Tag Familie

Der Inhaber eines Internetanschlusses, von dem wegen Urheberrechtsverletzung Schadensersatz verlangt wird

…. sollte wissen was in einem solchen Fall vom anspruchsstellenden Rechteinhaber und was von ihm dargelegt und bewiesen werden muss.

Ist über einen bestimmten Internetanschluss eine Urheberrechtsverletzung begangen worden,

  • beispielsweise durch das Angebot ein Computerspiel in einer Internettauschbörse herunterzuladen,

und macht der Inhaber der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Computerspiel,

  • wegen widerrechtlichen Eingriffs in das ihm zustehende Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§§ 19a, 69c Nr. 4 des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzgesetze (UrhG)),

Schadensersatzansprüche aus § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG gegen den Inhaber des Internetabschlusses geltend,

  • trägt im Streitfall, wenn also der Inhaber des Internetanschlusses die Begehung der Urheberrechtsverletzung bestreitet,
  • der Rechteinhaber nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür,

dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz erfüllt sind.

  • Er hat darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass der Inhaber des Internetanschlusses für die von ihm behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist.

Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss nutzen konnten.
Diese tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers kommt auch dann in Betracht, wenn der Internetanschluss – wie bei einem Familienanschluss – regelmäßig von mehreren Personen genutzt wird.

  • Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde.

In solchen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast.
Diese führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO)) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen.

  • Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen.

In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat.
Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss genügt hierbei nicht.

  • Der Inhaber eines Internetanschlusses hat vielmehr nachvollziehbar vorzutragen, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen.

Entspricht der Inhaber des Internetanschlusses seiner sekundären Darlegungslast,

  • indem er hinreichend konkret zur Möglichkeit der Täterschaft eines Dritten vorträgt,

ist es wieder Sache des Rechteinhabers als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Anschlussinhabers als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen,

Darauf hat der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 27.07.2017 – I ZR 68/16 – hingewiesen.

Wichtig zu wissen für Internetanschlussinhaber die wegen Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat mit Urteil vom 06.10.2016 – I ZR 154/15 – in einem Fall, in dem ein Rechteinhaber den Inhaber eines Internetanschlusses,

  • weil über diesen eine Urheberrechtsverletzung begangen worden war,

nach § 97 Urheberrechtsgesetz (UrhG) in Anspruch genommen und der Anschlussinhaber

  • die Begehung der Urheberrechtsverletzung bestritten sowie
  • vorgetragen hatte, dass
    • seine Ehefrau über einen eigenen Computer Zugang zu seinem Internetanschluss habe, ohne nähere Einzelheiten zu Zeitpunkt und Art der Internetnutzung durch seine Ehefrau mitzuteilen und
    • auf seinem Computer keine Filesharing-Software vorhanden sei (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 75/14 – dazu, dass der Anschlussinhaber im Rahmen des Vortrags zu Umständen, die seine eigene Internetnutzung betreffen, auch zu der Angabe verpflichtet sein kann, ob auf dem von ihm genutzten Computer Filesharing-Software vorhanden ist),

entschieden, dass

  • der Internetanschlussinhaber dadurch seiner sekundären Darlegungslast genügt hat und
  • es somit wieder Sache des Rechteinhabers als Anspruchsteller sei, die für eine Haftung des Internetabschlussinhabers als Täter der Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen.

Begründet hat der Senat dies damit, dass,

  • auch unter Berücksichtigung des für den Rechteinhaber sprechenden Eigentumsschutzes (Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und des Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) der zugunsten des Anschlussinhabers wirkende grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie (Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG) der Annahme weitergehender Nachforschungs- und Mitteilungspflichten entgegen stehe und
  • es aufgrund dessen dem Inhaber eines privaten Internetanschlusses nicht zumutbar sei,
    • die Internetnutzung seines Ehegatten einer Dokumentation zu unterwerfen, um im gerichtlichen Verfahren seine täterschaftliche Haftung abwenden zu können oder
    • die Untersuchung des Computers seines Ehegatten im Hinblick auf die Existenz von Filesharing-Software abzuverlangen.

Kann Vermieter ein Mietverhältnis wegen Überbelegung der Wohnung kündigen?

Amtsgericht (AG) München verurteilt Familie zur Räumung, weil die vom Familienvater angemietete Wohnung für die Familie zu klein war.

Zwar ist ein Mieter grundsätzlich berechtigt seine Kinder und seinen Ehegatten in die Wohnung aufzunehmen.
Allerdings darf dadurch keine Überbelegung eintreten, die nach einer Faustregel dann (noch) nicht vorliegt, wenn

  • auf jede erwachsene Person oder auf je zwei Kinder bis zum 13. Lebensjahr ein Raum von jeweils ca. 12 qm entfällt oder
  • durchschnittlich 10 qm pro Person bei der Unterbringung von Familien gegeben sind.

Sind diese Richtwerte unterschritten, liegt

  • eine Überbelegung der Wohnung vor,

die, wenn der Mieter auf entsprechende Aufforderung des Vermieters die in der Wohnung lebenden Personen nicht reduziert,

  • den Vermieter zur ordentlichen Kündigung berechtigen kann und
  • zwar auch dann, wenn die eigenen Kinder des Mieters der Grund für die Überbelegung sind.

Darauf hat das AG München mit Urteil vom 29.04.2015 – 415 C 3152/15 – hingewiesen und einer Räumungsklage des Vermieters, mit einer Räumungsfrist von allerdings fünf Monaten, in einem Fall stattgegeben, in dem

  • der beklagte Familienvater am 10.02.2011 in München für eine monatliche Kaltmiete von 270 Euro eine Erdgeschoßwohnung mit einem Wohnraum, einer Küchenzeile, einem Bad mit Toilette und einem Kellerabteil angemietet hatte, bei der die Wohnfläche 25,88 Quadratmeter betrug, wovon auf den Wohnraum etwa 16 Quadratmeter entfielen,
  • aufgrund der geringen Größe der Wohnung er laut Mietvertrag nicht berechtigt war, abgesehen von der Ehefrau, eine weitere Person auf Dauer in die Wohnung aufzunehmen und
  • in der Wohnung dann aber nicht nur er mit seiner Ehefrau, sondern auch mit seinen 2010 und 2013 geborenen Kindern lebte.

Dass der Vermieter zur ordentlichen Kündigung berechtigt war, begründete das AG damit, dass

  • nach den obigen Richtwerten bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags sowie Einzug mit Frau und einem Kind in die Wohnung eine Überbelegung vorgelegen habe, die durch das 2013 geborene Kind nur noch erhöht worden sei,
  • nunmehr auf jedes der vier in der Einzimmerwohnung lebenden Familienmitglieder gerade einmal rund 4 Quadratmeter Wohnfläche komme, also die Richtwerte weit unterschritten seien und

der Mieter durch diese Überbelegung der Wohnung gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen habe (Quelle: Pressemitteilung des Amtsgerichts München vom 22.04.2016 – 32/16 –).