Wenn die vereinbarte Funktionstauglichkeit eines Werkes technisch nicht zu verwirklichen ist – Welche Mängelrechte stehen dem Auftraggebers dann zu?

Wenn die vereinbarte Funktionstauglichkeit eines Werkes technisch nicht zu verwirklichen ist – Welche Mängelrechte stehen dem Auftraggebers dann zu?

Ist die vereinbarte Funktionalität einer Glasfassade (hier: uneingeschränkte Bruchsicherheit) technisch nicht zu verwirklichen, steht dem Auftraggeber als Mängelrecht ausschließlich ein Schadensersatzanspruch gemäß § 634 Nr. 4, § 311a Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu.

Das hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 08.05.2014 – VII ZR 203/11 – entschieden.

Nach § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Werk mangelhaft, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit nicht hat.
Welche Beschaffenheit des Werkes die Parteien vereinbart haben, ist durch Auslegung des Werkvertrages zu ermitteln. Zur vereinbarten Beschaffenheit im Sinne von § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB gehören alle Eigenschaften des Werkes, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen. Dieser bestimmt sich nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistung oder Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll. Dies gilt unabhängig davon, ob die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart haben oder die anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden sind.
Ist die Funktionstauglichkeit für den vertraglich vorausgesetzten oder gewöhnlichen Gebrauch vereinbart und dieser Erfolg mit der vertraglich vereinbarten Leistung oder Ausführungsart oder den anerkannten Regeln der Technik nicht zu erreichen, schuldet der Unternehmer die vereinbarte Funktionstauglichkeit (BGH, Urteil vom 08.11.2007 – VII ZR 183/05 –).

Birgt nach den Vorgaben des Auftraggebers das Werk (hier: Glasfassade) ein Risiko (hier: keine uneingeschränkte Bruchsicherheit), das der Besteller erkennbar nicht übernehmen will, muss der Unternehmer, wenn er dieses Risiko auch nicht tragen will, diesen darauf hinweisen und mit ihm vertraglich einen Ausschluss des Risikos vereinbaren (BGH, Urteil vom 11.11.1999 – VII ZR 403/98 –).
Das hat der VII. Zivilsenat des BGH gerade in den Fällen entschieden, in denen es darum ging, ob die vereinbarte Ausführung in der Lage ist, die nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion zu erfüllen (BGH, Urteil vom 04.06.2009 – VII ZR 54/07 –).
Ist durch die vom Besteller gewünschte Ausführung die nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion erkennbar gefährdet oder nicht erreichbar, kann der Unternehmer den Besteller nicht im Ungewissen lassen und für den Fall der Risikoverwirklichung die Auffassung vertreten, die Wahl einer bestimmten Ausführungsweise führe dazu, dass die vereinbarte Funktionstauglichkeit eine andere sei als der Besteller sich vorgestellt habe.

Ist bei dem Werk (hier: Glasfassade) die nach dem Vertrag vereinbarte Funktionalität (hier: uneingeschränkte Bruchsicherheit) nicht erreichbar, liegt ein Fall der dauerhaften objektiven Unmöglichkeit im Sinne von § 275 Abs. 1 2. Fall BGB vor.
Die Folge der Unmöglichkeit ist das Entfallen des Erfüllungsanspruches und damit ebenso des Nacherfüllungsanspruches (§ 634 Nr. 1, § 635 Abs. 1 BGB) und des Selbstvornahmerechts einschließlich des Vorschussanspruches gemäß § 634 Nr. 2, § 637 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 23.11.2000 – VII ZR 242/99 –).

Dem Auftraggeber steht dann aber ein Schadensersatzanspruch unter den Voraussetzungen von § 634 Nr. 4, § 311a Abs. 2 BGB zu.
Die in § 311a Abs. 2 BGB geregelte Schadensersatzpflicht umfasst auch die Erstattung von Folgeschäden. Nach dem mit der Konzeption des § 311a Abs. 2 BGB einhergehenden Willen des Gesetzgebers tritt § 311a Abs. 2 BGB als eigenständige Anspruchsgrundlage an die Stelle von § 280 BGB, so dass es für Folgeschäden eines Rückgriffs auf diese Norm nicht bedarf.
Damit gilt für alle Schadenspositionen einheitlich der Verschuldensmaßstab des § 311a Abs. 2 Satz 2 BGB.
Eine Haftung des Auftragnehmers ist deshalb nur ausgeschlossen, wenn er das dem Werk anhaftende Risiko nicht kannte und diese Unkenntnis nicht zu vertreten hat. 

 


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