Tag Verwaltungsrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis – Hinderung der Anordnung durch die Fahrerlaubnisbehörde im Verwaltungsverfahren während der Anhängigkeit eines Straf- oder Bußgeldverfahrens?

Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) darf die Fahrerlaubnisbehörde in einem Fahrerlaubnisentziehungsverfahren den Sachverhalt, der Gegenstand eines gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gerichteten Strafverfahrens ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 Strafgesetzbuch (StGB ) in Betracht kommt, nicht berücksichtigen, solange das Strafverfahren anhängig ist.
Mit dieser, die Bindung der Fahrerlaubnisbehörde an die in dem Strafverfahren ergehende gerichtliche Entscheidung betreffenden Regelung, sollen bei Vorrangigkeit des Strafverfahrens widersprüchliche Entscheidungen von Fahrerlaubnisbehörden und Gerichten vermieden werden. Der Fahrerlaubnisbehörde fehlt demnach in den in § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG genannten Fällen bis zur Einstellung des Strafverfahrens oder bis zur Rechtskraft der ergehenden Entscheidung die Befugnis, selbst über die Entziehung der Fahrerlaubnis zu befinden.

Ist dagegen wegen desselben Sachverhalts ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet, aber noch nicht rechtskräftig abgeschlossen, ist die Fahrerlaubnisbehörde nach der nur im Verhältnis zu Strafverfahren geltenden Bestimmung des § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG nicht gehindert die Entziehung der Fahrerlaubnis anzuordnen. Eine analoge Anwendung von § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG kommt im Verhältnis zu Ordnungswidrigkeiten nämlich nicht in Betracht.

Darauf hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) des Landes Sachsen-Anhalt mit Beschluss vom 08.11.2012 – 3 M 599/12 – hingewiesen.

 

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Kinderspielplatz – Lärm durch Benutzung der aufgestellten Spielgeräte.

Nach § 22 Abs. 1a des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (BImSchG) sind Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und richtwerte nicht herangezogen werden.

Diese Privilegierung in § 22 Abs. 1a BImSchG gilt sowohl für die von Kindern unmittelbar ausgehenden Laute, wie etwa Rufen, Schreien oder Ähnliches, als auch für die Geräusche, die von auf dem Spielplatz aufgestellten Spielgeräten bei deren bestimmungsgemäßer Benutzung herrühren.
Für den Regelfall einer Kinderspielplatzbenutzung gilt damit ein absolutes Toleranzgebot.

Ein Nachbar, der von Lärm, der von einem Spielplatz oder der Nutzung eines Spielgeräts herrührt, beeinträchtigt wird, kann deshalb auch nur dann vom Träger des Kinderspielplatzes die Unterlassung der Nutzung des Spielplatzes bzw. eines Spielgeräts verlangen, wenn sich die Lärmbelästigung als unzumutbar erweist.
Ein solcher vom Regelfall abweichender Sonderfall kann nur vorliegen, wenn besondere Umstände gegeben sind, zum Beispiel,

  • sich der Spielplatz nach Art und Größe sowie Ausstattung in Wohngebiete und die vorhandene Bebauung nicht einfügt,
  • der Umfang der Inanspruchnahme sich nicht im Rahmen des Üblichen hält,
  • der Träger des Spielplatzes sich mit der Ausstattung mit Spielgeräten und der Standortwahl rücksichtslos gegenüber Nachbarn verhalten hat und den schutzwürdigen Belangen der in unmittelbarer Nachbarschaft des Spielplatzes wohnenden Personen nicht durch die Beschränkung der Nutzungszeiten (08.00 Uhr bis 20.00 Uhr) und des Benutzerkreises (Kinder bis 14 Jahre) Rechnung getragen worden ist oder
  • wenn von den Spielgeräten – konstruktionsbedingt oder wegen schlechter Wartung – eine außergewöhnlich hohe und vom Gerätestandard abweichende Lärmbeeinträchtigung ausgeht.

Darauf hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 24.10.2012 – 8 A 10301/12 – hingewiesen und ergänzend hierzu ausgeführt, dass der Träger eines Spielplatzes sich eine missbräuchliche Benutzung des Spielplatzes durch Dritte (also Jugendliche oder Erwachsene und/oder nach 20.00 Uhr) nur dann zurechnen lassen muss, wenn die Zahl der Missbräuche über unvermeidbare gelegentliche Fälle hinausgehen und die örtlichen Gegebenheiten einen besonderen Anreiz zum Missbrauch geschaffen haben.

 

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Fahrerlaubnisentzug nach einmaligem Betäubungsmittelkonsum (ausgenommen Cannabis)?

Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (FeV) i. V. m. Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV schließt schon der nachgewiesene einmalige Konsum eines Betäubungsmittels im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) die Fahreignung aus.

Das bedeutet, dass unabhängig davon, wann und in welchem Umfang ein solcher Konsum von z. B. Amphetamin oder Ecstasy oder Kokain erfolgt ist und unabhängig davon, ob unter dem Einfluss eines solchen Betäubungsmittels ein Kraftfahrzeug geführt wurde, dem Inhaber einer Fahrerlaubnis in einem solchen Fall von der Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG), § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV zwingend die Fahrerlaubnis zu entziehen ist, ohne dass es gemäß § 11 Abs. 7 FeV der vorherigen Einholung eines Gutachtes bedarf.

Eine wegen Betäubungsmittelkonsums verloren gegangene Eignung kann erst nach mindestens einjähriger, nachgewiesener Betäubungsmittelabstinenz wieder erlangt werden.
Hinzu kommen muss eine Prognose, dass die Verhaltensänderung von Dauer ist, was sich nur bejahen lässt, wenn von einer positiven Veränderung der körperlichen Befunde ein stabiler, tiefgreifender Einstellungswandel hinzutritt, der es wahrscheinlich macht, dass der Betroffene auch in Zukunft die notwendige Abstinenz einhalten wird. Um einen solchen inneren Wandel eruieren zu können, bedarf es – gegebenenfalls neben ärztlichen Feststellungen – einer psychologischen Bewertung.

Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Ansbach mit Beschluss vom 26.09.2012 – AN 10 S 12.001517 – entschieden.

 

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Wer betrunken Fahrrad fährt riskiert nicht nur seinen Führerschein sondern auch, künftig zu Fuß gehen zu müssen.

Wer mit einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,6 Promille im Straßenverkehr Fahrrad fährt begeht eine Straftat und wird nach § 316 StGB (Strafgesetzbuch) wegen fahrlässiger (oder vorsätzlicher) Trunkenheit im Verkehr zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe verurteilt.

Ist der Täter im Besitz einer Fahrerlaubnis, kann ihm diese, weil die Trunkenheitsfahrt nicht mit einem Kraftfahrzeug, sondern mit dem Fahrrad begangen wurde (vgl. § 69 Abs. 1 StGB ) zwar vom Strafrichter im Strafverfahren nicht entzogen werden. In Betracht kommt aber eine Entziehung der Fahrerlaubnis im Verwaltungsverfahren durch die Fahrerlaubnisbehörde.
Ist vom Inhaber einer Fahrerlaubnis ein Fahrzeug bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr geführt worden, begründet dies nämlich Bedenken, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Bei Vorliegen eines solchen Sachverhalts ist die Führerscheinbehörde nach §§ 46 Abs. 3, 3 Abs. 2, 13 Satz 1 Nr. 2 FeV (Fahrerlaubnis-Verordnung) verpflichtet von dem Betreffenden die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu fordern. Ergibt das Gutachten, dass von ihm das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden kann und mit neuen Alkoholfahrten gerechnet werden muss, die sowohl mit einem Kraftfahrzeug als auch mit fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen stattfinden könnten, fehlt dem Betreffenden infolge Alkoholmissbrauchs die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen. Ihm muss dann zwingend von der Fahrerlaubnisbehörde nicht nur gemäß § 3 Abs. 1 StVG (Straßenverkehrsgesetz), § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV die Fahrerlaubnis entzogen, sondern auch gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV das Führen von Fahrrädern und fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen (z.B. Mofas) auf öffentlichen Straßen untersagt werden.
Nach Beendigung des Missbrauchs ist eine Fahreignung erst dann wieder gegeben, wenn die Änderung des Trinkverhaltens gefestigt ist.

Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Bayreuth mit Beschluss vom 16.03.2012 – B 1 S 12.136 – entschieden.

 

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Verkehrsrecht – Wann droht Fahrtenbuchauflage

Gemäß § 31 a Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) kann die Verwaltungsbehörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein Fahrzeug die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Behörde nach einer nachweislich stattgefundenen Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht in der Lage war den Täter zu ermitteln, obwohl sie alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Verstoß zu einer konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer geführt hat. Bereits die erstmalige Begehung eines wenigstens mit einem Punkt bewerteten Verkehrsverstoßes bietet hinreichenden Anlass für eine Fahrtenbuchauflage.
Dass ein beschuldigter Fahrzeughalter von dem ihm zustehenden Recht zu schweigen oder zu leugnen Gebrauch macht, steht der Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuchs nicht entgegen. Diese Rechte dienen dem Schutz vor der Verfolgung einer Tat als Straftat oder Ordnungswidrigkeit, nicht jedoch vor Präventionsmaßnahmen zur Abwehr von Gefahren des Straßenverkehrs.

Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Trier mit Beschluss vom 20.12.2011 – 1 L 1538/11.TR – entschieden.

 

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Fahrerlaubnisentzug wegen Verdacht auf Cannabiskonsum?

Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechende Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV).

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) i. V. m. § 46 Abs. 1 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr erweist.

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV i. V. mit § 46 Abs. 1 FeV ordnet die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung der Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis an, dass ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3 FeV) beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass die Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes vorliegt.
Weigert der Betroffene sich, sich untersuchen zu lassen oder bringt er das von der Fahrerlaubnisbehörde geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, so darf die bei ihrer Entscheidung gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Schluss auf die Nichteignung ist jedoch nur zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist.

Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bremen mit Beschluss vom 15.02.2012 – 2 B 334/11 – entschieden.

 

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Verkehrsrecht – Fahrerlaubnisentzug aufgrund hohen Alters?

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) i. V. m. § 46 Abs. 1 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn ein Betroffener aktuell zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr nicht mehr als geeignet angesehen werden kann bzw. ungeeignet ist.
Das hohe Alter eines Betroffenen rechtfertigt für sich genommen die Annahme einer Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen noch nicht und auch nicht jeder altersbedingte Abbau der geistigen und körperlichen Kräfte bietet Anlass für eine Entziehung oder Beschränkung der Fahrerlaubnis. Hinzutreten muss vielmehr, dass es im Einzelfall, wofür hinreichende Anhaltspunkte bestehen müssen, zu nicht mehr ausreichend kompensierbaren, für die Kraftfahreignung relevanten Ausfallerscheinungen oder Leistungsdefiziten gekommen ist.
Dass ein Betroffener die Entziehung seiner Fahrerlaubnis als gravierende Verschlechterung seiner Lebensqualität empfindet, muss in einem solchen Fall im Hinblick auf seine eigene Sicherheit und die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer zurückstehen.

Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 02.05.2012 – OVG 1 S 25.12 – entschieden.

 

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