Der Widerruf einer Schenkung nach § 530 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) setzt
- objektiv eine Verfehlung des Beschenkten von gewisser Schwere und
- in subjektiver Hinsicht voraus, dass die Verfehlung Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten ist, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten darf.
Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.
Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 25.03.2014 – X ZR 94/12 – hingewiesen.
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall verlangen die Kläger als Erben der vormaligen Klägerin von deren Sohn die Rückübereignung eines bebauten Grundstücks nach dem Widerruf der zugrunde liegenden Schenkung.
Die Mutter des Beklagten hatte dem Beklagten das Grundstück im Jahr 2004 geschenkt – wobei sie sich ein lebenslanges Wohnrecht an allen Räumen des Hauses vorbehielt – und ihm, nach einer Vorsorgevollmacht im Jahr 2000 sowie einer Kontovollmacht im Jahr 2007, im Januar 2009 eine notariell beurkundete General- und Betreuungsvollmacht erteilt.
Im August 2009 wurde die Mutter des Beklagten nach einem Sturz in ihrem Haus, das sie bis zu diesem Zeitpunkt allein bewohnte, zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus eingeliefert. Mitte September 2009 wurde sie statt wie zunächst vorgesehen in eine Kurzzeitpflege auf Veranlassung des Beklagten in eine Pflegeeinrichtung für demenzkranke Menschen aufgenommen, mit der der Beklagte bereits einen unbefristeten Heimvertrag abgeschlossen hatte.
Darauf hin widerrief die Mutter die dem Beklagten erteilte Vorsorge- und Betreuungsvollmacht; zugleich kündigte sie den Langzeitpflegevertrag und beantragte eine Kurzzeitpflege, bis die häusliche Pflege organisiert sei; die entsprechenden Schreiben wurden von Nachbarn der Mutter auf ihre Bitte hin verfasst.
Noch vor der Entscheidung des Betreuungsgerichts über die Einrichtung einer Betreuung teilte der Beklagte dem Pflegeheim mit, dass eine Kündigung des Langzeitpflegevertrags nur von ihm erklärt werden dürfe und dass weder andere Familienmitglieder noch Nachbarn zu seiner Mutter vorgelassen werden sollten.
Unter Berufung hierauf erklärte die Mutter des Beklagten den Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks.
Das Landgericht (LG) gab der Klage, die von den Rechtsnachfolgern der während des Rechtsstreits verstorbenen Mutter weiterverfolgt wurde, statt.
Auf die Berufung des Beklagten wies das Oberlandesgericht (OLG) die Klage mit der Begründung ab, ein zum Widerruf der Schenkung berechtigendes schweres Fehlverhalten könne nicht angenommen werden.
Der für das Schenkungsrecht zuständige X. Zivilsenat des BGH hat auf die von ihm zugelassene Revision der Kläger das Berufungsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen.
Ob, was der Widerruf einer Schenkung voraussetzt, nämlich objektiv eine Verfehlung des Beschenkten von gewisser Schwere und in subjektiver Hinsicht, dass die Verfehlung Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten ist, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten darf, ist danach aufgrund einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.
Das OLG hat vorrangig darauf abgestellt, dass der Beklagte aufgrund verschiedener Gutachten über den Gesundheitszustand und die Pflegebedürftigkeit von einer möglichen Geschäftsunfähigkeit seiner Mutter habe ausgehen dürfen.
Dabei hat es außer Acht gelassen, dass die Mutter als Schenkerin unabhängig von der Frage ihrer Geschäftsfähigkeit erwarten durfte, dass der von ihr umfassend bevollmächtigte Beklagte ihre personelle Autonomie respektierte, indem er sie zunächst nach ihrem Willen hinsichtlich ihrer weiteren Pflege befragte, dieser Wille, soweit es die Umstände zuließen, berücksichtigt würde und, falls sich dies als nicht möglich erwies, mit ihr zumindest die Gründe hierfür besprochen würden.
Da das OLG keine Feststellungen dazu getroffen hat, aus welchen objektiven oder subjektiven Gründen dies unterblieben ist, konnte der BGH die Sache nicht abschließend entscheiden.
Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 25.03.2014 – Nr. 54/2014 – mitgeteilt.
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