…. noch das Recht zu, den Kaufvertrag nach §§ 312g Abs. 1, 355 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu widerrufen.
Mit Urteil vom 03.07.2019 – VIII ZR 194/16 – hat der u.a. für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Fall, in dem ein Verbraucher (§ 13 BGB) bei einer u.a. Matratzen vertreibenden Online-Händlerin, über deren Website eine Matratze zu einem Kaufpreis von 1.094,52 € bestellt hatte,
- die ihm mit einer versiegelten Schutzfolie geliefert und
- von ihm nach Erhalt worden war,
entschieden, dass
- dem Verbraucher auch noch nach Entfernung der Schutzfolie das Recht zusteht, seine auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung gemäß § 312g Abs. 1 BGB zu widerrufen.
Begründet hat der Senat dies damit, dass die Ausnahmeregelung des § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB,
- nach der das Widerrufsrecht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen nicht besteht
- bei Verträgen zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind,
- wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,
nur dann eingreift, wenn nach der Entfernung der Versiegelung der Verpackung die darin enthaltene Ware aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene
nicht mehr verkehrsfähig ist,
- weil der Unternehmer Maßnahmen, die sie unter Wahrung des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene wieder verkehrsfähig machen, nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten ergreifen könnte
und dass hiervon bei einer Matratze nicht ausgegangen werden kann, da diese,
- wie auch ein Kleidungsstück, das ebenfalls mit dem menschlichen Körper direkt in Kontakt kommen kann,
nach Rücksendung von dem Unternehmer mittels einer Behandlung, wie einer Reinigung oder einer Desinfektion, für eine Wiederverwendung durch einen Dritten und damit für ein erneutes Inverkehrbringen geeignet gemacht werden kann (Quelle: Pressemitteilung des BGH).
Beachten sollten Verbraucher allerdings, dass sie, wenn
- sie die Matratze in einem größeren Maß nutzten, als zur Feststellung ihrer Beschaffenheit, ihrer Eigenschaften und ihrer Funktionsweise nötig,
zwar das Widerrufsrecht nicht verlieren, aber für einen etwaigen Wertverlust der Ware haften können (vgl. Amtsgericht (AG) Bremen, Urteil vom 15.04.2016 – 7 C 273/15 – zum Umfang des zulässigen Matratzentests).
Übrigens:
Die Entscheidung des BGH folgt im Ergebnis und in der Begründung dem, was die Sechste Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) mit Urteil vom 27.03.2019 in der Rechtssache C-681/17 vorgegeben hat, da § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB auf die gleichlautende europarechtliche Vorschrift des Art. 16 Buchst. e der Verbraucherrechterichtlinie zurück geht, die der deutsche Gesetzgeber vollständig in deutsches Recht umsetzen wollte.