Tag Versicherungsbedingungen

Wichtig zu wissen für die, die mit ihrem Auto eine sog. Touristenfahrt auf dem Nürburgring absolvieren

Verunfallt ein Versicherungsnehmer mit seinem vollkaskoversicherten PKW während eines so genannten „Freien Fahrens“ auf einem abgeschlossenen Kurs,

  • der in Zeiten organisierter Veranstaltungen als „offizielle Rennstrecke“ für ein Rennen dient und
  • auch außerhalb dieser Zeiten nicht für den öffentlichen Verkehr frei zugänglich ist, sondern von dem Betreiber lediglich gemäß der Fahrordnung und den Sicherheitsregeln für Touristenfahren zur Verfügung gestellt wird,

hat der Versicherungsnehmer dann keinen Leistungsanspruch gegen seinen Vollkaskoversicherer, wenn es in den Versicherungsbedingungen unter der Überschrift „Touristenfahrten“ heißt, dass

  • „kein Versicherungsschutz besteht für Touristenfahrten auf offiziellen Rennstrecken.“

Darauf hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 08.03.2017 – 20 U 213/16 – hingewiesen.

Danach ist eine solche Klausel,

  • deren für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne Weiteres erkennbarer Sinn und Zweck es ist,
  • das erhöhte Risiko von Unfällen im Rahmen „freier Fahrten“ auf Rennstrecken auch außerhalb von offiziellen Rennveranstaltungen und ohne dass diese zeitgleich / kumulativ stattfinden müssen, vom Versicherungsschutz auszuschließen,

AGB-rechtlich nicht zu beanstanden.

Wichtig zu wissen für privat Krankenversicherte: BGH entscheidet wann eine Krankheit vorliegt

…. und die private Krankenversicherung dem Versicherten die Heilbehandlungskosten erstatten muss, wenn es in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) heißt:

  • „Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen (…).“

Eine Krankheit im Sinne der AVB kann, so die Entscheidung des IV. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 29.03.2017 – IV ZR 533/15 –) auch dann vorliegen,

  • wenn der fragliche Gesundheitszustand eines Versicherten
  • in gleicher Weise bei 30-40 % der Menschen entsprechenden Alters auftritt.

Anzunehmen ist danach eine Krankheit, wenn bei einer Fehlsichtigkeit im Vergleich zum Normalzustand der Sehfähigkeit,

  • zu dem ein beschwerdefreies Lesen und eine gefahrenfreie Teilnahme am Straßenverkehr gehören,

bei einem Versicherungsnehmer

  • eine nicht nur ganz geringfügige Beeinträchtigung dieser körperlichen Normalfunktion vorliegt,
  • die ohne medizinisch indizierte Korrektur ein beschwerdefreies Sehen nicht ermöglicht.

Erfüllt die Fehlsichtigkeit eines Versicherten die Voraussetzungen einer bedingungsgemäßen Krankheit, so der Senat weiter (und von ihm in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall bejaht für Fehlsichtigkeit von -3 und -2,75 Dioptrien),

  • kann die medizinische Notwendigkeit einer Lasik-Operation an den Augen nicht allein wegen der Üblichkeit des Tragens einer Brille oder von Kontaktlinsen verneint werden,
  • sondern müssen dem Versicherten von dem Krankenversicherer die Kosten für die Femto-Lasik-Operation an den Augen erstattet werden.

BGH entscheidet wann private Krankenversicherungen die Kosten einer Lasik-Operation an den Augen erstatten müssen

Mit Urteil vom 29.03.2017 – IV ZR 533/15 – hat der u.a. für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass

  • eine Fehlsichtigkeit auf beiden Augen von -3 bzw. -2,75 Dioptrien
  • eine Krankheit im Sinne von § 1 Abs. 2 der Musterbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung darstellt und

der private Krankenversicherer deshalb bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen auch die Kosten einer Lasik-Operation zur Beseitigung dieser Fehlsichtigkeit tragen muss.

Da es in § 1 Abs. 2 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen heißt

  • „Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen (…)“

und nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers

  • zum Normalzustand der Sehfähigkeit ein beschwerdefreies Lesen und eine gefahrenfreie Teilnahme am Straßenverkehr gehören,

ist, so der Senat, eine Krankheit im Sinne der Versicherungsbedingungen dann anzunehmen, wenn

  • bei einem Versicherungsnehmer eine nicht nur ganz geringfügige Beeinträchtigung dieser körperlichen Normalfunktion vorliegt,
  • die ohne medizinisch indizierte Korrektur ein beschwerdefreies Sehen nicht ermöglicht.

Auch könne, so der Senat weiter, die medizinische Notwendigkeit einer Lasik-Operation nicht allein wegen der Üblichkeit des Tragens einer Brille oder von Kontaktlinsen verneint werden,

  • wenn der Versicherungsnehmer in den vereinbarten Versicherungsbedingungen nicht deutlich darauf hingewiesen wird,
  • dass die Erstattungsfähigkeit der Kosten einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung grundsätzlich davon abhängen soll,
    • ob er (dauerhaft) auf ein Hilfsmittel, wie Brille oder Kontaktlinsen zurückgreifen kann,
    • das den bei ihm bestehenden anormalen Körperzustand auszugleichen oder abzuschwächen geeignet ist, ohne am eigentlichen Leiden etwas zu ändern (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 30.03.2017 – Nr. 45/2017 –).

Was Einbruchsopfer, die eine Hausratversicherung haben, wissen sollten

…. und warum man Versicherungsbedingungen lesen sollte.

Ist in den Versicherungsbedingungen der Hausratversicherung eines Versicherungsnehmers nämlich beispielsweise bestimmt, dass Bargeld,

  • wenn es nicht in einem Tresor aufbewahrt wird,
  • nur bis zu einem Betrag von 1.100,- Euro ersetzt wird,

hat der Versicherte,

  • wenn ihm aus seiner Wohnung ein höherer, dort außerhalb eines Tresors aufbewahrter Bargeldbetrag bei einem Einbruchsdiebstahl entwendet worden ist,

keinen Anspruch darauf, dass die Hausratversicherung ihm den vollen gestohlenen Bargeldbetrag erstattet.

Darauf hat der 5. Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg mit Beschluss vom 13.01.2017 – 5 U162/16 – hingewiesen.

Eine Versicherungsbestimmung, die die Einstandspflicht der Versicherung für Bargeldbeträge begrenze, sei, so der Senat, wirksam, da sie

  • den Versicherungsnehmer weder in unangemessener Weise benachteilige,
  • noch überraschend sei.

Denn mit einer derartigen Klausel müsse, wer eine Hausratversicherung abschließt, rechnen (Quelle: Presseinformation des OLG Oldenburg vom 21.02.2017 – Nr. 11/2017 –).

Wichtig zu wissen für Autofahrer deren Fahrzeug vollkaskoversichert ist

Wann zahlt die Vollkaskoversicherung wenn beim Überfahren einer Bodenwelle ein Schaden am Fahrzeug entsteht und wann zahlt sie nicht?

Sehen die Versicherungsbedingungen eines vollkaskoversicherten Kraftfahrzeugs vor, dass versichert sind Unfälle des Fahrzeugs und

  • als Unfall ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis gilt sowie
  • nicht als Unfallschäden insbesondere Schäden aufgrund eines Brems- oder Betriebsvorgangs oder reine Bruchschäden gelten, wozu z. B. Schäden am Fahrzeug durch rutschende Ladung zählen oder durch Abnutzung, Verwindungsschäden, Schäden aufgrund Bedienungsfehler oder Überbeanspruchung des Fahrzeugs,

und entsteht am Fahrzeug dadurch eine Schaden,

  • dass eine quer zur Fahrbahn vorhandene Bodenwelle deshalb zu schnell überfahren wird,
  • weil sie bei der Annäherung aufgrund der örtlichen Verhältnisse sowie der Sichtverhältnisse nicht erkennbar war und mit einer derartigen Bodenschwelle auch nicht gerechnet werden konnte und musste,

handelt es sich

  • um einen Unfallschaden und
  • nicht um einen – nach den Versicherungsbedingungen vom (Vollkasko-)Versicherungsschutz nicht umfassten – Betriebsschaden.

Das hat das Landgericht (LG) München II mit Urteil vom 13.01.2017 – 10 O 3458/16 – entschieden.

Danach liegt in einem solchen Fall ein Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen vor, weil

  • das Überfahren der Bodenwelle ein von außen auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis mit mechanischer Gewalt darstellt und
  • dieses Ereignis für den Fahrer plötzlich (überraschend) ist,

wenn die Bodenwelle nicht erkennbar war und mit einer derartigen Gefahrenquelle nicht gerechnet werden musste (so auch LG Bochum, Urteil vom 29.06.2012 – 4 O 477/11 –).

Was, wer eine Reiseversicherung abschließt, wissen sollte

Sind bei einer Reiseversicherung nach den Versicherungsbedingungen

  • erhebliche Schäden am Eigentum im Verlauf der Reise u.a. durch strafbare Handlungen mitversichert,

kann ein Versicherter, dem beispielsweise

  • das Flugticket für den Rückflug nach Deutschland und sein Reisepass gestohlen werden,
  • der deshalb seinen Rückflug nicht antreten kann, sich ein neues Flugticket kaufen, einen neuen Reisepass ausstellen lassen muss und
  • dem dadurch erhebliche Kosten entstehen,

diese Kosten nicht von der Reiseversicherung ersetzt verlangen.

Darauf hat die 7. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Hildesheim mit Urteil vom 06.01.2017 – 7 S 136/16 – hingewiesen.

In einem solchen Fall, so die Kammer, liegt nach den Versicherungsbedingungen ein versichertes Ereignis

  • nur vor, wenn dem Versicherten Wertgegenstände gestohlen werden,
  • nicht dagegen, wenn, wie bei Pässen, Fahrkarten/Flugtickets und Ausweispapieren der reine Sachwert – auf den es allein ankommt – gering und dem Versicherten demzufolge durch den Diebstahl kein erheblicher Schaden unmittelbar am Eigentum entstanden ist.

Ob und welche Kosten einem Versicherten für die Ersatzbeschaffung der entwendeten Sachen entstanden sind, komme es, so die Kammer weiter, nicht an,

  • wenn solche reinen Folgekosten nach den Versicherungsbedingungen nicht mitversichert seien (Quelle: Pressemitteilung des LG Hildesheim vom 13.01.2017 – Nr. 04/2017 –).

BGH legt Versicherungsbedingungen bei einer Gebäudeversicherung zum Neuwert aus

Besteht für ein Gebäude eine Allgefahren-Versicherung zum Neuwert, sind im Versicherungsfall maßgeblich für die Höhe der Versicherungsleistung die zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer vereinbarten Versicherungsbedingungen (fortan: AVB).

Wie solche AVB auszulegen sind, in denen u. a. bestimmt ist,

  • unter Ziff. 7.1.1., „dass der als Versicherungswert geltende Neuwert von Gebäuden der ortsübliche Neubauwert einschließlich Architektengebühren und sonstiger Konstruktions-, Planungs- und Baunebenkosten ist“,
  • unter Ziff. 7.1.2., „dass der Zeitwert, falls er weniger als 40 % des Neuwertes beträgt, sich aus dem Neuwert der Sachen durch einen Abzug entsprechend ihrem insbesondere durch den Abnutzungsgrad bestimmten Zustand ergibt“,
  • unter Ziff. 13.5., „dass, wenn der Neuwert (Ziff. 7.1.1.) der Versicherungswert ist, im Versicherungsfall der Versicherungsnehmer auf den Teil der Entschädigung, der den Zeitwertschaden übersteigt, einen Anspruch nur erwirbt, soweit und sobald er innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles sichergestellt hat, dass er die Entschädigung verwenden wird, um Gebäude in gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wieder herzustellen“ sowie
  • unter Ziff. 13.5.4., „dass der Zeitwertschaden bei zerstörten oder abhanden gekommenen Sachen gemäß Ziff. 7.1.2. festgestellt und bei beschädigten Sachen die Kosten einer Reparatur um den Betrag gekürzt werden, um den durch die Reparatur der Zeitwert der Sache gegenüber dem Zeitwert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles erhöht würde“,

hat der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) im Urteil vom 13.10.2016 – IX ZR 214/15 – erläutert und festgestellt, dass aus Ziff. 13.5. der obigen AVB folgt, dass einem Versicherungsnehmer, der nach einem Versicherungsfall bei dem das versicherte Gebäude zerstört worden ist und die Wiederherstellung des Gebäudes nicht innerhalb der Drei-Jahres-Frist sichergestellt hat,

  • ein Anspruch nur auf den Zeitwertschaden zusteht,
  • bei dessen Berechnung allerdings die Baunebenkosten einzubeziehen sind.

Begründet hat der Senat dies damit, dass ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer, auf den es ankomme, die obigen Versicherungsbedingungen nach ihrem Wortlaut bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs so verstehen müsse (zur Auslegung von Versicherungsbedingungen vgl. BGH, Urteile vom 11.12.2002 – IV ZR 226/01 – und vom 19.06.2013 – IV ZR 228/12 –).

  • Da Ziff. 13.5.4. AVB ausdrücklich bestimmt, dass der Zeitwertschaden bei zerstörten oder abhanden gekommenen Sachen gemäß Ziff. 7.1.2. AVB festgestellt wird, entnehme der Versicherungsnehmer daraus, so der Senat, dass Ziff. 7.1.2. AVB für die Berechnung ausschlaggebend ist.
  • Nachdem Ziff. 7.1.2. AVB festlege, dass sich der Zeitwert aus dem Neuwert der Sachen durch einen Abzug entsprechend ihrem insbesondere durch den Abnutzungsgrad bestimmten Zustand ergibt, wird der Versicherungsnehmer diese Regelung dahin verstehen, dass der Neuwert der Sachen auch für die Berechnung des Zeitwertes den maßgeblichen Ausgangswert darstellt.
  • Aus der Regelung in Ziff. 7.1.1. AVB wiederum ersehe der Versicherungsnehmer, dass die AVB eine Definition des für die Versicherung maßgeblichen Neuwertes enthalten.
    Sie zeigt dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer, dass der von den Versicherungsbedingungen gemeinte Neuwert sich am ortsüblichen Neubauwert orientiert und ausdrücklich Architektengebühren und sonstige Konstruktions-, Planungs- und Baunebenkosten einschließt.

Damit regeln die AVB nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers, so der Senat weiter, dass der Zeitwert sich vom in Ziff. 7.1.1. AVB geregelten Neuwert nur durch die Abzüge unterscheidet, die sich aufgrund des insbesondere durch den Abnutzungsgrad des Gebäudes bestimmten Zustandes ergeben.