Unwirksame Verfügung eines Ehegatten über sein Vermögen im Ganzen – Wann liegt sie vor?

Unwirksame Verfügung eines Ehegatten über sein Vermögen im Ganzen – Wann liegt sie vor?

Nach § 1365 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) kann sich ein Ehegatte nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen und sofern er sich dazu ohne Zustimmung des anderen Ehegatten verpflichtet hat, so kann er die Verpflichtung nur erfüllen, wenn der andere Ehegatte einwilligt.

Diese Vorschrift greift nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht nur dann ein, wenn das Geschäft auf die Übertragung des gesamten Vermögens als solches gerichtet ist, sondern auch, wenn ein einzelner Vermögensgegenstand veräußert wird, der im Wesentlichen das ganze Vermögen des Veräußerers darstellt, und wenn der Vertragspartner dies weiß oder zumindest die Verhältnisse kennt, aus denen sich dies ergibt.

Eine Verfügung über das Vermögen im Ganzen kann dann vorliegen, wenn der Ehegatte – bei kleineren Vermögen – mit einem oder mehreren Einzelgegenständen mehr als 85 % seines Vermögens überträgt (zu größeren Vermögen vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 13.03.1991 – XII ZR 97/90 –).

Besteht das ganze Vermögen des Ehegatten im Wesentlichen aus einem Hausgrundstück, ist bei der Beurteilung, ob die Übertragung dieses Grundstücks durch den Ehegatten sein Vermögen im Ganzen betrifft, ein von ihm vorbehaltenes dingliches Wohnungsrecht als ihm verbleibendes Vermögen zu berücksichtigen.
Für die Beurteilung, ob eine Verfügung im Wesentlichen das ganze Vermögen eines Ehegatten erfasst, ist nämlich die Vermögenslage vor und nach der Verfügung zu betrachten. Während sich vor der Übertragung eines Grundstücks regelmäßig der – um valutierende Belastungen verringerte – Wert des Grundstücks im Vermögen des Ehegatten befand, besteht sein Vermögen nach der Übertragung (allein) in dem dinglichen Wohnungsrecht nach § 1093 BGB.
Der Berücksichtigung des Wohnungsrechts steht nicht entgegen, dass dessen Bestellung eine von der Eigentumsübertragung getrennte Verfügung ist. Jedenfalls wenn die zur Eigentumsübertragung und zur Bestellung des Wohnungsrechts erforderlichen Willenserklärungen in einem einheitlichen Vertrag abgegeben werden und miteinander stehen und fallen, hat der Veräußerer den mit dem (Haus-)Grundstück verbundenen Wert bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht vollständig aus der Hand gegeben.
Dem veräußernden Ehegatten bleibt vielmehr ein Teil des Wertes des zuvor in seinem Eigentum stehenden Grundstücks durch das Wohnungsrecht weiterhin erhalten.

Darauf hat der BGH mit Urteil vom 16.01.2013 – XII ZR 141/10 – hingewiesen.

 

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