Wenn ein vom Erblasser Bevollmächtigter für diesen zu dessen Lebzeiten gehandelt hat

Wenn ein vom Erblasser Bevollmächtigter für diesen zu dessen Lebzeiten gehandelt hat

Was nicht nur ein Bevollmächtigter, dem vom Erblasser Konto- und/oder Vorsorgevollmacht erteilt war, sondern auch die Erben des Erblassers in einem solchen Fall wissen sollten und warum es bedeutsam ist, ob der Bevollmächtigte des Erblassers in dessen Auftrag gehandelt oder diesem lediglich eine Gefälligkeit erwiesen hat.

Im Bereich der rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisse wird unterschieden zwischen

  • einem Auftrags- und
  • einem Gefälligkeitsverhältnis (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 23.07.2015 – III ZR 346/14 –).

Ist einem Dritten von einem Erblasser eine Konto- und/oder Vorsorgevollmacht erteilt worden und hat dieser zu Lebzeiten des Erblassers aufgrund der Vollmacht für den Erblasser Geschäftsbesorgungen vorgenommen, ist die Frage,

  • ob der Bevollmächtigte damit dem Erblasser lediglich eine Gefälligkeit erwiesen oder
  • ob er einen Auftrag des Erblassers ausgeführt hat,

deshalb sowohl für die Erben des Erblassers als auch für den von dem Erblasser Bevollmächtigten von Bedeutung, weil,

  • falls davon ausgegangen werden kann, dass der Bevollmächtigte die Geschäftsbesorgungen für den Erblasser lediglich aus Gefälligkeit vorgenommen hat, er bezüglich dieser den Erben des Erblassers gegenüber grundsätzlich nicht auskunftspflichtig ist, während,
  • wenn davon auszugehen ist, dass zwischen dem Erblasser und dem Bevollmächtigten ein Auftragsverhältnis bestanden hat, die dem Erblasser daraus zustehenden Ansprüche, sofern dieser den Rechtsübergang nicht ausdrücklich durch eine entsprechende Anordnung in der Vollmachtsurkunde ausgeschlossen hat, gemäß § 1922 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf seine Erben übergegangen sind und der Bevollmächtigte diesen gegenüber dann
    • nicht nur auskunfts- sowie rechenschaftspflichtig gemäß § 666 BGB,
    • sondern im Falle des § 667 BGB, wenn er beispielsweise Geld vom Konto des Erblassers abgehoben hat, auch darlegungs- und beweispflichtig ist für die auftragsgemäße Verwendung des erlangten Geldes und damit ggf. auch für die auftragsgemäße Herausgabe des erlangten Geldes an den Erblasser (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 21.06.2012 – III ZR 290/11 –).

Eine Ausnahme hiervon ist nach § 242 BGB nur dann anzunehmen, wenn der Erblasser eine Rechnungslegung im Sinne von § 666 BGB über Jahre hinweg nicht verlangt hat und Quittungen nie ausgestellt worden sind.
Ein solcher Sonderfall liegt etwa vor, wenn es um Abhebungen von Beträgen geht, die für das tägliche Leben des Auftraggebers erforderlich erscheinen, und wenn jahrelang wegen des Vertrauensverhältnisses Abrechnungen oder Quittungen nicht verlangt worden sind.

Ob

  • jemand für einen anderen ein Geschäft im Sinne des § 662 BGB besorgt oder
  • jemandem nur eine (außerrechtliche) Gefälligkeit erwiesen hat,

hängt vom Rechtsbindungswillen ab.

Maßgeblich ist insoweit, wie sich dem objektiven Beobachter – nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls mit Rücksicht auf die Verkehrssitte – das Handeln des Leistenden darstellt.
Eine vertragliche Bindung wird insbesondere dann zu bejahen sein,

  • wenn erkennbar ist, dass für den Leistungsempfänger wesentliche Interessen wirtschaftlicher Art auf dem Spiel stehen und er sich auf die Leistungszusage verlässt oder
  • wenn der Leistende an der Angelegenheit ein eigenes rechtliches oder wirtschaftliches Interesse hat.

Ist dies hingegen nicht der Fall, kann dem Handeln der Beteiligten nur unter besonderen Umständen ein rechtlicher Bindungswillen zugrunde gelegt werden.

Ein Bindungswille wird deshalb in der Regel zu verneinen sein,

  • beim sogenannten Gefälligkeitshandeln des täglichen Lebens sowie
  • bei Zusagen im gesellschaftlichen Bereich oder bei Vorgängen, die diesen ähnlich sind (BGH, Urteile vom 18.12.2008 – IX ZR 12/05 – und vom 23.07.2015 – III ZR 346/14 –).

Bei der Einräumung von Kontovollmachten ist in der Rechtsprechung in einigen Fällen ein Gefälligkeitsverhältnis bejaht worden, sofern ein besonderes Vertrauensverhältnis vorliegt.
So hat der BGH angenommen,

  • dass zwischen Eheleuten ein Auftragsverhältnis im Sinne der §§ 662 ff. BGB selbst dann nicht besteht,

wenn sie übereingekommen sind,

  • während des Zusammenlebens die Aufgabenbereiche in der Weise zu regeln, dass einer von ihnen die Wirtschaftsführung allein übernimmt und die verfügbaren Mittel im Wesentlichen aus den Einkünften oder dem Vermögen des anderen Ehegatten zufließen (BGH, Urteil vom 05.07.2000 – XII ZR 26/98 –).

Bei der Erteilung einer umfassenden Vorsorgevollmacht wird allerdings in der Regel

  • nicht von einem bloßen Gefälligkeitsverhältnis,
  • sondern von einem Auftragsverhältnis

auszugehen sein (Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg, Urteil vom 19.03.2013 – 3 U 1/12 –).

Selbst bei bevollmächtigten Kindern ist außerordentliche Zurückhaltung bei der Verneinung eines Rechtsbindungswillens geboten und bedarf es daher konkreter Anhaltspunkte dafür, dass aufgrund des besonderen Vertrauens keine Informationspflichten für die Zukunft entstehen sollen.
Die Anforderungen für die Annahme eines besonderen Vertrauensverhältnisses, das lediglich ein reines Gefälligkeits- und kein Auftragsverhältnis entstehen lässt, sind damit sehr hoch. Das bloße verwandtschaftliche Verhältnis zwischen Mutter bzw. Vater und Kind reicht keinesfalls aus.

Darauf hat der 3. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen OLG mit Urteil vom 18.03.2014 – 3 U 50/13 – hingewiesen.


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