Wenn das Original eines Testaments nicht mehr auffindbar ist

Wenn das Original eines Testaments nicht mehr auffindbar ist

Die Fotokopie eines Testaments als solche erfüllt nicht die Anforderungen an ein formgültiges privatschriftliches Testament (Oberlandesgericht (OLG) Köln, Beschluss vom 14.02.2014 – 2 Wx 299/13 –).

  • Allein aus einer vorgelegten Testamentskopie kann ein Erbrecht daher nicht abgeleitet werden.
  • Das ändert aber nichts daran, dass auf andere Weise im Verfahren beim Nachlassgericht der Nachweis geführt werden kann, dass der Erblasser ein formgerechtes Testament mit dem aus der Kopie ersichtlichen Inhalt errichtet hat (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20.09.2013 – 11 Wx 14/13 –).
     

An die Beweisführung, bei der die Feststellungslast nach allgemeinen Regeln dem vom Testament Begünstigten obliegt, sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen (OLG Naumburg, Beschluss vom 29.03.2012 – 2 Wx 60/11 –). Kommt es diesbezüglich auf die Angaben von Zeugen an, ist allein schon zur Wahrung des Anwesenheits- und Fragrechts der Beteiligten allein der Strengbeweis sachgerecht. Mit eidesstattlichen Versicherungen darf das Nachlassgericht sich in dem von ihm geführten Verfahren nicht begnügen.

  • Ist der Beweis der formgültigen Errichtung und des genauen Inhalts der Verfügung erbracht, ist die Rechtslage nicht anders als bei Vorlage eines Testaments in Urschrift zu beurteilen.

 

Ein formgültiges Testament behält seine Wirkung so lange, bis es vom Erblasser wirksam widerrufen wird.
Hat der Erblasser die Urkunde vernichtet, so wird zwar vermutet, dass er damit die Aufhebung des Testaments beabsichtigt habe (§ 2255 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)).
Bevor diese Vermutung eingreift, müssen jedoch ihre Voraussetzungen feststehen.

  • Die bloße Tatsache der Unauffindbarkeit der Urkunde besagt für sich allein noch nichts;
  • sie begründet insbesondere keine tatsächliche Vermutung oder einen Erfahrungssatz, dass das Testament durch den Erblasser vernichtet worden ist.

 

Die Erteilung eines Erbscheins beim Nachweis der Errichtung eines formwirksamen Testamentes darf deshalb nicht verweigert werden,

  • weil ein Ausnahmetatbestand – Widerruf dieses Testamentes – zwar nicht feststellbar ist,
  • aber auch nicht widerlegt werden kann.

 

Die Möglichkeit, dass der Erblasser seine letztwillige Verfügung vergessen hat, reicht zur Begründung des Widerrufs nicht aus, ebenso wenig die Äußerung des Erblassers, das Testament sei ungültig.

Darauf hat der 11. Zivilsenat des OLG Karlsruhe mit Beschluss vom 08.10.2015 – 11 Wx 78/14 – hingewiesen.

 


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