Tag Aktiengesellschaft

Dieselgate: LG Würzburg entscheidet: Fahrzeugbesitzer kann vom Hersteller des erworbenen manipulierten Dieselfahrzeugs Schadensersatz

…. wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung und somit den für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises, abzüglich einer Entschädigung für die Nutzung, ersetzt verlangen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs.

Das Landgericht (LG) Würzburg hat mit Urteil vom 23.02.2018 – 71 O 862/16 – entschieden, dass ein Fahrzeughersteller der Dieselkraftwagen mit einer Motorsteuerungssoftware ausstattet,

  • die erkennt, ob das Fahrzeug einem Prüfstandtest unterzogen wird oder sich auf der Straße befindet und entsprechend das „Verhalten“ des Motors in Bezug auf den Stickoxidausstoß so verändert, dass der Motor
    • während des Prüfstandtests die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Stickoxidwerte einhält,
    • während unter realen Fahrbedingungen im Straßenverkehr das Fahrzeug anderweitig, nämlich mit einer geringeren Abgasrückführungsrate betrieben wird sowie die im Prüfstand erzielten Stickoxidwerte überschritten werden

und unter Verschweigen dieser,

vorgenommenen Abgasmanipulation in den Verkehr bringt,

  • durch eine gegen die guten Sitten verstoßende schädigende Handlung,

denen vorsätzlich einen Schaden zufügt, die in dem guten Glauben,

  • dass die Zulassung des Fahrzeugs zum Straßenverkehr sowie die Einstufung in die angegebene Schadstoffklasse gesetzmäßig erfolgten und
  • dieses ohne weitere zusätzliche spätere Maßnahmen am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen darf,

ein solches Fahrzeug von einem Verkäufer erwerben und dass,

  • sofern es sich bei dem Fahrzeughersteller um eine Aktiengesellschaft (AG) handelt,
  • deren Haftung aus § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 31 BGB voraussetzt, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter im Sinne des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB verwirklicht (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 28.06.2016 – VI ZR 536/15 –),

die schädigende Handlung der Aktiengesellschaft gemäß § 138 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) zuzurechnen ist, wenn

Dabei besteht der Schaden im Sinne des § 826 BGB, den ein Fahrzeugerwerber erleidet, darin, dass dieser mit einer ungewollten Verbindlichkeit belastet wird,

  • weil er einen für ihn wirtschaftlich nachteiligen Vertrag mit dem Fahrzeugverkäufer geschlossen hat,

den er,

  • wenn er Kenntnis davon gehabt hätte, dass das Fahrzeug mit einer gesetzlich unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet und damit mangelhaft ist,

nicht geschlossen hätte.

Als Schadensersatz vom Hersteller verlangen, so das LG, kann der Fahrzeugerwerber daher

  • den für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises, abzüglich einer Entschädigung für die Nutzung,
  • Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs.

Dieselgate – LG Paderborn entscheidet: Fahrzeugerwerber kann vom Hersteller eines manipulierten Dieselfahrzeugs Schadensersatz verlangen

…. wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung.

Mit Urteil vom 07.04.2017 – 2 O 118/16 – hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Paderborn entschieden, dass ein Fahrzeughersteller der Dieselkraftwagen mit einer Motorsteuerungssoftware ausstattet,

  • die erkennt, ob das Fahrzeug einem Prüfstandtest unterzogen wird oder sich auf der Straße befindet und entsprechend das „Verhalten“ des Motors in Bezug auf die Abgase so verändert, dass der Motor
    • während des Prüfstandtests die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte einhält,
    • während unter realen Fahrbedingungen im Straßenverkehr das Fahrzeug anderweitig, nämlich mit einer geringeren Abgasrückführungsrate betrieben wird und die im Prüfstand erzielten Stickoxidwerte überschritten werden

sowie unter Verschweigen dieser Softwareprogrammierung in den Verkehr bringt,

  • durch eine gegen die guten Sitten verstoßende schädigende Handlung denen vorsätzlich einen Schaden zufügt,
  • die in dem Glauben sich ein umweltfreundliches Fahrzeug anzuschaffen, ein solches Fahrzeug von einem Verkäufer erwerben

und dass,

  • sofern es sich bei dem Fahrzeughersteller um eine Aktiengesellschaft handelt,
  • deren Haftung aus § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) iVm § 31 BGB voraussetzt, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter im Sinne des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB verwirklicht (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 28.06.2016 – VI ZR 536/15 –),

die schädigende Handlung der Aktiengesellschaft gemäß § 138 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) zuzurechnen ist, wenn

  • die Aktiengesellschaft ihrer sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Frage nicht im ausreichenden Maße nachkommt,
  • welches ihrer Organe Kenntnis von der Optimierung der Motorsteuerungssoftware gehabt und das Inverkehrbringen der mit der Software ausgerüsteten Motoren veranlasst hat (so auch LG Offenburg, Urteil vom 12.05.2017 – 6 O 119/16 –).

Nach Auffassung der Kammer

  • ist die installierte Motorsteuerungssoftware als eine gegen Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO (EG) 715/2007 iVm Art. 3 Nr. 10 VO (EG) 715/2007 verstoßende und damit unzulässige Abschalteinrichtung anzusehen

und

  • besteht der Schaden eines Fahrzeugerwerbers im Sinne des § 826 BGB, dem es darum geht, ein umweltfreundliches Fahrzeug zu erwerben, darin, dass dieser mit einer ungewollten Verbindlichkeit belastet wird, weil er einen für ihn wirtschaftlich nachteiligen Vertrag mit dem Fahrzeugverkäufer geschlossen hat, den er, wenn er Kenntnis davon gehabt hätte, dass das Fahrzeug mit einer Prüfstandsoptimierungssoftware ausgestattet ist, nicht geschlossen hätte.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall verurteilte die Kammer den Fahrzeughersteller zur Rückzahlung des Kaufpreises den der Erwerber an den Verkäufer gezahlt hatte, abzüglich einer Nutzungsentschädigung, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs.

Dieselgate – LG Offenburg spricht Fahrzeugerwerber Schadensersatzanspruch gegen den Hersteller eines manipulierten Dieselfahrzeugs zu

Mit Urteil vom 12.05.2017 – 6 O 119/16 – hat das Landgericht (LG) Offenburg entschieden, dass

  • dem Erwerber eines Dieselkraftwagens, dem es um den Erwerb eines umweltfreundlichen Fahrzeugs gegangen ist, gegen die Hersteller-Aktiengesellschaft ein Schadensersatzanspruch aus § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 31 BGB wegen sittenwidriger Schädigung zusteht, wenn
    • diese das Fahrzeug unter Verschweigen einer gemäß Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 gesetzeswidrigen Softwareprogrammierung in den Verkehr bringt, die dazu führt, dass eine Schadstoffmessung im Neuen Europäischen Fahrzyklus erkannt wird und
    • die Abgaswerte dann, im Gegensatz zum Betrieb im Straßenverkehr, optimiert werden und
  • die Hersteller-Aktiengesellschaft nicht mit Nichtwissen oder „Noch-Nicht-Wissen“ bestreiten kann, dass die Softwareprogrammierung mit Kenntnis des Vorstands erfolgte,
    • sondern, weil es dabei um Umstände geht, welche die interne Organisation der Hersteller-AG betreffen, in die der Fahrzeugerwerber keinen Einblick hat,
    • im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast im Einzelnen darlegen muss, wie es zu einem Einbau der Software ohne Kenntnis des Vorstands gekommen ist.