Ist ein Stromversorgungsvertrag nicht abgeschlossen und wird aus dem Verteilungsnetz eines Versorgungsunternehmens Elektrizität entnommen, kommt zwischen dem der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt und dem Energieversorgungsunternehmen ein Energieversorgungsvertrag zustande.
Denn die Realofferte des Energieversorgungsunternehmens richtet sich typischerweise immer an denjenigen, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt. Dieser ist als der Adressat des Vertragsangebots anzusehen. Indem er Strom verbraucht, nimmt er aus objektiver Sicht des Energieversorgungsunternehmens die an ihn gerichtete Realofferte konkludent an.
Der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt Ausübende ist, wenn ein mit Strom versorgtes Grundstück verpachtet ist, der den Strom verbrauchende Pächter und nicht der Grundstückseigentümer.
Dass durch die Entnahme von Energie ein Energieversorgungsvertrag zwischen dem Energieversorgungsunternehmen und dem Grundstückspächter und nicht dem Grundstückseigentümer zustande gekommen ist, hat, wie die Pressestelle des Bundesgerichtshofs (BGH) am 02.07.2014 mitteilte, der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 02.07,2014 – VIII ZR 316/13 – in einem Fall entschieden, in dem
- ein Eigentümer ein am 29.01.2007 erworbenes Grundstück am 02.02.2007 an seinen Sohn verpachtet und
- dieser in der Folgezeit erhebliche Mengen an Strom verbraucht hatte, ohne dass ein (schriftlicher) Stromversorgungsvertrag abgeschlossen worden war.
Nach dieser Entscheidung soll selbst dann, wenn durch den Grundstückseigentümer in dem kurzen Zeitraum von wenigen Tagen zwischen Eigentumserwerb und Übergabe des Grundstücks an den Pächter eine ganz geringfügige Energieentnahme erfolgt ist, keine andere Beurteilung gerechtfertigt sein. Denn unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen an stabilen Vertragsbeziehungen, deren Parteien mit angemessenem Aufwand zu ermitteln sind, sollen kurzfristige und geringfügige Energieentnahmen bei der Feststellung der Vertragsparteien nach Auffassung des VIII. Zivilsenats des BGH zu vernachlässigen sein.
Darauf, dass Vertragspartner des Versorgungsunternehmens wird, wer auf Grund seiner Verfügungsmacht über den Versorgungsanschluss die Leistung entgegennimmt, hat auch schon der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg mit Urteil vom 23.05.2014 – 2 U 2401/12 – hingewiesen.
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