Tag Ersitzung

Eigentum an beweglichen Gegenständen durch Ersitzung erwerben ist (auch) möglich, wenn die Gegenstände

…. zuvor einem früheren Eigentümer von einem Dritten gestohlen worden sind.

Nach § 937 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erwirbt,

  • wer eine bewegliche Sache zehn Jahre im Eigenbesitz hat,

das Eigentum daran (Ersitzung), außer der Erwerber

  • ist bei dem Erwerb des Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben oder
  • er erfährt später, dass ihm das Eigentum nicht zusteht.

Wird die Sache von einem früheren Eigentümer von demjenigen herausverlangt, der sich auf Ersitzung beruft, tragen im Streitfall die Beweislast,

  • derjenige der sich auf die Ersitzung beruft, dafür, dass
    • er die Sache seit mindestens zehn Jahren in Eigenbesitz hat

und

  • derjenige, der die Ersitzung durch den anderen bestreitet und die Herausgabe der Sache verlangt, dafür, dass
    • der andere, der sich auf die Ersitzung beruft,
      • bei dem Erwerb des Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben (bösgläubig) war oder
      • später erfahren hat, dass ihm das Eigentum nicht zusteht.

Mit Urteil vom 19.07.2019 – V ZR 255/17 – hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass dies auch dann gilt, wenn der, der sich auf die Ersitzung beruft, bewiesen hat, dass die Sache

  • sich schon mindestens zehn Jahren in seinem Besitz befunden hat,

sie aber einem früheren Eigentümer zuvor gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist.

  • Auch dann muss derjenige, der sich auf die Ersitzung beruft, nicht noch zusätzlich beweisen, dass er beim Besitzerwerb, beispielsweise beim Kauf, gutgläubig war.

Allerdings trifft in einem solchen Fall, wie der Senat ausgeführt hat, demjenigen, der sich auf den Eigentumserwerb durch Ersitzung beruft, regelmäßig eine

  • sekundäre

Darlegungslast

  • für seinen guten Glauben bei dem Erwerb des Eigenbesitzes,
    • d.h., er muss darlegen, wie es zum Erwerb des Eigenbesitzes gekommen ist und dass dabei keine besonderen Umstände vorgelegen haben, die seinen Verdacht erregen mussten, dass es sich um Diebesgut handeln könnte und die er unbeachtet gelassen hat.

Kann der frühere Besitzer diese

  • von dem auf Herausgabe verklagten Besitzer

behaupteten Umstände des Erwerbs(vorgangs) der Sache als falsch widerlegen, sind die Voraussetzungen von § 937 Abs. 2 BGB

  • – dass der Erwerber bei dem Erwerb des Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben war und somit kein Eigentum durch Ersitzung erworben hat –

als bewiesen anzusehen (Quelle: Pressemitteilung des BGH).

Eigentum durch Ersitzung erwerben, also dadurch, dass man eine bewegliche Sache längere Zeit in Besitz hat? Ist das möglich

…. und wer muss was beweisen, wenn ein solcher Eigentumserwerb strittig ist und gegen den, der sich auf Ersitzung beruft, Ansprüche aus Eigentum an der Sache geltend gemacht werden?

Durch Ersitzung nach § 937 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erwirbt man das Eigentum an einer beweglichen Sache, wenn man

  • diese zehn Jahre im Eigenbesitz hat,
    • h. die Sache zehn Jahre ununterbrochen (Ausnahme: § 940 Abs. 2 BGB) als einem gehörend besitzt (§ 872 BGB),
  • bei dem Erwerb des Eigenbesitzes in gutem Glauben war und
  • auch später nicht erfahren hat, dass einem das Eigentum nicht zusteht.

Liegen diese Voraussetzungen vor, hat man an der beweglichen Sache kraft Gesetzes

  • originäres Eigentum erworben und
  • der bisherige Eigentümer sein Eigentum daran verloren.

Wer sich darauf beruft, Eigentum an einer beweglichen Sache durch Ersitzung gemäß § 937 Abs. 1 BGB erlangt zu haben,

  • trägt die Darlegungs- und Beweislast

für seinen zehnjährigen ununterbrochenen Eigenbesitz,

  • muss also darlegen und beweisen, dass er die Sache länger als zehn Jahre in Eigenbesitz gehabt hat.

Die Darlegungs- und Beweislast

  • für den fehlenden guten Glauben (die Bösgläubigkeit) des Ersitzenden bei Begründung des Eigenbesitzes oder
  • für eine während der Dauer des zehnjährigen Eigenbesitzes erlangte positive Kenntnis der Nichtberechtigung

trägt hingegen der, der

  • die Ersitzung bestreitet und
  • gegen den Ersitzenden Ansprüche aus Eigentum an der Sache geltend machen will.

Allerdings trifft denjenigen, der sich auf Ersitzung beruft,

  • eine sekundäre Darlegungslast
  • hinsichtlich seiner Gutgläubigkeit für Erwerbsvorgänge in seiner Sphäre.

Darauf

  • und dass diese Beweislastverteilung auch gilt, wenn die Sache dem früheren Besitzer gestohlen wurde oder sonst abhandengekommen ist,

hat das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg mit Urteil vom 06.09.2017 – 12 U 2086/15 – hingewiesen.