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AG Charlottenburg verurteilt Wohnungsunternehmen wegen Diskriminierung eines Wohnungssuchenden bei Bewerbung

…. um eine Wohnung zur Zahlung einer Entschädigung nach § 21 Abs. 2 Satz 3 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG).

Mit Urteil vom 14.01.2020 – 203 C 31/19 – hat das Amtsgericht (AG) Charlottenburg in einem Fall, in dem ein Wohnungssuchender 

  • mit einem türkisch klingenden Namen, 

bei Bewerbungen 

  • bei einem großen Wohnungsunternehmen 

um Wohnungsbesichtigungen,

  • bei Angabe seines Namens und seiner Kontaktdaten in dem von ihm auszufüllendem Online-Formular

jeweils Absagen und

  • bei Angabe eines deutsch klingenden Namens, 

jeweils Einladungen zur Wohnungsbesichtigung erhalten hatte, das Wohnungsunternehmen verurteilt, dem Wohnungsbewerber,

  • wegen Diskriminierung aufgrund seiner ethnischen Herkunft,

nach § 21 Abs. 2 Satz 3 AGG eine Entschädigung von 3.000 Euro zu zahlen.

Begründet hat das AG dies damit, dass 

  • das durchgeführte sogenannte Testing-Verfahren im Bereich der Wohnungsmiete zulässig und 

durch 

  • die erhaltenen Absagen bei der Angabe seines türkisch klingenden Namens sowie 
  • die erhaltenen Einladungen zur Wohnungsbesichtigung bei Angabe eines deutsch klingenden Namens,  

die Vermutung gerechtfertigt sei, dass der Wohnungssuchende allein wegen seines türkisch klingenden Namens keine Einladung zu einem Besichtigungstermin erhalten habe, worin,

  • nachdem er weniger günstig behandelt worden sei, als eine Peron mit deutsch klingendem Namen,

eine schuldhafte Diskriminierung wegen seiner ethnischen Herkunft nach § 19 Abs. 2 AGG liege.

BVerwG entscheidet, dass, ohne krankheitsbedingte Notlage, kein Anspruch auf Zugang zu Betäubungsmitteln zum

…. Zweck der Selbsttötung besteht und nur in extremen Ausnahmesituationen

  • für schwer und unheilbar Erkrankte

der Zugang zu einem Betäubungsmittel zur Selbsttötung nicht verwehrt werden darf.

Mit Urteil vom 28.05.2019 – 3 C 6.17 – hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in einem Fall, in dem Eheleute,

  • weil sie wünschten, dass ihr Leben zu einem Zeitpunkt enden solle, in dem sie noch handlungsfähig und von schweren Erkrankungen verschont sind,

zum Zweck einer gemeinsamen Selbsttötung jeweils 15 g Natrium-Pentobarbital erwerben wollten und ihnen die Erlaubnis für diesen Erwerb,

  • die sie nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) benötigten,

vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nicht erteilt worden war, entschieden, dass

  • das BfArM die Erlaubnis zu Recht versagt hat.

Begründet hat das BVerwG dies damit, dass gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG die Erlaubnis zum Erwerb eines Betäubungsmittels zu versagen ist, wenn sie nicht mit dem Zweck des Betäubungsmittelgesetzes vereinbar ist, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen,

  • die Erlaubniserteilung damit voraussetze, dass die Verwendung des beantragten Betäubungsmittels eine therapeutische Zielrichtung habe, also dazu diene, Krankheiten oder krankhafte Beschwerden zu heilen oder zu lindern,

und

  • 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG danach, mangels Vereinbarkeit mit dem Ziel des Betäubungsmittelgesetzes, die menschliche Gesundheit und das Leben zu schützen, die Erteilung einer Erwerbserlaubnis zum Zweck der Selbsttötung grundsätzlich ausschließe (Quelle: Pressemitteilung des BVerwG vom 28.05.2019).

Nur schwer und unheilbar kranken Personen,

  • die ihren Willen (noch) frei bilden und entsprechend handeln können,
  • die wegen ihrer unerträglichen Leidenssituation frei und ernsthaft entschieden haben, ihr Leben beenden zu wollen und
  • denen keine zumutbare Alternative – etwa durch einen palliativmedizinisch begleiteten Behandlungsabbruch – zur Verfügung stehe,

dürfe im Lichte der Verfassung,

  • da das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) auch das Recht umfasse zu entscheiden, wie und zu welchem Zeitpunkt ihr Leben beendet werden soll,

vom Staat der Zugang zu einem verkehrs- und verschreibungsfähigen Betäubungsmittel das ihnen eine würdige und schmerzlose Selbsttötung ermöglicht, nicht verwehrt werden (BVerwG, Urteil vom 02.03.2017 – 3 C 19.15 –).

BGH entscheidet: Der Zugang zu einem Facebook-Account ist vererbbar

Mit Urteil vom 12.07.2018 – III ZR 183/17 – hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass der Vertrag über ein Benutzerkonto bei einem sozialen Netzwerk zwischen dem Nutzer und dem Betreiber des sozialen Netzwerks,

  • sofern die Vererblichkeit nicht wirksam durch die vertraglichen Bestimmungen ausgeschlossen ist,

im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf die Erben des ursprünglichen Kontoberechtigten übergeht und diese,

  • einen Anspruch gegen den Netzwerkbetreiber auf Zugang zu dem Konto
  • einschließlich der darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalte haben.

Danach

  • sind Klauseln über die Versetzung eines Accounts nach dem Tod eines Facebook-Nutzersin den sog. Gedenkzustand nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB unwirksam und
  • steht dem Anspruch des Erben auf Zugang zu dem Konto, einschließlich der darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalte,
    • da ein Erbe vollständig in die Position des Erblassers einrückt und somit jedenfalls nicht „anderer“ im Sinne von § 88 Abs. 3 Telekommunikationsgesetz (TKG) ist, weder das Fernmeldegeheimnis entgegen,
    • noch die seit 25.05.2018 geltende Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO), weil,
      • nachdem die Verordnung nur lebende Personen schützt, datenschutzrechtliche Belange eines Erblassers nicht betroffen sind und
      • die der Übermittlung und Bereitstellung von Nachrichten und sonstigen Inhalten immanente Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Kommunikationspartner eines Erblassers sowohl nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Var. 1 DS-GVO als auch nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DS-GVO zulässig ist (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 12.07.2018).

Ob Erben eines Verstorbenen auch den Facebook-Account des Erblassers mitsamt den gespeicherten Inhalten erben, Erben also

…. in einen vom Erblasser zur Nutzung der Facebook-Dienste abgeschlossenen Vertrag eintreten (können),

  • so dass die Erben Anspruch auf Zugang zu dem Facebook-Account des Verstorbenen haben

und

  • ob das ggf. auch dann gilt, wenn der Account des Facebook-Nutzers nach dessen Tod in den sog. Gedenkzustand versetzt worden ist,

wird vom Bundesgerichtshof (BGH) am 12.07.2018 (III ZR 183/17) in letzter Instanz in einem Fall entschieden werden, in dem dieEltern und Erben einer Tochter,

  • die im Alter von 15 Jahren unter ungeklärten Umständen durch eine in einen Bahnhof einlaufende U-Bahn tödlich verletzt worden ist,

mit Facebook Ireland Limited (im Folgenden: Facebook) darüber streiten,

  • ob Facebook ihnen Zugang zu dem vollständigen Benutzerkonto ihrer verstorbenen Tochter und den darin enthaltenen Kommunikationsinhalten gewähren muss.

In erster Instanz ist der Klage der Eltern und Erben,

  • die sich erhoffen, über den Facebook-Account ihrer Tochter und die dort ausgetauschten Nachrichten und Posts mehr über den Tod ihrer Tochter zu erfahren,
  • insbesondere auch, ob es sich um einen Selbstmord gehandelt haben könnte,

von der 20. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Berlin mit Urteil vom 17.12.2015 – 20 O 172/15 – stattgegeben worden.

Auf die von Facebook gegen dieses Urteil eingelegte Berufung hat das Kammergericht (KG) in Berlin in II. Instanz mit Urteil vom 31.05.2017 – 21 U 9/16 –

  • ohne zu entscheiden, ob Erben in die Rechte und Pflichten eines vom Erblasser zur Nutzung der Facebook-Dienste abgeschlossenen Vertrages, jedenfalls soweit es um den Erhalt des Leserechts geht, einrücken können,

die Klage der Eltern und Erben gegen Facebook mit der Begründung abgewiesen, dass

  • die Eltern und Erben schon aufgrund des Fernmeldegeheimnisses (§ 88 Telekommunikationsgesetz – TKG) keinen Zugang zum Facebook-Account der Verstorbenen erhalten können,
  • weil dem nicht von allen Kommunikationspartnern, die mit dem Verstorbenen Kommunikationsinhalte ausgetauscht haben, die nur für diese beiden Nutzer oder nur einen eingeschränkten Personenkreis bestimmt gewesen sind, zugestimmt haben

und

  • sich ein Anspruch der Eltern auf Zugang zum Benutzerkonto ihres minderjährigen Kindes auch nicht aus dem Recht der elterlichen Sorge oder dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Eltern ableiten lasse.

Der BGH scheint nicht dieser Ansicht zu sein,

  • sondern sieht, wie er in der mündlichen Verhandlung angedeutet hat, keinen Grund, elektronische Nachrichten anders zu behandeln als Briefe, die dem Erben unabhängig von ihrem persönlichen Gehalt zugänglich sind

und neigt deshalb dazu, digitales Erbe grundsätzlich ebenso zu behandeln wie analoges Erbe, so dass demzufolge,

  • sollte die konkrete Ausgestaltung des Vertrages mit Facebook eine Vererbbarkeit des Rechtsverhältnisses nicht ausschließen,

Erben auch in einen Vertrag mit Facebook eintreten könnten (Quelle; Die juristische Presseschau vom 22.06.2018).

Was Nutzer eines Fernsehkabelanschlusses wissen sollten

Mit (noch nicht rechtskräftigem) Urteil vom 24.10.2017 – 283 C 12006/17 – hat das Amtsgericht (AG) München entschieden, dass der vorübergehende Verlust des digitalen Fernsehkabelanschlusses,

  • so dass zeitweise kein Fernsehempfang über den Kabelanschluss möglich ist,

jedenfalls dann

  • gegen den, der sich zur Bereitstellung des Kabelanschlusses verpflichtet hat,

keinen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung begründet, wenn

  • entweder ein terrestrischer Fernsehempfang möglich ist
  • oder, sollte das nicht der Fall sein, zumindest ein Internetzugang zur Verfügung steht.

Denn, so das AG, da (auch) über das Internet bspw. über Livestreams der Konsum einer Vielzahl von Programmen ermöglicht werde sowie das Informationsbedürfnisse hinreichend gestillt werden könne, stehe in diesen Fällen ein in etwa gleichwertiger Ersatzgegenstand zur Verfügung.

Davon abgesehen, stellt nach Auffassung des AG aber auch der zeitweise Ausfall des Fernsehempfangs (in dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall waren es 32 Tage),

schon mangels signifikanter Auswirkung auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung, keinen ersatzfähigen Vermögensschaden dar (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 02.03.2018).

Wichtig für Vermieter und Mieter zu wissen, wenn wegen Mietrückstands das Mietverhältnis fristlos gekündigt worden ist

Mit Urteil vom 27.09.2017 – VIII ZR 193/16 – hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass, wenn

  • ein Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder
  • in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht und

durch Auflauf eines Mietrückstands in dieser Höhe das Recht des Vermieters zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a bzw. Buchst. b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entstanden ist,

  • dieses Kündigungsrecht nach § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB nur ausgeschlossen wird, durch eine
    • vor Zugang der Kündigungserklärung erfolgte
    • vollständige Zahlung des Rückstandes

und dass bei der Beurteilung, ob der Zahlungsrückstand des Mieters die Miete für einen Monat übersteigt (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB),

  • nicht auf die (berechtigterweise) geminderte Miete abzustellen ist,
  • sondern auf die vertraglich vereinbarte Gesamtmiete.

Nur dann, wenn in den Fällen des Mietzahlungsverzuges nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, § 569 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 BGB

  • bis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung
  • die gesamten Mietrückstände vom Mieter ausgeglichen worden sind,

ist dem Vermieter, so der Senat, eine Fortsetzung des Mietverhältnisses zuzumuten.

Andernfalls hätte es nämlich, so der Senat weiter, der Mieter in der Hand, einer berechtigten fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB – gegebenenfalls auch mehrfach – dadurch zu entgehen bzw. eine solche Kündigung dadurch zu unterlaufen, dass er

  • lediglich eine Teilzahlung vornimmt,
  • die den Gesamtrückstand (knapp) unter die Grenze des für eine solche Kündigung erforderlichen Betrages verringert.

Erben haben auf den Facebook-Account des Erblassers jedenfalls dann keinen Zugriff

…. wenn die Zustimmung hierzu nicht von allen, die mit der Verstorbenen kommuniziert haben, erteilt worden ist.

Das hat das Kammergericht (KG) in Berlin mit Urteil vom 31.05.2017 – 21 U 9/16 – entschieden und die Klage einer Mutter,

  • die den Zugang zu dem Facebook-Account ihres verstorbenen Kindes zusammen mit dem Kindesvater aus Erbrecht durchsetzen wollte,

abgewiesen.

Nach Auffassung des KG erstreckt sich

  • der Schutz des Fernmeldegeheimnisses nämlich nicht nur auf E-Mails, die auf den Servern von einem Provider gespeichert sind (so Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 16.06.2009 – 2 BvR 902/06 –),
  • sondern auch auf sonstige bei Facebook gespeicherte Kommunikationsinhalte, die nur für Absender und Empfänger oder jedenfalls einen beschränkten Nutzerkreis bestimmt sind,

so dass dem Anspruch eines Erben, Einsicht in die Kommunikation der Tochter mit Dritten zu erhalten, jedenfalls dann das Fernmeldegeheimnis nach dem Telekommunikationsgesetz entgegen steht,

  • wenn nicht alle diejenigen, die in einem Zwei-Personen-Verhältnis mit der Verstorbenen kommuniziert haben, auf den Schutz des Fernmeldegeheimnisses verzichtet haben.

Da ein solcher Verzicht aller Kommunikationspartner in dem seiner Entscheidung zugrunde liegendem Fall nicht vorlag und schon deswegen jedenfalls den Eltern als Erben kein Anspruch auf Zugang zu dem Account ihrer verstorbenen Tochter zustand, ließ das KG es offen, ob Erben überhaupt in die Rechte und Pflichten eines solchen Vertrages, jedenfalls soweit es um den Erhalt der Leserecht geht, einrücken können (Quelle: Pressemitteilung des KG vom 31.05.2017 – 30/2017 –).

Haben Erben eines Verstorbenen Anspruch auf Zugang zu dessen Facebook-Account?

Mit dieser Frage befasst ist derzeit der 21. Zivilsenat des Kammergerichts (KG) Berlin der in einem Berufungsverfahren (Az.: 21 U 9/16), nachdem das Landgericht (LG) Berlin in erster Instanz in einem Rechtsstreit zwischen

  • Eltern als Erben eines verstorbenen minderjährigen Kindes und
  • dem Unternehmen Facebook Ireland Ltd., das das soziale Netzwerk Facebook betreibt,

mit Urteil vom 17.12.2015 – 20 O 172/15 – entschieden hat,

  • dass das Unternehmen Facebook Ireland Ltd. den Eltern Zugang zu dem vollständigen Benutzerkonto und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten ihres verstorbenen Kindes bei dem sozialen Netzwerk Facebook unter dem Nutzerkonto …. gewähren muss

und gegen diese Entscheidung von dem Unternehmen Facebook Ireland Ltd. Berufung eingelegt worden ist.

Sofern zwischen den Parteien keine vergleichsweise Einigung zustande kommt, muss der Senat entscheiden,

  • ob, wie vom LG angenommen, ein Vertrag mit Facebook, jedenfalls hinsichtlich des „passiven Leserechts“ vererblich ist, d.h. den Tod des Nutzers überdauert oder ob die Zugangsberechtigung mit dem Tod des Nutzers ebenso endet wie eine Vereinsmitgliedschaft als höchstpersönliches Recht mit dem Tod eines Mitglieds,
  • ob, sollte der Nutzungsvertrag mit Facebook grundsätzlich nicht verblich sein, Besonderheiten bei dem Tod eines minderjährigen Kindes für die ehemals sorgeberechtigten Eltern gelten und
  • ob, falls die Erben den Zugang zu Facebook im Sinne eines passiven Leserechts geerbt haben sollten, es nach deutschem oder irischem Recht Verbotsvorschriften gibt, die es Facebook untersagen, die Daten eines verstorbenen Facebook-Nutzers den Erben als Dritten zur Kenntnis zu geben.
    Abhängen wird dies u.a. davon, ob das Gericht von einer Anwendbarkeit des Telekommunikationsgesetz (TKG) auf die Nutzung eines Facebook-Kontos ausgeht oder nicht und falls ja, ob es für einen Verzicht auf den Schutz des Fernmeldegeheimnisses (vgl. § 88 Abs. 3 TKG) ausreicht, dass der Nutzer zu seinen Lebzeiten seinen späteren Erben die Zugangsdaten zu seinem Account gegeben hat (Quelle: Pressemitteilung des KG vom 25.04.2017 – 22/2017 –).

BVerwG entscheidet: In extremen Ausnahmesituationen darf Zugang zu einem Betäubungsmittel zur Selbsttötung nicht verwehren werden

Da das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG)

  • eines schwer und unheilbar kranken Patienten,
  • der seinen Willen frei bilden und entsprechend handeln kann,

auch das Recht umfasst zu entscheiden,

  • wie und zu welchem Zeitpunkt sein Leben beendet werden soll,

darf ihm vom Staat in extremen Einzelfällen der Zugang zu einem verkehrs- und verschreibungsfähigen Betäubungsmittel nicht verwehrt werden, das dem Patienten eine würdige und schmerzlose Selbsttötung ermöglicht.

Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Urteil vom 02.03.2017 – 3 C 19.15 – in einem Fall entschieden, in dem eine Frau beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Erlaubnis zum Erwerb einer tödlichen Dosis eines Betäubungsmittels beantragt hatte, weil sie

  • seit einem Unfall im Jahr 2002 unter einer hochgradigen, fast kompletten Querschnittslähmung litt,
  • vom Hals abwärts gelähmt war,
  • künstlich beatmet werden musste,
  • aufgrund häufiger Krampfanfälle starke Schmerzen hatte sowie
  • auf ständige medizinische Betreuung und Pflege angewiesen war und

wegen dieser von ihr als unerträglich und entwürdigend empfundenen Leidenssituation den Wunsch hatte, aus dem Leben zu scheiden.

Wie das BVerwG ausgeführt hat, müsse im Lichte des verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrechts eine Ausnahme

  • von den Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes, nach denen es grundsätzlich nicht möglich sei, den Erwerb eines Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung zu erlauben,

für schwer und unheilbar kranke Patienten gemacht werden, wenn

  • sie wegen ihrer unerträglichen Leidenssituation frei und ernsthaft entschieden haben, ihr Leben beenden zu wollen und
  • ihnen keine zumutbare Alternative – etwa durch einen palliativmedizinisch begleiteten Behandlungsabbruch – zur Verfügung steht.

Ob ein solcher Ausnahmefall vorliegt und deshalb die Erlaubnis zu erteilen ist, hat das BfArM nach der Entscheidung des BVerwG zu prüfen (Quelle: Pressemitteilung des BVerwG vom 02.03.2017 – Nr. 11/2017 –).

Was Internetanschlussinhaber wissen sollten, die wegen Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommenen werden

Das Amtsgericht (AG) Mannheim hat mit Urteil vom 18.01.2017 – 10 C 1780/16 – entschieden, dass ein von einem Rechteinhaber wegen Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommener Inhaber eines Internetanschlusses,

  • der bestreitet, dass die Urheberechtsverletzung von ihm begangen worden ist und
  • der darüber hinaus unwiderlegt vorträgt, dass seine im gleichen Haushalt lebenden, erwachsenen Familienangehörigen ebenfalls Zugriff auf den Computer haben,

damit seiner sekundären Einlassungslast nachgekommen ist,

  • da mehr von ihm nicht verlangt werden kann,

so dass aufgrund dessen,

  • weil die sekundäre Darlegungslast nicht zur Umkehr der Beweislast führt, sondern diese beim Rechteinhaber verbleibt,
  • der Rechteinhaber nunmehr wieder die Beweislast dafür trägt, dass seine urheberrechtlich geschützte Rechtsposition von dem Anschlussinhaber als Störer verletzt worden ist.

Danach hat ein Anschlussinhaber, der,

  • wenn auch andere Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetzugang hatten,
  • diese benennt,

damit seiner sekundären Einlassungslast genügt, weil, so das AG,

  • sich daraus bereits die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufes als die seiner Alleintäterschaft ergibt und
  • ein Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zwar zu Nachforschungen verpflichtet ist, ob und ggf. welche anderen Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen,
  • es ihm aber im Lichte des Art. 6 Grundgesetz (GG) nicht zuzumuten ist eigene Ermittlungen anzustellen, wer möglicherweise als Täter des behaupteten Urheberrechtsverstoßes in Betracht kommt.

Nach Auffassung des AG sollen jedenfalls in einem Mehrpersonenhaushalt von einem Anschlussinhaber im Rahmen der sekundären Darlegungslast keine weitergehenden Angaben verlangt werden können.

Lediglich bei einem 1-Personen-Haushalt soll regelmäßig Voraussetzung für die Erfüllung der sekundären Darlegungslast sein, dass der Anschlussinhaber, unter Beachtung der ihm obliegenden prozessualen Wahrheitspflicht, vortragen kann, dass sich

  • weder die streitgegenständliche Datei,
  • noch eine entsprechende Filesharing Software auf seinem Rechner befindet,

da für diesen Fall eine täterschaftliche Handlung ausgeschlossen ist.