Tag Werbung

Wichtig zu wissen für alle, die sich verpflichten wollen oder verpflichtet haben, gegen Entgelt Werbung auf ihrem Fahrzeug

…. anzubringen

Mit Urteil vom 07.11.2018 – XII ZR 109/17 – hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass auf einen Vertrag, der beinhaltet,

  • gegen Entgelt

Werbung

  • auf einer genau festgelegten bzw. bezeichneten Fläche

auf einem Fahrzeug

  • anzubringen und
  • über die gesamte Vertragsdauer dort angebracht zu halten,

die Vorschriften über den Mietvertrag anzuwenden sind und

  • nicht die Vorschriften über den Werkvertrag.

Danach steht in einem solchen Fall als versprochene vertragscharakteristische Leistung im Vordergrund

  • nicht die – als Werkleistung anzusehende – Anbringung der Werbung auf dem Fahrzeug,
  • sondern die nachfolgend dauerhafte Bereitstellung der Werbefläche

und liegt in der Zurverfügungstellung einer konkreten Werbefläche auf einem Fahrzeug,

  • ebenso wie bei Reklame an Straßenbahnen,

eine Gebrauchsüberlassung gemäß § 535 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vor, bei der es einer Besitzverschaffung ausnahmsweise nicht bedarf.

Werbung für Schönheitsoperationen mit Vorher-/Nachher-Bildern ist unzulässig

Der für Wettbewerbssachen zuständige 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz hat mit Urteil vom 08.06.2016 – 9 U 1362/15 – den Eigentümer einer Klinik,

  • in der Schönheitsoperationen durchgeführt werden und
  • der auf einer Internetseite seine Leistungen unter anderem durch eine Zusammenstellung von Bildern päsentiert hatte, die Patientinnen vor und nach einem von ihm durchgeführten plastisch-chirurgischen Eingriff zeigen,

dazu verurteilt, es künftig zu unterlassen, für Schönheitsoperationen mit diesen sog. Vorher-/Nachher-Bildern zu werben.

Zur Begründung verwies der Senat auf die Bestimmung des § 11 Absatz 1 Satz 3 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG), nach der für Schönheitsoperationen nicht mit einer vergleichenden Darstellung des Körperzustandes oder des Aussehens vor und nach dem Eingriff geworben werden darf.
Da danach die Werbung mit Vorher-/Nachher-Bildern ausnahmslos verboten ist, änderte sich an der der Unzulässigkeit der Bilddarstellung nach Auffassung des Senats auch dadurch nichts, dass die Bilder auf der Internetseite erst nach einer Registrierung aufgerufen werden konnten und im Übrigen darauf hingewiesen wurde, dass das Bildmaterial nur den Patienten zugänglich gemacht werden soll, die sich schon eingehend informiert haben (Quelle: Pressemitteilung des OLG Koblenz vom 22.06.2016).

Wann kann wegen unzulässiger Telefonwerbung (auch) Schadensersatz verlangt werden?

Wird mit einem Telefonanruf

  • gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige Einwilligung oder
  • gegenüber einem sonstigen Marktteilnehmer ohne dessen zumindest mutmaßliche Einwilligung

geworben, liegt gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) eine unzumutbare Belästigung vor.

Möchte man wegen erfolgter Verletzung dieser Bestimmung in Verbindung mit § 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB (vgl. zur unverlangten Zusendung von E-Mails Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 20.05.2009 – I ZR 218/07 – und Urteil vom 12.09.2013 – I ZR 208/12 –) – neben künftiger Unterlassung auch – Schadensersatz verlangen,

  • muss einem allerdings ein in den Schutzbereich des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG fallender Schaden entstanden sein,

weil ersatzfähig nur der Schaden ist, der vom Schutzbereich der verletzten Norm erfasst ist (BGH, Urteile vom 22.09.1999 – I ZR 48/97 – und vom 04.07.2014 – V ZR 229/13 –).

  • Eine Haftung besteht damit nur für diejenigen äquivalent und adäquat verursachten Schadensfolgen, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen oder die verletzte Vertragspflicht übernommen wurde (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 26.02.2013 – VI ZR 116/12 –).

Bewahren soll die Bestimmung des § 7 UWG Verbraucher und Marktteilnehmer vor einer unzumutbaren Belästigung (§ 7 Abs. 1 Satz 1 UWG).
Gegenstand des Schutzes ist die Verhinderung des Eindringens des Werbenden in die Privatsphäre des Verbrauchers und die geschäftliche Sphäre, insbesondere die Ungestörtheit der Betriebsabläufe des sonstigen Marktteilnehmers.

Es soll verhindert werden,

  • dass dem Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer Werbemaßnahmen gegen seinen erkennbaren oder mutmaßlichen Willen aufgedrängt werden (vgl. BGH, Urteile vom 01.04.2004 – I ZR 227/01 –; vom 09.09.2004 – I ZR 93/02 –; vom 01.06.2006 – I ZR 167/03 –; vom 11.03.2010 – I ZR 27/08 – und vom 03.03.2011 – I ZR 167/09 –) und darüber hinaus,
  • dass die belästigende Werbung zu einer Bindung von Ressourcen des Empfängers (z.B. Zeitaufwand, Kosten für Faxpapier, Vorhaltekosten von Empfangseinrichtungen, Entsorgungskosten) führt.

Dagegen bezweckt § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG nicht den Schutz der Entscheidungsfreiheit der Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer.
Das Erfordernis einer über die Belästigung hinausgehenden Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit, etwa unter dem Gesichtspunkt der Überrumpelung, lässt sich dem Wortlaut der Bestimmung des § 7 UWG nicht entnehmen und die Einbeziehung der Entscheidungsfreiheit des Umworbenen in den Schutzbereich von § 7 UWG würde zudem die auch durch das Unionsrecht nahegelegten systematischen Grenzen zu § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG verwischen.

Darauf hat der I. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 21.04.2016 – I ZR 276/14 – hingewiesen.