Bei einer den Vertragserben oder den bindend eingesetzten Schlusserben beeinträchtigenden Schenkung kann die Herausgabe des Geschenks gemäß § 2287 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) auch von einem Dritten, der den Gegenstand unentgeltlich vom Beschenkten erlangt hat, unter den Voraussetzungen des § 822 BGB verlangt werden.
Darauf hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 20.11.2013 – IV ZR 54/13 – hingewiesen.
Hat ein Erblasser in der Absicht, den Vertragserben zu beeinträchtigen, eine Schenkung gemacht, so kann der Vertragserbe, nachdem ihm die Erbschaft angefallen ist, von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern (§ 2287 Abs. 1 BGB ).
Diese Regelung ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats auf wechselbezügliche letztwillige Verfügungen eines gemeinschaftlichen Testaments, das nach dem Tod des erstverstorbenen Ehegatten unwiderruflich geworden ist, entsprechend anzuwenden.
Der Vertragserbe oder der bindend eingesetzte Schlusserbe kann gemäß § 2287 Abs. 1 i.V.m. § 822 BGB auch vom Zweitbeschenkten Herausgabe des Geschenks verlangen.
§ 2287 BGB verweist hinsichtlich der Rechtsfolgen auf die Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung.
Hierbei handelt es sich um eine Rechtsfolgenverweisung, so dass jedenfalls die §§ 818-821 BGB Anwendung finden.
Der Senat hat die Frage einer Anwendung auch von § 822 BGB in einer älteren Entscheidung offengelassen (Urteil vom 19.03.1981 – IVa ZR 30/80 –).
Der Senat beantwortet die Frage nunmehr dahin, dass § 822 BGB unabhängig von seiner dogmatischen Einordnung auch im Rahmen von § 2287 Abs. 1 BGB zumindest entsprechend anzuwenden ist. Hierfür spricht der Sinn und Zweck der §§ 2287, 822 BGB, wonach der unentgeltliche Erwerb des Dritten weniger schutzwürdig ist als das Interesse des Vertrags- bzw. Schlusserben die Erbschaft ungeschmälert von beeinträchtigenden Schenkungen zu erhalten.
Die Wertung des § 822 BGB, dass der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung diese an den Gläubiger herauszugeben hat, soweit infolge der Zuwendung die Verpflichtung des ersten Empfängers entfallen ist, beansprucht auch in den Fällen des § 2287 BGB Geltung.
Anderenfalls hinge es vom Zufall zeitlicher Abfolge ab, ob der Gläubiger seinen Anspruch noch gegen den ursprünglich Beschenkten gemäß § 2287 Abs. 1 BGB durchsetzen kann oder dies wegen unentgeltlicher Weitergabe des Geschenks nicht mehr möglich wäre.
Abgesehen davon würde Manipulationen bei der Weitergabe des Geschenks Tür und Tor geöffnet.
Kommt eine entsprechende Anwendung von § 822 BGB und damit eine Durchgriffsmöglichkeit auf den Zweitbeschenkten in Betracht, so setzt dies zunächst voraus, dass ursprünglich ein Herausgabeanspruch gegen den Erstbeschenkten bestanden hat, wobei sich dieser, wenn der Erstbeschenkte zu der Zeit, zu der der Anspruch aus § 2287 Abs. 1 BGB von dem Vertrags- bzw. Schlusserben geltend gemacht werden kann bereits verstorben ist, gegen die vertraglichen bzw. gesetzlichen Erben des Erstbeschenkten richtet.
Der Anspruch aus § 822 BGB setzt ferner voraus, dass die Verpflichtung des ursprünglichen Empfängers zur Herausgabe der Bereicherung gerade infolge der unentgeltlichen Zuwendung des Erlangten an den Dritten ausgeschlossen ist.
Der Dritte haftet daher nur subsidiär.
Es verbleibt mithin bei der Haftung des Empfängers, wenn die Weitergabe des Erlangten erst nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit erfolgt ist (§ 818 Abs. 4 BGB ) oder wenn der Empfänger gemäß §§ 819 f. BGB verschärft haftet.
Die verschärfte Haftung tritt ein, sobald der Beschenkte von der Bindung des Erblassers an den Erbvertrag oder das gemeinschaftliche Testament und von dessen Beeinträchtigungsabsicht Kenntnis erlangt, wobei eine Inanspruchnahme des verschärft haftenden Bereicherungsschuldners allerdings dann ausscheidet, wenn sich die Befreiung von der Leistungspflicht aus allgemeinen Vorschriften, z.B. gemäß § 275 Abs. 1 BGB wegen Unmöglichkeit der Herausgabe, ergibt.
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