Tag fehlerhaft

OLG Köln entscheidet: Zahnärztin muss wegen fehlerhafter Zahnbehandlung 10.000 Euro Schmerzensgeld an

…. Patientin zahlen und ihr die Kosten für die notwendige Anschlussbehandlung erstatten.

Mit Urteil vom 08.04.2020 – 5 U 64/16 – hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Köln in einem Fall, in dem eine fehlerhafte Zahnbehandlung bei einer Frau,

  • die sich ihre etwa 20 Jahre alte zahnärztliche Versorgung erneuern lassen wollte,

zu einer cranio-mandibulären Dysfunktion (CMD) geführt hatte, die Frau deswegen unter erheblichen Muskelverspannungen,

  • mit ständigen Schmerzen (Kopf, Ohren, Nacken, Rücken, Kiefergelenke, Gesicht),

gelitten hatte

  • und ihre Beschwerden von der behandelnden Zahnärztin damit abgetan worden war, dass die Frau sich erst einmal an die neuen Zähne gewöhnen müsse,

der Frau

  • ein Schmerzensgeld von 10.000 Euro sowie
  • Ersatz der Kosten für die erforderliche Nachbehandlung

zugesprochen.

Den

  • für die Entwicklung der schwerwiegende CMD ursächlichen

Verstoß der Zahnärztin gegen den fachzahnärztlichen Behandlungsstandard sah der Senat darin,

  • dass die Zahnärztin den Biss der Frau zu niedrig eingestellt hatte,
  • dadurch eine Überlastung der Muskulatur und in der Folge Verspannungen zumindest mitverursacht worden waren

und diese Problematik von der Zahnärztin jedenfalls gegen Ende der Behandlung hätte erkannt werden müssen, da sie

  • vor der endgültigen Eingliederung der neuen Versorgung im zweiten Behandlungsabschnitt die behandelte Frau auf Anzeichen einer beginnenden CMD hätte untersuchen,
  • mindestens aber zwingend den schon lange etablierten CMD-Schnelltest hätte durchführen müssen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln).

Was Zahnärzte und Patienten wissen sollten, wenn eine zahnärztliche Leistung fehlerhaft erfolgt ist

…. beispielsweise Implantate fehlerhaft eingesetzt wurden.

Mit Urteil vom 13.09.2018 – III ZR 294/16 – hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass ein Zahnarzt,

  • der seinem Patienten Implantate eingesetzt hat,

dann keinen Anspruch auf Honorarzahlung (Vergütungsanspruch)

  • gemäß § 611 Abs. 1, § 612 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) oder
  • gemäß § 628 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB

hat, wenn

  • die Implantate (behandlungs-)fehlerhaft eingesetzt (d.h. unter Verletzung des geschuldeten Facharztstandards fehlerhaft positioniert) wurden und
  • auf Grund dessen eine Korrektur ihrer Position durch Nachbehandlung nicht möglich ist.

Zwar handelt es sich, so der Senat, bei einem Behandlungsvertrag zwischen Patient und Zahnarzt, um einen,

  • jederzeit gemäß § 627 BGB ohne Gründe kündbaren,

Dienstvertrag über Dienste höherer Art, mit dem der Zahnarzt

  • regelmäßig nur eine den allgemeinen Grundsätzen der zahnärztlichen Wissenschaft entsprechende Behandlung verspricht,
  • nicht aber ihr – immer auch von der körperlichen und seelischen Verfassung des Patienten abhängiges – Gelingen,

so dass der Vergütungsanspruch,

  • da das Dienstvertragsrecht keine Gewährleistungsregeln kennt,

bei einer unzureichenden oder pflichtwidrigen Leistung grundsätzlich nicht gekürzt werden oder in Fortfall geraten kann.

Allerdings können sich,

  • wenn ein Behandlungsfehler vorliegt,

Rechte und (Gegen-)Ansprüche des Patienten aus § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB beziehungsweise § 280 Abs. 1 BGB (auf Befreiung von der Vergütungspflicht) ergeben.

So besteht für einen Patienten gemäß § 628 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB keine Vergütungspflicht, wenn

  • der behandelnde Zahnarzt durch schuldhaft vertragswidriges Verhalten den Patienten zur (konkludenten) Kündigung des Behandlungsvertrags durch (vorzeitigen) Abbruch der Behandlung veranlasst hat und
  • für den Patienten die erbrachten (behandlungsfehlerhaften) zahnärztlichen Leistungen infolge der Kündigung für den Patienten nutzlos sind, d.h. für ihn wegen fehlender wirtschaftlicher Verwertung oder Verwertbarkeit kein Interesse mehr haben, weil
    • ein nachbehandelnder Zahnarzt nicht in mit den Regeln der zahnärztlichen Kunst vereinbarer Weise auf Leistungen des Erstbehandlers aufbauen oder durch eine Nachbesserung des gefertigten Zahnersatzes Arbeit gegenüber einer Neuherstellung ersparen kann (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 13.09.2018).

Was Versicherungsnehmer, die ihren Lebensversicherungsvertrag zur Kreditsicherung verwenden, wissen sollten

Mit Urteil vom 07.11.2016 – 14 O 629/15 – hat das Landgericht (LG) Coburg entschieden, dass ein abgeschlossener Kapitallebensversicherungsvertrag vom Versicherungsnehmer

  • wegen fehlerhafter Belehrung über die Ausübung des Widerrufsrechts,
  • auch bei einem deswegen fortbestehenden Widerrufsrecht,

dann nicht mehr widerrufen werden kann, wenn der Versicherungsnehmer

  • den Versicherungsvertrag zur Kreditsicherung verwendet,
  • er also beispielsweise seine Ansprüche aus der abgeschlossenen Kapitallebensversicherung im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Immobilie zur Sicherheit eines gewährten Kredits an seine Bank abgetreten hatte.

Begründet worden ist das vom LG damit, dass,

  • wenn als Folge des Widerrufs vom Versicherungsnehmer Forderungen geltend gemacht würden,
  • nachdem er zuvor durch die Verwendung der Versicherung zur Kreditsicherung der Versicherung zu erkennen gegeben habe, auch selbst von einem wirksamen Versicherungsvertrag auszugehen,

dies ein widersprüchliches Verhalten wäre (Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg vom 24.02.2017 – 5/2017 –).