Tag beendet

Kommt es in einer automatisierten Waschstraße mit Förderband zu einem Unfall, weil ein Fahrer

…. seinen PKW am Ende der Waschstraße nicht starten kann, sein PKW stehenbleibt und die Ausfahrt versperrt,

  • haftet der Halter dieses PKWs aufgrund der Betriebsgefahr seines Autos nach § 7 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG)

auch dann für den Schaden, der an einem hinter ihm noch auf dem Förderband befindlichen Kraftfahrzeug dadurch entsteht, dass

  • dessen Fahrer, um ein Aufschieben auf das vor ihm stehengebliebene Fahrzeug zu verhindern, die Bremse seines Kraftfahrzeugs betätigt,
  • hierdurch das Kraftfahrzeug vom Förderband rutscht und
  • das dahinter am Förderband befindliche dritte Kraftfahrzeug auf das aus der Spur des Förderbandes gesprungene Kraftfahrzeugahrzeug geschoben wird.

Das hat das Landgericht (LG) Klewe mit Urteil vom 23.12.2016 – 5 S 146/15 – entschieden.

Danach soll,

  • solange ein Kraftfahrzeug mit ausgeschaltetem Motor auf einem Förderband durch die Waschstraße bewegt wird und
  • der Fahrer keinen Einfluss auf den Ablauf des Waschvorgangs hat,

das Kraftfahrzeug

  • bis zum endgültigen Abschluss des automatisierten Transportvorgangs zwar nicht in Betrieb im Sinne des § 7 StVG sein,

sich aber

  • sobald der eigentliche Waschvorgang vollständig beendet ist,
  • das Fahrzeug das Förderband, über das es zuvor automatisch gezogen worden war, verlassen hat sowie
  • der Fahrer (meist von einer Ampel) aufgefordert worden ist, den Verkehrsraum durch eigene Motorkraft zu verlassen,

wieder in Betrieb im Sinne des § 7 StVG befinden

Eine Mithaftung des Fahrzeugführers, der bei seinem Fahrzeug die Bremse betätigt hat, über § 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG (Schadensverursachung durch mehrere Kraftfahrzeuge) komme in einem solchen Fall, so das LG weiter, nicht in Betracht, da das Fahrzeug sich im Kollisionszeitpunkt noch im automatisierten Waschvorgang befunden habe, also noch nicht wieder in Betrieb gewesen und ein Mitverschulden nach §§ 9 StVG, 254 BGB nicht gegeben sei, wenn das Abbremsen erfolgte um ein Aufschieben auf das stehengebliebene und die Ausfahrt versperrende Fahrzeug zu verhindern.

Nicht jeder strafbare Versuch einer Straftat kann bestraft werden

Wann ist der Versuch einer Straftat strafbar und wann bleibt ein Täter in einem solchen Fall trotzdem straffrei, weil er strafbefreiend von der versuchten Tat zurückgetreten ist?

Legt die Staatsanwaltschaft einem zur Last,

  • zwar keine vollendete Straftat begangen,
  • sich aber des Versuchs einer Straftat schuldig gemacht zu haben, also gemäß § 22 Strafgesetzbuch (StGB) nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar angesetzt zu haben,

muss man wissen, dass nach § 23 Abs. 1 StGB

  • der Versuch eines Verbrechens (§ 12 Abs. 1 StGB) stets strafbar ist,
  • der Versuch eines Vergehens (§ 12 Abs. 2 StGB) jedoch nur dann, wenn das Gesetz (wie beispielsweise in § 223 Abs. 2 StGB) es ausdrücklich bestimmt.

Ist der Versuch der Straftat, deren man beschuldigt wird, danach strafbar und liegen die Voraussetzungen des Versuchs nach § 22 StGB vor, muss stets auch, was oft unzureichend getan oder schlicht übersehen wird, geprüft werden,

  • ob der Angeklagte strafbefreiend nach § 24 StGB von der versuchten Tat zurückgetreten ist,
  • was voraussetzt, dass
    • es sich um keinen fehlgeschlagenen Versuch handelt und
    • davon abhängig sein kann, ob ein unbeendeter oder ein beendeter Versuch vorliegt.

Fehlgeschlagen ist ein Versuch, wenn der Täter nach der letzten von ihm vorgenommenen Tathandlung erkennt,

  • dass mit den bereits eingesetzten oder den ihm sonst zur Hand liegenden Mitteln der erstrebte Taterfolg nicht mehr herbeigeführt werden kann,
  • ohne dass er eine neue Handlungs- und Kausalkette in Gang setzt (s. etwa nur Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 30.11.1995 – und vom 19.05.2010 – 2 StR 278/09 –).

Die subjektive Sicht des Täters ist auch dann maßgeblich, wenn

  • der Versuch zwar objektiv fehlgeschlagen ist,
  • der Täter dies aber nicht erkennt;
  • zumindest soll ein freiwilliger Verzicht auf weitere Tathandlungen zur Straffreiheit nach § 24 Abs. 1 Satz 2 StGB führen (vgl. BGH, Beschluss vom 24.11.2004 – 5 StR 239/04 –).

Für die Frage, ob ein Versuch

  • unbeendet oder
  • beendet ist,

kommt es maßgeblich darauf an, welche Vorstellung der Täter nach seiner letzten Ausführungshandlung von der Tat hat (sog. Rücktrittshorizont; s. nur BGH, Urteil vom 19.03.2013 – 1 StR 647/12 –).

Danach liegt ein unbeendeter Versuch vor, wenn

  • der Täter nach seiner Vorstellung nach der letzten von ihm vorgenommenen Ausführungshandlung noch nicht alles getan hat, was zur Tatbestandsverwirklichung bzw. zur Herbeiführung des Taterfolgs erforderlich oder zumindest ausreichend ist;
  • in diesem Fall kann der Täter allein durch das freiwillige Unterlassen weiterer auf den Taterfolg abzielender Handlungen, also das bloße Nichtweiterhandeln strafbefreiend vom Versuch zurücktreten (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 StGB).

Hält der Täter dagegen

  • nach der letzten von ihm vorgenommenen Ausführungshandlung den Eintritt des Taterfolgs für möglich, so ist der Versuch beendet;
  • der strafbefreiende Rücktritt setzt dann voraus, dass der Täter
    • den Taterfolg freiwillig durch aktives Tun verhindert (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 StGB) oder
    • zumindest entsprechende ernsthafte Bemühungen entfaltet, wenn der Erfolg ohne sein Zutun ausbleibt (§ 24 Abs. 1 Satz 2 StGB; s. BGH, Beschluss vom 19.05.1993 – GSSt 1/93 –).

Sind an einer Tat mehrere beteiligt, so wird gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB nicht bestraft,

  • wer freiwillig die Vollendung verhindert.

Diese Verhinderungsleistung kann indes schon darin zu sehen sein, dass die Beteiligten es einvernehmlich unterlassen, weiter zu handeln (st. Rspr.; s. BGH, Beschlüsse vom 04.04.1989 – 4 StR 125/89 –; vom 19.06.1991 – 3 StR 481/90 – und vom 19.03.2013 – 1 StR 647/12 –).
Ob darin ein freiwilliger Rücktritt vom Versuch gesehen werden kann, hängt wiederum entscheidend von dem Vorstellungsbild der Täter nach der letzten von ihnen vorgenommenen Ausführungshandlung ab:
Gehen sie zu diesem Zeitpunkt davon aus, noch nicht alles getan zu haben, was nach ihrer Vorstellung zur Herbeiführung des Taterfolgs erforderlich oder zumindest ausreichend ist und liegt mithin ein unbeendeter Versuch vor, so können sie durch bloßes Nichtweiterhandeln zurücktreten.

Darauf hat der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 23.02.2016 – 3 StR 5/16 – hingewiesen.