Tag Eigentümergemeinschaft

Wohnungseigentümer haben unverjährbaren Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung

Mit Urteil vom 15.01.2016 – 481 C 17409/15 WEG – hat das Amtsgericht (AG) München in einem Fall, in dem

  • die Ausstattung eines zu einer Wohnanlage einer Eigentümergemeinschaft gehörenden Kinderspielplatzes (noch) nicht den in der Baugenehmigung für die Wohnanlage erteilten Auflagen entsprach,

entschieden, dass die Eigentümergemeinschaft den von einem Wohnungseigentümer in einer Wohnungseigentümerversammlung gestellten Antrag,

  • die Spielplatzausstattung gemäß der Baugenehmigung herzustellen,

nicht ablehnen darf.

Begründet hat das AG dies damit, dass ein Beschluss,

  • mit dem es abgelehnt wird die in einer erteilten Baugenehmigung festgesetzten, das Gemeinschaftseigentum betreffende Auflagen zu erfüllen,

nicht einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht und deshalb rechtswidrig ist, weil

  • den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums obliegt und
  • eine ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung auch bei solchen Maßnahmen gegeben ist, mit denen den Erfordernissen öffentlich-rechtlicher Vorschriften entsprochen werden soll.

Hingewiesen hat das AG auch, dass der Anspruch des Wohnungseigentümers auf ordnungsmäßige Verwaltung gegenüber der Eigentümergemeinschaft grundsätzlich unverjährbar ist, weil

  • das Gemeinschaftseigentum, unabhängig davon wie lange die Instandsetzungsbedürftigkeit bereits zurück liegt und ob sie schon länger als drei Jahre andauert, instandgesetzt werden muss und
  • eine solche gleichsam ständig neu entstehende Dauerverpflichtung nicht verjähren kann (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 21.10.2016 – 82/16 –).

Wohnungseigentümergemeinschaft kann von einem Mitglied verlangen das Füttern von Tauben auf dem Grundstück zu unterlassen

Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann von einem Eigentümer, der auf dem Balkon seiner Eigentumswohnung durch das Auslegen von Vogelfutter Tauben anlockt, die Hausdach und Balkon durch Taubenkot verschmutzen, verlangen, es zu unterlassen, auf dem Balkon oder aus der Wohnung heraus verwilderte Tauben zu füttern und Tauben durch das Auslegen von Futter und Lebensmitteln anzulocken.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 23.09.2015 – 485 C 5977/15 WEG – entschieden.

Begründet hat das AG dies damit, dass die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft eine soziale Gemeinschaft bilden, innerhalb derer allgemein die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme besteht und dieses Rücksichtnahmegebot des § 14 des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (WEG) verletzt,

  • wer durch Maßnahmen, wie das Auslegen von Vogelfutter, das Bereitstellen von Trinkwasserbehältern und das Aufstellen von Behältern, die sich zum Nisten und Brüten zumindest eignen,Tauben in letztlich nicht kontrollierbarer Zahl anlockt,

weil damit nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht nur die konkrete Gefahr der vermehrten Beschmutzung auch des Gemeinschaftseigentums und des Sondereigentums anderer Wohnungseigentümer besteht, sondern auch eine konkrete Gesundheitsgefährdung etwa durch von Tauben verbreitete Parasiten wie Taubenzecken und -flöhen oder durch Taubenkot.

Ein solcher Unterlassungsanspruch steht der Wohnungseigentümergemeinschaft und/oder beeinträchtigten anderen Eigentümern dann zu, wenn

  • in der Hausordnung bestimmt ist, dass das Füttern von Tauben auf dem Grundstück oder von Wohnungen aus nicht gestattet ist oder
  • die Gemeinde, in der sich die Wohnanlage befindet, durch Verordnung ein Taubenfütterungsverbot erlassen hat (zur Berechtigung einer Gemeinde zum Erlass eines Taubenfütterungsverbots vgl. Verwaltungsgericht (VG) Ansbach, Urteil vom 14.07.2011 – AN 5 K –)

Das hat die Pressestelle des AG München vom 16.09.2016 – 72/16 – mitgeteilt.

Was Wohnungseigentümer, die neue Wohnungsfenster einbauen lassen wollen, wissen sollten

In einer Wohnungseigentumsanlage stehen die Fenster der Eigentumswohnungen nebst den Rahmen zwingend im Gemeinschaftseigentum, so dass, sofern in der Teilungserklärung nichts Gegenteiliges vereinbart ist, für den Austausch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zuständig ist.

Zuständig für die Erneuerung von Fenstern bleibt die Eigentümergemeinschaft auch dann, wenn in der Gemeinschaftsordnung bestimmt ist,

  • dass die Eigentümer mit Ausnahme des Außenanstrichs der Außenfenster, der Sache der Eigentümergemeinschaft ist, zur Instandhaltung und Instandsetzung der Außenfenster verpflichtet sind.

Denn behält sich die Gemeinschaft schon den Außenanstrich vor, gilt dies erst recht für die vollständige Erneuerung. Mit einer solchen Regelung wollen die Wohnungseigentümer nämlich die einheitliche Außenansicht des Gebäudes sicherstellen.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 07.11.2014 – 481 C 12070/14 WEG – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem in der Gemeinschaftsordnung bestimmt war,
    • dass die Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Außenanstrichs der Außenfenster, der Sache der Eigentümergemeinschaft ist, zur Instandhaltung und Instandsetzung der Außenfenster verpflichtet sind und
    • der Wohnungseigentümer die äußere Gestalt des Bauwerks oder seine im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Bestandteile – insbesondere die Farbe der außerhalb des Sondereigentums sichtbaren Anstriche – nicht ändern darf,
  • ein Wohnungseigentümer in seiner Wohnung, ohne Beschluss der Eigentümergemeinschaft, die alten Holz-Alu-Fenster, die keinen Mittelsteg hatten und flächenbündig sowie alufarben waren, hatte austauschen lassen gegen weiße Kunststofffenster mit Mittelsteg sowie ohne rahmen- und flächenbündiger Ausführung,

auf eine entsprechende Klage der Eigentümergemeinschaft gegen den Miteigentümer entschieden,

Ist für den Austausch von Fenstern in den Eigentumswohnungen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zuständig, sind Wohnungseigentümer, die vorhandene Fenster ausbauen und neue einbauen lassen wollen, danach gut beraten wenn sie sich vor einer solchen baulichen Veränderung diese von der Eigentümergemeinschaft durch Beschluss genehmigen lassen.

An wen muss sich ein Wohnungseigentümer bei Beschädigung seines Sondereigentums halten?

Will ein Wohnungseigentümer einen Schaden an seinem Sondereigentum ersetzt haben,

  • der von einem Dritten, beispielsweise einem Handwerker, bei Ausführung der ihm von der Wohnungseigentümergemeinschaft in Auftrag gegebenen Arbeiten am Gemeinschaftseigentum verursacht worden ist,

ist der geschädigte Wohnungseigentümer verpflichtet,

  • vorrangig den von der Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragten Handwerker auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen,
  • wenn nicht besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise eine Inanspruchnahme der Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband rechtfertigen.

Das hat das Landgericht (LG) Stuttgart mit Urteil vom 11.05.2016 – 10 S 2/16 – entschieden.

Begründet hat das LG diese Entscheidung damit,

  • dass die zwischen den Mitgliedern einer Wohnungseigentümergemeinschaft bestehende Treue- und Rücksichtnahmepflicht auch eine Rücksichtnahmepflicht des einzelnen Wohnungseigentümers gegenüber der Gemeinschaft begründet,
  • aufgrund derer es einem Wohnungseigentümer verwehrt ist, die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband in Anspruch zu nehmen, wenn für den geltend gemachten Schaden ein Dritter – hier der Handwerker – in Anspruch genommen werden kann.

So,

  • wie bei bestehendem Versicherungsschutz durch eine Gebäudeversicherung aufgrund der zwischen Wohnungseigentümern bestehenden Treue- und Rücksichtnahmepflichten ein geschädigter Miteigentümer verpflichtet ist, nicht den schädigenden Miteigentümer auf Schadensausgleich in Anspruch zu nehmen, wenn der geltend gemachte Schaden Bestandteil des versicherten Interesses ist, der Gebäudeversicherer nicht Regress nehmen könnte und nicht besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise eine Inanspruchnahme des Schädigers durch den Geschädigten rechtfertigen (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 10.11.2006 – V ZR 62/06 –),

könne ein geschädigter Wohnungseigentümer auch in einem Fall wie dem obigen, aufgrund der bestehenden Rücksichtnahmepflicht des einzelnen Wohnungseigentümers gegenüber der Gemeinschaft grundsätzlich nicht statt des Handwerkers die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband in Anspruch nehmen.

Gegen den Handwerker steht dem geschädigten Wohnungseigentümer, so das LG weiter, abgesehen von dem deliktischem Anspruch auch ein vertraglicher Schadensersatzanspruch zu, weil das Vertragsverhältnis zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und dem Handwerker als Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter anzusehen ist und Schutzwirkung für die Wohnungseigentümer entfaltet.

Wen der Auftrag durch die Wohnungseigentümergemeinschaft erteilt wurde muss dem geschädigten Wohnungseigentümer bekannt sein, da der Auftragserteilung eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft vorausgeht.
Soweit ihm Namen und Anschrift des Handwerkers nicht von vornherein bekannt sein sollten, kann er dies durch einfache Nachfrage bei der Hausverwaltung klären.