Die Unterscheidung ist deshalb wesentlich, weil
- von einem fehlgeschlagenen Versuch ein strafbefreiender Rücktritt nach § 24 Strafgesetzbuch (StGB) nicht möglich ist,
- bei einem beendeten Versuch der strafbefreiende Rücktritt voraussetzt, dass der Täter
- den Erfolgseintritt durch eigene Tätigkeit verhindert (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StGB) oder
- sich darum bemüht, wenn der Erfolg ohne sein Zutun ausbleibt (§ 24 Abs. 1 Satz 2 StGB),
- wohingegen bei einem unbeendeten Versuch für den strafbefreienden Rücktritt nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB das bloße freiwillige Aufgeben weiterer Tatausführung und das Nichtweiterhandeln genügt.
Ein beendeter Versuch liegt vor, wenn der Täter
- nach der letzten Ausführungshandlung
- den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs für möglich hält
(sog. Rücktrittshorizont; vgl. Bundesgerichtshof (BGH) – Großer Senat -, Beschluss vom 19.05.1993 – GSSt 1/93 – ).
Eine Korrektur dieses Rücktrittshorizonts ist allerdings in engen Grenzen möglich.
Der Versuch eines Tötungsdelikts ist danach nicht beendet, wenn der Täter
- zunächst irrtümlich den Eintritt des Todes bei seinem Opfer für möglich gehalten,
- aber „nach alsbaldiger Erkenntnis seines Irrtums“ von weiteren Ausführungshandlungen Abstand genommen hat
(BGH, Urteile vom 01.12.2011 – 3 StR 337/11 – und vom 19.03.2013 – 1 StR 647/12 –; Beschlüsse vom 08.07.2008 – 3 StR 220/08 – und vom 07.05.2014 – 4 StR 105/14 –).
Ob von einem beendeten oder unbeendeten Versuch ausgegangen werden muss, bedarf insbesondere dann eingehender Erörterung, wenn das Opfer
- nach der letzten Ausführungshandlung
- noch – vom Täter wahrgenommen – zu körperlichen Reaktionen fähig ist, die geeignet sind, Zweifel daran aufkommen zu lassen, das Opfer sei bereits tödlich verletzt
(BGH, Beschluss vom 07.11.2001 – 2 StR 428/01 –; Urteil vom 06.03.2013 – 5 StR 526/12 –).
So liegt es in einem Fall, in dem das Opfer noch in der Lage ist, sich vom Tatort wegzubewegen (BGH, Beschluss vom 19.12.2000 – 4 StR 525/00 –; vgl. dazu etwa BGH, Beschluss vom 15.08.2001 – 3 StR 231/01 –: das Opfer verfolgte den Täter „über eine längere Strecke“; Urteil vom 11.11.2004 – 4 StR 349/04 –: das Opfer lief die Treppe von der Empore zum Eingangsbereich der Diskothek hinunter; s. weiter BGH, Urteile vom 29.09.2004 – 2 StR 149/04 – und vom 08.02.2007 – 3 StR 470/06 –).
Solche Umstände können geeignet sein, die Vorstellung eines Täters zu erschüttern, (schon) alles zur Erreichung des gewollten Erfolgs getan zu haben (BGH, Beschluss vom 08.07.2008 – 3 StR 220/08 –).
Ob ein beendeter oder unbeendeter Versuch vorliegt richtet sich in derartigen Fällen danach,
- welche subjektiven Vorstellungen der Täter hatte als er bemerkte, dass das Opfer noch in der Lage war sich fortzubewegen und
- ob er ggf. infolge des Verhaltens des Geschädigten sogleich oder jedenfalls alsbald nicht mehr davon ausging, diesen tödlich verletzt zu haben.
Darauf hat der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 17.07.2014 – 4 StR 158/14 – hingewiesen.
Von einem fehlgeschlagenen Versuch ist hingegen dann auszugehen, wenn
- die Tat nach dem Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen naheliegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder
- eine Tatvollendung objektiv zwar noch möglich ist, der Täter diese aber subjektiv nicht mehr für möglich hält. Maßgeblich dafür ist dessen Vorstellung nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 25.10.2012 – 4 StR 346/12 – und vom 08.05.2012 – 5 StR 528/11 – sowie Beschluss vom 02.11.2007 – 2 StR 336/07 –).
Ähnliche Beiträge