Wer wird Erbe wenn der durch ein gemeinschaftliches Ehegattentestament zum Alleinerben bestimmte überlebende Ehegatte die Erbschaft ausschlägt?

Wer wird Erbe wenn der durch ein gemeinschaftliches Ehegattentestament zum Alleinerben bestimmte überlebende Ehegatte die Erbschaft ausschlägt?

Setzen Ehegatten sich in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig als Erben sowie jeweils einseitig mit ihnen verwandte Personen gemeinsam als Erben des Letztversterbenden ein und schlägt der überlebende Ehegatte nach dem Tode des Erstversterbenden die Erbschaft aus, kann die Schlusserbeinsetzung regelmäßig nicht als Ersatzerbeinsetzung auf den Nachlass des Erstversterbenden ausgelegt werden; für seinen Nachlass tritt dann gesetzliche Erbfolge ein.

Das hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 14.03.2014 – 15 W 136/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte

  • der verstorbene Erblasser gemeinsam mit seiner zweiten Frau ein Ehegattentestament errichtet,
  • sich darin gegenseitig zu alleinigen Erben eingesetzt und
  • als Schlusserben des Letztversterbenden zu gleichen Teilen die Beteiligte zu 1, die Tochter des Erblassers aus erster Ehe sowie den Beteiligten zu 2, den Neffen der zweiten Ehefrau des Erblassers bestimmt.

Nach dem Tode des Erblassers wurde von der zweiten Ehefrau des Erblassers die Erbschaft aus allen gesetzlichen und testamentarischen Berufungsgründen ausgeschlagen.

Daraufhin hatte die Beteiligte zu 1 einen sie als Alleinerbin ausweisenden Erbschein beantragt.

Dem Antrag war der Beteiligte zu 2 mit der Begründung entgegengetreten, er sei aufgrund des gemeinschaftliches Ehegattentestament Testaments hälftiger Miterbe geworden.

Der 15. Zivilsenat des OLG Hamm hat der Beteiligten zu 1 Recht gegeben.

Als einziger Abkömmling des Erblassers sei die Beteiligte zu 1 dessen Alleinerbin geworden (§§ 1922, 1924 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB )).

Dem gesetzlichen Erbrecht der Beteiligten zu 1) steht auch keine letztwillige Verfügung des Erblassers entgegen.

Die in dem formwirksam errichteten Ehegattentestament von dem Erblasser zur Alleinerbin berufene Ehefrau hat die ihr zugedachte Erbschaft wirksam ausgeschlagen.
Die in dem Ehegattentestament weiter ausdrücklich geregelte Konstellation, dass die Beteiligten zu 1) und 2) zu gleichen Teilen Schlusserben nach dem Letztversterbenden werden, ist vorliegend nicht gegeben, da der Erblasser der Ehegatte ist, der als erster verstorben ist.
Die Beteiligten zu 1) und 2) sind in dem Ehegattentestament auch nicht zu Ersatzerben für den Fall berufen, dass der überlebende Ehegatte die ihm zufallende Erbschaft ausschlägt. Eine ausdrückliche Berufung der Beteiligten zu 1) und 2) zu Ersatzerben enthält die letztwillige Verfügung nicht.
Dass die Beteiligten zu 1) und 2) als Ersatzerben für den Fall der Ausschlagung durch den überlebenden Ehegatten berufen sein sollen, kann der letztwilligen Verfügung auch nicht im Wege der Auslegung entnommen werden.
Sinn und Zweck eines Ehegattentestaments mit Einsetzung des überlebenden Ehegatten als Alleinerben und weiteren Personen als Schlusserben ist es, dass das gemeinsam erwirtschaftete Vermögen der Ehegatten zunächst dem überlebenden Ehegatten ohne jede Einschränkung zukommen zu lassen, um das gemeinsame Vermögen nach dem Tode des Letztversterbenden den Schlusserben zukommen zu lassen.
Dem liegt regelmäßig die Erwartung zugrunde, dass der überlebende Ehegatte das ihm Zugewandte auch annimmt.
Diesen Zweck hat die Ehefrau des Erblassers im vorliegenden Fall unterlaufen, indem sie das ihr Zugewandte gerade ausgeschlagen hat, um die Verfügungsbefugnis über ihr eigenes Vermögen zurückzuerlangen (§ 2271 Abs. 2 BGB).
Dass der Erblasser für diese Konstellation den Willen haben soll, die als Schlusserben für das gemeinsame Vermögen ausgewählten Personen als (Ersatz-)Erben für sein Vermögen zu bestimmen, kann regelmäßig nicht angenommen werden.
Denn mit der Ausschlagung der überlebenden Ehefrau verliert die Beteiligte zu 1) die mit erbrechtlicher Bindungswirkung ausgestattete Aussicht, nach deren Tod zur Schlusserbin berufen zu sein.
Darin liegt ein Unterschied mit tragender Bedeutung gegenüber der Fallgestaltung, in der die Ehegatten ihre Regelung in einem Erbvertrag getroffen haben, deren vertragliche Bindungswirkung durch eine Ausschlagung des überlebenden Ehegatten nicht berührt wird.
Es spricht deshalb nichts dafür, dass der Erblasser auch für den Fall des Erlöschens der Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments das gesetzliche Erbrecht seiner Tochter in der Weise hat beschränken wollen, dass sie aus seinem eigenen Nachlass wertmäßig nur den Pflichtteil erhält, während sie von der Schlusserbfolge insgesamt ausgeschlossen wird. 

 


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