Wann haften Tierhalter, wenn durch ein von ihnen gehaltenes Tier ein Mensch getötet oder verletzt oder eine Sache beschädigt wird, aufgrund der Verwirklichung der Tiergefahr?

Wann haften Tierhalter, wenn durch ein von ihnen gehaltenes Tier ein Mensch getötet oder verletzt oder eine Sache beschädigt wird, aufgrund der Verwirklichung der Tiergefahr?

Die in § 833 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelte 

  • Gefährdungshaftung des Tierhalters

setzt voraus, dass durch sein gehaltenes Tier

  • ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder
  • eine Sache beschädigt 

wird und dass 

  • adäquat (mit)ursächlich 

für den Eintritt dieser Rechtsgutsverletzung ein der tierischen Natur entsprechendes 

  • unberechenbares und selbständiges, eigenwilliges, nicht in vollem Umfang kontrollierbares 

Verhalten des Tieres geworden ist, wobei für die Haftung bereits eine 

  • lediglich mittelbare Schadensverursachung genügt,
    • z.B. durch einen von dem Tier in Bewegung gesetzten Gegenstand,

so dass also eine 

  • unmittelbar durch den Körper des Tieres 

verursachte Schädigung nicht erforderlich ist. 

Typische Erscheinungsformen für die 

  • selbständige Betätigung der tierischen Energie 

sind das 

  • Ausschlagen,
  • Stoßen,
  • Treten,
  • Beißen,
  • Bellen,
  • Anspringen,
  • Scheuen

sowie das

  • Durchgehen

von Tieren. 

Eine Verwirklichung der Tiergefahr liegt nicht vor, wenn 

  • keinerlei eigene Energie des Tieres an dem Geschehen beteiligt ist,
    • z.B. wenn das Tier selbst nicht tätig bzw. aktiv wird,

oder wenn das Tier lediglich

  • dem Willen und 
  • der Leitung bzw. Steuerung 

eines Menschen 

  • folgt

und somit nur 

  • unselbständig tätig ist,
    • wie das beispielsweise bei einem Pferd der Fall ist, das der Steuerung durch den Kutscher oder Reiter folgt.  

Dann ist ein Schaden, der etwa

  • durch eine unvorsichtige Lenkung des Kutschers oder eine falsche Steuerung des Reiters,

entsteht 

  • nicht durch das Tier, sondern 

durch den Menschen verursacht worden, so dass 

  • keine Haftung aus § 833 BGB, 
  • sondern vielmehr eine Haftung aus § 823 BGB 

in Betracht kommt. 

Wichtiger Hinweis:
Dass sich 

  • ein Tier im Allgemeinen unter der Herrschaft eines Menschen 

befindet, schließt eine 

  • Tierhalterhaftung aus § 833 Satz 1 BGB 

nicht zwangsläufig aus.

Denn auch 

  • die Reaktion eines Tieres auf menschliche Steuerung und 
  • die daraus resultierende Gefährdung 

kann ihren Grund 

  • in der Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens und/oder 
  • in dessen Lebendigkeit 

haben, für die der Halter nach § 833 BGB schadensersatzpflichtig ist.

Das gilt insbesondere dann, wenn ein Tier, 

  • wie etwa ein Pferd,

auf eine

  • – unter Umständen auch fehlerhafte – 

menschliche Steuerung anders 

  • als beabsichtigt

reagiert und auch in Fällen, in denen die menschliche Leitung lediglich einen 

  • Anstoß für das tierische Verhalten 

darstellt,

  • wie etwa beim (Zusich)Ruf eines Hundes,

kann sich die spezifische Tiergefahr in dem dadurch ausgelösten Verhalten verwirklichen, nämlich dem

  • mangels physischer Zugriffsmöglichkeit dann nicht mehr der menschlichen Kontrolle unterliegenden und 
  • aus der selbständigen Bewegung des Tieres, seiner Energie und Kraft sich ergebenden

unberechenbaren und selbstständigen Herlaufen des Hundes auf den Rückruf hin.

Darauf hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hingewiesen und 

die Tierhalterhaftung 

  • aus § 833 Satz 1 BGB 

in einem Fall bejaht, in dem der Hund eines Halters beim Gassigehen auf einem Feldweg von dessen Tochter  

  • von einem Mäuseloch 

zu sich gerufen worden, der Hund dem Rückruf folgend 

  • zu ihr 

zurückgerannt war, dabei seine Schleppleine, 

  • die er lose hinter sich herzog und in die eine Spaziergängerin unbemerkt geraten war, 

sich um das Bein der Spaziergängerin festgezogen hatte und diese dadurch zu Fall gekommen war.