Tag Geschäftsbesorgung

Ein vom Erblasser Bevollmächtigter ist nicht in jedem Fall gegenüber den Erben zur Rechnungslegung

…. über die von ihm (in Vertretung des Erblassers) vorgenommenen Geschäfte verpflichtet.

Mit Urteil vom 08.04.2021 – 9 U 24/20 – hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Braunschweig in einem Fall, in dem der Sohn der Erblasserin zu deren Lebzeiten 

  • ihre Bankgeschäfte 

erledigt, die Erblasserin ihm hierfür 

  • nicht nur eine Bankvollmacht, 
  • sondern auch eine Vorsorgevollmacht für den Fall ihrer Pflege- und Betreuungsbedürftigkeit 

erteilt und von ihm eine Miterbin 

  • gegenüber der Erbengemeinschaft

Rechnungslegung,

  • d.h. eine übersichtliche und belegte Aufstellung aller von ihm mit der Vollmacht der Erblasserin vorgenommenen Bankgeschäfte,

verlangt hatte, darauf hingewiesen, dass Voraussetzung für einen solchen Anspruch auf Rechnungslegung nach § 666 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist, dass 

  • der Sohn der Erblasserin von ihr rechtsverbindlich i.S.v. § 662 BGB mit der Vornahme von Bankgeschäften beauftragt worden war 

und dass 

  • sich ein solcher Auftrag nicht schon aus der Vollmacht ergibt.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall gelangte der Senat, aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung der Geschäfte, zu der Überzeugung, dass 

  • von einer Auftragserteilung seitens der Erblasserin auszugehen sei, 

allerdings,

  • weil die Erblasserin von da an ihre Bankgeschäfte nicht mehr selbst habe vornehmen und 
  • die Vornahme durch ihren Sohn auch nicht mehr habe kontrollieren können,

erst ab dem Zeitpunkt, als sie pflege- und betreuungsbedürftig geworden sei.

Für den Sohn der Erblasserin bedeutete das, dass 

Zum Verständnis:
Hat ein vom Erblasser Bevollmächtigter Geschäftsbesorgungen für den Erblasser lediglich 

  • aus Gefälligkeit 

vorgenommen, ist er bezüglich dieser den Erben des Erblassers gegenüber grundsätzlich 

  • nicht auskunftspflichtig.

Hat dagegen zwischen dem Erblasser und seinem von ihm Bevollmächtigten ein 

  • Auftragsverhältnis 

bestanden, ist der aus diesem Auftragsverhältnis dem Erblasser zustehende Auskunfts- und Rechenschaftsanspruch nach § 666 BGB, 

  • sofern dies vom Erblasser nicht ausdrücklich durch eine entsprechende Anordnung in der Vollmachtsurkunde ausgeschlossen worden ist,

gemäß § 1922 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf seine Erben übergegangen, so dass der vom Erblasser Bevollmächtigte den Erben gegenüber 

  • nicht nur auskunfts- sowie rechenschaftspflichtig gemäß § 666 BGB, 

sondern, wenn er beispielsweise Geld vom Konto des Erblassers abgehoben hat, auch darlegungs- und beweispflichtig ist, 

  • für die auftragsgemäße Verwendung von erlangtem Geld und 
  • ggf. auch für die auftragsgemäße Herausgabe des erlangten Geldes an den Erblasser gemäß § 667 BGB (vgl. dazu und auch, wonach sich beurteilt, ob vom Vorliegen einer Gefälligkeit oder eines Auftrags auszugehen ist, Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 18.03.2014 – 3 U 50/13 –). 

Wer Dienste von einem ein Handelsgewerbe Betreibenden in Anspruch nimmt sollte wissen

…. dass die, die in Ausübung seines Handelsgewerbes einem anderen

  • Geschäfte besorgen oder
  • Dienste leisten,

nach § 354 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) dafür

  • auch ohne Verabredung Provision und, wenn es sich um Aufbewahrung handelt, Lagergeld nach den an dem Ort üblichen Sätzen fordern können.

Dieser gesetzliche Provisionsanspruch setzt eine Vereinbarung der Parteien über eine Vergütung der erbrachten Leistungen nicht voraus.

  • Die Vorschrift greift im Gegenteil gerade schon dann ein, wenn es an einer (wirksamen) vertraglichen Vereinbarung über die für eine zu erbringende oder erbrachte Leistung zu zahlende Vergütung fehlt.

Ihr liegt dabei der seit jeher als maßgeblich anerkannte und auch an anderer Stelle im Gesetz mehrfach zum Ausdruck gekommene Gedanke zu Grunde, wonach jedermann weiß, dass ein Kaufmann sein Gewerbe in der Absicht regelmäßiger Gewinnerzielung betreibt und daher Handlungen für andere im Rahmen seines Gewerbebetriebs grundsätzlich nicht ohne Gegenleistung erbringen will.

Voraussetzung des gesetzlichen Provisionsanspruchs aus § 354 Abs. 1 HGB ist

  • neben der Kaufmannseigenschaft und
  • einem zu vermutenden Tätigwerden in Ausübung seines Handelsgewerbes (§§ 343, 344 Abs. 1 HGB),

dass der Kaufmann mit der ausgeführten Tätigkeit

  • ein Geschäft besorgt hat, welches im Interesse des Anspruchsgegners lag und befugtermaßen für diesen geschah.

Deshalb kann es für die Auslösung eines Provisionsanspruchs schon genügen, dass

  • jemand die ihm erkennbar von einem Kaufmann geleisteten Dienste in Anspruch nimmt,
  • obwohl er weiß oder sich nach den Umständen sagen muss, dass solche Dienste auch ohne ausdrückliche, eine Vergütungspflicht und/oder deren Höhe klarstellende vertragliche Grundlage nur gegen entsprechende Vergütung erbracht werden.

Zu den von § 354 Abs. 1 HGB erfassten Geschäftsbesorgungen oder Dienstleistungen rechnen bei der insoweit gebotenen weiten Auslegung

  • jede selbstständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen sowie
  • alle sonstigen, für den anderen Teil objektiv nützlichen Tätigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art.

Dementsprechend ist unter der in § 354 Abs. 1 HGB angesprochenen Provision jede Vergütung zu fassen, die ein Kaufmann für eine in dieser Vorschrift angesprochene Geschäftsbesorgung oder Dienstleistung üblicherweise beanspruchen kann.

Darauf hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 23.11.2016 – VIII ZR 269/15 – hingewiesen.