 
  • nicht aber Nutzungsersatz auf diese Beträge.

Das bedeutet, Banken und Sparkassen müssen in diesen Fällen kein Entgelt dafür leisten, dass sie mit den, 

  • von dem Verbraucher bis zu seinem Widerruf zur Vertragserfüllung gezahlten,

Geldbeträgen wirtschaften konnten, sie also somit auch dann,

  • wenn ein Verbraucher in Erfüllung des Darlehensvertrags das Darlehenskapital zuzüglich Zinsen vollständig gezahlt hat, 

im Fall eines nachfolgenden Widerrufs durch den Verbraucher, diesem lediglich 

  • die Tilgungsbeträge und 
  • die Darlehenszinsen 

erstatten müssen.

Corona-Krise: Wichtig zu wissen für von Kurzarbeit betroffene Verbraucher wenn die Bank jetzt den Ausgleich

…. einer Kontoüberziehung verlangt.

Das Amtsgericht (AG) Frankfurt hat mit einstweiliger Verfügung vom 08.04.2020 – 32 C 1631/20 (89) – einem

  • im Zuge der Coronavirus-Pandemie von Kurzarbeit betroffenen

Arbeitnehmer,

  • dem von seiner Bank die Geschäftsbeziehung gekündigt und
  • der von der Bank aufgefordert worden war, seine Kontoüberziehung bis zum 08.04.2020 zurückzuzahlen,

eine verlängerte Frist zur Rückzahlung seiner Kontoüberziehung zugesprochen.

Begründet hat das AG diese Entscheidung damit, dass das vor Kurzem in Kraft getretene Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie, nach dem

  • aus vor dem 15.03.2020 abgeschlossenen Darlehensverträgen mit Verbrauchern
  • zwischen dem 01.04.2020 und dem 30.06.2020 fällig werdende Ansprüche des Darlehensgebers auf Rückzahlung, Zinsen und Tilgung für die Dauer von drei Monaten gestundet werden,

auch im Zivilrecht zu beachten ist und der Arbeitnehmer die weiteren Voraussetzungen für eine solche Stundung,

  • nämlich dass er aufgrund der durch die Pandemie hervorgerufenen außergewöhnlichen Verhältnisse – infolge der Kurzarbeit – Einnahmeausfälle habe und
  • ihm deshalb die Erbringung seiner Leistung – die Rückzahlung der Kontoüberziehung – nicht zumutbar sei,

durch Vorlage entsprechender Unterlagen glaubhaft gemacht hat (Quelle: juris Das Rechtsportal).

Corona-Pandemie: Kündigungsschutz für Mieter sowie Pächter und Zahlungsaufschübe für Verbraucher sowie Kleinstgewerbetreibende

…. sind in Kraft getreten.

Am 01.04.2020 sind

  • die zivilrechtlichen Vorschriften zum Kündigungsausschluss im Mietrecht sowie
  • zum Zahlungsaufschub bei Verbraucherdarlehensverträgen und existenzsichernden Verträgen wie z. B. über Telefon, Strom und Gas

in Kraft getreten, die u.a. folgende,

  • vorerst bis 30.06.2020 geltende,

Regelungen vorsehen:

Kündigungsschutz von Mietern und Pächtern

  • Mietern und Pächtern kann für den Zeitraum vom 01.04. bis 30.06.2020 nicht wegen ausgefallener Mietzahlungen aufgrund der COVID-19-Pandemie gekündigt werden.
  • Die Miete und Pacht bleiben für diesen Zeitraum weiterhin fällig;
    • es können auch Verzugszinsen entstehen.
  • Miet- und Pachtschulden aus dem Zeitraum vom 01.04. bis 30.06.2020 müssen bis zum 30.06.2022 beglichen werden,
    • sonst kann den Mietern wieder gekündigt werden.
  • Im Streitfall müssen Mieter und Pächter glaubhaft machen, dass die Nichtleistung der Miete bzw. Pacht auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht.

Zahlungsaufschub für Verbraucher sowie Kleinstgewerbetreibende

  • Für vor dem 08.03.2020 geschlossene, existenzsichernde Verträge der Grundversorgung erhalten Verbraucher ein zeitlich befristetes Leistungsverweigerungsrecht,
    • faktisch also einen Zahlungsaufschub,
    • mit der Rechtsfolge, dass sie trotz Nichtzahlung nicht in Verzug kommen.
  • Für Kleinstgewerbetreibende gilt entsprechendes in Bezug auf andauernde Vertragsverhältnisse,
    • die zur Eindeckung mit Leistungen dienen,
    • die für die wirtschaftlichen Grundlagen des Erwerbsbetriebs wesentlich sind.
  • Das Leistungsverweigerungsrecht ist zunächst bis zum 30.06.2020 befristet.
  • Für vor dem 15.03.2020 geschlossene Verbraucherdarlehensverträge werden die zwischen dem 01.04.2020 und dem 30.06.2020 fällig werdenden Ansprüche des Darlehensgebers auf Rückzahlungs-, Zins- oder Tilgungsleistungen gestundet, wenn der Verbraucher

Wichtig zu wissen für Mieter, Pächter, Verbraucher und Kleinstunternehmer, die von der Corona-Krise in ihrer wirtschaftlichen Existenz

…. betroffen sind sowie für Unternehmen, Genossenschaften, Vereine und Wohnungseigentümergemeinschaften.

Das Bundeskabinett hat am 23.03.2020 einen Gesetzentwurf zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht als Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen beschlossen.
Der von der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Christine Lambrecht vorgelegte Entwurf sieht zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz

  • von Mieterinnen und Mietern von Wohn- und Gewerbeimmobilien, von Pächterinnen und Pächtern sowie
  • von Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie Kleinstunternehmen

u.a. insbesondere folgende Erleichterungen vor:

Kündigungsschutz von Mieterinnen und Mietern sowie von Pächterinnen und Pächtern

  • Für Miet- sowie Pachtverhältnisse soll das Recht der Vermieter und Verpächter zur Kündigung von Wohn-, Gewerberaummiet- und Pachtverträgen dahingehend eingeschränkt werden, dass
    • wegen Miet- sowie Pachtschulden aus dem Zeitraum zwischen dem 01.04.2020 und dem 30.06.2020 Vermieter und Pächter das Miet- sowie Pachtverhältnis nicht kündigen dürfen,
    • sofern die Miet- bzw. Pachtschulden auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen.
  • Die Verpflichtung der Mieter und Pächter zur fristgerechten Zahlung der Miete bzw. Pacht bleibt hier jedoch bestehen.
  • Die Regelungen gelten zunächst bis zum 30.06.2020 und können unter bestimmten Voraussetzungen verlängert werden.

Zahlungsaufschub für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Kleinstunternehmen

  • Zahlungspflichten aus Verbraucherdarlehensverträgen, die bis zum 30.06.2020 fällig werden, sollen gesetzlich um drei Monate gestundet werden, wenn
    • der Schuldner infolge der Pandemie nicht zahlen kann.
  • Soweit für die Zeit nach dem 30.06.2020 keine einvernehmliche Lösung zwischen Darlehensgeber und Verbraucher gefunden werden kann, sind die Zahlungen wiederaufzunehmen.
  • Damit aber in einer Übergangszeit die laufenden und die gestundeten Raten nicht doppelt bezahlt werden müssen, wird der Vertrag insgesamt um drei Monate verlängert,
    • so dass der Darlehensnehmer also auch nach Ablauf der Stundung monatlich nur eine reguläre Rate weiterabzahlen müssen soll.
  • Eine Kündigung des Darlehens wird insoweit ausgeschlossen.
  • Auch diese Regelungen gelten zunächst bis zum 30.06.2020 und können unter bestimmten Voraussetzungen verlängert werden.

Maßnahmen im Insolvenzrecht

  • Es soll eine Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für Betriebe geschaffen werden, die wirtschaftliche Schäden durch den massiven Anstieg der Infektionen mit dem neuartigen SARS-CoV-2-Virus erleiden.
  • Anknüpfend an die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht, soll es Haftungserleichterungen für Geschäftsleiter für Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife geben.
  • Zudem sollen Anreize geschaffen werden, den betroffenen Unternehmen neue Liquidität zuzuführen und die Geschäftsbeziehungen zu diesen aufrecht zu erhalten.
  • Für einen dreimonatigen Übergangszeitraum soll auch das Recht der Gläubiger, die Eröffnung von Insolvenzverfahren zu beantragen, eingeschränkt werden.
  • Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht soll bis zum 30.09.2020 befristet gelten und kann im Verordnungswege bis zum 31.03.2021 verlängert werden.

Handlungsfähigkeit von Genossenschaften, Vereinen und Wohnungseigentümergemeinschaften

  • Für Genossenschaften, Vereine, Stiftungen und Wohnungseigentümergemeinschaften sollen Regelungen getroffen werden,
    • für den vorübergehenden Fortbestand bestimmter Organbestellungen,
    • sollten diese Ablaufen, ohne dass neue Organmitglieder bestellt werden können.
  • Um die Finanzierung der Gemeinschaften der Wohnungseigentümer sicherzustellen, wird angeordnet, dass
    • der zuletzt beschlossene Wirtschaftsplan bis zum Beschluss eines neuen Wirtschaftsplans fort gilt.
  • Die Regelungen sollen zunächst für das Jahr 2020 gelten und können durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) im Wege der Verordnung auf das Jahr 2021 verlängert werden (Quelle: Pressemitteilung des BMJV)

Verbraucher sollten wissen, dass als deutsche Champignons auch Champignons verkauft werden dürfen, die

…. in Holland aufgezogen und erst kurz vor ihrer Ernte nach Deutschland gebracht worden sind.

Das hat die Erste Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) mit Urteil vom 04.09.2019 in der Rechtssache C-686/17 entschieden.

Mit der Angabe

  • „Ursprung: Deutschland“

dürfen danach zum Verkauf angebotene Kulturchampignons versehen werden, deren Anbau vonstatten geht, indem

  • in einem ersten Schritt für die Dauer von sieben bis elf Tagen die Rohsubstanzen für den Kompost in Belgien und den Niederlanden verschnitten und vermischt werden,
  • ein zweiter Herstellungsschritt die über fünf bis sechs Tage andauernde Pasteurisierung und Aufbereitung des Komposts in den Niederlanden ist,
  • im dritten Herstellungsschritt über die Dauer von 15 Tagen das Myzel (Pilzsporen) in den Kompost injiziert wird,
  • im vierten Schritt in den Niederlanden die Fruchtkörperbildung auf einer Torf- und Kalkschicht in Kulturkisten initiiert wird, wobei die Pilze nach zehn bis elf Tagen bis zu 3 mm gewachsen sind

und nach etwa 15 Tagen

  • die Kulturkisten nach Deutschland transportiert werden, wo
    • etwa ein bis fünf Tage später die erste Ernte und
    • etwa zehn bis 15 Tage später die zweite Ernte der Champignons erfolgt.

Begründet worden ist das von der Ersten Kammer des EuGH damit worden, dass nach Unionsrecht

  • Ursprungsland von Kulturchampignons ihr Ernteland

ist, unabhängig davon,

  • ob wesentliche Produktionsschritte in anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union erfolgt sind und
  • ob die Kulturchampignons erst drei oder weniger Tage vor der ersten Ernte ins Erntegebiet verbracht worden sind.

BGH entscheidet, dass Sparkasse für Umschuldung von Immobilienkrediten keine extra Gebühren verlangen darf,

…. weil entsprechende AGB-Klausel, die dies vorsieht, gegenüber Verbrauchern unwirksam ist.

Mit Urteil vom 10.09.2019 – XI ZR 7/19 – hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass eine in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer Sparkasse enthaltene – als Preisnebenabrede einzuordnende – Klausel, die ein Bearbeitungsentgelt vorsieht für Fälle,

  • dass Kunden der Sparkasse ein bestehendes Verbraucherdarlehen von Fremdinstituten ablösen lassen und gestellte Sicherheiten unter Erteilung von Treuhandauflagen auf das Fremdinstitut übertragen lassen möchten oder
  • dass die Sparkasse als neue Darlehensgeberin im Rahmen der Ablösung eines bei einem anderen Kreditinstitut bestehenden Darlehensvertrags tätig wird,

bei Bankgeschäften mit Verbrauchern,

  • wegen unangemessener Benachteiligung der Verbraucher,

gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unwirksam ist.

Begründet hat der Senat dies damit,

  • dass der Darlehensgeber mit der Bestellung, Verwaltung und Verwertung von Sicherheiten eigene Vermögensinteressen wahrnimmt, weshalb sein hiermit verbundener Aufwand regelmäßig mit dem gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB zu zahlenden Zins abzugelten ist und
  • dies auch in Bezug auf den mit der Freigabe der Sicherheit gilt und damit für den bei der vertragsgemäßen Abwicklung des Darlehensvertrags verbundenen Aufwand, der bei dem Darlehensgeber bei der Erfüllung einer bestehenden eigenen Rechtspflicht anfällt.

Was übrigens zu wissen für Darlehensnehmer (auch) wichtig ist:
Hat ein Darlehensnehmer dem Darlehensgeber zur Sicherung seiner Ansprüche

  • eine Grundschuld

bestellt, so steht dem Darlehensnehmer als Sicherungsgeber aus der Sicherungsabrede ein Anspruch auf Rückgewähr des Sicherungsmittels zu,

  • wenn der Darlehensgeber die Sicherheiten nicht mehr benötigt,
  • also wenn beispielsweise von dem Darlehensnehmer der geschuldete Zins und das Darlehen zurückgezahlt ist.

Der Darlehensnehmer kann dann frei wählen, ob er (vergütungsfrei)

  • eine Löschungsbewilligung,
  • eine löschungsfähige Quittung oder
  • die Abtretung der Grundschuld an sich oder einen Dritten

wünscht (Quelle: Pressemitteilung des BGH).

BGH entscheidet: Kaufen Verbraucher im Internet eine Matratze, steht ihnen auch nach Entfernung der Schutzfolie

…. noch das Recht zu, den Kaufvertrag nach §§ 312g Abs. 1, 355 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu widerrufen.

Mit Urteil vom 03.07.2019 – VIII ZR 194/16 – hat der u.a. für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Fall, in dem ein Verbraucher (§ 13 BGB) bei einer u.a. Matratzen vertreibenden Online-Händlerin, über deren Website eine Matratze zu einem Kaufpreis von 1.094,52 € bestellt hatte,

  • die ihm mit einer versiegelten Schutzfolie geliefert und
  • von ihm nach Erhalt worden war,

entschieden, dass

  • dem Verbraucher auch noch nach Entfernung der Schutzfolie das Recht zusteht, seine auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung gemäß § 312g Abs. 1 BGB zu widerrufen.

Begründet hat der Senat dies damit, dass die Ausnahmeregelung des § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB,

  • nach der das Widerrufsrecht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen nicht besteht
    • bei Verträgen zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind,
    • wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,

nur dann eingreift, wenn nach der Entfernung der Versiegelung der Verpackung die darin enthaltene Ware aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene

  • endgültig

nicht mehr verkehrsfähig ist,

  • weil der Unternehmer Maßnahmen, die sie unter Wahrung des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene wieder verkehrsfähig machen, nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten ergreifen könnte

und dass hiervon bei einer Matratze nicht ausgegangen werden kann, da diese,

  • wie auch ein Kleidungsstück, das ebenfalls mit dem menschlichen Körper direkt in Kontakt kommen kann,

nach Rücksendung von dem Unternehmer mittels einer Behandlung, wie einer Reinigung oder einer Desinfektion, für eine Wiederverwendung durch einen Dritten und damit für ein erneutes Inverkehrbringen geeignet gemacht werden kann (Quelle: Pressemitteilung des BGH).

Beachten sollten Verbraucher allerdings, dass sie, wenn

  • sie die Matratze in einem größeren Maß nutzten, als zur Feststellung ihrer Beschaffenheit, ihrer Eigenschaften und ihrer Funktionsweise nötig,

zwar das Widerrufsrecht nicht verlieren, aber für einen etwaigen Wertverlust der Ware haften können (vgl. Amtsgericht (AG) Bremen, Urteil vom 15.04.2016 – 7 C 273/15 – zum Umfang des zulässigen Matratzentests).

Übrigens:
Die Entscheidung des BGH folgt im Ergebnis und in der Begründung dem, was die Sechste Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) mit Urteil vom 27.03.2019 in der Rechtssache C-681/17 vorgegeben hat, da § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB auf die gleichlautende europarechtliche Vorschrift des Art. 16 Buchst. e der Verbraucherrechterichtlinie zurück geht, die der deutsche Gesetzgeber vollständig in deutsches Recht umsetzen wollte.

Was, wer einen Verbraucherdarlehensvertrag geschlossen und diesen später widerrufen hat, wissen und

…. beachten sollte.

Mit Beschluss vom 27.11.2018 – 4 U 40/18 – hat der 4. Zivilsenat des Kammergerichts (KG) in Berlin darauf hingewiesen, dass Verbraucher,

  • die einen Darlehensvertrag geschlossen und
  • später der Bank gegenüber den Widerruf hinsichtlich ihrer auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärungen erklärt haben,

sich dann nicht (mehr) auf ihren erklärten Widerruf berufen können, wenn

  • sie sich nach dem Widerruf – trotz Zweifeln an der Wirksamkeit des Darlehensvertrages – auf eine Konditionenanpassungsvereinbarung einlassen
    • – die die Fortführung des Darlehens zu geänderten Bedingungen unter Fortbestand von nicht abgeänderten weiteren Bestimmungen beinhaltet –
  • ohne sich gleichzeitig ihre Rechte aus dem bereits zuvor erklärten Widerruf ausdrücklich vorzubehalten.

Behalten sich Verbraucher die Rechte aus ihrem bereits zuvor erklärten Widerruf nämlich nicht vor, kann der nachträgliche Abschluss eines Konditionenanpassungsvertrages,

  • im Hinblick auf den darin zum Ausdruck gebrachten Wunsch nach einer Fortführung der Darlehensverträge zu geänderten Konditionen,

als ein bestätigendes Festhalten an der Wirksamkeit des Darlehensvertrages angesehen werden, mit der Folge, dass

  • die Verbraucher nunmehr daran gehindert sind, sich darauf zu berufen, dass der ursprüngliche Darlehensvertrag sich durch ihre Widerrufserklärung in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt habe.

Verbraucher, die von einem Unternehmer im Versandhandel eine Sache erworben haben, die mangelhaft ist, sollten wissen, dass

…. sie die Sache zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustands oder zur Rückgabe

  • nicht immer

an den Geschäftssitz des Unternehmers (zurück)senden bzw. dort bereitstellen müssen.

Darauf hat die Erste Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) mit Urteil vom 23.05.2019 in der Rechtssache C-52/18 hingewiesen.

Danach ist Art. 3 der Richtlinie 1999/44 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter so auszulegen, dass es,

  • sofern dazu keine vertragliche Abrede getroffen worden ist,

von den Umständen des Einzelfalls abhängt, an welchem Ort ein Verbraucher,

  • der von einem Unternehmer ein Verbrauchsgut i.S.v. Art. 1 Abs. 2b der Richtlinie (im Folgenden: Kaufgegenstand) erworben hat und
  • wegen Mangelhaftigkeit des gelieferten Kaufgegenstandes von dem Unternehmer nach §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Nacherfüllung durch Beseitigung des Mangels oder durch Lieferung eines mangelfreien Kaufgegenstandes verlangt,

den Kaufgegenstand für die Untersuchung sowie

  • die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands durch den Unternehmer oder
  • die Rückgabe an den Unternehmer

bereitzustellen hat.

Sind mit der Beförderung bzw. den (Rück)Transport des mangelhaften Kaufgegenstandes an den Geschäftssitz des Verkäufers

  • für den Verbraucher erhebliche Unannehmlichkeiten verbunden,

beispielsweise weil

  • der Kaufgegenstand etwa besonders schwer, sperrig oder zerbrechlich ist,
  • im Zusammenhang mit dem Versand besonders komplexe Anforderungen zu beachten sind oder
  • der Kaufgegenstand, wegen des Zwecks, für den ein Durchschnittsverbraucher ihn benötigt, möglicherweise vorab aufgebaut werden musste,

wird es nach der Information über den Mangel durch den Verbraucher

  • Aufgabe des Verkäufers sein, sich darum zu kümmern und
  • nicht Aufgabe des Verbrauchers,

mit der Folge, dass, wenn der über den Mangel informierte Verkäufer

  • dazu nicht bereit ist bzw.
  • den Kaufgegenstand (innerhalb der ihm zur Nachbesserung oder Ersatzlieferung gesetzten angemessenen Frist) nicht abgeholt hat oder nicht aktiv geworden ist,

der Verbraucher sofort seine Rechte nach § 437 Nr. 2 und Nr. 3 BGB geltend machen kann.

Dagegen ist bei kompakten Kaufgegenständen,

  • die weder einer speziellen Handhabung
  • noch einer besonderen Transportweise bedürfen,

es Sache des Verbrauchers dafür zu sorgen, dass

  • der Verkäufer den Kaufgegenstand für den Nachbesserungsversuch erhält bzw.
  • dieser an den Geschäftssitz des Verkäufers befördert wird.

Übrigens:
Ist ein Nachbesserungsverlangen berechtigt dürfen dem Verbraucher zusätzliche Kosten für den Transport zur Nachbesserung auch dann nicht entstehen, wenn er für die Beförderung an den Geschäftssitz des Verkäufers sorgen muss. Die Transportkosten hat bei einem berechtigten Nachbesserungsverlangen nämlich immer der Verkäufer zu tragen. Einen abrechenbaren Vorschuss auf solche Transportkosten können Verbraucher vom Verkäufer,

  • zwar nicht nach der Richtlinie, aber wohl

nach § 475 Abs. 6 BGB verlangen.