Tag Dienstleistung

LAG Hamm entscheidet: Wer offiziell als Haushaltshilfe angestellt, tatsächlich aber für Sex bezahlt wird, hat Anspruch

…. auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis.

Mit Urteil vom 06.06.2019 – 17 Sa 46/19 – hat die 17. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm in einem Fall, in dem ein älterer Mann eine jüngere Frau als teilzeitbeschäftigte Hauswirtschafterin mit schriftlichem Arbeitsvertrag,

  • in dem u.a. geregelt war, dass
    • sie an drei Vormittagen in der Woche putzt, Wäsche wäscht, bügelt, einkauft, kocht sowie sonstige haushaltsübliche Tätigkeiten verrichtet,
    • dafür eine monatliche Bruttovergütung von 460,00 Euro – 10,00 Euro/Stunde – erhält und
    • ihr 25 Tage Urlaub jährlich zustehen,

eingestellt, tatsächlich mit der Frau aber vereinbart hatte, dass

  • die Bezahlung hauptsächlich sein sollte für
    • von ihr zweimal wöchentlich zu erbringende sexuelle Leitungen sowie
    • die gelegentliche Begleitung zu Essen und auf Reisen

und dies von den Parteien dann in der Folgezeit auch so durchgeführt wurde,

  • bis der Mann nach etwa acht Monaten, weil er seine sexuellen Erwartungen nicht mehr erfüllt sah, das „Hauswirtschaftsverhältnis“ kündigte,

entschieden, dass der Mann

  • den Urlaub, der der Frau nicht mehr gewährt werde konnte, abgelten und
  • der Frau ein qualifiziertes Arbeitszeugnis ausstellen

muss.

Begründet hat die Kammer dies damit, dass der schriftliche Arbeitsvertrag,

  • nachdem entgegen der Abrede darin die Tätigkeit der Frau als Hauswirtschafterin weder gewollt war, noch ausgeübt wurde,
  • sondern dieser Vertrag zur Verdeckung der eigentlichen Absicht, ein sexuelles Dienstverhältnis zu begründen, geschlossen wurde,

sich als Scheingeschäft iSd. § 117 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darstellt, mit der rechtlichen Konsequenz, dass die Regelungen der

  • durch den Vertrag über Hauswirtschaftsleistungen verdeckten und
  • auch nicht gemäß § 138 Abs. 1 BGB als sittenwidrig einzustufende

vertraglichen Verständigung

  • – im Rahmen eines Arbeitsvertrages –

sexuelle Dienstleistungen gegen Zahlung eines monatlichen Entgelts zu erbringen, zur Anwendung kommen, so dass

  • aus dem auf dieses Vertragsverhältnis der Parteien anwendbaren § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) der Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs folgt, der wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht genommen werden konnte und
  • sich aus §§ 109, 6 Abs. 2 Gewerbeordnung (GewO) der Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis rechtfertigt.

Verbraucher, die eine SIM-Karte erwerben, sollten wissen, dass auf SIM-Karten Internetzugangs- und Mailbox-Dienste

…. vorinstalliert und -aktiviert sein können,

  • deren Kosten dem Benutzer in Rechnung gestellt werden, wenn er nicht ausdrücklich ihre Abschaltung verlangt und
  • dass Dienste für den Internetzugang sogar, u. a. durch so genannte „Always-on“(ständig verbunden)-Anwendungen, vom Nutzer unbemerkt zu Verbindungen führen können.

Werden solche SIM-Karten von Anbietern elektronischer Kommunikationsdienste vermarktet, müssen die Anbieter die Verbraucher vor dem Erwerb

  • sowohl über die Kosten der Dienste,
  • als auch über ihre Vorinstallation und -aktivierung auf der von ihnen gekauften SIM-Karte aufklären.

Andernfalls beruht die Erbringung dieser Dienste,

nicht auf der freien Entscheidung der Verbraucher und kann es sich,

  • nachdem weder offensichtlich ist, dass der durchschnittliche Käufer einer SIM-Karte sich bewusst ist,
    • dass diese vorinstallierte und -aktivierte Dienste enthält, die zusätzliche Kosten verursachen können, oder
    • dass Anwendungen oder das Gerät selbst sich von ihm unbemerkt mit dem Internet verbinden können,
  • noch, dass er über ausreichendes technisches Können verfügt, um diese Dienste oder automatischen Verbindungen auf seinem Gerät abzuschalten,

handeln,

  • um die „Lieferung einer unbestellten Ware oder Dienstleistung“ und
  • somit nach der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken um eine unter allen Umständen unlautere – genauer aggressive – Praktik (Quelle: Pressemitteilung des EuGH vom 13.09.2018).

AG Frankfurt entscheidet: Weisen Betreiber eines Online-Branchenbuchs nicht hinreichend auf die Kostenpflichtigkeit

…. eines Eintrags hin, haben sie keinen Anspruch auf eine Vergütung ihrer Dienstleistung.

Mit Urteil vom 22.02.2018 – 32 C 2278/17 – hat das Amtsgericht (AG) Frankfurt entschieden, dass Betreiber eines Online-Branchenbuchs für einen Eintrag in das Online-Branchenbuch Anspruch auf eine Dienstleistungsvergütung nur haben, wenn

  • von ihnen in ihrem Vertragsformular auf die Kostenpflichtigkeit hinreichend deutlich hingewiesen worden ist,

weil eine Entgeltklausel ansonsten

  • für den Empfänger überraschend ist und gemäß § 305 c Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht Vertragsbestandteil wird.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall, in dem von dem Betreiber eines Online-Branchenbuchs einer Firma ein

  • mit „Eintragungsantrag/Korrekturabzug“ überschriebenes

Schreiben,

  • mit der Bitte um Rücksendung binnen 14 Tagen,

übersandt worden war, in dem sich im unteren Drittel der Text befunden hatte,

  • „Die Richtigkeit der oben aufgeführte Firmendaten sowie die Aufnahme in das Branchenbuch zum Preis von 1.068 Euro netto pro Jahr für den Standard Business Eintrag wird durch Unterschrift bestätigt“,

hat das AG die Entgeltklausel auf Grund des äußeren Erscheinungsbildes des Schreibens,

  • u.a. auch wegen des im oberen Teil stehenden Wortes „Korrekturabzug“ und
  • der damit erweckten Erwartung des Empfängers, dass es sich um einen kostenlosen Eintrag in ein Branchenverzeichnis handele,

als für den Empfänger überraschend im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB angesehen und deshalb die Klage des Betreibers des Online-Branchenbuchs gegen den Firmeninhaber,

  • der das Schreiben ausgefüllt sowie mit seinen Firmendaten unterschrieben zurückgesandt hatte,

auf Zahlung von 1.270,92 Euro abgewiesen (Quelle: Pressemitteilung des AG Frankfurt vom 31.08.2018).

Während eines Toilettenaufenthalts genießen Beamte Dienstunfallschutz, Arbeitnehmer aber keinen gesetzlichen Unfallversicherungsschutz

Sucht ein Beamter während seiner regulären Dienstzeit die im Dienstgebäude gelegene Toilette auf und stößt er dort mit dem Kopf gegen den Flügel eines Fensters, handelt es sich um einen vom Dienstunfallschutz erfassten Dienstunfall, während ein Arbeitnehmer, der bei der Nutzung der betrieblichen Toilettenanlage dort mit dem Kopf gegen den Flügel eines Fensters stößt, nicht gesetzlich unfallversichert ist.

Ein Beamter steht nämlich, wie das Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) mit Urteil vom 17.11.2016 – 2 C 17.16 – entschieden hat, bei Unfällen,

  • die sich an dem zum räumlichen Machtbereich des Dienstherrn gehörenden Dienstort, an dem der Beamte entsprechend der Vorgaben des Dienstherrn seine Dienstleistung zu erbringen hat, ereignen,

unter dem Schutz der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge, weil

  • Risiken, die sich hier während der Dienstzeit verwirklichen, dem Dienstherrn zuzurechnen sind und
  • zwar unabhängig davon, ob die konkrete Tätigkeit, bei der sich der Unfall ereignet hat, dienstlich geprägt ist.

Eine Ausnahme gilt nur für die Fälle, in denen die konkrete Tätigkeit vom Dienstherrn ausdrücklich verboten ist oder dessen wohlverstandenen Interessen zuwiderläuft (Quelle: Pressemitteilung des BVerwG vom 17.11.2016 – 95/2016 –).

Dagegen handelt es sich, wenn ein Arbeitnehmer während der Arbeitszeit auf der Toilette seiner Firma einen Unfall erleidet, regelmäßig um keinen Arbeitsunfall, so dass der Arbeitnehmer wegen eines solchen Unfalls keine Leistungen von der gesetzlichen Unfallversicherung beanspruchen kann.
Denn ein Arbeitnehmer genießt gesetzlichen Unfallversicherungsschutz lediglich auf den Hinweg zur und dem Rückweg von der betrieblichen Toilette, regelmäßig aber nicht während des Aufenthalts in der Toilette selbst (so Bayerisches Landessozialgericht (LSG), Urteil vom 06.05.2003 – L 3 U 323/01 –).