Wenn bei einer rechtmäßigen polizeilichen Durchsuchung die vermietete Wohnung beschädigt wird – Ansprüche des Vermieters gegen den Staat?

Wenn bei einer rechtmäßigen polizeilichen Durchsuchung die vermietete Wohnung beschädigt wird – Ansprüche des Vermieters gegen den Staat?

Wird im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens aufgrund einer richterlichen Anordnung die von dem Beschuldigten angemietete Wohnung durchsucht und werden dabei von der Polizei das zum Einsteigen benutzte Fenster beschädigt und der Teppichboden verunreinigt, kann der Vermieter der Wohnung dann Ersatz des ihm entstanden Schadens vom Staat verlangen?

Da es um die Entschädigung eines Nichtbeschuldigten geht, besteht in derartigen Fällen zwar kein Anspruch auf Entschädigung nach § 2 Abs. 1, 2 Nr. 4 des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) und, wenn die Durchsuchung der Wohnung, auch in ihrer konkreten Durchführung, rechtmäßig war (§§ 102, 105 Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO )), kein Schadensersatzanspruch nach § 839 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ), Art. 34 Grundgesetz (GG).

In Betracht kommt aber ein Entschädigungsanspruch aus enteignendem Eingriff.

Ansprüche aus enteignendem Eingriff kommen dann in Betracht, wenn an sich rechtmäßige hoheitliche Maßnahmen bei einem Betroffenen unmittelbar zu Nachteilen führen, die er aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen hinnehmen muss, die aber die Schwelle des enteignungsrechtlich Zumutbaren übersteigen.

Wird in Fällen wie dem vorliegenden, das Eigentum eines Vermieters für Zwecke der Strafverfolgung und damit im öffentlichen Interesse in Anspruch genommen und der Vermieter einem staatlichen Eingriff ausgesetzt, der ihn anders als andere Eigentümer zu einer Aufopferung im öffentlichen Interesse zwingt, handelt es sich hierbei um ein Sonderopfer, das entschädigungslos hinzunehmen dem Einzelnen nicht zuzumuten ist.

Eine fühlbare Beeinträchtigung des betroffenen Eigentums, die für die Annahme eines nicht hinzunehmenden Sonderopfers ausreicht, liegt bei der gezielten Beschädigung beziehungsweise Zerstörung von Eigentum durch strafprozessuale Zwangsmaßnahmen – abgesehen von Bagatellfällen – bereits in der Substanzverletzung. Deshalb scheidet der Ersatzanspruch in solchen Fällen auch dann nicht aus, wenn der eingetretene Schaden nur ein paar Hundert Euro beträgt.
Ob dem Vermieter möglicherweise ein Anspruch auf Schadensersatz gegen seinen Mieter zusteht ist unerheblich. Die Regelung des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach dann, wenn einem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last fällt, dieser – beziehungsweise die haftpflichtige Körperschaft (Art. 34 Satz 1 GG) – nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag, gilt nicht für andere selbständige Erstattungsansprüche gegen den Staat. Auch kann das Vorliegen eines Sonderopfers nicht vom Fehlen einer solchen anderweitigen Ersatzmöglichkeit abhängig gemacht werden.
Von dem Abverlangen eines Sonderopfers im öffentlichen Interesse und damit einem gleichheitswidrigen, entschädigungspflichtigen staatlichen Verhalten kann allerdings regelmäßig dann keine Rede sein, wenn sich der nachteilig Betroffene freiwillig in eine gefährliche Situation begeben hat, deren Folgen dann letztlich von ihm herbeigeführt und grundsätzlich selbst zu tragen sind.
Keinen Anspruch aus enteignendem Eingriff hat deshalb ein Vermieter, der weiß beziehungsweise davon erfährt oder dem es sich aufdrängen muss, dass seine vermietete Wohnung für die Begehung von Straftaten, beispielsweise die Lagerung von Diebesgut, von Drogen in nicht unerheblicher Menge benutzt wird oder werden soll, und der Vermieter gleichwohl den Mietvertrag abschließt oder von seinem Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 14.03.2013 – III ZR 253/12 – hingewiesen.

 

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