BGH entscheidet wann eine vom Auftraggeber in einem Bauvertrag gestellte Klausel über einen Sicherheitseinbehalt (un)wirksam ist

Mit Urteil vom 30.03.2017 – VII ZR 170/16 – hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass die von einem Auftraggeber in einem Bauvertrag gestellten (also nicht im Einzelnen ausgehandelten) Formularklauseln

  • „….. Die Parteien vereinbaren – unabhängig von einer Ausführungsbürgschaft – den Einbehalt einer unverzinslichen Sicherheitsleistung durch den Auftraggeber in Höhe von 5 % der Brutto-Abrechnungssumme für die Sicherstellung der Gewährleistung einschließlich Schadensersatz und die Erstattung von Überzahlungen…….
  • …. Der Auftragnehmer ist berechtigt, den Sicherheitseinbehalt gegen Vorlage einer unbefristeten, selbstschuldnerischen und unwiderruflichen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder Versicherung abzulösen; frühestens jedoch nach vollständiger Beseitigung der im Abnahmeprotokoll festgestellten Mängel oder fehlender Leistungen ….“

bei der gebotenen Gesamtbeurteilung

  • des Sicherheitseinbehalts und der untrennbar damit verknüpften Ablösungsmöglichkeit,

wegen unangemessener Benachteiligung des Auftragnehmers nach § 307 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unwirksam sind.

Eine vom Auftraggeber in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrags gestellte Klausel,

  • wonach ein Sicherheitseinbehalt in Höhe von 5 % der Bausumme für die Dauer der fünfjährigen Gewährleistungsfrist durch eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft abgelöst werden kann,

ist danach zwar

  • unter Berücksichtigung der Höhe und Dauer des Einbehalts sowie der Art, wie der Einbehalt abgelöst werden kann,

zulässig und wirksam.

Unwirksam ist eine solche Klausel aber nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dann, wenn die Ablösung des Sicherheitseinbehalts

  • zusätzlich davon abhängig gemacht wird,
  • dass wesentliche Mängel nicht (mehr) vorhanden sind.

Denn, so der Senat, die Einschränkung,

  • dass eine Ablösungsmöglichkeit bezüglich des Sicherheitseinbehalts frühestens nach vollständiger Beseitigung der im Abnahmeprotokoll festgestellten Mängel oder fehlenden Leistungen besteht,

ist so weitreichend,

  • dass ein angemessener Ausgleich zu den mit dem Sicherheitseinbehalt für den Auftragnehmer verbundenen Nachteilen (den Werklohn nicht sofort ausgezahlt zu bekommen, das Bonitätsrisiko für die Dauer der Gewährleistungsfrist tragen zu müssen sowie der Vorenthaltung der Liquidität und der Verzinsung des Werklohns) nicht mehr zugestanden wird.

Die Frage, ob im Abnahmeprotokoll festgestellte Mängel vollständig beseitigt sind, kann nämlich Gegenstand langwieriger Kontroversen sein, die sich über die Dauer der Verjährungsfrist für die Mängelansprüche hinziehen können.
Jeder diesbezügliche Streit kann zur Blockade der Ablösungsmöglichkeit führen, so dass es dann bei dem Sicherheitseinbehalt und den mit diesem für den Auftragnehmer verbundenen Nachteilen bleibt.
Entsprechendes gilt bezüglich etwaiger im Abnahmeprotokoll als fehlend festgestellter Leistungen.