Tag berufliche Tätigkeit

Wichtig zu wissen für gesetzlich Unfallversicherte, die auf dem gewöhnlichen Weg zum Arbeitsplatz einen Unfall haben

Mit Urteil vom 29.06.2018 – L 8 U 4324/16 hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg darauf hingewiesen, dass

  • zwar auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges zum Arbeitsplatz versichert ist (sog. „Wegeunfall“),

allerdings nicht automatisch jeder Unfall auf dem Arbeitsweg ein Wegeunfall ist, sondern,

  • auch wenn sich der Unfall auf der gewöhnlichen Strecke zum Arbeitsplatz ereignet,

wegen Fehlens am erforderlichen Zusammenhang mit der versicherten beruflichen Tätigkeit, dann kein Arbeitsunfall gemäß § 8 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) mehr vorliegt, wenn

Übrigens:
Darauf, dass grundsätzlich auch

  • während des Auftankens des zur Fahrt nach oder von dem Ort der Tätigkeit benutzten Fahrzeuges

kein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz besteht und

  • etwas Anderes nur dann gilt, wenn das Nachtanken während der Fahrt unvorhergesehen notwendig wird, damit der restliche Weg zurückgelegt werden kann,
  • wobei von einem unvorhergesehenen Auftankenmüssen eines Fahrzeuges nur dann auszugehen ist, wenn
    • der Treibstoff für das benutzte Fahrzeug plötzlich aus Umständen, die der Versicherte nicht zu vertreten hat, für ihn vollkommen unerwartet zur Neige geht,
    • etwa weil wegen einer Verkehrsumleitung oder eines Staus der Kraftstoffverbrauch so stark ansteigt, dass der Versicherte ohne ein Nachtanken die Arbeitsstelle bzw. hier seine Wohnung nicht mehr erreichen kann,

hat das Sozialgericht (SG) Stuttgart mit Urteil vom 20.07.2017 – S 1 U 2825/16 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des SG Stuttgart vom 02.08.2018).

Arbeitsunfall kann auch vorliegen, wenn ein Arbeitnehmer infolge ungerechtfertigter polizeilicher Maßnahme

…. beispielsweise einer Leibesvisitation, einen Gesundheitsschaden erleidet.

Darauf hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 17.10.2017 – L 3 U 70/14 – hingewiesen und in einem Fall, in dem eine für die Deutsche Bahn am Service-Point eines Fernbahnhofs arbeitende Frau eine psychische Erkrankung erlitten hatte, weil sie,

  • nachdem sie ungerechtfertigterweise in Verdacht geraten war, aus einer, ihr während ihrer Tätigkeit von der Bahnsteigaufsicht übergebenen Fundsache etwas entwendet zu haben,

sich auf einem Polizeirevier hatte komplett entkleiden und einer Leibesvisitation unterziehen müssen, entschieden, dass,

  • wenn, wie hier, ein Arbeitnehmer allein infolge seiner beruflichen Tätigkeit polizeilichen Maßnahmen ausgesetzt ist und
  • hierdurch einen Gesundheitsschaden erleidet,

ein Arbeitsunfall vorliegt.

Dass die Unfallversicherung zur Anerkennung als Arbeitsunfall verpflichtet ist, hat das LSG damit begründet, dass

  • die ungerechtfertigten Maßnahmen der Polizei bei der Frau unmittelbar zu Gefühlen des Ausgeliefertseins, der Hilflosigkeit und Ohnmacht geführt habe,
    • so dass ein Gesundheitserstschaden vorliege,
  • ursächlich für dieses von außen auf ihren Körper einwirkende Ereignis – nämlich die polizeilichen Maßnahmen – allein die berufliche, ordnungsgemäß den dienstlichen Vorschriften entsprechend ausgeübte Tätigkeit der Bahn-Mitarbeiterin gewesen sei und
  • keine privat veranlassten Handlungen der Frau.

Dagegen bestehe, weil es sich um eine private Verrichtung handle, dann kein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz, so das LSG weiter, wenn beispielsweise

  • ein alkoholisierter Arbeitnehmer sich bei einer Verkehrskontrolle der Blutentnahme entziehen möchte oder
  • ein Versicherter auf dem Heimweg von seiner Arbeitsstelle bei einer Fahrkartenkontrolle seinen Ausweis nicht zeigen möchte und

es bei der polizeilichen Festnahme zu einer Verletzung kommt (Quelle: Pressemitteilung des LSG Darmstadt vom 02.11.2017 – Nr. 15/2017 –).

BGH entscheidet, wann einem selbstständigen Reitlehrer und Pferdeausbilder, der ein Dressurpferd verkauft, die Unternehmereigenschaft fehlt

…. und der Käufer sich ihm gegenüber deshalb nicht auf die Beweislastumkehr des § 476 BGB berufen kann.

Mit Urteil vom 18.10.2017 – VIII ZR 32/16 – hat der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen, dass ein Reitlehrer und Pferdetrainer, der ein Dressurpferd verkauft,

  • ohne Hinzutreten besonderer Umstände,

dann nicht als Unternehmer anzusehen ist,

  • wenn er das Pferd zuvor ausschließlich für private Zwecke erworben und ausgebildet hat und

dass in einem solchen Fall, wenn streitig ist, ob ein Mangel des Pferdes, wie beispielsweise „Rittigkeitsprobleme“ (Lahmheit, Schmerzen, Widersetzlichkeit)

  • bereits bei Übergabe des Pferdes vorhanden war oder
  • erst danach aufgetreten ist, hervorgerufen etwa durch eine falsche reiterliche Behandlung auf Seiten des Käufers,

der Käufer sich deswegen auch nicht auf die Beweislastumkehrvorschrift des § 476 BGB berufen kann,

  • da diese nur für Verbrauchsgüterkäufe, d.h. Verträge durch die ein Verbraucher von einem Unternehmer bewegliche Sachen kauft, gilt.

Begründet hat der Senat die fehlende Unternehmereigenschaft in einem solchen Fall damit, dass ein selbständiger Reitlehrer und Pferdeausbilder, wenn er ein Pferd verkauft,

  • das von ihm zuvor ausschließlich zu privaten Zwecken ausgebildet und trainiert worden ist,

bei dem Verkauf des Pferdes nicht „in Ausübung“ seiner selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt,

  • sondern der Zusammenhang zu seiner beruflichen Tätigkeit allenfalls äußerlicher Natur ist (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 18.10.2017 – Nr. 161/2017 –).