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Wichtig für Immobilienverkäufer und -käufer zu wissen, wenn der Vertrag nachträglich geändert werden soll

Mit Urteil vom 14.09.2018 – V ZR 213/17 – hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass (nachträgliche) Änderungen eines Grundstückskaufvertrags,

  • beispielsweise die Vereinbarung einer Ermäßigung des Kaufpreises,

nach der Auflassung (§ 925 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) formlos möglich sind,

  • also nicht gemäß § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB notariell beurkundet werden müssen,

wenn die Auflassung gemäß § 873 Abs. 2 BGB bindend geworden ist.

Begründet hat der Senat dies damit, dass,

  • weil gemäß § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, der notariellen Beurkundung bedarf,

dem Formzwang des § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB alle Vereinbarungen unterliegen, die nach dem Willen der Parteien zu dem schuldrechtlichen Übereignungsgeschäft gehören,

  • so dass § 311b Abs. 1 BGB grundsätzlich auf Vereinbarungen Anwendung findet, durch die ein schon beurkundeter Grundstückskaufvertrag nachträglich geändert wird und
  • diese nur dann formfrei sind, wenn sie lediglich der Beseitigung einer bei der Abwicklung des Geschäfts unvorhergesehen aufgetretenen Schwierigkeit dienen, ohne die beiderseitigen Verpflichtungen wesentlich zu verändern,

dass allerdings dann, wenn von den Parteien unwiderruflich die Auflassung erklärt worden ist,

  • die zur Eigentumsübertragung geschuldete Leistungshandlung von ihnen erbracht ist und

Änderungsvereinbarungen nach diesem Zeitpunkt

  • somit auch in den Fällen formfrei sind,
  • in denen die Kaufvertragsparteien den Notar angewiesen haben, den Eintragungsantrag erst zu stellen, wenn die Zahlung des gesamten Kaufpreises nachgewiesen oder bestätigt ist.

Warum man die Inhalte von Versicherungsantrag und –schein immer vergleichen sollte

Liegt nämlich eine

  • den Versicherungsnehmer benachteiligende Abweichung zwischen den Inhalten des Versicherungsantrags und dem Versicherungsschein vor,

hängt es vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ab, ob und falls ja, mit welchem Inhalt der Versicherungsvertrag als geschlossen gilt,

  • ob nach § 5 Abs. 1 VVG mit der Abweichung oder
  • nach § 5 Abs. 3 VVG mit dem Inhalt des Antrags des Versicherungsnehmers.

Weicht der

  • Inhalt des Versicherungsscheins dagegen zugunsten des Versicherungsnehmers vom Inhalt des zugrunde liegenden Antrags ab,

so kommt der Versicherungsvertrag,

  • auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 VVG,

mit dem Inhalt des Versicherungsscheins zustande,

  • wenn der Versicherungsnehmer nicht binnen eines Monats widerspricht.

Darauf hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 22.06.2016 – IV ZR 431/14 – hingewiesen und damit eine bislang strittige Rechtsfrage geklärt.

Begründet hat der Senat die Entscheidung damit,

  • dass § 5 Abs. 2 VVG, weil es sich dabei um eine Schutzvorschrift für den Versicherungsnehmer handelt, nur im Falle einer den Versicherungsnehmer benachteiligenden Abweichung anzuwenden ist,
  • also im Falle einer dem Versicherungsnehmer günstigen Abweichung für das Zustandekommen des Versicherungsvertrages ausschließlich die Genehmigungsfiktion des § 5 Abs. 1 VVG gilt.

Die Genehmigungsfiktion hat insoweit konstitutive vertragsgestaltende Wirkung. Mit ihr soll sichergestellt werden, dass alle Bedingungen eines Versicherungsvertrages in einer einheitlichen Urkunde niedergelegt werden und damit im Streitfall leicht beweisbar sind.

Eine Ausnahme von der Genehmigungsfiktion nach § 5 Abs. 1 VVG ist, so der Senat weiter, nur dann zu machen, wenn

  • der Erklärende – also der Versicherer – in Wahrheit etwas anderes wollte und
  • der Erklärungsempfänger – also der Versicherungsnehmer – dies erkannt hat,

mithin der übereinstimmende Wille beider Parteien auf einen anderen Regelungsinhalt gerichtet war.
In diesen Fällen,

  • also wenn ein übereinstimmendes abweichendes Verständnis vorliegt,

ist unabhängig von der Regelung des § 5 VVG der wahre Wille des Erklärenden maßgebend (BGH, Urteil vom 22.02.1995 – IV ZR 58/94 –).