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BGH entscheidet wann keine vom Mieter zu duldenden Modernisierungsmaßnahmen im Sinne von § 555b Nr. 4 oder Nr. 5 BGB (mehr) vorliegen

Mit Beschluss vom 21.11.2017 – VIII ZR 28/17 – hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass vom Mieter nach § 555d Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu duldende Modernisierungsmaßnahmen im Sinne von § 555b Nr. 4 oder Nr. 5 BGB,

  • d.h. bauliche Veränderungen, durch die
    • der Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöht wird oder
    • die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessert werden,

dann nicht vorliegen, wenn die beabsichtigten Maßnahmen

  • sich nicht auf eine Verbesserung des vorhandenen Bestands beschränken, sondern

so weitreichend sind,

  • wie beispielsweise bei einer Hinzufügung neuer Räume [Wintergarten; Ausbau des Spitzbodens] unter Veränderung des Grundrisses; einem veränderten Zuschnitt der Wohnräume und des Bads; der Anlegung einer Terrasse; dem Abriss einer Veranda,

dass ihre Durchführung den Charakter der Mietsache grundlegend verändern würde.

Begründet worden ist dies vom Senat damit, dass sich eine Modernisierungsmaßnahme dadurch auszeichnet, dass sie

  • einerseits über die bloße Erhaltung des bisherigen Zustands (vgl. § 555a BGB) hinausgeht,
  • andererseits aber die Mietsache nicht so verändert, dass etwas Neues entsteht.

Verbraucher sollten wissen wann ein Messestand als beweglicher Geschäftsraum anzusehen ist und wann nicht

…. weil sie dann wissen, ob auf einen von ihnen dort geschlossenen Vertrag die Regelungen zum Widerrufsrecht Anwendung finden oder nicht.

Ein Widerrufsrecht gemäß § 355 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann einem Verbraucher nach § 312g Abs. 1 BGB nämlich zustehen

  • bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen,

d.h. dann, wenn ein Vertrag

  • bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und
  • des Unternehmers oder gemäß § 312 b Abs. 1 Satz 2 BGB einer Person, die im Namen des Unternehmers oder in seinem Auftrag handelt,

an einem Ort geschlossen worden ist,

  • der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist,

wobei nach § 312 b Abs. 2 Satz 1 HS 2 BGB ein Geschäftsraum auch

  • ein beweglicher (d.h. ein nur für eine vorübergehende Zeit betriebener) Geschäftsraum ist,
  • in dem der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt.

Für die Beurteilung, ob ein Unternehmer in einem für eine vorübergehende Zeit betriebenen Geschäftsraum,

  • also einem Stand auf einer Messe oder einem Markt

seine Tätigkeit

  • für gewöhnlich ausübt oder
  • nicht für gewöhnlich ausübt,

ist maßgeblich,

  • ob der Verbraucher auf der Messe oder dem Markt mit entsprechenden Vertragsangeboten rechnen musste oder
  • ob von einer Überrumpelung des Verbrauchers ausgegangen werden kann.

Musste der Verbraucher mit entsprechenden Vertragsangeboten rechnen war

  • der Betrieb des beweglichen Geschäftsraums „gewöhnlich“ im Sinne von § 312b Abs. 2 BGB,
  • h. der Messe- bzw. Marktstand ein Geschäftsraum (so auch Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe, Urteil vom 10.06.2016 – 4 U 217/15 –),

wobei bei der Frage, ob der Verbraucher auf der Messe bzw. dem Markt mit entsprechenden Angeboten rechnen musste oder nicht, abzustellen ist

  • zum einen auf den Charakter der Messe bzw. des Marktes und
  • zum andern auf das konkrete Angebot des Unternehmers, das zum Abschluss des streitgegenständlichen Vertrages geführt hat.

Beispielsweise muss auf einer Reisemesse

  • nicht mit dem Verkauf von hochwertigen Dampfstaubsaugern gerechnet werden,

so dass in einem solchen Fall

Darauf hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) München mit Urteil vom 15.03.2017 – 3 U 3561/16 – hingewiesen.