Wenn ein bei einem Verkehrsunfall Geschädigter den Ersatz fiktiver Reparaturkosten begehrt

Wenn ein bei einem Verkehrsunfall Geschädigter den Ersatz fiktiver Reparaturkosten begehrt

Begehrt ein Geschädigter, dessen Auto bei einem Verkehrsunfall beschädigt worden ist, Ersatz der fiktiver Reparaturkosten, kann er, sofern die Voraussetzungen für eine fiktive Schadensberechnung vorliegen, gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) grundsätzlich die Erstattung der üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt verlangen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat.
Dieser Anspruch auf Ersatz der in einer markengebundenen Vertragswerkstatt anfallenden Reparaturkosten besteht in der Regel unabhängig davon, ob der Geschädigte sein Fahrzeug tatsächlich voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lässt (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 29.04.2003 – VI ZR 398/02 –; vom 20.10.2009 – VI ZR 53/09 –; vom 22.06.2010 – VI ZR 302/08 – und – VI ZR 337/09 – sowie vom 15.07.2014 – VI ZR 313/13 –).

 

Kann der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) auf eine günstigere, technisch gleichwertige Reparaturmöglichkeit außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt verweisen?

 

Ja, wenn

  • die „freie Fachwerkstatt“ für den Geschädigten mühelos und ohne Weiteres zugänglich ist,
  • der Schädiger darlegt und ggf. beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht und
  • der Schädiger gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen.

 

Wann ist eine Reparatur in einer „freien Fachwerkstatt“ für den Geschädigten unzumutbar?

 

Unzumutbar ist eine Reparatur in einer „freien Fachwerkstatt“ für den Geschädigten im Allgemeinen dann,

  • wenn das beschädigte Fahrzeug im Unfallzeitpunkt nicht älter als drei Jahre war oder
  • wenn der Geschädigte sein Fahrzeug bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen (vgl. BGH, Urteile vom 13.07.2010 – VI ZR 259/09 – und vom 22.06.2010 – VI ZR 302/08 –) oder
  • wenn eine Reparatur in einer „freien Fachwerkstatt“ nur deshalb kostengünstiger ist, weil ihr nicht die (markt-)üblichen Preise dieser Werkstatt, sondern auf vertraglichen Vereinbarungen mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers beruhende Sonderkonditionen zugrunde liegen, wobei allein der Umstand, dass die fragliche „freie Fachwerkstatt“ mit dem Haftpflichtversicherer in Bezug auf Reparaturen von Kaskoschäden seiner Versicherungsnehmer vertraglich verbunden ist, eine Verweisung auf sie allerdings nicht unzumutbar erscheinen lässt.
    Können der Schädiger oder sein Haftpflichtversicherer darlegen und beweisen, dass die von ihnen benannte „freie Fachwerkstatt“ für die Reparaturen am Kraftfahrzeug des Geschädigten ihre (markt-)- üblichen, das heißt allen Kunden zugänglichen Preise zugrunde legt, hindert eine Vereinbarung von Sonderkonditionen für Versicherungsnehmer des Haftpflichtversicherers die Verweisung nicht.

 

Darauf hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 28.04.2015 – VI ZR 267/14 – hingewiesen.

Da die Fragen, die sich in diesem Zusammenhang sowohl für den Schädiger als auch den Geschädigten stellen, nicht immer einfach zu beantworten sind, kann es empfehlenswert sein, die Beratung eines Rechtsanwalts, insbesondere eines Anwalts der gleichzeitig die Qualifikation „Fachanwalt für Verkehrsrecht“ hat, in Anspruch zu nehmen.

 


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