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Überschreitung der Richtgeschwindigkeit erhöht die Betriebsgefahr.

Mit einem Pkw unter Überschreitung der Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen schneller als 130 km/h zu fahren ist zwar nicht verboten, kann aber die Betriebsgefahr erhöhen.
Kommt als Unfallursache bei einem Auffahrunfall zwischen zwei Fahrzeugen auf der Autobahn entweder ein unachtsamer Fahrspurwechsel des Vorausfahrenden oder eine Unaufmerksamkeit des Auffahrenden in Betracht, ist, wenn diese beiden Möglichkeiten offen bleiben, beiderseits kein Verschulden nachweiswahr.
Bei der Haftungsverteilung abzuwägen sind dann die beiderseitigen Betriebsgefahren (§ 17 Abs. 1 StVG), was im Regelfall zu einer Haftungsquote von 50 % führt.
Steht in einem solchen Fall allerdings fest, dass der Auffahrende schneller als 130 km/h gefahren ist und bei Einhaltung der Richtgeschwindigkeit der Unfall für ihn vermeidbar gewesen wäre, so erhöht die Überschreitung der Richtgeschwindigkeit die Betriebsgefahr, was sich bei der Haftungsverteilung und demzufolge der Quote zum Nachteil des Auffahrenden auswirkt (so OLG Hamm, Urteil vom 03.03.2012 – 6 U 174/10 –).

 

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Auch der Richter kann nicht machen was er will – Entscheidung über einen Antrag auf persönliche Anhörung eines Sachverständigen

Oftmals hängt der Ausgang eines Gerichtsverfahrens wesentlich von einem Sachverständigengutachten ab. Diese Gutachten werden in der Regel schriftlich erstellt und die Parteien haben dann die Möglichkeit schriftlich Stellung zu nehmen und Ergänzungsfragen zu stellen. Weiter besteht die Möglichkeit die persönliche Anhörung des gerichtlich bestellten Sachverständigen zu beantragen. Die Frage ist nun welche Voraussetzungen der Richter beachten muss wenn er darüber entscheidet, ob eine persönliche Anhörung des Sachverständigen erfolgt oder nicht.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Beschluss vom 17.01.2012, Az.: 1 BvR 2728/10 ausgeführt:

Der Antrag auf Erläuterung eines Sachverständigengutachtens kann in Anbetracht des Rechts auf rechtliches Gehör nicht allein deshalb abgelehnt werden, weil das Gutachten dem Gericht überzeugend und nicht weiter erörterungsbedürftig erscheint (im Anschluss an BVerfG [1. Kammer des Ersten Senats], NJW 1998, 2273). (Leitsatz der Redaktion in NJW 2012, Heft 19, Seite 1346)

Im Fall des BVerfG ging es um einen durchtrennten Bauchmuskelnerv. Der gerichtlich bestellte Sachverständige hatte ein Gutachten vor dem Landgericht zu erstatten. Nach Erstattung des Gutachtens war von einer der Parteien die persönliche Anhörung des Sachverständigen beantragt worden. Das Landgericht kam dem Antrag nicht nach und wies die Klage nach mündlicher Verhandlung ab. Zur Begründung führte es insoweit aus, dass das Recht auf mündliche Anhörung des Sachverständigen nicht grenzenlos gelte. Zwar müsse die Partei keine konkreten Fragen formulieren; nach der Rechtsprechung des BGH (Hinweis auf BGHZ 24, 9 [14 f.] = NJW 1957, 870) sei genügend, aber auch erforderlich, dass die Partei allgemein die Richtung angebe, in die eine weitere Aufklärung herbeigeführt werden solle (NJW 2012, Heft 19, Seite 1346).

Die Klage wurde abgewiesen. Der Kläger legte Berufung zum OLG ein welche ebenfalls abgewiesen wurde. Zur Begründung führte das Oberlandesgericht (OLG) im Wesentlichen aus, dass die Durchtrennung der Nervenfasern ausweislich des durch das LG eingeholten Sachverständigengutachtens in einzelnen Fällen auf Grund anatomischer Varianten nicht vermeidbar und damit nicht schuldhaft erfolgt sei. Der Einwand des Bf., der Sachverständige habe sich nicht mit der Frage beschäftigt, ob bei ihm anatomische Besonderheiten vorgelegen hätten, und habe nicht erörtert, ob es nicht naheliegender sei, dass der Operateur den Nerv auf Grund Unachtsamkeit oder Nachlässigkeit durchtrennt habe, mache das Gutachten nicht unvollständig oder gar unbrauchbar. Der Sachverständige habe nicht feststellen können, ob letztlich anatomische Varianten oder eine geringe Resistenz gegenüber Manipulation und Zug zu der Nervenschädigung geführt hätten, dies aber als naheliegende und wahrscheinliche Möglichkeit angesehen. Eine hiergegen erhobene Anhörungsrüge wies das OLG zurück. Es stelle keinen Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs dar, dass der Senat gem. § 522 Abs. 2 ZPO von einer mündlichen Verhandlung abgesehen und daher den Sachverständigen nicht angehört habe. Denn trotz des Verfahrensfehlers des LG bestünden hier keine konkreten Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Gegen die Entscheidung des OLG legte der Kläger Verfassungsbeschwerde ein. Das BVerfG gab ihm Recht und führte aus. Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst grundsätzlich auch die Anhörung gerichtlicher Sachverständiger (BVerfG [1. Kammer des Ersten Senats], NJW 1998, 2273 = NZG 1998, 633).Nach Ansicht des BVerfG verkennt das LG, dass ein Antrag auf Erläuterung des Sachverständigengutachtens in Anbetracht des Rechts auf rechtliches Gehör nicht allein deshalb abgelehnt werden kann, weil ein Gutachten dem Gericht überzeugend und nicht weiter erörterungsbedürftig erscheint. Da nicht ausgeschlossen werden konnte, dass es der Klagepartei in einer mündlichen Anhörung gelungen wäre, das Sachverständigengutachten in Frage zu stellen und damit auch die Überzeugung der Gerichte von dessen Richtigkeit zu erschüttern war die Verfassungsbeschwerde begründet.

 

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0,5 Promille sind nicht gleich 0,5 Promille

Wer mit 0,5 Promille unterwegs ist riskiert ein Fahrverbot. Wichtig ist jedoch, auch die Dritte Dezimalstelle hinter dem Komma zu beachten. Ein Beispiel:

Im Rahmen einer Verkehrskontrolle muss man beispielsweise zwei mal pusten. Im Rahmen der Messung ergeben sich Werte von 0,254 Milligramm Alkohol pro Liter und 0,249 Milligramm Alkohol pro Liter.

Zusammen ergäben sich 0,503 Milligramm Alkohol pro Liter und damit im Mittel 0,2515 Milligramm Pro Liter = 0,5 Promille.

Berücksichtigt man jedoch, dass nach den Kommentaren die Dritte Stelle hinter dem Komma nicht zu berücksichtigen ist, so ergeben sich zusammen 0,49 Milligramm pro Liter und damit im Mittel 0,24 Milligramm pro Liter = 0,48 Promille.

Die Voraussetzungen des § 24a StVG (0,5-Promille-Grenze) sind damit im zweiten Fall nicht erfüllt. Es lohnt sich also, genau hinzuschauen.

 

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Filesharing: Waldorf Frommer will Klagen einreichen – Risiko und Meinung

Viele Internetnutzer wurden durch die Kanzlei Waldorf Frommer wegen Filesharing abgemahnt. Dabei wird durch die Kanzleien welche in großem Stil Abmahnungen aussprechen bewusst versucht eine Drohkulisse aufzubauen. Zu diesem Zweck werden drohende Gebühren teils astronomisch hoch angesetzt. Ohne Schäden wirklich konkret zu bezeichnen oder zu belegen wird dann „freundlicherweise“ ein Vergleich über mehrere hundert Euro angeboten. Zahlt man nicht, so wird mit Klage, bei machen Kanzleien sogar mit Strafanzeige gedroht. Bisher wurden jedoch tatsächlich nur sehr wenige Klagen eingereicht. Oftmals konnte man sich außergerichtlich „vernünftig“ vergleichen oder die Angelegenheit wurde (scheinbar) nicht weiterverfolgt. An dieser Stelle eine kleine Meinungsäußerung zu dieser Thematik.

Die Mitarbeiter der Kanzlei Waldorf haben zuletzt öfter damit gedroht man werde nun „ohne Rücksicht“ Klagen beim AG München einreichen. Vergleichsgespräche wurden teils mehr oder weniger forsch abgelehnt. Bisher hat das AG München sehr vorteilhaft für die Kanzlei Waldorf Frommer geurteilt und beispielsweise Anwaltskosten nicht nach § 97a Abs. 2 UrHG gedeckelt (z.B. AG München, Urteil vom 11.11.2009, Az.: 142 C 14130/09). Andere Amtsgerichte haben die Probleme teils erheblich differenzierter betrachtet (z.B. AG Frankfurt, Urteil vom 29.01.2010, Az.: 31 C 1078/09-78, Urteil vom 01.02.2010, Az.: 30 C 2353/09-75).

Wir wollten es genau wissen ob die (wieder einmal) angedrohte „Prozesswelle“ tatsächlich kommt und haben bei der Pressestelle des AG München nachgefragt. Dort wurde uns mitgeteilt, dass eine neue Richterstelle geschaffen wurde, da man tatsächlich mit einer Mehrzahl von Klagen rechne. Angeblich wären durch die Kanzlei Waldorf Frommer mehrere Mahnverfahren durchgeführt worden. Man erwarte nun eine Vielzahl von Prozessen.

Wie das AG München unter Berücksichtigung der „Klagewelle“ entscheiden wird bleibt abzuwarten. Bleibt zu hoffen, dass das AG München sich zumindest mit der Thematik befasst, dass Abmahnungen bei manchen Kanzleien bzw. den dahinterstehenden Rechteinhabern ausweislich des Vorgehens mittlerweile offensichtlich mehr Geschäftsmodell als „Mittel zur Durchsetzung rechtlicher Interessen“ sind. Letztendlich werden durch die absurd hohen Streitwerte sowie die teils sehr restriktiv ausgelegte „sekundäre Darlegungslast“ auf zivilrechtlichem Weg auch für Privatpersonen Rechtsfolgen generiert, die für eine Vielzahl der Beklagten existenzbedrohende Auswirkungen haben. Ob dies einer sach- und fallgerechten Rechtsprechung entspricht sei dahingestellt.

Bleibt zu hoffen, dass der Bundesgerichtshof die Möglichkeit erhält seine Presseerklärung zur Entscheidung „Sommer unseres Lebens“ (BGH, Pressemitteilung vom 12.05.2011, Az.: I ZR 121/08) auch in einem Urteil umzusetzen. Nach der Pressemitteilung soll § 97a Abs. 2 UrhG grundsätzlich anwendbar sein.

Im Regelfall wären die Kosten dann in vielen Fällen auf 100,00 € gedeckelt. Wir meinen ebenfalls, dass bei Erstverstößen im privaten Bereich eine Anwendung des 97a Abs. 2 UrhG sachgerecht ist. So ergibt sich auch aus dem Gesetzgebungsprozess, dass hier mit 97a Abs. 2 UrhG bei Erstabmahnungen auch die Interessen der Privatpersonen zu berücksichtigen sind. Man hätte auch bei Anwendung des § 97a Abs. 2 UrHG den Betroffenen noch immer einen „Denkzettel“ verpasst und würde sie nicht gleich in teils erhebliche finanzielle Probleme stürzen. Andererseits dürfte das wirtschaftliche Interesse an Abmahnungen deutlich sinken wenn beim ersten mal „nur“ noch 100,00 € „zu holen“ sind. Es geht offensichtlich nicht mehr um Rechtsschutz, sondern um Profit.

Update
Zwischenzeitlich hat sich herausgestellt, dass das AG München eine für agemahnte Privatpersonen nachteilige Haltung verfolgt und die Abmahnungen scheinbar im Zweifel für begründet erachtet. Glaubt man der Berichterstattung, so wurden auch schon Rentnerinnen verurteilt die weder über einen Computer noch über einen Internetanschluss verfügt haben sollen (AG München, Urteil vom 23.11.2011, Az.: 142 C 2564/11). Da auch Prozesskostenhilfe (PKH) nur schwer gewährt wird und Rechtsschutzversicherungen in der Regel nicht eintrittspflichtig sind – das Risiko eines Gutachtens jedoch beträchtilich ist – dürfte eine obergerichtliche Entscheidung auch in München noch etwas auf sich warten lassen. So lange wird das AG München wohl weiter eher zum Nachteil der Abgemahnten entscheiden.

Etwas irritierend ist auch, wenn das AG München in einer Pressemitteilung vor der Teilnahme an Tauschbörsen „warnt“ und gleich noch verkündet, dass man § 97 Abs. 2 UrHG nicht anwenden werde. Ob dies noch zu den Aufgaben eines Gerichts gehört kann man sicherlich kontroveres diskutieren. Ob er – extra fett gedruckte Satz

„Unabhängig davon, dass die Künstler ein Recht darauf haben, für ihre Leistung bezahlt zu werden, kann das vermeintliche Schnäppchen also ganz schön teuer werden. Geiz ist somit nicht immer geil.“

der Objektivität und Unvoreingenommenheit eines Gerichts gerecht wird erscheint ebenfalls in höchstem Maße diskutabel.

Das AG Frankfurt bleibt seiner erfreulich kritischen Linie treu und legt für die abgemahnten Anschlussinhaber praxistauglichere Darlegungsvoraussetzungen an. So reicht es, einen abweichenden Geschehensablauf darzulegen um der sekundären Darlegungslast gerecht zu werden. (AG Frankfurt a. M., Urteil vom 25.05.2012, Az.: 32 C 157/12; ähnlich LG Stuttgart, Urteil vom 28.06.2011, Az.: 17 O 39/11 aber nicht rechtskräftig entschieden, da vor OLG Stuttgard anderweitig erledigt). Die „Abmahner“ haben dann die Darlegungs- und Beweislast, müssen also den Nachweis erbringen, dass man eine als Störer haftet.

 

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Unfall und Mietwagen – Was tun?

Nach einem Autounfall hat man vieles um die Ohren. Manchmal ist man auch auf einen Mietwagen angewiesen. Aber seien Sie vorsichtig und nicht zu leichtgläubig. Gerade bei Mietwagen sind die Preisunterschiede enorm. Auch wenn Sie den Unfall nicht verschuldet haben können Sie nicht damit rechnen, dass Ihnen Mietwagenkosten ersetzt werden wenn diese überteuert sind. Möchte Ihnen jemand eine „Unfallersatzanmietung“ verkaufen, so sollten Sie vorsichtig sein.

Probleme vermeiden Sie, wenn Sie sich so verhalten wie wenn Sie „auf eigene Kosten“ anmieten würden. Holen Sie wenn möglich zwei bis drei Vergleichsangebote ein und nehmen Sie das günstigste Angebot wahr. Wenn Ihnen die gegnerische Versicherung einen Mietwagen anbietet, so prüfen Sie das Angebot. Sagt es Ihnen aus bestimmten Gründen nicht zu, so können Sie es noch immer ablehnen. Lassen Sie sich von Mietwagenunternehmen und Anwälten nicht einfach mit der Aussage abspeisen, man werde alles mit der Versicherung klären.

Die Rechtsprechung im Großraum Nürnberg zu Mietwagenkosten ist vielfältig. Im Landgerichtsbezirk Ansbach ist üblicherweise die Fraunhofer-Erhebung Grundlage für die erstattungsfähigen Mietwagenkosten (z.B. LG Ansbach, Urteil vom 05.01.2011, Az.: 4 C 32/10).

Im Landgerichtsbezirk Nürnberg wird (noch) die Schwacke-Erhebung teils mit 17 % Abschlag herangezogen (z.B. LG Nürnberg, Urteil vom 10.08.2011, Az.: 8 S 4302/11). Gleichzeitig müssen aber günstigere Mietwagenangebote der Versicherung berücksichtigt werden (z.B. LG Nürnberg, Urteil vom 20.07.2011, Az.: 8 S 8758/10). Bamberg stützt sich teils (noch) auf die Schwacke-Liste.

Gerade weil Sie mit all diesen Listen in der Regel selbst nichts anfangen können ist ein vernünftiger Anwalt nötig. Dieser wird Sie umfassend und neutral beraten, also nicht nur auf Sonderfälle abstellen. Er wird in der Regel auch versuchen unnötige Probleme zu vermeiden. Seien Sie vorsichtig, wenn die Werkstatt oder das Mietwagenunternehmen „automatisch“ an Anwälte verweisen. Hier besteht die Gefahr, dass vorrangig „die Interessen der Vermieter/Werkstätten“ und nicht etwa Ihre Interessen vertreten werden. Dies ist berufsrechtlich zwar nicht zulässig, kommt in der Praxis aber bedauerlicherweise immer wieder vor.

Unsere Kanzlei vertritt gerade auch Versicherer bei Mietwagenstreitigkeiten. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es meist dann Probleme gibt, wenn die geschädigten Parteien von bestimmten Kanzleien vertreten werden, welche direkt durch Mietwagenunternehmen oder Werkstätten genannt werden. Gehen Sie im Zweifel zum (Fach-)Anwalt Ihres Vertrauens, verlangen Sie einen Besprechungstermin, lassen Sie sich über alle Schriftstücke informieren und vertrauen Sie nicht einfach irgendeiner, von unbekannten Dritten empfohlener Person.

 

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BGH: Umzug kein Grund für DSL-Kündigung?

DSL-Verträge haben meist eine lange Laufzeit. Müssen Sie während der Laufzeit umziehen, so können Sie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes den Vertrag mit dem Telefonanbieter aber selbst dann nicht kündigen, wenn DSL an ihrem neuen Wohnort gar nicht verfügbar ist (BGH, Urteil vom 11.11.2010, Az.: III ZR 57/10).

Leitsatz des Bundesgerichtshofs (BGH):
„Der Inhaber eines DSL-Anschlusses hat kein Recht zur Kündigung des mit dem Telekommunikationsunternehmen geschlossenen Vertrags vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit, wenn er an einen Ort umzieht, an dem keine Leitungen verlegt sind, die die Nutzung der DSL-Technik zulassen.“

Ein Umzug stellt nach Meinung des Bundesgerichtshofes keinen wichtigen Grund dar, der ein Sonderkündigungsrecht begründet. Das wirtschaftliche Risiko, dass der Anschluss nach dem Umzug nicht mehr zur Verfügung gestellt werden kann trägt grundsätzlich der Kunde.

In Einzelfällen mag der Sachverhalt anders zu bewerten sein. So hätte im Fall des BGH die Möglichkeit bestanden, einen Vertrag mit kürzerer Laufzeit zu höheren Koten zu wählen. Die Begründung des Bundesgerichtshofes lässt jedoch nur eingeschränkten Spielraum für eine andere Beurteilung.

 

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BGH: Wie kauft man eigentlich Benzin?

Rechtsprobleme beim Tanken. Benzinkauf ist rechtlich komplizierter als man im ersten Moment vielleicht denkt. Bisher war nicht eindeutig geklärt, wann und wie es überhaupt zu einem Vertragsschluss mit der Tankstelle kommt. Was passiert eigentlich wenn man aus versehen ohne zu zahlen losfährt (vorsätzliches Losfahren ist eine Straftat). Der Bundesgerichtshof hat sich jetzt geäußert und folgendes entschieden:

„Ein Kunde, der an einer Selbstbedienungstankstelle Kraftstoff in seinen Tank füllt, schließt bereits zu diesem Zeitpunkt mit dem Tankstellenbetreiber oder – je nach der Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses zwischen Tankstellenbetreiber und Mineralölunternehmen – durch Vermittlung des Tankstellenbetreibers mit dem Mineralölunternehmen einen Kaufvertrag über die entnommene Menge Kraftstoff.“

Das bedeutet, dass der Vertrag bereits mit dem Einfüllen des Benzins abgeschlossen wird. Im Ergebnis ist damit der Zahlungsanspruch der Tankstelle auch mit dem Befüllen abgeschlossen. Fährt man nun versehentlich los und engagiert der Tankstellenbetreiber einen Anwalt und/oder eine Detektei, so kann der die Kosten als Verzugsschaden verlangen:

„Beim Tanken an einer Selbstbedienungstankstelle handelt es sich um ein anonymes Massengeschäft. Deshalb ist dem Tankstellenbetreiber eine Mahnung des Kunden, sobald dieser das Tankstellengelände verlassen hat, ohne erheblichen Aufwand nicht mehr möglich, da die Personalien des Kunden und dessen Anschrift dem Tankstellenbetreiber in aller Regel unbekannt sind. Damit ist auf Seiten des Tankstellenbetreibers ein gewichtiges Interesse gegeben, dass der Verzug ohne Mahnung eintritt „ (vgl. BGH, Urteil vom 04.05.2011, Az.: VIII ZR 171/10)

 

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LG Ingolstadt und Mietwagenkosten

Auch wenn man keine Schuld an einem Verkehrsunfall hat, so werden Mietwagenkosten nicht grenzenlos erstattet. Genau wie in dem Fall, in dem man den Mietwagen selbst zahlen müsste sollte man sich wirtschaftlich vernünftig verhalten.

Wer in Nürnberg nach einem Unfall einen Mietwagen benötigt, der kann momentan die eine oder andere Überraschungen erleben, da Amtsgericht (AG) und Landgericht (LG) unterschiedlich entscheiden was die zu erstattenden Kosten betrifft. Für den LG-Bezirk Ingolstadt scheint die Sache nunmehr (genau wie für den LG-Bezirk Ansbach) jedoch nachhaltiger geregelt zu sein.

Das AG Ingolstadt weist aktuell darauf hin, dass sich die Rechtsprechung des LG Ingolstadt zu den erstattungsfähigen MIetwagenkosten geändert hat. Das LG Ingolstadt schätzt nun, wie auch das LG Ansbach, nicht mehr nach der Schwacke-Liste sondern zieht die Fraunhofer Erhebung zur Schätzung heran (LG Ingolstadt, Urteil vom 23.08.2011, Az.: 22 S 2009/10 und Az.: 22 S 143/11). Schwacke ist nach der Rechtsprechung des LG Ingolstadt als Schätzgrundlage nicht (mehr) geeignet.

Für eine geschädigte Partei, die einen anwaltschaftlichen Vertreter hat, welcher sie

  • vernünftig und umfassend aufklärt,
  • erläutert, dass man auch als geschädigte Partei nicht einfach irgendeinen x-beliebig teuren Mietwagen nehmen darf und
  • sich wirtschaftlich vernünftig verhalten muss

ergeben sich im Ergebnis jedoch keine Nachteile. Eine vernünftig beratene Partei wird in der Regel ohne weiteres ganz erheblich günstiger anmieten als nach Schwacke.

Im Ergebnis kommt die Rechtsprechung des LG Ingolstadt letztendlich allen Versicherten zugute. Werden von den Gerichten sehr hohe Mietwagenkosten zugesprochen, so werden diese schließlich nicht von „der Versicherung“ sondern von der Versicherungsgemeinschaft, also allen Versicherungsnehmern getragen. Eine vernünftige Begrenzung der Mietwagenkosten stellt daher letztendlich auch eine Form von Verbraucherschutz dar.

 

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Fußball – Exklusive Vermarktung von TV-Rechten vor der Wende

EUGH – Der Europäische Gerichtshof hat in einer Vorabentscheidung am 04.10.2011 entschieden, dass Kunden das Recht haben müssen, auch die Angebote ausländischer Pay-TV-Angebote zu nutzen. Fußballfans soll damit die Möglichkeit eröffnet werden, Spiele über den günstigsten Satelliten-Decoder zu sehen – auch wenn das exklusiven nationalen Vermarktungsverträgen widerspricht.

Auslöser war der Streit der englischen Premier-League mit einer Pub-Besitzerin, die ihr Pay-TV-Abonnement des britischen Senders BSkyB gekündigt hatte und sodann entschied zukünftig die Liveübertragungen englischer Ligaspiele über den griechischen Sender Nova zu übertragen.

Der EuGH hat nunmehr vorab entschieden, dass die exklusive Vermarktung nicht mit dem europäischen Recht vereinbar sei und der Wettbewerb auch länderübergreifend möglich sein müsse. Über den konkreten Rechtsstreit hat nunmehr das britische Gericht zu entscheiden, ist hierbei jedoch an die Vorgaben des EuGH gebunden.

 

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Wenn der Postmann zweimal klingelt – Die Ersatzzustellung

Manchmal werden zuzustellende Schriftstücke nicht angenommen oder der Empfänger ist nicht da. In diesem Fall ist eine so genannte Ersatzzustellung möglich. Das Schreiben kann an Dritte übergeben oder in den Briefkasten eingeworfen werden. Dabei kann es interessante Fälle geben. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte nun zu entscheiden, ob die Zustellung eines Schriftstückes im Wege der Ersatzzustellung nach §§ 178 bis 181 ZPO wirksam ist, wenn in dem Haus in dem die Ersatzzustellung erfolgt,

  • außer dem Zustellungsadressaten noch zwei weitere Parteien eine Wohnung bzw. Geschäftsräume haben,
  • das zuzustellende Schriftstück wie die übrige Post für alle drei Parteien in einen an der Außentür des Hauses befindlichen Briefschlitz geworfen wird,
  • es mangels Briefkasten hinter der Tür auf den Boden des Hausflurs fällt und
  • der Zustellungsadressat seine Geschäftsräume einige Tage vorher in dem Haus aufgegeben, seinen Sitz an einen neuen Standort verlegt, es aber unabsichtlich versäumt hatte, die Schilder an der alten Haustüre abzumontieren.

 

Der BGH hat ausgeführt, dass eine wirksame Ersatzzustellung nach §§ 178 bis 181 ZPO voraussetzt,

  • dass eine Wohnung oder ein Geschäftsraum des Adressaten an dem Ort, an dem zugestellt werden soll, tatsächlich von dem Adressaten genutzt wird,
  • dass ein Geschäftslokals vorhanden ist, wenn ein dafür bestimmter Raum – und sei es nur zeitweilig besetzt – geschäftlicher Tätigkeit dient und der Empfänger dort erreichbar ist,
  • dass eine Zustellung dort nicht mehr möglich ist, wenn der Adressat die Nutzung der Räume aufgegeben hat.

 

Die Aufgabe der Räume setzt voraus, dass für einen objektiven Beobachter erkennbar sein muss, dass die Wohn- bzw. Geschäftsadresse nicht weitergenutzt werden soll. Der bloße Anschein unter der jeweiligen Anschrift würden eine Wohnung oder Geschäftsräume betrieben genügt daher für eine Ersatzzustellung grundsätzlich nicht. In einen gemeinsamen Briefschlitz in der Haustür eines Mehrparteienhauses ist eine Zustellung aber grundsätzlich möglich, wenn in dem betreffenden Gebäude eine überschaubare Anzahl von Personen wohn/Geschäftsräume unterhält, der Zustellungsadressat gewöhnlich seine Post durch diesen Einwurf erhält und eine eindeutige Zuordnung des Einwurfs zum Adressaten möglich ist.

Der Empfänger kann sich auf eine fehlerhafte Ersatzzustellung mangels Nutzung des Briefkastens durch ihn aber nicht berufen, wenn er einen Irrtum über seinen tatsächlichen Lebensmittelpunkt bewusst und zielgerichtet herbeigeführt hat.

BGH, Urteil vom 16.06.2011 – Az.: III ZR 342/09 –.

 

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